Der Krieg – und was tun wir?

Der russische Machthaber Wladimir Putin hat sein Militär in die Ukraine einmarschieren lassen und führt damit einen nicht zu rechtfertigenden Angriffskrieg gegen ein freies, unabhängiges, europäisches Land. Nach den Balkankriegen von 1991 bis 2001 ist Europa wieder zum Schauplatz fürchterlichen Leids geworden. Hundertausende vor allem Frauen und Kinder befinden sich bereits auf der Flucht, viele sind schon außer Landes; sollten die Kampfhandlungen anhalten, ist mit Millionen an Flüchtlingen zu rechnen. Kiew, Mariupol, Lemberg und andere ukrainische Städte sind Bombardierungen und Raketenangriffen ausgeliefert. Die weltweite Verurteilung von Putins Vorgehen ist ein starkes Signal, die russische Föderation ist quasi vollkommen isoliert, die Wirtschaftssanktionen des Westens werden die russische Wirtschaft zudem weiter schwächen.

Aber was tun wir jetzt? Was können wir tun, um diese schreckliche Auseinandersetzung möglichst bald zu beenden? Um nicht noch mehr Kinder, Frauen und Männer sterben zu sehen. Natürlich kann ich da keine Antworten geben, dieser Krieg, der so urplötzlich in unserer unmittelbaren Nachbarschaft ausgebrochen ist und uns in die Realität des tiefsten menschlichen Abgrunds zurückgeworfen hat, lässt mich ratlos werden. Und macht mir Angst.

Ursachenforschung kann, soll und muss es geben, wird es geben, als historische Aufgabe nächster Generationen, zur Stunde helfen sie uns wenig. Und den sich in Luftschutzbunkern vor dem nächsten Einschlag fürchtenden Menschen in der Ukraine gar nicht. Die vor allem auch EU-weite Solidarität mit der Ukraine ist begrüßenswert, mich fasziniert aber der Umstand, dass sogar in diesem Moment des Schreckens, die Reaktionen auf allen medialen Kanälen viel zu viel mit dem Fußball gemein haben. Plötzlich ist jeder Experte in Fragen internationaler Konflikte, in europäischer (Kriegs)geschichte und im Umgang mit einem despotischen Herrscher, der gerade im Begriff ist, ein Land auszuradieren.

Zur Faszination gesellt sich mein Unbehagen, dass die Mehrzahl dieser »Expertisen« dabei, wenn schon nicht auf ein »Zurückschlagen«, so aber doch auf militärische Stärke setzen. Offensichtlich bin ich ein »Schlechtwetterpazifist«. Zu Friedenszeiten stehe ich immer für eine ordentliche militärische Landesverteidigung, trete also für ein starkes Bundesheer ein, oder sehe in der Nato ein wichtiges Bündnis (mit dem wir durchaus zusammenarbeiten sollen) und habe mich damit – natürlich von linker Seite – auch oft deutlicher wie harscher Kritik ausgesetzt.

Da erscheint es mir nun schon als Treppenwitz der Geschichte, dass auch linke Zeitgenossen heute nur ja keinem »Appeasement« (einer Beschwichtigung des Angreifenden also) anheimfallen wollen. Selbst der "Falter", dieses Leuchtblatt aufgeklärter Weisheit, hat sich darin gefallen, auf seinem ersten Titel nach dem Angriff auf die Ukraine ein frisch vermähltes Ehepaar in Kiew abzubilden; jeweils mit einer Langwaffe im Arm. Eine den allumfassenden Krieg also romantisierende Darstellung. Dass die Ukraine sich verteidigt, ist selbstverständlich, wohl auch in vielen einzelnen Schicksalen heldenhaft. Dies aber so zu illustrieren, erscheint mir despektierlich.

Ich will, dass dieser Krieg aufhört, so schnell wie möglich. Ich will, dass das Sterben der Menschen in der Ukraine aufhört, so schnell wie möglich. Antonio Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, sollte eher drei- als zweimal die Woche zu sofortigen Friedensverhandlungen aufrufen! Und was die Beschwichtigung betrifft, ja, es muss in solchen Verhandlungen auch etwas geben, dass es dem Kreml überhaupt möglich macht, auf solche Verhandlungen einzugehen. Putin etwa mit einer Anklage in Den Haag zu konfrontieren, erscheint als Drohgebärde ausnehmend kurzgedacht. Lässt nämlich außer Acht, dass die Nuklearstreitkraft Russland etwa Berlin von Königsberg aus in wenigen Minuten dem Erdboden gleichmachen kann.

Der ungerechteste Frieden ist besser als der gerechteste Krieg. In der Ukraine müssen die Waffen zum Schweigen gebracht werden. Das kann jetzt nur das Ziel der demokratischen Staatengemeinschaft sein. Danach ist in einer internationalen Konferenz das weitere Vorgehen auszudiskutieren. Und sollte sich dann ein Diktator nicht an Abmachungen halten, ist die Zeit kämpferischer Rhetorik vorbei. Dann muss zurückgeschlagen werden, um unsere Freiheit zu verteidigen. Gnade uns Gott davor. 

Christian Klepej ist Unternehmer und gibt in Graz das Monatsmagazin Fazit heraus. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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