Die Gesundheitsversorgung wird signifikant schlechter. Eine Ursache ist die „Einigung“ über die Arbeitszeiten in Wiener Gemeindespitälern, auch wenn die Beteiligten diese als Erfolg zu verkaufen versuchen. Ähnlich negativ wirksam sind diverse Regelungen in anderen Bundesländern. Es ist unbestreitbar: Die Gesamtpräsenzzeit von Ärzten in den Spitälern wird dadurch deutlich geringer. Und damit auch die Betreuung der Patienten. Es gibt aber noch viele andere Gründe, eine Verschlechterung der medizinischen Betreuung in Österreich zu konstatieren.
Zuerst zur Arbeitszeitreduktion für Ärzte. Diese ist – allen Ablenkungsversuchen der Gemeinde Wien zum Trotz – eine eindeutige Leistungsverringerung. Es sei denn, man behauptet, die bisherige Ärzte-Anwesenheit wäre überflüssig gewesen. Wenn das so wäre, hätten sich freilich die dafür verantwortlichen Politiker seit Jahren eines massiven Amtsmissbrauchs schuldig gemacht.
Der Anlass der Leistungsverschlechterung: Als Folge des neuen Ärztearbeitszeitrechts dürfen die Mediziner nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten. Das löst die Politik durch Reduktion der gut bezahlten und daher bei den Ärzten beliebten Nachtdienste. Damit deren Einkommen aber trotzdem gleich bleibt, bekommen die Ärzte ein deutlich höheres Grundgehalt.
Der Patient zwischen überfüllter Ambulanz und überfüllten Ordinationen
Ärztekammer-Vizepräsident Steinhart hat sofort Verschlechterungen im Gesundheitssystem als klare Folge der damit in den Spitälern bevorstehenden Ärzteknappheit angekündigt. Das wird man besonders in den Spitalsambulanzen spüren. Gleichzeitig sind die niedergelassenen Ärzte durch die Sozialversicherungen total ausgedünnt worden. Auch das ist eine eindeutige Verschlechterung der Versorgung, die nur von Politikern geleugnet werden kann.
Für die Ordensspitäler und das AKH gibt es vorerst noch überhaupt keine Einigung. In den Ordensspitälern gilt noch eine provisorische Zwischenlösung, in der also die Ärzte wie bisher zu arbeiten bereit sind. Was aber rechtlich nicht mehr lange erlaubt sein wird.
Im AKH hingegen fallen schon seit Jahresbeginn immer mehr Operationen aus. Das ist die dritte Leistungsverschlechterung, die man festhalten muss.
Im AKH ist die Lage deshalb besonders schwierig, weil die Gemeinde dem Bund die zusätzlichen Kosten für die Arbeitszeiten zuschanzen will. Dabei ist der Bund eigentlich nur für den wissenschaftlichen und universitären Bereich des AKH und dessen Finanzierung zuständig. Und nicht für Patientenbetreuung und Nachtdienste. Das wäre alleinige Kompetenz der Gemeinde Wien. Aber die hofft wieder einmal auf die übliche Nachgiebigkeit des Bundes.
Gemeindeärzte müssen Schwesternarbeit tun
Die Politik, die noch vor kurzem allen Ernstes die gesamte Gesundheitspolitik für saniert erklärt hat, weiß in Wahrheit nicht mehr ein und aus. Denn das Problem ist keineswegs nur eines der künftig viel kürzeren Höchstarbeitszeit von Ärzten.
Dringend nötig wäre es auch, in Wiener Gemeindespitälern Ärzte von Arbeiten zu befreien, die anderswo von Krankenschwestern durchgeführt werden, wie etwa Blutabnehmen. Eine weitere massive Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Mediziner. In den Gemeindespitälern hat nämlich die (in der SPÖ ja sehr mächtige) Krankenschwestern-Gewerkschaft die Befreiung der Schwestern von solchen Arbeiten durchgesetzt.
Dafür aber wird jeder neue Patient absurderweise von einer dieser Schwestern in einem langen Fragebogen haargenau nach all den gleichen Dingen gefragt, die vorher schon ein Arzt erhoben hat. Für solch unsinnige Doppelgleisigkeiten gibt es offenbar immer noch Zeit.
