Gastkommentare

Eine ereignisreiche Ziffernkette

08. Januar 2024 14:46 | Autor: Leo Dorner
13 Kommentare

Als Folge des Überfalls, der zum Yom-Kippur-Krieg von 1976 führte, kollabierte Israels Linke, und die Rechte übernahm. Jetzt aber haben die Rechten den Überfall der Hamas nicht verhindert. Dass deshalb die Linken wieder ans Ruder kommen könnten, ist eher unwahrscheinlich, denn mit der friedliebenden Linken an der Macht, wäre Israels Ende vermutlich besiegelt. Wie schon Obama vorführte, lassen sich sogar mit den Mullahs friedliebende, aber selbstmörderische Verträge "dealen". Und die EU-Europäer in ihrer unsterblichen Dummheit sind sofort mit von der lustigen Partie . . .  

Die ereignisreiche Ziffernkette lautet: 1973-1976-2005 (Gaza-Rückzug) – 2006 (Libanonkrieg) und nun 2023. 

Aber was zeigt diese Zahlenkette durch 50 Jahre hindurch? (Sie verschweigt die Anschläge von Buenos Aires, München, Bombay, um nur diese drei aus einer langen Liste zu nennen.) 

Und was zeigt sie für wen? Für die "orientalisch tickenden" Araber und Schiiten vermutlich eine ansteigende Linie von Erfolgen: Immer näher sei man an das große Ziel gerückt, und schon beim nächsten Treffen werde die zionistische Entität im Nahen Osten getilgt sein. 

Für die teils westlich, teils alttestamentarisch denkenden Juden Israels und der Diaspora zeigt sie vermutlich das Gegenteil: Noch jeder Angriff der Todfeinde konnte ins Land der Angreifer getragen und in einen Sieg umgewandelt werden. Zwar gab es immer auch Versuche, Frieden zu stiften, die jedoch, auch das zeigt die Zahlenkette jedem vernünftigen Bürger Israels und der Diaspora, jedes Mal wieder "stiften" gingen. Einzig der Frieden mit Ägyptens Sadat hielt, wofür dieser jedoch als Opfer der Dschihadisten sein Leben lassen musste. 

Die Fragen der Zukunft lauten: 

  1. Wie kann Israel in Zukunft jeden Überfall durch seine Todfeinde unmöglich machen?
  2. Wie lässt sich eine jüdische Demokratie organisieren, die frei und zugleich jüdisch bleibt?
  3. Wie lässt sich die westliche Diplomaten-Lüge einer "Zweistaatenlösung" verabschieden?

Sollten linke Parteien und Denkgemüter diese Fragen beantworten oder wenigstens zu einer Antwort beitragen können, sind sie in Israel vielleicht sogar wieder mehrheitsfähig. Wenn nicht: siehe vorhin.

Doch ist die Epoche nach 2023 eine radikal andere – denn der größte Brocken wartet noch: Es ist nicht die Hisbollah in Libanon und Syrien, es ist der große, nun aber islamische "Nebukadnezar" im Zweistromland. 

Im Westen wenig Neues: Die Biden-Administration der USA wird sich vor den Novemberwahlen von 2024 in keinen Krieg mehr verwickeln lassen. Für Israel eine günstige Gelegenheit, das "Finish them" (Harris) zu vollstrecken. Alle Nahost-Vorschläge der jetzigen USA stehen unter Vorbehalt: Sie sind nicht zukunftstauglich. Ob "man" (ob die Mehrheit der US-Amerikaner) die US-Demokraten nochmals ans Ruder lässt, ist fraglich.  Israel und kritische Stimmen im Westen beklagen, dass die USA auch im Roten Meer gegen die angreifenden Houthis nur halbherzig reagieren. Noch ein Vakuum mehr oder weniger, scheint egal zu sein.  

