Gastkommentare

Wiener Tagebuch: Grün und ideologiefrei

19. Juni 2021 07:37 | Autor: Werner Reichel
18 Kommentare

Nach 20 Tagebucheinträgen war vorerst Schluss. Jetzt, nach einer knapp zweijährigen Pause, habe ich mich entschlossen, mein "Wiener Tagebuch" weiterzuführen. Ein Grund dafür: Das Büchlein mit den ersten Tagebuch-Texten ist bei den Lesern gut angekommen. Viel Dank dafür.

Die Idee, neue Texte über meine Alltagserfahrungen im roten Wien zu schreiben, hatte ich vor wenigen Tagen. Just an einem Ort, der völlig ideologiefrei ist, wo die SPÖ bisher keine Duftmarken hinterlassen hat.

Das ist für Wien so ungewöhnlich, so erfreulich, dass ich einfach darüber schreiben musste. Seit einiger Zeit überwinde ich mich ein bis zweimal pro Woche, um mein Gewicht bzw. meinen Bauchumfang zu reduzieren oder zumindest zu halten, und laufe in den Prater. Der ist, wenn ich halbwegs in Form bin, nur zehn Minuten von meiner Wohnung entfernt. Ich mag den Prater. Nicht so sehr den Wurstelprater, auch nicht die Hauptallee, wo Heerscharen von Wienern zwischen Riesenrad und Lusthaus hin- und herhecheln, sondern den Teil, wo man auf keine Menschen trifft. Das ist der weitgehend naturbelassene Auwald südwestlich der Pferderennbahn Freudenau.

Hier ist es wahrscheinlicher, auf ein Reh zu treffen als auf einen Jogger oder Spaziergänger. Hierher verirrt sich kaum jemand. Nur ab und zu ein Reiter. Es hat eben auch seine guten Seiten, dass die Wiener bzw. die meisten Menschen Herdentiere sind und lieber im Pulk mit Anderen laufen und radeln als im schönen menschenleeren Auwald mit seinen schmalen Wegen. Hier ist man mitten in Wien mitten in der Natur. Hier verrotten umgestürzte Baumriesen, hier gibt es Dachsbauten und an gewissen Stellen verstummt sogar die Geräuschkulisse der Großstadt.

Bis hierher ist nicht einmal die in Wien allgegenwärtige Ulli Sima vorgedrungen, die ansonsten jeden grünen Flecken in der Stadt mit sinnigen Marketingsprüchen bereichert und auf mit Steuergeldern finanzierten Taferln erklärt, wem das gemeine Volk zu danken hat, dass hier ein paar Bäume und Sträucher wachsen dürfen. Selbst im Wienerwald gibt es mehr Sima-Schilder als Wildschweine.

Hier, im hinteren Teil des Praters, bleibt man von den in Wien allgegenwärtigen Verbots-, Gebots-, Erklär-, Belehr- und politischen Werbeschildern verschont. Hier wachsen einfach nur Bäume, Sträucher, Bärlauch und andere Pflanzen.

Hier ist es so grün, dass man nicht einmal Grüne trifft. Deren bevorzugter Lebensraum sind bekanntlich die dicht verbauten Gebiete innerhalb des Gürtels, vor allem die Bezirke 6 bis 8. Wo tatsächlich die Natur herrscht, wo es keine Bobo-Beisln und trendige Pop-Up- und Apple-Stores, sondern nur Bäume, Stacheln, Insekten und Gatsch gibt, fühlen sich die linken Weltretter – Gott sei Dank – fremd und unwohl.

Ähnliches gilt für unsere orientalischen Mitbürger. Die sind zwar gern im Grünen, aber nur, wenn es nicht weiter als 50 Meter vom nächsten Parkplatz oder einer U-Bahnstation entfernt ist. So ein Griller ist auch recht sperrig. Ja, hier mitten in Wien ist ein ideologisches Leo. Wie beim Fangenspielen. Hier erwischen sie dich nicht. Diesen Flecken haben sie bisher übersehen. Herrlich.

Wenn ich zurücklaufe oder gehe und wieder in den belebten Teil des Praters komme, stehen sie wieder überall, die von der Stadt und der SPÖ aufgestellten Taferln, Schilder und Plakate. Da gibt es welche, die einem mit Bildern und Rufzeichen erklären, dass bei Sturm Äste abbrechen oder Wege im Winter glatt sein können. Andere weisen darauf hin, dass genau hier der ideale Ort dafür ist, bestimmte Turnübungen zu vollführen. Zumindest die darauf abgebildete Dame im Turndress ist nicht Ulli Sima.