Es droht ein katastrophaler Ärzteengpass
Noch viel bedrohlicher als der „erst“ seit ein paar Wochen andauernde Operations-Engpass und als die Nachtdienst- und Ambulanz-Einschränkung ist die Tatsache, dass in ein paar Jahren generell ein katastrophaler Engpass an Ärzten bevorsteht. Selbst wenn es keine neuen gut gemeinten, aber total wirklichkeitsfremden Arbeitszeitgesetze gäbe.
Eine große Zahl an Medizinern aus der Babyboomer-Generation wird nämlich in Pension gehen. Gleichzeitig fehlt der Nachwuchs. Dieser müsste ja jetzt schon in den diversen Ausbildungs-Wegen stecken. Wo es ihn aber nicht gibt.
Der Ärztemangel eskaliert in einer Epoche, da Menschen immer länger leben und daher immer mehr Gelegenheiten haben, krank zu werden. Gleichzeitig kann die Medizin immer mehr Krankheiten wenn auch meist teuer heilen, die früher unbehandelbar gewesen sind.
Eine Erhöhung der Ärzteeinkommen ist auch in Hinblick auf die Zukunft nötig. Denn derzeit gehen immer mehr Mediziner unmittelbar nach dem Gratisstudium (das freilich für die Steuerzahler sehr teuer ist!) ins Ausland. Dort herrscht schon länger ein Ärztemangel. Daher werden Medizin-Absolventen äußerst attraktive Angebote gemacht.
Lieber Installateur als Kassenarzt
Die Notwendigkeit, normale Ärzte besser zu bezahlen, ist bei den Kassenärzten noch viel größer. Wenn die Krankenkassen Ärzte mit so lächerlichen – sich vielfach im einstelligen Euro-Bereich bewegenden! – Honoraren entlohnen, dass Installateure oder Elektriker dafür nicht einmal einen Finger rühren würden, dann ist das nicht nur demütigend. Es schreckt auch immer mehr Ärzte überhaupt davon ab, einen Kassenvertrag abzuschließen.
Das ist vorerst zwar „nur“ am flachen Land zu spüren, wo viele Gemeinden keinen Arzt mehr finden, obwohl sie jetzt schon mit Superangeboten – bis hin zu Gratishäusern – locken. Das merkt man aber auch an Kassenordinationen in Wien: Die sind meist nur noch Fließbandbetriebe; die Mehrzahl der Patienten sieht bloß die Rezeptionistinnen; und die Kassenärzte versuchen als Ausweg oft zweifelhafte Zusatzeinkommen an den Kassen vorbei aufzubauen.
Die schlechte Entlohnung von Ärzten bedeutet noch eine andere Perversität: Österreich leistet solcherart massive Entwicklungshilfe an Deutschland. Denn erstens finanziert Österreich vielen deutschen Studenten, die für ein Studium in Deutschland zu schlechte Zeugnisnoten haben, ein Gratisstudium. Zweitens gehen diese, aber auch immer mehr Österreicher nach dem Studium nach Deutschland, wo sie viel besser verdienen. In Österreich bleibt dauerhaft nur jeder Zweite.
Politik und Kassen haben kein Geld mehr, um da gegenhalten zu können. Und die SPÖ legt sich nach wie vor gegen jede Kostenbeteiligung eines Studenten am Studium quer.
Die Österreicher zahlen e-card-Missbrauch
Noch an vielen anderen Kostentreibern – und damit Qualitätssenkern – ist die Politik schuld. So etwa daran, dass mit den e-cards durch einige Nicht-Österreicher ein grober Missbrauch betrieben wird. Diese Karten können nämlich leicht an andere Personen weitergegeben werden. Gar nicht wenige reisen nur der Gratisbehandlung wegen extra nach Österreich (am Balkan ist die Medizin ja oft noch in einem katastrophalen Zustand). Derzeit stellt ja keinerlei e-card-Merkmal sicher, dass der auf Kosten der Krankenkassa behandelte Patient auch wirklich identisch mit dem e-card-Besitzer ist. Nicht einmal Fotos erlaubt die politisch korrekte Politik.
Besonders übel im Wiener Gesundheitssystem wirkt sich ferner die Diskriminierung der kirchlichen Spitäler aus. Sie bekommen von den Kassen und der Stadt deutlich weniger Geld als Gemeindespitäler für die gleichen Eingriffe. Damit droht langfristig ein weiterer Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung wegzubrechen. Dabei wird in Wien jeder fünfte Patient in einem kirchlichen Krankenhaus behandelt.
