Gastkommentare

Der gesellschaftliche Grundkonsens und seine woken Feinde

14. Juli 2023 13:31 | Autor: Manfred Juraczka
16 Kommentare

Was derzeit passiert ist so besorgniserregend wie einfach erklärt. Es geht der klassenübergreifende kulturelle Grundkonsens in unserer Gesellschaft verloren. Kaum noch etwas kann/darf als unbestritten und allseits akzeptiert angesehen werden, obwohl weite Teile der Bevölkerung genau diesen kulturellen Grundkonsens bereitwillig mittragen würden.

Die aus den USA überschwappende und von den europäischen Linken mit Begeisterung aufgenommene Wokeness-Ideologie hat daran einen maßgeblichen Anteil. Oder wie es der deutsche Kommunikationstheoretiker Norbert Bolz so treffend formuliert hat: "Politische Korrektheit/Wokeness läuft auf das Verbot heraus, noch irgendetwas als normal zu betrachten." 

Anbei nur einige Beispiele, worüber in den vergangenen Jahren jeglicher Grundkonsens verloren gegangen ist:

  • Etwa, dass es mit Mann und Frau nur zwei biologische Geschlechter gibt. 
  • Etwa, dass die Meinungsfreiheit eines der höchsten Güter der Demokratie ist und selbstverständlich das Recht beinhaltet, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen. (Und nein, nicht jede andere Meinung ist Hetze, Schwurbelei oder Fake News.) 
  • Etwa, dass jede Form von Rassismus verabscheuungswürdig ist, es aber natürlich auch Rassismus gegen Weiße geben kann und leider gibt. 
  • Etwa, dass Religionsfreiheit ein hohes Gut ist und wir gerade deshalb klar Kante gegen zunehmende Christenverfolgungen zeigen müssen, so wie Antisemitismus nie mehr einen Platz in unserer Gesellschaft haben darf. (Bedauerlicherweise konnte mir noch niemand schlüssig erklären, weshalb Kritik an linken, jüdischen Philanthropen immer, Kritik an rechten Ministerpräsidenten allerdings nie antisemitisch sei. Klar muss sein, dass die politische Auseinandersetzung natürlich immer erlaubt sein muss.) 
  • Etwa, dass Autofahrer-Bashing ebenso deplatziert ist wie Flugscham, es aber die massive, von der Politik eingeforderte Forcierung technischer Innovationen braucht, um auch die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. 
  • Etwa, dass das Prinzip der Eigenverantwortung beinhaltet, dass jeder Mensch für seine Ernährungsgewohnheiten, seinen Medienkonsum, sein Mobilitätsverhalten selbst verantwortlich ist und das auch tunlichst so bleiben sollte, ohne dass ein überbordender Staat ihm in Orwell’scher Manier Vorschriften macht. 

Wir reden gerne vom europäischen Erfolgsmodell der liberalen Demokratie.

Zu Recht.

Erkennen wir dann allerdings auch, dass deren Erfolgsrezept darin liegt, den Menschen als Individuum mit all seinen Unterschiedlichkeiten anzuerkennen statt woke in absurde (Denk-)Verbote abzutauchen? Wagen wir mehr individuelle Freiheit statt eines intellektuellen Biedermeiers, in dem das Kollektiv festhält, dass nur sein kann, was sein darf.

 

Mag. Manfred Juraczka (54) ist dritter Präsident des Wiener Landtags (ÖVP) und im Zivilberuf Geschäftsführer des Fontana-Resorts in Oberwaltersdorf.

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  1. Alexander Huss
    21. Juli 2023 21:43

    Sehr geehrter Autor, sehr geehrter Herr Juraczka. Selbstverständlich sprechen Sie mir mit Ihren Überlegungen aus der Seele.

