Gastkommentare

Wer die Freiheit liebt, handelt jetzt besonnen und überlegt neue Perspektiven

30. April 2022 17:39 | Autor: Christian Klepej
8 Kommentare

Vor einem Monat habe ich davon geschrieben, dass ich mich mit dem Ausbrechen des brutalen Angriffskrieges Putins gegen die Ukraine als »Schlechtwetterpazifist« entdeckt habe. Die nun vergangenen vier Wochen – Wochen, in denen zehntausende Menschen gestorben und Zivilisten Opfer von verabscheuenswürdigen Kriegsverbrechen geworden sind, – haben an meiner Einstellung wenig geändert. Die Ukraine wurde angegriffen, und dieses freie Land hat alles Recht der Welt dazu, sich zu verteidigen. Trotzdem, und noch viel stärker, bleibe ich bei meiner Position, dieser Krieg muss zu einem schnellstmöglichen Ende gebracht werden. Und ich bin davon überzeugt, so ein Ende ist nur auf diplomatischem Wege zu erreichen.

Die beinahe allumfassenden wirtschaftlichen Sanktionen des Westens gegenüber Russland sind dabei das eine, und ich stehe voll hinter diesen Sanktionen. Was übrigens die weiter bestehenden Gaslieferungen aus Russland betrifft, erscheinen mir die Erläuterungen der Industriellenvereinigung, Österreich könne auf dieses Gas nicht kurzfristig verzichten, ausnehmend schlüssig.

Die Waffenlieferungen von Nato-Staaten an die Ukraine sind das andere. Und erfüllen mich mit einer Sorge, die ich so noch nie verspürt habe. Mittlerweile sind es auch »schwere Waffen«, die in die Ukraine gebracht werden sollen. Zumindest werden die Rufe danach – welch Ironie! – gerade von den bundesdeutschen Grünen immer lauter. »Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete«, hat Außenministerin Annalena Baerbock im vergangenen Wahlkampf noch plakatieren lassen. Diese unglaubliche Volte der Grünen überrascht sogar mich. Es ist mir weiterer Beweis, von welch ungeheurer Heuchelei diese Truppe – offenbar »systemisch« – durchzogen ist. Für alle Fragen militärischer Landesverteidigung war Spott und Häme noch die geringste Form der Verachtung, die die Grünen übrighatten. Grenzen würden töten und Heimat im Herzen hätten nur Idioten. Und heute? Heute ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Verteidiger seiner Heimat bis zum letzten Mann, Held der Grünen, dem alle Unterstützung zukommen muss. Die Zurverfügungstellung von panzerbrechenden Waffen, immer öfter ist ja auch von Kampfflugzeugen die Rede, stellt ein brandgefährliches Andrehen der Eskalationsspirale dar, die diesen noch regional begrenzten Krieg zu einem finalen Inferno werden lassen kann.

»Ich weiß nicht, welche Informationen die freie Welt noch braucht, um zu begreifen, dass es im Ukraine-Krieg um alles geht, was ihr heilig sein sollte«, schreibt Peter Michael Lingens im aktuellen "Falter". Um im selben Kommentar zum Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland (also auch kein Gas) und zur Lieferung von Angriffswaffen (Panzern) aufzurufen. Weil damit die Ukraine »eine Chance auf Frieden hätte«. Ein Konjunktiv, der mir in der Auseinandersetzung mit einer Atommacht recht riskant erscheint. Weil auch Lingens seine sicher hehren Ziele – wie so oft bei Linken – nicht zu Ende denkt. Wenn es in diesem Krieg »um alles geht, was uns heilig sein sollte«, dann müsste der Westen, die Nato und die EU eher heute als morgen in diesen eintreten. Und was das bedeuten kann, will ich uns hier nicht ausmalen. Man muss zuvor also der Diplomatie eine (wohlüberlegte letzte) Chance geben. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat ja endlich verlautbaren lassen, er wolle nach Kiew und Moskau fahren, um Friedensverhandlungen zu initiieren.

Erstes Ziel muss natürlich ein sofortiger Waffenstillstand sein. Der russische Machthaber Wladimir Putin hat sich als skrupelloser Kriegsherr erwiesen, umso mehr ist der Westen, sind wir dazu aufgefordert, besonnen zu agieren und dabei das zu tun, was Demokratien auszeichnet (oder wir uns zumindest gerne auf die Fahnen heften), nämlich »weiter« zu denken und Perspektiven aufzuzeigen. Kriegsverbrechertribunale würden jeden Verhandlungserfolg verunmöglichen, eine Wahrheits- und Versöhnungskommission nach südafrikanischem Vorbild erscheint notwendig. Zudem halte ich das »Demokratisierungspotential« der Russischen Föderation für groß genug, in zehn, zwanzig Jahren auch – gemeinsam mit einer freien Ukraine! – Teil der EU zu sein. Die beiden Völker wird es weiterhin geben, die Zeit Putins ist in wenigen Jahren so oder so abgelaufen. Geben wir ihm nicht Gelegenheit dazu, die Welt, wie wir sie kennen, vorher zu vernichten.

Christian Klepej ist Unternehmer und gibt in Graz das Monatsmagazin Fazit heraus. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

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  1. Alexander Huss
    04. Mai 2022 21:21

    Jene Leute, die gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine sind, müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ukraine dadurch den Krieg verlieren wird. Mit all seinen Konsequenzen als da sind Marionettenregierung und Massenverhaftung missliebiger Menschen sowie deren Verschickung nach Sibirien. Nur um zwei Punkte aufzuzählen.