Die Lüge von der Gratismedizin
Das Grundübel hinter vielen Missständen ist die Lüge – welche die Bürger freilich sehr gerne hören –, dass Österreich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hätte, und dass dieses auch zum Nulltarif möglich wäre. Wie sehr das eine Lüge ist, zeigt die Realität: Man bekommt oft nur dann eine exzellente und vor allem schnelle medizinische Betreuung, wenn man die Dienste eines Nichtkassenarztes oder eines Privatspitals und -ambulatoriums bezahlt.
Diese Lüge steht auch der einzig echten Reform im Weg: nämlich der Einführung eines generellen – wenn auch sozial limitierten – Selbstbehalts für die Patienten. Dabei ginge es weniger darum, dass dadurch zusätzliches Geld hereinkäme. Viel wichtiger wäre es, dass nur so das Interesse der Bürger wachgerufen werden könnte, überflüssige Behandlungen zu vermeiden und gesundheitsbewusster zu leben. Ohne finanzielles Eigeninteresse gibt es kein Kostenbewusstsein der Patienten, also der einzigen Konsumenten des Gesundheitssystems.
Die beiden österreichischen Sprüche „Zahlt eh die Kasse“ und „Zahlt eh der Staat“ führen zu einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Nur traut sich noch immer kein Politiker, das auch zu sagen. Sie sind damit die besten Werbeträger für die Zweiklassenmedizin, die aber zugleich groteskerweise für nichtexistent erklärt wird.
PS.: Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Man ist versucht zu sagen, die ganze Malaise und deren Behandlung sei typisch österreichisch. Falsch: der Balkan fängt bekanntlich in ... , heißt es, wahrlich zu recht. (Der Balkan war damals türkisch besetzt, also weiß man es jetzt besonders klar zu bewerten!)
Die Lüge der besoners guten medizinischen Versorgung hier zu Lande zeigt sich auch in der Zunahme von Wahlärzten und deren Beliebtheit bei Patienten. Man wartet weniger lang, man wird deutlich besser, länger und eingehender betreut als bei Kassenärzten aber man bekommt nur einen Bruchteil des Honorars von der Kassa rückertstattet (und das sehr spät). D.h. viele Österreicher sind eh' bereit, für gute medizinische Betreuung auch zu zahlen. Wohl auch Sozis. Wohl kaum Türken u.ä.
Aber die Bonzokraten wissen eh' alles besser.
Wo Staat drauf steht, ist Mist drinnen.
Aber ganz ehrlich, ich möchte nicht von einem Arzt behandelt werden, der das Wort Schlaf nur aus dem Wörterbuch kennt!
Aber wer hat denn ursprünglich diese geisteskranken Arbeitszeitregeln eingeführt?
Wer lässt denn die deutschen (und sonstigen) Studenten gratis bei uns studieren?
Wer hat denn ein Bild auf der e-card verhindert?
Wer hat denn die ganzen Psychopharmaka genehmigt, anstatt lieber mehr Geld in die Ärzteschaft zu pumpen?
All dies hat der Staat gemacht, sprich die Wähler! Und nun wird gejammert, es ist einfach ekelerregend wie nun die Täter sich über die Wirkung des Sozialismus beschweren. Auf einem freien Markt gäbe es alle diese Probleme erst gar nicht!
Denn Problem mit der Medizin gibt es keines! Wer will geht einfach als Privatpatient zum Arzt und schon hat man seinen Wunschtermin für jedes denkbare Problem.
Als mündiger Patient kann man auch folgendes beobachten:
Der Kassenarzt untersucht den Patienten, nimmt sich auch noch Zeit für ein klärendes Gespräch und verordnet dann drei oder vier Schachteln Medikamente. Dafür bekommt der Hausarzt von der Krankenkassa so viel ich weiß etwa 15.- brutto.
Mit dem Rezept geht der Patient zur Apotheke, wo eine Angestellte in zwei Laden greift und die Medikamente gegen Bezahlung der Rezeptgebühren ausfolgt.
Auf der Rechnung sind die Preise der Pulver und Tabletten ersichtlich.
Und da wird einem klar:
für den Griff ins Ladl kassiert der Apotheker in drei Minuten an Handelsspanne mehr, als der Arzt für 20 Minuten medizinische Untersuchung!
Da muss sich doch ein Arzt fragen, ob er nicht das Falsche studiert hat.
