Kaum ein Artikel versäumt die Tatsache zu erwähnen, dass China die Produktion und Lieferung der Selten-Erdmetalle kontrolliert. Aber was sind Selten-Erdmetalle, und welche Rolle spielen sie in der Geopolitik?
Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 chemischen Elementen, darunter Neodym, Dysprosium oder Terbium, die vor allem für Hochtechnologie unverzichtbar sind. Sie werden unter anderem in Permanentmagneten für Elektromotoren, Windräder, Smartphones, Sensoren und Rüstungstechnik eingesetzt.
Sie wurden erstmals Ende des 18. Jahrhunderts in Schweden entdeckt und kommen als Oxyde (Sauerstoffverbindungen) vor, die früher Erden genannt wurden. Daher der Name Selten-Erden.
Hightech-Industrie ist ohne Selten-Erden undenkbar. China kontrolliert den Markt – und ließ Industrienationen ihre Abhängigkeit spüren.
Wie der Professor für Geologie und Lagerstättenlehre an der Montan-Universität Leoben, Frank Melcher, im "Pragmaticus" erwähnte, findet man sie eigentlich nahezu überall auf der Welt. Allerdings in meist geringen Mengen, die einen Abbau nicht lohnen.
Die weltweiten Vorkommen werden auf rund 120 Millionen Tonnen geschätzt. 2024 lag die Produktionsmenge bei 390.000 Tonnen. Doch gefördert werden seltene Erden nur an wenigen Orten. Einige werden nachfolgend behandelt.
China
Die meisten und großen Vorkommen befinden sich in China in den Lagerstätten von Bayan Obo in der inneren Mongolei, in Malaysia und in Myanmar. Wikipedia berichtet "Bereits 1927 wurde in Bayan Obo Eisenerz und 1936 die Seltenerdmetalle entdeckt. In den 1950ern wurde zusätzlich eine Niob-Lagerstätte gefunden. In Bayan Obo wurde mittlerweile auch die größte Thorium-Lagerstätte Chinas erschlossen. (…) Die Erzlagerstätte hat eine Größe von 40 Mio. t bei einem Erzgehalt an Seltenerdmetallen von 3 bis 5,4 %". Gewonnen werden aus den Mineralen Monazit und Bastnäsit die Metalle Cer, Praseodym, Lanthan, Yttrium, Samarium, Europium, Gadolinium und Erbium. Bei der Raffination fallen außerdem Thorium an und machen damit diese Lagerstätte zu den größten Thorium-Vorkommen der Welt. Gleichzeitig ist es der größte Eisenerzbergbau Chinas.
China dominiert in der Produktion dieser Metalle, allerdings mit beträchtlichen Schäden für die Umwelt. Zusätzlich haben einige Staaten ihre Erze nach China geliefert, um sie dort anreichern zu lassen. Das führte dazu, dass China mittlerweile den Markt zu 90 Prozent kontrolliert. Selten-Erdmetalle wurden eine politische Waffe.
Vereinigte Staaten
Eine der größten Seltenerde-Lagerstätten im Westen befindet sich in den Vereinigten Staaten. Es ist die Mountainpass Lagerstätte mit etwa nachgewiesenen und wahrscheinlichen Reserven (unter Verwendung eines Cut-off-Gehalts von 3,83 % an Seltenerdoxiden) auf 18,9 Millionen Tonnen Erz. Das Erz der Mine, welches hauptsächlich aus Bastnäsit und teilweise auch aus Monazit besteht, enthält Cer, Lanthan, Neodym, Praseodym, Samarium und noch einige andere Erden.
Der Bergbau hatte schon einige Eigentümer, die aber wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit, der Auflagen der Umweltbehörde und der Konkurrenz aus China den Bergbau stilllegten oder insolvent wurden. Der gegenwärtige Betreiber ist MP Materials, dessen nicht unwichtiger Aktionär Shenghe Resources, teilweise ein Staatsunternehmen der Volksrepublik China ist.
Wie die USA jüngst erfahren musste, ist die Versorgung mit Seltenerde-Metallen aus China ins Stocken geraten. Aber es sind nicht nur die USA, Japan musste diese Erfahrung schon früher machen. Auch Europa hatte Probleme und sah die Autoproduktion gefährdet. Experten forderten daher die Seltenerde-Produktion in den USA wiederaufzunehmen.
