Klassenkampf im Sommerloch

In Kakanien rüsten sich die Sozialisten für einen „heißen Herbst“. Gleich zwei Fronten werden gegen den schwarzen Regierungspartner eröffnet. Zuletzt war es an Kanzler Faymann, anlässlich eines Fernsehinterviews zur Sommerpause, seine beiden boulevardtauglichen Lieblingsthemen Vermögenssteuern und Abschaffung der Wehrpflicht zu forcieren und damit den Druck auf den Koalitionspartner zu erhöhen.

Zwei Ziele der Genossen erscheinen denkbar: Entweder sie legen es auf einen Koalitionsbruch und vorgezogene Wahlen auf Bundesebene an, oder sie spekulieren auf die vielfach erprobte Feigheit der ÖVP, die in der Vergangenheit noch jedes ihrer Prinzipien über Bord geworfen und die wichtigsten Segmente ihrer Kernwähler (mit Ausnahme der Bauern und der Beamtenschaft) schmählich verraten hat. Eine Win-Win-Situation, denn Neuwahlen würden für die ÖVP in ihrer derzeitigen Verfassung einem Supergau gleichkommen.

Das Thema Wehrpflicht bleibt an dieser Stelle unkommentiert, da es faktisch irrelevant ist. Österreich hat seit 1955 (der Erlangung seiner Unabhängigkeit nach dem Kriege) – trotz allgemeiner Wehrpflicht – niemals über die Fähigkeit zur Landesverteidigung verfügt. Das Bundesheer war zu keiner Zeit je etwas anderes als eine Attrappe, welche die Regierung in die Lage versetzte, so zu tun, als ob sie ihrem Verfassungsauftrag zur Neutralitätssicherung nachkomme.

Wesentlich gewichtiger ist indessen das Thema „Vermögenssteuern“, das von den trickreichen Roten als Bestandteil ihres unermüdlichen Kampfes für die „soziale Gerechtigkeit“ propagiert wird. Der in jeder Hinsicht schwergewichtige Bürgermeister von Wien, Michael Häupl, einst schlagender Burschenschafter, ehe er seine wahre Berufung – den Kampf für die Befreiung der werktätigen Massen vom Joch des Kapitalismus – entdeckte, drohte den sich momentan noch etwas bockig anstellenden Schwarzen vorsorglich ein Volksbegehren zur Frage der Vermögenssteuer an.

Das ist die Königsidee schlechthin! Denn Neid und Missgunst sind – das wissen Häupl und Faymann nur allzu gut – die unter uns Austriaken vermutlich am stärksten ausgeprägten und jederzeit politisch verwertbaren Affekte. Da es in Ösiland nur rund 80.000 Millionäre gibt (das sind die von den Genossen als ruchlose Volksschädlinge ausgemachten Klassenfeinde, die als Opfer des geplanten fiskalischen Raubzuges auserkoren wurden), die Zahl der Wahlberechtigten aber bei rund 6,3 Millionen liegt, dürfte, so ihr Kalkül, das Ergebnis schon vor dem Urnengang feststehen: Die „Reichen“ sollen zahlen (oder gleich „geschlachtet“ werden, wie es ein zu den schönsten Hoffnungen Anlass gebender Jungsozi kürzlich launig formulierte)!

Damit wird die heimische Massendemokratie allerdings schlagartig in ein wenig schmeichelhaftes Licht getaucht: Indem klargestellt wird, dass eine Mehrheit hemmungslos und ungestraft über die Enteignung einer Minderheit befinden darf, dürfte manche Illusion hinsichtlich der moralischen Überlegenheit dieses Systems zerstört werden. Aber es geht ja in Wahrheit lediglich um die „Lufthoheit über den Stammtischen“ und einen Erfolg bei den nächsten Wahlen. Beides könnten die Sozialisten mit diesem genialen Coup sicherstellen.

