Gastkommentare

Der Fall Blümel und die Macht der Staatsanwaltschaften

20. Februar 2021 13:25 | Autor: Peter F. Lang
3 Kommentare

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Das ist der erste Grundsatz aller Menschenrechte. Davon abgeleitet halten die Menschenrechtsbestimmungen weiters fest: Jede Person, die einer Straftat bezichtigt wird, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld (was nur durch unabhängige Gerichte festgestellt werden kann) als unschuldig. Diese Bestimmungen sind eine wesentliche Grundlage für den Schutz der Person, des einzelnen Bürgers vor Behördenwillkür. Keiner Behörde kann es daher erlaubt sein, eine Person als einer Straftat verdächtig der Öffentlichkeit bekanntzugeben, wenn für einen Verdacht nicht handfeste Beweise vorliegen.

Im Fall Blümel aber ist trotz einer äußerst schwachen Verdachtslage der Öffentlichkeit offensichtlich durch Behördenvertreter der Verdacht der Begehung einer Straftat (der Korruption) mitgeteilt worden.

Dies allein schon durch die Vornahme eines drastischen Mittels der Beweisführung, nämlich einer Hausdurchsuchung, samt einer Mitteilung darüber an die Öffentlichkeit, obwohl die Verdachtslage – wie auch aus den entsprechenden Mitteilungen zu entnehmen ist – äußerst schwach ist. Da ist mit ziemlicher Sicherheit die vom Gesetz vorgeschriebene Verhältnismäßigkeit zwischen Verdachtslage und der Größe des Eingriffs in die Integritätssphäre der Persönlichkeit nicht eingehalten worden, die Würde der Person des Betroffenen – siehe oben – schwer verletzt worden, was grundrechtlich äußerst bedenklich erscheint.

Dazu noch ein weiterer Punkt: Regierungsmitglieder sind Träger von Staatsgeheimnissen. Es ist äußerst problematisch, wenn sie ihre Korrespondenz und Telefonate den Anklagebehörden jeweils in vollem Umfang offenlegen müssen. Sind denn Staatsgeheimnisse weniger schützenswert als die Berufsgeheimnisse von Anwälten, Ärzten, Journalisten oder Priestern? 

Alle diese Äußerungen hier seien aber nicht als Stellungnahme zu Schuld oder Unschuld im Fall Blümel zu werten. Nein, es geht hier um die Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten der Einzelperson gegenüber behördlichen Allmachtsbestrebungen!

Weiters ist auch in diesem Fall zu hoffen, dass das staatsanwaltschaftliche Verfahren nicht auf unangemessen lange Dauer aufrecht erhalten wird, wenn der Nachweis eines Verschuldens nicht innerhalb angemessener Zeit erbracht werden kann. Wenn solche Verfahren nach vielen Monaten, manchmal nach Jahren als ergebnislos eingestellt werden, ohne dass mittels Anklage die Gerichte eingeschaltet wurden, kommt dies einem Justizskandal gleich und muss als schwere Verletzung von Grund- und Freiheitsrechten angesehen werden. Denn auch Staatsanwaltschaften sind verpflichtet, den verfassungsrechtlich vorgesehenen Schutz der Persönlichkeit und der Menschenwürde zu beachten.

Dr. jur. Peter F. Lang, Wien
Ex-Bezirksrichter

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  1. Pfanzagl
    21. Februar 2021 13:32

    Danke für die Erklärung. Aber müsste es nicht so sein, dass bei einem Einspruch die WKStA die Motive für die Hausdurchsuchung erklären müsste und nicht Blümel seine Unschuld beweisen muss. Es ist doch so, dass die StA die Beweise für die Schuld liefern muss und nicht der Beschuldigte.



  2. Pfanzagl
    20. Februar 2021 17:09

    Wie man in den Nachrichten hört, hat Herr Blümel auf einen Einspruch wegen seiner Hausdurchsuchung verzichtet. Wie kann man so etwas tun, frage ich mich. Hier müsste man doch alle Möglichkeiten ausschöpfen. Wer in diesem juristischen Sumpf nichts tut, geht unweigerlich unter. Nicht einmal die Veröffentlichung von dem Datenschutz unterliegenden Akten wird meinem Wissenstand nach von der ÖVP strafrechtlich anzeigt und vehement eine Untersuchung verlangt. . Bei denselben Vorgängen, die die FPÖ betrafen hat man auch zugeschaut und nichts dagegen unternommen. Das hat man jetzt davon.



    • Frühwirth
      20. Februar 2021 19:35

      Blümel hat's erklärt:
      er will auf keinen Fall die Erhebungen lange verschleppen. Er bietet der WKStA jede Hilfe an, damit die möglichst rasch zu einer Einstellung der Erhebungen kommen kann.
      Blümel hat offensichtlich vom Fall Grasser gelernt, dass dauernde Einsprüche und Berufungen letztlich nur den begleitenden Verteidigern was bringen.






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