Ob sich der Iran dadurch ermuntert fühlt und zu einem größeren Angriff bereit macht? Was auch kommen mag auf der müden Ebene ermüdeter Diplomaten: eine Niederlage auch der Hisbollah wird immer unvermeidlicher. Immer vorausgesetzt: Israel wäre an seinem Erhalt und seiner Existenz weiterhin interessiert. 

Woran seine Todfeinde interessiert sind, das ist zur Genüge bekannt ­– sollte man glauben. Obwohl man zu zweifeln beginnt, wenn man die Statements der EU-Reisepolitiker vernimmt: "Deeskalation – Koste es, was es wolle." 

 

Leo Dorner ist ein österreichischer Philosoph.

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  1. Wolfram Schrems
    15. Januar 2024 14:55

    Sehr interessant:

    Myron Sugarman, "the last Jewish gangster", berichtet über die Finanzierung der israelischen Terrorgruppe Irgun (bekannt durch Anschläge, u. a. auf das King David Hotel) durch das organisierte Verbrechen (kosher). Er ist sehr stolz darauf:
    https://www.youtube.com/watch?v=_I3o-i5t8qY

    (Der Kanal schreibt dazu: Myron Sugerman, the "Last Jewish Gangster," describes the Jewish mafia's role in fighting anti-Semitism in the 1930's and the crucial role the Jewish mob played in arming the infant Jewish State.)

    Interessant auch, wie Leo Dorner schreibt: "Jetzt aber haben die Rechten den Überfall der Hamas nicht verhindert." Die werden schon ihre Pläne gehabt haben.

    Übrigens war der Yom-Kippur-Krieg nicht 1976 sondern 1973.



    • Leodorn
      16. Januar 2024 07:56

      Vielleicht mißverständlich formuliert. Die genaue Ziffernkette lautet, wie angeführt: 1973-1976-2005 (Gaza-Rückzug) – 2006 (Libanonkrieg) und nun 2023.
      Die Rechten Israels von heute (an der Macht) hätten 7/10 nicht verhindert: behaupten natürlich die Linken (Israels) von heute, um wieder an die Macht zu kommen.

      Ob der jüdische Kampf (1930 ff.) gegen die britischen Besatzer mit dem Pogrom der Hamas-Barbaren von 2023 vergleichbar ist?



    • Wolfram Schrems
      16. Januar 2024 11:59

      Wieso britische "Besatzer"? Die haben das ja vom Völkerbund übertragen bekommen. Jetzt kann man zum Völkerbund natürlich kritisch eingestellt sein.
      Aber nach dem damaligen Völkerrecht war das Mandat nicht rechtswidrig.
      Allenfalls hätten sich die Osmanen oder deren Nachfolger von wegen "Besatzung" beschweren können, aber nicht neu hinzugekommene Einwanderer (und Besatzer in spe).



    • Leodorn
      16. Januar 2024 18:21

      @ Wolfram Schrems

      Bezüglich "Besatzer" haben Sie recht: Ein Gummibegriff. Für Bani Sadr und die Seinen und vermutlich auch für den deutschen Michel unter Schröder waren auch die Amis im Irak nicht Befreier, sie waren nichts als "Besatzer"

      Mit einem Wort: die Wandlungen des Völkerrechts sind ein kritischer (gebärfreudiger) Punkt der modernen Weltgeschichte.



  2. Leodorn
    10. Januar 2024 10:16

    Zur Klarstellung an die Kommentaristen
    Da nicht zu hoffen ist, daß die USA unter Biden und den US-Demokraten jemals A) die Illusion einer „Zweistaatenlösung“ für Israel und Palästina aufgeben werden und zugleich B) die Undurchführbarkeit von A) für jeden Vernunftbegabten evident ist, gibt es vorerst nur den 1.) Status quo eines Dauerkrieges, der bald als neuer Hundertjähriger Krieg erkennbar sein wird.
    Aber da niemand begründet behaupten kann, daß in den USA nicht ein radikaler Wechsel eintreten wird, der es möglichen machen wird, unmögliche Illusionen als fata morgana zu erkennen und beiseitezulegen, ist 2.) Warten und Abwarten angesagt.