    Auch wenn man es nicht wahrhaben will: Einem Diktator, dem man nachgibt, tut man nichts Gutes. Er will mehr. Hitler hat das eindrücklich bewiesen.

    Wenn die USA im Jahre 1940 den Briten weder Waffen, Ausrüstung etc. geschickt hätten, hätte Adolf Hitler die Briten irgendwann zu einem demütigenden Frieden gezwungen. Die Briten hätten den Krieg gegen Deutschland nie aus eigener Kraft gewonnen - und Europa wären auf Jahrzehnte hinaus von Deutschland besetzt gewesen.

    Im Übrigen, Jorge Bergoglio alias Papst Franziskus I, hat keine Ahnung von Europa. Darum nehme ich seine Äußerung wegen des NATO-Gebells nicht ernst.



    • Undine
      05. Mai 2022 11:21

      Die Ukraine hat seit Jahren eine Marionetten-Regierung, installiert von den USA! Überlegen Sie doch einmal, was die Interessen der USA in der Ukraine sind---die sind allesamt ziemlich niederträchtig!
      Mit etwaigem Mitgefühl für die Ukrainer hat das Agieren der USA in der Ukraine rein gar nichts zu tun! Da gibt es nur "Interessen" und die wissen die USA überall auf der Welt zu nützen!



  2. Brigitte Kashofer
    03. Mai 2022 08:32

    Spätestens jetzt, da deutsche Politiker ihre Befehle in Ramstein abholen und Nancy Pelosi Kiew besucht, müsste dem Naivsten klar sein, wer wirklich hinter dem Ukraine-Krieg steckt.



  3. eudaimon
    02. Mai 2022 18:04

    Die amerikanische "Installation EU " hat es unter all dem Werte-Getue wissentlich verabsäumt ,Russland und seine Menschen
    an die Grundfesten von Freiheit und Demokratie wieder heranzuführen ! Stattdessen führten sie die NATO bis an die Grenzen einer instabilen ideologischen u. politischen Föderation mit einem Grenzgänger als Präsidenten! Aber diese Schwäche des
    ewigen Riesen nützen die USA-Vasallen aus , um sich goldene Meriten von Uncle Sam zu verdienen ! Diese Kollaborateure
    verraten Europa ,die Aufklärung und das christliche Abendland -
    aber sind als Kriegsgewinnler immer dabei!!



  4. Wolfram Schrems
    02. Mai 2022 14:21

    "»Ich weiß nicht, welche Informationen die freie Welt noch braucht, um zu begreifen, dass es im Ukraine-Krieg um alles geht, was ihr heilig sein sollte«, schreibt Peter Michael Lingens"

    Welche "freie Welt"? Wieso "heilig"?

    Ersteres ist Rhetorik aus dem Kalten Krieg. Wenn sie jemals wahr gewesen sein sollte, jetzt ist sie es bestimmt nicht.
    Und "heilig" ist im Westen bestimmt nichts. Kommt in der Rhetorik der Brüsseler Bürokraten und ihrer Unterschlümpfe in den Staaten nicht vor.

    "Weil auch Lingens seine sicher hehren Ziele – wie so oft bei Linken – nicht zu Ende denkt"

    Woher will der Autor wissen, daß Lingens "hehre Ziele" hat?
    Und ob Lingens sie tatsächlich nicht "zu Ende denkt"?

    Die Linken wissen sehr wohl, was sie tun.

    Im übrigen ist der "russische Machthaber", was seine Wahlerfolge betrifft, besser abgesichert als die ungewählten Machthaber Brüssels.
    Das nur der Vollständigkeit halber.



  5. pressburger
    02. Mai 2022 11:06

    Putin ist Machthaber und Kriegsherr. Das musste sein. Das ist dass linke Narrativ. Die linke Mantra.
    Wer auf dieser Basis davon redet, Besonnenheit ist nötig, um Frieden schliessen zu können, meint dass, war er sagt, nicht ernst. Man kann nicht vom Frieden reden, die Ursachen des Konflikts ignorieren.



  6. sokrates9
    02. Mai 2022 10:10

    Wer will derzeit den totalen Krieg? Die USA die auch Putin zu diesem Krieg getrieben hat. Dazu ist ausreichend Dokumentation zu finden, begonnen wer Maidan inszenierte bis Soros der stolz ist Milliarden in die Ukraine investiert zu haben. Spektakulär der Doppelsalto rückwärts der Grünen, die ihre Ideale schneller verrieten als sie denken können. Bedauerlich dass es derzeit in Europa auch nur mehr Kriegstreiber gibt. Putin braucht keine Atombomben, wenn er Europa das Gas abdreht hat die EU eine Wirtschaftskrise die sie Jahrzehnte zurückwirft. Dann wird man sehen was die grüne Windradökonomie leisten kann. Wäre froh wenn uns dieses Experiment erspart bliebe!



  7. Leodorn
    30. April 2022 20:47

    Der Angreifer bestimmt - zunächst- die Logik der Kriegsereignisse. Er nimmt damit auch in Kauf, daß Gegenwehr kommen könnte, bewaffnete, versteht sich.
    Wenn nun dein Dritter (im Dilemma seines Friedenswillens) argumentiert: im Allgemeinen zwar für das Bewaffnen (des Angegriffenen) zu sein, im Besonderen aber doch wieder zur grünen Friedensposition zurückkehren möchte und einen Waffenstillstand anpeilt, um den Widerspruch in seiner Position aufzuheben, möchte man ihm dazu alles Glück dieser Welt wünschen.
    Doch stehen die Wenden der Weltgeschichte und Weltpolitik nur ausnahmsweise unter den Sternzeichen des Glückes.






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