Präsident Trump hat erkannt, dass die Rüstungs- und andere Industrien gefährdet sind und angeordnet, dass die Bergbau-Gesellschaft vom Defence Department übernommen wurde. Mit der Investition von 400 Millionen Dollar soll eine neue Raffinerie gebaut werden und damit will die USA von China unabhängig werden.
Kanada
In Kanada plant Vital Metals die Erschließung der Lagerstätte Tardiff in Nechalacho am Thor Lake in den Nordwestterritorien. Das Vorkommen zählt zu den hochwertigsten Seltenerd-Vorkommen der Welt und ist das einzige Seltenerd-Projekt, das ausschließlich durch Erzsortierung aufbereitet werden kann. Das Erz wird vor Ort verarbeitet und anschließend zur weiteren Veredelung nach Saskatoon transportiert und beim Saskatchewan-Research-Council raffiniert und zu Metall veredelt.
Schätzungen zufolge umfasst Tardiff mehr als 636.000 Tonnen Neodymoxid + Praseodymoxid (NdPr).
Auch in Nechalacho sind in jüngster Zeit chinesische Investitionen zu verzeichnen.
Grönland
Eine der weltweit größten Seltenerden-Lagerstätte liegt in Südwest-Grönland. Ihr geologischer Aufbau und Mineralogie ist einzigartig. Die Lagerstätte Kvanefjeld am Ilimmausaq-Komplex war erstmals im Jahr 1956 entdeckt worden. Entwicklungsarbeiten wurden seitdem mit Unterbrechungen durchgeführt. Ursprünglich war das Ziel, Uran zu gewinnen.
Im Jahr 2007 wurde das Gelände von der Bergwerksgesellschaft Energy Transition Minerals Ltd., vormals Greenland Minerals and Energy Ltd. (GMEL), erworben. Großaktionär ist das chinesische Unternehmen Shanghe Ressources.
Aus den durchgeführten Bohrungen wurden Ressourcen von 956 Mio. Tonnen Erz mit 240 000 Tonnen Uranoxid, 10,33 Mio. Tonnen Seltenerde-Oxyde und 2,25 Mio. Tonnen Zink ermittelt.
Auch Critical Metals Corp., die Tanbreez übernommen hat, berichtet über riesige Seltenerdmetall-Ressourcen in Südgrönland, die kein Uran enthalten.
Die Parlamentswahl in Grönland 2025 könnte daher von geopolitischer Bedeutung sein. Der Sieg der Koalition aus Inuit Ataqatigiit und Naleraq beruht zum Großteil auf den Widerstand der Grönländer gegen die Absichten des US-Präsident Donald Trump, die Kontrolle über Grönland zu übernehmen. Auch wollen die Grönländer, dass die Ausbeutung ihrer Rohstoffe den eigenen Bürgern zugutekommt. Der Unmut gegen die vorherige Regierung wegen des voreiligen Verkaufs heimischer Ressourcen an chinesische Interessenten trug zweifellos zum Sieg der Koalition bei. Die neue Regierungschefin will auch das bislang herrschende Abbauverbot für Uran und Seltene Erden lockern.
Seltenerde-Vorkommen wurden auch aus Ostgrönland am Ostende von Milneland gemeldet. Die Insel soll bergbaumäßig bedeutende Vorkommen von Monazit, Rutil und Zirkon aufweisen.
Wie im Rohstoffsektor üblich sind an vorderster Front Explorations- und Bergbauentwicklungsgesellschaften aus Kanada und Australien auch in Grönland aktiv. Demonstriert wurde diese Tatsache an der Zink-Blei-Mine Maarmorilik, die von kanadischen Unternehmen in Betrieb genommen wurde, oder die riesigen Ressourcen von Selten-Erdmetalle in Kvanefjeldt, die von Australiern ausgebeutet werden. In diesem Zusammenhang soll auch auf die bedeutende Molybdänlagerstätte Malmbjerg an der Ostküste, die von Leobener Bergbauingenieuren während meiner Zeit in Grönland identifiziert worden ist, hingewiesen werden.