Apropos Aptheken und Handelsspanne:
Kürzlich ein rezeptfreies Medikament online bei Amazon bestellt. Kosten: 150 EUR (inkl. Versandkosten). Das selbe Medikament (selber Originalhersteller und Originalverpackung) kostet in der Wiener Apotheke 180.-!
Zweiklassenmedizin - Zweiklassengesellschaft
Die Zukunft wird es immer mehr zeigen: Nur wer arbeitet wird Geld haben und nur, wer Geld hat, wird sich medizinische Versorgung leisten können.
Ich habe ja 2 Versicherungssysteme, das der Selbständigen und die WGKK der Pensionisten. Das System der WGKK (ich lebe in Wien) zahlt fast keine Medikamente mehr, sondern Plagiate davon, das allermeiste effiziente überhaupt nicht, die SVA erlaubt wenigstens den Wahlarzt, den man größtenteils selbst zahlen muss und erlaubt auch Medikamente, die man eben zu 20 bis 80% selbst zahlen muss.
Dass man diejenigen, die nicht arbeiten und sich daher das alles nicht leisten können, belügt und ihnen 'Mindestsicherung' verspricht, Gratisgesundheitsversorgung, den unbrauchbaren Asylsuchern (sie anderen arbeiten ja) Gratisversorgung verspricht und trotzdem (weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe) gibt es 160 000 E-Card Missbrauchsfälle pro Jahr hier. Ein Schweizer Sozialhilfeempfänger bekommt die Arbeitsunfähigkeitsversorgung dort und die Medikamente, hat eine Arztpraxis in Kroatien und klagt nun die Schweiz, nachdem man ihm die Sozialhilfe und den Medikamentenzugang abgedreht hat, die Schweiz (mit guten Chancen zu obsiegen) ...
Das kommt davon, wenn man verstaatlicht, wenn man vom Leistungsprinzip abweicht, wenn man den Menschen die 'Gratis'-Lüge erzählt.
Es gibt im Leben NICHTS gratis, auch nicht im 'Wohlfahrtsstaat Österreich'.
Der Staat soll sich schön langsam zur Wahrheit bequemen und 'seinen' Medien diese nahezulegen, indem man die politische Inserate endlich abdreht. Die Politiker sollen sich schön langsam 'vertschüssen', es wird immer klarer, was sie alles angerichtet haben.
Dem Volk müsste man halt die Augenbinde abnehmen, dann würde sehr rasch alles anders werden, ob besser, das bleibt die dem heutigen Schulden- und Verbindlichkeitsstand, den uns eben auch die gleichen Politiker eingebrockt haben, natürlich offen. Aber, wenn die Menschen erkennen, dass der Staat versagt, dann machen sie selbst und übernehmen schon Eigenverantwortung, auch in der Gesundheitsversorgung und -vorsorge.
Das Problem ist leider vielschichtiger, als man glaubt. Jahrzehntelang haben rote Gesundheitsminister dem Stimmvieh Topmedizin von der Wiege bis zur Bahre und rund um die Uhr versprochen - und das praktisch (zumindest für die Mehrzahl der Nettoempfänger) umsonst.
Seit Jahr und Tag stürmen diese Ordinationen und Ambulanzen mit jedem Wewehchen - Terminvereinbarung gibt's nicht- jedes Wimmerl am Hintern ist ein Notfall. Besonders unsere Neomitbürger und Lebenslangrentner sind nicht nur außerordentlich gut über ihnen angeblich zustehende Leistungen informiert, sie schaffen es auch mit ungeheurer Penetranz und Rücksichtslosigkeit jede Terminordination/Ambulanz in Chaos versinken zu lassen. Nicht jedes Zwicken im Kreuz ist eine Nierenkolik, nein,Potenzstörungen sind kein Notfall (außer bei Callboys vielleicht), Kopfschmerzen nicht gleich Hirnkrebs etc. etc.
Nicht nur der Ärztemangel, sondern die Begehrlichkeiten und Rücksichtslosigkeit Einzelner bringen das System zum erliegen.
Niedergelassene Ärzte kämpfen in ihren Praxen mit ständig steigenden Kosten(Personal, Mieten, Energie etc.) bei kaum steigenden Honoraren. Die meisten schaffen -noch- den Spagat zwischen Klasse und Masse. Hinzu bringen nicht evidenzbasierte und von der Industrie getriggerte technische, hygienische und administrative Normierungen einen Ordinationsbetrieb fast zum Erliegen.