Oder etwa doch nicht? Die Industriellenvereinigung präsentierte dieser Tage eine Untersuchung, wonach eine deutliche Mehrheit der Befragten gegen höhere Belastungen von „Besserverdienern“ (das sind jene Menschen, die über ein Einkommen oberhalb der Höchstgrenze zur Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge, derzeit also brutto 4.200,- Euro monatlich, verdienen) eingestellt sind. Ob sich diese Stimmung auf den Bereich der Vermögensbesteuerung übertragen lässt, ist indes fraglich.

Um zu begreifen, Inwiefern der „Gerechtigkeit“ damit gedient sein soll, dass man jene Leistungsträger, die beim Aufbau ihrer Vermögen bereits maximale Einkommenssteuern bezahlt haben, nun auch noch mit Substanzsteuern schädigt, muss man im Gemeindebau und bei den Roten Falken sozialisiert worden sein. Dem schlichten Normalbürger erschließt sich der Sinn von derlei Überlegungen wohl nie. Und abseits neidgetriebener Gerechtigkeitssemantik bleibt anzumerken, dass die Sozialisten bislang keinerlei konkrete Umsetzungspläne für ihr Vorhaben vorgelegt haben. Ohne (kostspielige) massive personelle Aufrüstung der Steuerbehörden ist eine Vermögenssteuer nämlich nicht administrierbar, da außer dem Grundbesitz derzeit kein privates Vermögen erfasst wird.

Dass sich die sozialistischen Gerechtigkeitsfanatiker allein auf gute Tipps seitens betrogener Ehefrauen, neugieriger Nachbarn oder schwatzhafter Freunde verkappter Plutokraten verlassen werden, ist ja eher nicht zu erwarten. Daher wird es also nötig sein, beamtete Schnüffler und Sachverständige in jedes Haus zu entsenden, um eine Taxierung von Omas Schmuck, Papas Münzensammlung und Mamas echtem Nitsch vorzunehmen. Gartengrundstücke mit Metalldetektoren abzusuchen und Bankschließfächer zwangsweise öffnen zu lassen, um den Blicken des wohlmeinenden Fiskus tückisch entzogene Gold- und Silberbarren zutage zu fördern, dürfte ebenfalls einiges an etatistischer Energie binden. Bleiben einige weitere gewichtige, pragmatische Einwände:

  • Wirklich große Vermögen, das hat sogar schon der linientreueste rote Parteisoldat begriffen, sind so gut wie nicht zu fassen. Die sitzen – so schnell kann Finanzstaatssekretär Schieder das Wort „Reichensteuer“ gar nicht aussprechen – in Liechtenstein, auf den Kanalinseln oder in Singapur.
  • Die Landwirtschaft und chronisch defizitäre verstaatlichte Betriebe, die dem Steuerzahler schwer auf der Tasche lasten, werden, wie schon bisher, von dem geplanten Raubzug verschont bleiben.
  • Für Unternehmen wird man ebenfalls Ausnahmeregelungen finden müssen (insbesondere was die Betriebsübergabe an die Nachfolgegeneration angeht), wenn die Chose nicht zu einer verheerenden Betriebsabsiedlungsinitiative ausarten soll.
  • Besitzern von Eigentumswohnungen, gut dotierten Lebensversicherungen und Häuselbauern wird man wohl auch großzügig entgegenkommen – hier geht es um zu viele Wählerstimmen.

Wer oder was aber bleibt dann noch übrig? Wie, in aller Welt soll dann – angesichts der gewaltigen Kosten ihrer Eintreibung – bei der „Einkommenssteuer neu“ ein positiver Nettoertrag herausschauen, der homöopathische Dosen übersteigt? Ganz egal – und wenn selbst kurzfristig weniger als nichts herauskommt (auf lange Sicht ist auf Grund der Bestrafung jeder Vermögensbildung ohnehin mit einem negativem Ertrag zu rechnen!) – dem Kampf für „mehr Gerechtigkeit“ ist mit der Wiedereinführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern allemal gedient, nicht wahr? Freundschaft!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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