    Zugleich kann niemand vorhersehen, wie jene, die vernunftbegabt denken, vor allem Israel selbst, 3.) das hundertjährige Interregnum nutzen werden, um neue Tatsachen zu schaffen, welche die Illusion von A) endgültig 4.) als „weltfremde“ Sache – sang- und klanglos – zu verabschieden erlauben.



  3. wishnu
    09. Januar 2024 15:46

    Kenne viele und gute Kommentare von Leo Dorner, aber dieser hinterläßt irgendwie einen konfusen Eindruck ...



    • Kyrios Doulos
      10. Januar 2024 08:29

      wishnu, der Eindruck täuscht. Konfus erscheint er Ihnen vielleicht, weil hier mehrheitlich befundet wird und Fragen gestellt und Optionen aufgezeigt werden. Dorner zeigt uns seine Gedankengänge und Überlegungen.

      Wenn man als Leser immer eine Lösung, eine Antwort, einen profunden und umsetzbaren Plan ERWARTET, dann empfindet man einen Beitrag wie diesen hier vielleicht leicht als konfus.



  4. eupraxie
    08. Januar 2024 18:54

    "...kritische Stimmen im Westen beklagen, dass die USA auch im Roten Meer gegen die angreifenden Houthis nur halbherzig reagieren."

    Warum schicken diese kritischen Stimmen der EU die vereinigten Seestreitkräfte der Wertegemeinschaft nicht ins Rote Meer und lehren den angreifenden Houthis das Fürchten? Ohne USA ist die EU hilflos.



    • ET IN ARCADIA EGO
      08. Januar 2024 20:27

      Sehr richtig, EU = ein hilfloser, menschenverachtender, korrupter, linker Freimaurer-Haufen



    • Kyrios Doulos
      10. Januar 2024 08:34

      Blöd auch, daß der heldenhafte Kämpfer für die Werte der EUdSSR grad in der Ukraine beschäftigt ist. Sonst könnte man ihn, Selenskyj, sicher für den Kampf im Roten Meer gewinnen, noch dazu, wo seine Eltern als Millionäre in Israel leben und sein Einsatz dort auch familiäre Interessen tangierte.



    • eupraxie
      10. Januar 2024 14:11

      @Kyrios Doulos: ich glaube Sie richtig einzuschätzen, wenn ich Ihren Beitrag leicht ironisch werte. Ok. Sachlich gesehen wäre die Marine völlig frei und auch die Planungskapazitäten dürften nicht ausgelastet sein, detto die Logistik für einen Seekrieg.



  5. Postdirektor
    08. Januar 2024 17:29

    Leo Dorner, Sie haben recht. Israel kämpft ums Überleben und MUSS deshalb kämpfen (und wird weiterkämpfen müssen).
    Zum Unterschied von anderen Ländern, wo es nur darum geht, ob diese oder jene korrupte Machtstruktur herrschend ist.
    Das rechtfertigt m. M. n. nicht die Opferung von unzähligen Menschenleben. Und ja, ich denke dabei an den Krieg Russland-Ukraine.



    • ET IN ARCADIA EGO
      08. Januar 2024 20:42

      Am 14. Mai 1948, der Gründungstag Israels, erklärten die islamischen Nachbarstaaten dem neuen Staat sofort den Krieg. Ausgenommen Jordanien, aufgrund enger Beziehungen zu den USA, das 1967 "Land für Frieden" gab (Westjordanland) und Ägypten (Friedensabkommen 1979 A. Sadat und M. Begin) existiert bis zum heutigen Tag kein Friedensvertrag, man ist noch immer im Krieg oder bestenfalls im Waffenstillstand.
      Preisfrage: Welches Land fühlt sich in dieser Lage nicht bedroht????






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