    Dennoch kann ich nicht umhin, Ähnliches zu denken wie andere Forumsteilnehmer auch:

    Nämlich, warum hört man von den höchsten ÖVP-Parteispitzen nicht derartige Worte und Analysen? Sie leben als Dritter Präsident des Wiener Landtages gleichsam Tür an Tür mit den Bundesspitzen der ÖVP. Da müsste es doch ein leichtes sein, derartige Überlegungen mitzuteilen und Ihre



  2. Alexander Huss
    21. Juli 2023 21:22

    Sehr geehrter Autor, sehr geehrter Herr Juraczka. Selbstverständlich sprechen Sie mir mit Ihren Überlegungen aus der Seele.

    Dennoch kann ich nicht umhin, Ähnliches zu denken wie andere Forumsteilnehmer auch:

    Warum hört man von den höchsten ÖVP-Parteispitzen nicht derartige Worte und Analysen? Sie leben als Dritter Präsident des Wiener Landtages gleichsam Tür an Tür mit den Bundesspitzen der ÖVP. Da müsste es doch ein leichtes sein, Ihren Kolleginnen und Kollegen derartige Überlegungen mitzuteilen und selbige dazu zu bringen, diese Gedanken öffentlich zu äußern.

    Oder fehlt es der ÖVP-Bundesspitze an Mut?



  3. Kyrios Doulos
    16. Juli 2023 22:19

    Gut gebrüllt, Löwe.

    Aber bitte schicken Sie das doch Ihren mächtigen Freunden des (V)P-Regimes, das Sie in hohe Ämter gehievt hat, dessen Brot sie essen und gegen das Sie freilich öffentlich nie auftreten.

    Wer tut und fördert genau das, was Sie hier zurecht und auf den Punkt gebracht kompetent kritisieren? Wer zwingt uns mit der Haushaltsabgabe, eben diese ununterbrochene Woke-Propaganda des ORF zu finanzieren?

    Ich wundere mich sehr. Auch wenn ich Ihnen inhaltlich zustimme. Ich hätte nicht lesen dürfen, daß Sie (V)P-Politiker sind, das hat mir die Freude über Ihre Zeilen wirklich vergällt.



  4. Leodorn
    16. Juli 2023 09:39

    Wenn eine Fußballerin verkündet: „Als Mensch eigentlich nicht mehr tragbar“ verkündet sie einen neuen moralischen Imperativ: die hohen „Gehälter“ der Fußballer sind gemeint. Bisher hätte man von Neid auf die Kollegen gesprochen, jetzt, in den Zeiten des neuen Aufbruchs einer neuer Menschheit (sie sitzt in der Falle des wissenschaftlichen Aberglaubens, vor dem Erich Heintel sein Leben lang warnte) spricht man von „frauengerechtem Fußball“ besser noch von menschengerechtem Fußball, weil Frauen nun mal die bessere, die eigentliche Hälfte der Menschheit sind.
    Um der „philosophischen“ Ehre die Wahrheit zu geben, sei sie „cool am pool“ ausgesprochen. Infolge ihrer anatomischen Bauweise, ihrer biologisch bedingten Eigenart sind Frauen zum Fußballspielen nur bedingt geeignet. „Richtige“ Fußballer können sie - als normale Frauen – niemals werden. Wer ihre Spiele dennoch verfolgt, glaubt ein Spiel zweier U16 Mannschaften verfolgen zu müssen: ein Job für Freunde und alle Jugendtrainer.



    • Leodorn
      16. Juli 2023 09:40

      Kommt es demnächst – auf den eiligen Pfaden des Aufbruchs in eine neue Menschheit – sogar zu gemischtgeschlechtlichen Mannschaften („Menschschaften“) – muß der wahre Fußballfreund das Feld wechseln. Fußball kaputt, neue Menschheit im Kommen. Gnade uns Gott, sagte sinngemäß Livius angesichts der Übertreibungen der späten Republik, „muß man so schrecklich übertreiben?“ Die Gewalt der Gladiatoren-Spiele hielt er für unvereinbar mit den Normen der römischen Götterreligion.



  5. Pennpatrik
    16. Juli 2023 08:53

    Brennend würde mich jetzt interessieren, wie der dritte Präsident des Wiener Landtags (ÖVP) erklärt, warum die VP da überall als treibende Kraft mitmacht bzw. dem nicht offensiv entgegentritt.
    In der Analyse stimme ich mit ihm überein, kenne aber nur eine Partei, die diese Missstände bekämpft und das ist nicht die VP.