Genau dafür brauchen die Wiener die SPÖ. Damit ihnen irgendjemand auf Schritt und Tritt erklärt, was sie zu tun haben, was sie nicht dürfen, wer hier das Sagen hat etc. Da man von dieser Überflutung schon ziemlich abgestumpft ist, erkennt man erst dann besonders gut, wie sehr und wie penetrant sich die linke Politik in unser aller Leben drängt, wenn das plötzlich nicht der Fall ist, wenn man mitten in Wien an einen Ort kommt, der frei von solchen politischen und propagandistischen Aufdringlichkeiten und Belästigungen ist. Man sollte mehr solcher ideologiefreien Zonen einrichten. Die SPÖ braucht sie auch gar nicht zu beschildern. Das würde jede Menge Steuergeld sparen. Aber das ist von den Roten und vor allem von Ulli Sima wohl etwas zu viel verlangt.

Werner Reichel ist Autor und Journalist. Er hat zuletzt das Buch "Europa 2030 – Wie wir in zehn Jahren leben" bei Frank&Frei herausgegeben.

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  1. Peter Kurz
    04. Juli 2021 13:01

    Linke wissen nur zu gut, warum man brillianten konservativen Autoren wie Werner Reichel möglichts keine Plattform geben darf.
    Er blamiert deren Politk bis auf die Knochen.



  2. Hegelianer
    21. Juni 2021 13:07

    Geographische Korrektur: Die angesprochenen Augebiete (Lusthauswasser, Mauthnerwasser) befinden sich nördlich bis nordöstlich der Pferderennbahn Freudenau. Südwestlich ist der Donaukanal und hinter diesem das Simmeringer Inudstrieviertel.



    • Maigret
      22. Juni 2021 10:07

      Die sind aber nicht gemeint.



    • Hegelianer
      22. Juni 2021 10:25

      Sondern? Ich kann Google Maps nicht entnehmen, was da zwischen Pferderennbahn und Schüttelstraße/Beginn der A4 noch Platz haben sollte. Oder ist der Trabrennplatz Krieau gemeint? Da wäre dann südwestlich die Schleife der Liliputbahn durch den "Dschungel".



    • gutmensch
      23. Juni 2021 21:14

      ich konnte das beschriebene Gebiet auch nicht auf Google Maps finden - vielleicht könnte der Autor das nochmal präzisieren? Außer die Beschreibung ist bewusst ungenau gewählt, sodass der Autor dort weiterhin seine Ruhe hat :-)



  3. Politicus1
  4. Isis42
    19. Juni 2021 22:07

    Danke, Herr Reichel, dass Sie sich wieder zu den so begnadeten Gastautoren stellen. Sie haben mir schon einige Zeit gefehlt.
    Und ich wünsche mir, dass ich noch lange durch Ihre kritischen und doch aussagekräftigen Analysen informiert werde.



  5. Claudius
    19. Juni 2021 20:18

    Ich bringe hier meine differenzierte Sichtweisen ein, mit Propaganda hat das nichts zu tun.

    Schau, schau: So wird ein Sprössling einer SPÖ-Familie erzogen - inklusive Magisterabschluss:

    Ihre Schullaufbahn begann Sima 1974 an der katholischen Privatschule der Ursulinen in ihrer Geburtsstadt Klagenfurt. Im Herbst 1975 wechselte sie – auf Grund der Berufstätigkeit ihres Vaters – an eine Grundschule in Luxemburg.

    Im Frühjahr 1976 weiter an eine Grundschule im englischen Guildford, im Herbst desselben Jahres zurück nach Klagenfurt. Ab 1978 war sie Schülerin des Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Gymnasiums.

    Im Herbst 1982 übersiedelte Sima zum zweiten Mal nach Luxemburg, wo sie die Europäische Schule besuchte und 1986 ihre Matura ablegte.

    Danach nahm sie ein Studium der Biochemie an der Universität Wien in Angriff, trat 1988 ins Studium irregulare der Molekularbiologie über und schloss dieses 1994 mit dem Magistergrad ab.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ulli_Sima

    Also in Bezug auf Studienabschluss: Wenn nicht Wow dann OK.