Kleine Kritik an A.U:
Es gibt zahlreiche (sinnvolle) medizinische Leistungen, die von den Kassen nicht erstattet werden - und verlangt der Arzt - völlig legitim- etwas dafür - führt er daher die Leistung NICHT an der Kasse vorbei! Viele Ärzte weisen in Aushängen, oder auf ihren Homepages darauf hin, dass eben nicht alles gratis ist. So wie die Kasse z.B. Potenzmittel nicht zahlt, ist auch die zeitaufwändige Sexualberatung beim Urologen nicht umsonst.
"Katastrophaler Ärzteengpass : Jungmedizinerschwemme"!
Ganz klar ist mir die Chose nicht!
"Gratismedizin" wird's auf Dauer sicher nicht spielen: da hat Dr. Unterberger total recht!
Kurz zu mir persönlich:
als Selbständigen-Pensionist bei der SVA zahle ich (wie alle anderen Selbständigen) den 20%igen Selbstbehalt (wie die Beamten auch!), weiters bin ich seit Jahrzehnten zusatz-krankenversichert (kostet kleine "Eckhäuser"), und aus Zeitgründen konsultiere ich immer wieder Wahlärzte, deren Honorare mir (und allen anderen) ja wirklich nur mit Mini-Vergütungen "vergolten" werden!
Also: ich habe diesbezüglich so gar kein schlechtes Gewissen (das der überwiegenden Mehrheit der Gratismedizin-Konsumenten allerdings anscheinend mehrheitlich fehlt!)
(mail to: Gerhard@michler.at)
A.U. schreibt:
"Eine große Zahl an Medizinern aus der Babyboomer-Generation wird nämlich in Pension gehen."
Das ist einer der Gründe, weshalb ein katastrophaler Ärzteengpaß droht.
Besonders schlecht sieht es bei Landarztpraxen aus.
Als mein Bruder (Landarzt mit Hausapotheke und zu betreuendem Seniorenheim im zauberhaften Triestingtal) in Pension gehen wollte, hieß es, es stünden etwa 300 Jungärzte auf der Warteliste. So weit die Theorie.
Nach etwa einem Jahr (er verlängerte seine Tätigkeit, um das "Nest warmzuhalten", damit sich die Patienten nicht verlaufen!) hat ein Arzt frisch vom Turnus weg endlich angebissen.
Nach ZEHN Monaten warf dieser junge Mann genervt das Handtuch---es war ihm zu anstrengend! Nachts manchmal zwei-, dreimal aus dem Bett gebeutelt zu werden, nach zwei Stunden Ordination immer noch ein volles Wartezimmer---das war dem jungen Mann zu viel! Das Gespräch mit den Patienten interessierte ihn nicht. Er handelte, als sei er ein Angestellter, der sich genau nach der Uhrzeit richten kann. Das ist KEINE gute Voraussetzung für den Beruf eines Landarztes.
Seit dem Tod meines Bruders (mit knapp 70 Jahren) gibt es in diesem kleinen Marktflecken keinen Arzt mehr.
Die Auffassung vom Arztberuf hat sich sehr gewandelt. Die Generation meines Bruders (Jg. 1926) war in keiner Weise VERWÖHNT. Wer, wie viele seiner Kollegen damals, im Krieg an der Front gewesen war und nach anschließender Gefangenschaft studiert hat und sich sein Studium fast zur Gänze selbst finanzieren mußte, der war ABGEHÄRTET!
Der schaute nicht auf die Uhr, wenn nach zwei Stunden Ordination immer noch viele Leute auf ihn warteten! Mein Bruder war immer für seine Patienten da---und das wußten und schätzten sie. Bei manchen kam er in der Rangordnung gleich nach dem lieben Gott. Das weiß ich, denn ich bin oft genug mit ihm auf Visiten gefahren. Wenn er nachts gerufen wurde, war er trotz Schlafmangels immer fröhlich und freundlich zu den Patienten.
Was ich damit sagen will: Dieser Generation wurde in jungen Jahren so unendlich viel abverlangt, daß ihnen alles andere fast wie das Paradies vorkam.
Zum Landarzt muß man, denke ich, geboren sein; wenn nicht, dann ist es wirklich besser, man läßt die Finger davon.
PS: Noch in der Nacht vor seinem Tod war er auf Visite.
PPS: Das nur so nebenbei: Mein Bruder war Mitglied einer "SCHLAGENDEN BURSCHENSCHAFT"!