  6. Tullius Augustus
    15. Juli 2023 12:39

    Wissenschaftliche Wahrheit ist dass es e. 'Normalverteilung' gibt die der geniale dt.Mathematiker Carl F. Gauß schon vor ca. 200 J. berechnete.

    Diese Normalverteilung sagt dass im Bereich d. mathematischen Mittels bzw im Bereich d. Durchschnittswerts e. sehr großen Anzahl von Messgrößen - da ist die Rede v. hunderttausenden bzw Millionen bzw Milliarden von Messgrößen - dass genau dort wo der Durchschnittswert ist die größte Anhäufung von Messgrößen ist!

    Siehe etwa die Liste der Länder nach Körpergröße
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_K%C3%B6rpergr%C3%B6%C3%9Fe

    In d.Niederlanden leben die durchschnittl. größten Menschen mit 177,10 cm.
    Daher ist in NL gemäß d.Gauß'schen Normalverteilung ( https://www.ecosia.org/images?q=Gau%C3%9F%



    • Tullius Augustus
      15. Juli 2023 12:41

      In d.Niederlanden leben die durchschnittl. größten Menschen mit 177,10 cm.

      Daher ist in NL gemäß d.Gauß'schen Normalverteilung "Glockenkurve" ( https://www.ecosia.org/images?q=Gau%C3%9F%27sche%20Glockenkurve )

      die Anzahl der Menschen mit 177,10 am größten u.fast genau so viele Menschen (aber nicht ganz) gibt es die 177,00 bzw 177,20 bzw. 176,90 bzw 177,30 groß sind!

      Bei sehr großen Messgrößen ergibt sich immer diese Gaußsche Glockenkurve, IMMER!
      Es ist ein Naturgesetz genau so wie die Schwerkraft.



    • Tullius Augustus
      15. Juli 2023 12:51

      Die Formeln von Carl Friedrich Gauß sind schon lange in die Statistik (= ein Zweig der Mathematik) eingeflossen!

      Unsere moderne Gesellschaft sowie die Wissenschaft, Technik, Zivilisation, Kultur, Technologie, Marktwirtschaft bis herunter zur Meinungsforschung, Marktforschung, Vertrieb, Vermarktung usw.

      ist ohne statistische Methoden (u. damit d. Gauß'schen Glockenkurve) undenkbar.

      Die bekannten Firmen wie z.B. Manner-Schnitten Frucade- od. Rauch-Fruchtsäfte, Kellys-Chips bzw Billa, Spar, Hofer

      od. Medienunternehmen wie Krone, Kurier, Servus-TV, Profil, Spiegel Focus FAZ NZZ -

      Sie alle wären schon lange pleitegegangen ohne statistische Marktforschung wo die Gauß-Formeln grundlegend sind.

      Ohne Statistik kann weder e.Staat regiert od. verwaltet werden noch ist e.Leben im 21.Jhdt undenkbar!



    • Tullius Augustus
      15. Juli 2023 12:55

      Deshalb sollte jeder höchst vorsichtig sein wenn er behauptet:

      "Etwas was im Volksmund als 'normal' bezeichnet wird, das darf es nicht geben, das ist sogar gefährlich."

      "'Normalität' ist eine Illusion oder Fiktion."

      Bitte höchste Vorsicht bei solchen Behauptungen & Aussagen!



  7. Tullius Augustus
    15. Juli 2023 12:22

    Vielen Dank Herr Mag Juraczka!

    Die jüngsten Äußerungen v. Hr.Vizekanzler Mag.Kogler zur Normalität, wie gefährlich die 'Normalität' angeblich sein soll - diese Äußerungen müssen unbedingt kommentiert werden, das ist wichtig

    Ich denke dass d. zentrale Dreh&Angelpunkt dieses Denkens, dass es so etwas wie 'Normalität' nicht geben soll dieser ist:

    D.Begriff "Heteronormativität" https://de.wikipedia.org/wiki/Heteronormativit%C3%A4t

    Von der sog. LGBT-Szene u. deren Freunden kommt der dringende drängende Wunsch & Verlangen den Begriff "Normalität" & den Begriff "Heterogene Normalität" ab zu schaffen u. zwar insgesamt!