Norwegen
Näher der EU gelegen ist das Fens-Felt in Norwegen. Die Gesellschaft Rare Earth Norway (REN) meldete nach drei Jahren Exploration in der Nähe von Ulefoss in Südnorwegen 2024 einen großen Erfolg. Die Ressourcen an Selten-Erdmetalle sollen rund 8,8 Millionen Tonnen betragen. Davon 1,45 Millionen Tonnen Neodym- und Praseodymoxid.
Probleme
Grundsätzlich hat jeder Schritt der Gewinnung von allen Rohstoffen Auswirkungen auf die Umwelt. Das ist die Staubbelastung beim Abbau und die Lagerung des Abraums der nicht verwertbaren Stoffe, die bei der Raffination der Produkte anfallen.
Selten-Erdmetalle haben eines gemeinsam: Sie kommen immer in Verbindung mit anderen Elementen vor und sind schwierig voneinander zu trennen. Ihre Gewinnung ist technisch aufwendig, kostenintensiv und oft umweltschädlich. Deshalb haben andere Staaten, ja teilweise sogar die USA, ihre Erze in China veredeln lassen. Ein wichtiger Faktor dabei sind die Energiekosten, die für Bayan Obo nur 2 Cent betragen.
Bei den Trennprozessen entstehen radioaktive, schwermetallhaltige Rückstände, es ist vor allem Thorium und weniger Uran. China, aber auch Indien, sehen im Rohstoff Thorium einen Ersatz für Uran als Reaktor-Brennstoff.
Die Versorgung der mit kritischen Rohstoffen gemäß des Critical Raw Materials Act ist in Hinsicht der Selten-Erdmetalle wohl eher als illusorisch einzustufen. Die Dominanz Chinas kann bis 2030 nicht angefochten werden. Weder können davon "mindestens zehn Prozent in der EU abgebaut, zu mindestens 40 Prozent in der EU verarbeitet und zu mindestens 25 Prozent aus der europäischen Kreislaufwirtschaft stammen".
Der Bedarf an Selten-Erdmetalle wächst unglaublich schnell. So gehen die Berechnungen der EU inzwischen davon aus, dass sich allein der Bedarf an Selten-Erdmetalle für die Fertigung der Motoren, für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge sowie für die Windturbinen im Zeitraum von 2023 bis 2030 verfünffachen dürfte. Bisher kommen rund 80 Prozent der für die genannten Zwecke benötigten Lieferungen aus China.
Was ist erkennbar?
- Selten-Erdmetalle und deren Lagerstätten sind zahlreich.
- In der Europäischen Union gibt es nur unzureichende Ressourcen.
- Die Gewinnung dieser Metalle wirkt sich erheblich auf die Umwelt aus.
- Die USA haben sich trotz hoher Gewinnungskosten und Umweltbelastung entschlossen, von China unabhängig zu werden.
- Die einseitige Versorgung aus China könnte wohl zum Problem mutieren. So wurde bereits vor Jahren die Ausfuhr von Seltenerden von China nach Japan wegen eines Fischfang-Disputes eigeschränkt. So gab es jetzt den Zollkonflikt zwischen den USA und China.
- Hightech-Industrie ist ohne Seltenerden undenkbar.
- In allen zuvor genannten Lagerstätten ist Shenghe, ein chinesischer Staatskonzern, beteiligt.
- Europa hat es versäumt, sich an der Exploration und Entwicklung von Bergbaubetrieben zu beteiligen.
- Chinas Politik kann zu einem Risiko für die Lieferketten werden.
- Es besteht die Hoffnung, dass Grönland den Bergbau auf strategische Metalle genehmigt und dass damit Europa der Knebelung Chinas entkommen kann.
Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.
Was ist mit dem Vorkommen in Kärnten und sonst noch wo in der Welt?
Mir fehlt Afrika und Südamerika in der Betrachtung!
Vielen Dank für diese sehr interessanten Infomationen. Die (vielen) Kommentare zu ihrem Gastkommentar zeigen den Stellenwert an technischen Themen in Österreich, selbst in diesem Forum!
Österreich, aber auch die EU, ist längst zur verlängerten Werkbank der Hochtechnologie geworden. Die österreichische Außenministerin hat Rubio zum Opernball eingeladen, Lipizzaner, Sacher Torte, Sängerknaben, damit können wir (noch) punkten!