    • Gandalf
      23. Juni 2021 12:33

      @ Claudius:
      Also, eines verstehe ich nicht, nämlich, wie man ein "studium irregulare" mit einem (noch dazu für heutige Begriffe relativ "hohen") akademischen Grad abschließen kann? Ich habe seinerzeit mein (reguläres) Jusstudium mit dem Doktorat abgeschlossen; dass ich für das gleichzeitig getätigte Studium als a.o. Hörer an der damaligen Hochschule für Welthandel nie einen offiziellen Abschluß bekommen würde, hat man mir spätestens bei der Inskription klar gemacht. (Ich habe das zusätzliche, "irreguläre" Studium nie bereut, ganz im Gegenteil, es hat mir später sehr geholfen - aber es war auch etwas Handfesteres als "Molekularbiologie"oder ein anderer Orchideenschmarrn).



  6. Ingrid Bittner
    19. Juni 2021 19:08

    Jetzt scheint Enkelinnen im Blickpunkt zu stehen, Ursula Stenzel, auch nicht fertig studiert, Enkelin eines Rabbi, Ulli Sima, Enkelin eines Landeshauptmanns, na ja.
    Besonders beeindruckt hat mich aber die Enkelin des ehemaligen Innenminister Rösch, die bekannte Maßnahmenkritikerin Dr. Konstantina Rösch, hinausgeschmissene Ärztin in Graz, die gewagt hat, die Regierung zu kritisieren und das öffentlich. Hut ab!



  7. Claudius
    19. Juni 2021 11:22

    Nur zur Klarstellung: Die Gemeinde Wie muss sich rechtlich absichern: Wenn irgendwo ein Schild steht: "Achtung alter Baum, Äste können herunterfallen, betreten auf eigene Gefahr"

    Oder: "Dieser Weg wird im Winter nicht geräumt und gestreut: Betreten auf eigene Gefahr"

    usw. - So sichert sich die Gemeinde Wien, bzw. der Magistrat ab wenn sich jemand genau dort verletzt und mit e. gewieften Rechtsanwalt kommt und Schadenersatz fordern möchte.

    Wien und alle Bewohner sollen doch froh sein über die Stadträtin Ulli Sima, Amtsführende Stadträtin für Innovation, Stadtplanung und Mobilität. Eine wirklich fesche stets stilvoll gekleidete Politikerin, die gerne vor der Kamera steht.

    Eine sehenswerte Fotosammlung:

    https://at.images.search.yahoo.com/search/images;_ylt=AwrJ4hCstM1gnjEAYpdFMAx.?p=wien+%22ulli+sima%22&ei=UTF-8&fr=sfp&imgty=photo&fr2=p%3As%2Cv%3Ai



    • Claudius
      19. Juni 2021 11:38

      Stadträtin Ulli Sima ist die Enkelin des früheren Kärntner Landeshauptmanns Hans Sima:

      Und: "Biochemie" sowie "Molekularbiologie" ! Wow!

      http://www.dasrotewien.at/seite/sima-ulli



    • Ingrid Bittner
      19. Juni 2021 19:04

      Warum "WoW" - weil ein Studium, das nach etwas BEsonderem ausschaut, aber studieren ohne Abschluss, na ja, haben wir ja oft und dann wird diskutiert, wie weit wer gekommen ist. In 8 Jahren hätte sie schon auch einen Abschluss hinbringen können, hat sie aber offenbar nicht. Jeder wie er meint und wie er kann. Nicht fertig studiert zu haben heisst ja gar nichts, nur halt, dass die Eltern offenbar keine finanziellen Probleme hatten, sonst wäre es vielleicht anders gelaufen.



    • Ingrid Bittner
      19. Juni 2021 19:13

      Schad um die Zeit, die für diese Fotosammlung draufgeht, so man sie öffnet. Ich hab's leider getan, weil ich gemeint hab, da sei wirklich etwas Sehenswertes. Ist es aber nicht, Frau Sima mit allen möglichen und unmöglichen Begleitern, da wird mir eher übel.



    • Wyatt
      19. Juni 2021 19:48

      Ingrid, Claudius ist ein Propagandaschreiber!



    • Brigitte Kashofer
      20. Juni 2021 11:48

      Was ist das für eine Qualifikation? "Eine wirklich fesche stets stilvoll gekleidete Politikerin, die gerne vor der Kamera steht."!



    • riri
      20. Juni 2021 23:44

      Diese Qualifikation reicht auch aus, um Bundeskanzler zu werden.



    • Pyrrhon von Elis
      18. Juli 2021 11:05

      Danke, Herr Reichel für diesen Entschluss - Ihre Texte lese ich immer gerne.






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