    So etwas wie "sexuelle Normalität" darf es nicht geben.
    Wenn es das bisher in unserer Kultur & Zivilisation & Tradition & Konvention & Sitte & Moral gegeben hat - dann muss das radikal umgestellt werden

    Normalität in d.bisherigen Form darf es



    • Tullius Augustus
      15. Juli 2023 12:23

      Normalität in der bisherigen Form darf es nicht mehr geben sondern da muss alles relativiert und geändert werden - das meint Vizekanzler Kogler!



  8. eupraxie
    15. Juli 2023 07:16

    Die Basis eines gesellschaftlichen Grundkonsenses ist doch eine Ansammlung von Personen, die über gleiche Grundvorstellungen zur Gestaltung des Lebens und damit zur Gestaltung einer Gesellschaft verfügen. Dazu braucht es Abgrenzungen gegenüber Personengruppen, die über eine andere Sichtweise auf diese Gestaltung haben.
    One world, no border lässt eine Abgrenzung des Gemeinsamen zu anderen nicht mehr zu. Es müssen daher Grenzen des Sagbaren geschaffen werden, um diese Binnendiifferenzierung nicht sichtbar werden zu lassen.

    PS: so sehr ich auch der USA skeptisch gegenüberstehe, sollten wir den Beitrag der französischen Philosophie zum derzeitigen Zustand nicht verleugnen.



  9. Leodorn
    14. Juli 2023 14:34

    Noch ein Beispiel:
    Die EU als unbemerktes Opfer ihrer Klima-Ideologie: oder doch eher als geschäftsführende Täterin? Sie führt einen alljährlichen „Gedenktag“ für die Opfer der „globalen Klimakrise“ ein, - als „beweisende“ Beispiele werden Flutkatastrophen in Europa genannt.
    Das böse Klima, der ärgste Feind der neuen Menschheit. Es ist zum Fürchten, und viele Jugendliche fürchten sich sogar sehr: sie kleben sich fest, um dem großen Tod zu entgehen. Die neue Pest grassiert, der Sensenmann geht wieder um.
    In der Steiermark ist noch ein Drittel der Steirer (die gibt es noch) resistent. Nur widerwillig lassen sie sich bekehren. „Wir“ haben noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Aber der große Bruder in Brüssel steht hinter uns, und seine große Schwester, sofern es in der Zentrale noch Frauen gibt, steht uns bei. Ohne EU wären wir der neuen Pest hilflos ausgeliefert.



    • Politicus1
      15. Juli 2023 21:37

      die globale Klimakrise ist doch nur der door opener für Millionen von Klimaflüchtlingen in die EU!



  10. Leodorn
    14. Juli 2023 14:18

    Auch diese richtige und wahre Darstellung unserer mehr als „prekär“ gewordenen Kultur und Gesellschaft führt auf die „ewige“ Vergleichsfrage: warum war eine Selbstzerstörung dieser Art in den früheren Normalzeiten nicht möglich?

    Antwort heutiger Aktivisten: Es ist gar keine Selbstzerstörung, - es ist Neuschaffung, Öffnung, Pluralität und Beginn einer völlig neuen Kultur und Menschheit. An diesem Punkt pflegt der „Wertschätzer“ traditioneller Normen zu resignieren: „Na dann.“ -

    Nicht aber der Aktivist: schon wieder ist er einem Ewiggestrigen begegnet.
    Einem, der in die griechische Polis, in die römische Republik, am Ende sogar in die Diktaturen des 2o. Jahrhundert zurück möchte.

    Dies der gefährliche Stand der Dinge. Denn: nicht nur die Geschichte lehrt: Auf der letzten Stufe des politischen Nominalismus lauert dessen Umsturz ins Gegenteil.






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