Gastkommentare

Ein Hurra auf die Atomkraft!

28. April 2023 11:47 | Autor: Gerhard Kirchner
2 Kommentare

Hurra, wir haben gesiegt! Auf zur Party, lasst die Sektkorken knallen. Die letzten Atomkraftwerke der deutschen Atomzeit, die 60 Jahre gewährt hatte, sind abgeschaltet worden. Europa atmet auf – die deutschen Grünen und Roten jedenfalls. Die sauteuren, gefährlichen Kernkraftwerke sind Geschichte. Wir haben genügend kalorische Kohle- oder Gas-Kraftwerke, um die sechs Prozent Strom, die in den Kernkraftwerken produziert wurden, zu ersetzen.  

Die zusätzlichen 15 Millionen Tonnen CO2, die damit jährlich produziert werden, und die deutschen Klimaschutzverpflichtungen sind Schnee von gestern. Wesentlich ist, dass wir unser Ziel erreicht haben, so jubeln die grünen Kreise. Und außerdem, so argumentiert die grüne Umweltministerin Steffi Lemke, "ist Atomkraft keine gute Option für die Klimarettung". Frei nach Pippi Langstrumpf: "Ich mach' mir die Welt, Widdewidewitt, wie sie mir gefällt." Ist eben deutsche Energie- und Klimapolitik, eh nicht so sehr verschieden von der österreichischen.

Zu diesen Jubelnachrichten einige Klarstellungen:

  1. Die Atomkraftwerke, die nun abgeschaltet wurden, sind weltweit als die sichersten eingeschätzt worden.
  2. Die Anzahl der durch diese Technologie verursachten Todesfälle je TWh produzierten Stroms liegt unterhalb bzw. gleichauf mit den vielgepriesenen Wind- und Solarkraftwerken.
  3. Russland zeigt, dass es die Endlagerprobleme gelöst hat. Mit dem Einsatz der Abbrände, in den Medien gerne als Müll bezeichnet, in Reaktoren der vierten Generation werden sie wiederverwertet. Damit ist die sogenannte Endlagerung nicht mehr über Millionen Jahre erforderlich, sondern nur übersichtliche 300 bis 500 Jahre, bis die Strahlungsintensität die des natürlich vorkommenden Urans erreicht hat.
  4. Deutschland hat diese Entwicklung verschlafen, eher bewusst nicht verfolgt und sucht noch immer nach Endlagermöglichkeiten. Leider gibt es keinen Franz Josef Strauß mehr, der die Forschung in Deutschland vorangetrieben hätte. Mit Kapazundern wie der vielzitierten Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat Deutschland seinen Weltrang in der Kernforschung schon lange den Chinesen und Russen überlassen. Mit dem Schließen der letzten deutschen Kernkraftwerke wird man auch deutsche Forscher und Ingenieure verlieren. Diese sind sicher willkommen in anderen westlichen Staaten.

Die durch den Ausfall der Stromerzeugung in Kernkraftwerken fehlenden Mengen Strom sollen nun in Gaskraftwerken erzeugt werden. Natürlich mit grünem Wasserstoff. Klingt gut. Den grünen Wasserstoff produziert man mit dem Überschussenergie aus Wind- und Solarkraftwerken. Auch in Österreich denkt man daran. Nur ist es eben so, dass grüner Wasserstoff in Europa mittels Wind- und Solarkraftwerke nicht in genügender Menge erzeugt werden kann. Der grüne Wasserstoff muss aus Afrika oder anderen Kontinenten importiert werden. Gute Idee. Nur: Wann ist es so weit? Gibt es dazu überhaupt Verträge? Oder ist dies wieder einer der zahlreichen ministeriellen Hüftschüsse?

Man hört aber auch die Meinung, dass sich der Verbraucher nach dem Angebot an Energie zu richten hat. Kaum anzunehmen, dass diese glänzende Idee mit der Industrie geklärt wurde.

Das DIW ist eine Vereinigung deutscher, grüngefärbter sozialistischer Thinktank-Beamter, geleitet von Claudia Kemfert, die die deutsche Klima- und Energiepolitik und Wirtschaftsminister Robert Habeck dirigiert und mit merkwürdigen Berechnungen aufwartet, die nachweisen, dass Kernenergie die teuerste Art der Stromgewinnung wäre. Nur merkwürdig, dass diese "Tatsache" noch nicht von anderen Staaten, die auf Kernenergie setzen, erkannt worden ist. Natürlich wurden die Erkenntnisse des von Frau Kemfert geleiteten Instituts in Österreich willkommen von Frau Helga Kromp-Kolb, Em. O. Uni. Prof., kritiklos übernommen, und werden auch von unserer Regierung als Tatsache erkannt und goutiert. In Deutschland haben sie immerhin bewirkt, dass die Kernkraft Vergangenheit ist.

In Österreich wurde die Sache auf österreichische Weise gelöst. Zwentendorf wurde gebaut und dessen Benützung per Gesetz untersagt. Um es perfekt zu machen, wurde ein Verbot für Kernkraft in das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich im österreichischen Verfassungsgesetz verankert. Aber typisch der Mentalität grüner Herrscher entsprechend, besser als Schlawinertum bekannt, darf Strom aus Kernenergie importiert werden. Frei nach dem Motto, wo ein Wille, ist auch ein Weg (zum Umgehen von Gesetzen). Und wenn man überschlägig die Kosten dafür seit Zwentendorf abschätzt, hätte man dafür zwei Kernkraftwerke bauen können.

Die Energiewende wird teuer, so Herr Strugl vom "Verbund", Strom wird nie mehr billig werden; oder ein anderer "Kapitän" deponierte 5 cent/KWh seien viel zu billig, da man damit keine Windkraftwerke betreiben kann. Stimmt – aber Atomkraftwerke schon. (Versuchen Sie zu googeln!) Mit diesem Preis konnte man tatsächlich bis 2011 Kernkraftwerke betreiben.

Zweifel wurden auch angemeldet im Hinblick auf eine Renaissance der Atomindustrie. Diese gibt es nicht, weltweit haben sich Atomkraftwerke als teuerste Energie und als unökonomisch erwiesen, so geht das Argument. Amerika, unter anderen, legt reihenweise Kernkraftwerke still. Dem widersprechen aber Daten, die im World Nuclear Association Bericht von April 2023 zu entnehmen sind. Diese besagen, dass die Kapazität weltweit steigt, mit zurzeit 60 neuen Reaktoren im Bau. Um 2025 erwartet man eine Kapazität von 590 GWe, die 8,5 Prozent an der weltweiten Stromproduktion beiträgt. So werden

2023 gehen weltweit acht Kernkraftwerke mit einer Leistung von 10.444 MWe ans Netz. Das entspricht etwa 20.000 Windkraftwerken mit einer Leistung von 4 MW, die gleich viel Energie erzeugen wie diese Kernkraftwerke.

2024: 11 Kernkraftwerke mit einer Leistung von 11.870 MWe werden ans Netz gehen. Das entspricht 22.600 Windkraftwerken mit einer Leistung von 4 MW, die gleich viel Energie erzeugen wie diese Kernkraftwerke.

2025: 8 Kernkraftwerke mit einer Leistung von 9.622 Mwe werden ans Netz gehen. Das entspricht 18.300 Windkraftwerken mit einer Leistung von 4 MW, die gleich viel Energie erzeugen wie diese Kernkraftwerke.

Außerdem wird die Laufzeit vieler Kernreaktoren verlängert. Und so weiter.

Hinzuzufügen wäre die Bemerkung, dass Wind- und Solarkraftwerke Flackerstrom erzeugen, daher zusätzliche Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerke erfordern, die in Flauten die Stromproduktion dieser Anlagen übernehmen können. Wobei alle drei mehr oder weniger pfui sind.  Aber Deutschland ist ja der Meinung "wir schaffen das". (A. Merkel)

Karl Nehammer kämpft für den Erhalt wichtiger Industrien in Österreich, doch hat er sich den Rahmen zu eng gesteckt. Wesentlich wäre eine vernünftige Energiepolitik, die auch Kernkraft umfasst, denn mit billiger Energie könnte man auch E-Fuels produzieren. Doch weder Nehammer noch Herbert Kickl wagen sich an das Thema Atomkraft heran. Auch unsere Parlamentarier scheuen vor dem Thema zurück. Man will ja in Ruhe leben. Weitblick fehlt, wichtig ist das Ergebnis der nächsten Wahl. Deshalb verbieten wir besser eine Diskussion im Parlament.

Man kann zwar Tausende zu Demonstrationen gegen die Corona-Politik rufen, aber nicht um für vernünftige Energiepolitik zu demonstrieren. In Deutschland haben Umfragen ergeben, dass eine klare Mehrheit für Atomkraftwerke ist. Und es ist anzunehmen, dass in Österreich ein ähnliches Resultat zu erwarten wäre.

Liebe Österreicher, etwas ist faul im Staate Dänemark. (William Shakespeare)

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

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  1. Willi
    28. April 2023 18:49

    Auch wenn man meint, wir werden von Idioten regiert, so hat die Sache doch System.
    Angenommen, also bei den Haaren des Papstes herbeigezerrt, angenommen Deutschland würde wieder Kriegsschauplatz. Damit haben wir unvorhergesehene Stromausfälle. Da wäre es doch von Vorteil, wenn es den deutschen AKWs nicht so ergeht wie jenen in Fukushima. Die einer Wahrscheinlichkeit zum Opfer fielen.



    • Willi
      10. Mai 2023 17:14

      Als Hintergrundwissen empfehle ich das Buch: "Ausnahmezustand; Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts", von Wolfgang Bittner.






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