Gastkommentare

Ukraine-Krieg oder: Es kommt meist ganz anders, als man denkt

14. August 2022 20:20 | Autor: Leo Dorner
9 Kommentare

Der russische Vormarsch scheint zu stocken, teils aus taktischen, teils aus materiellen Ursachen. Es fehlt an Waffen, an Munition und auch an Soldaten. Und die Gegenwehr der Angegriffenen "vor Ort" dürfte von den Russen, von ihrer Zentrale und deren Subzentralen, arg unterschätzt worden sein. Man hielt sich vorzeitig für überlegen – ein rascher Durchmarsch nach Kiew, und schon ist das Nazitum in der Ukraine erledigt. Erstens kommt es anders, als man will, zweitens anders, als man denkt.

Man sollte meinen, eine "Spezialoperation" könne eine "edle Befreiungsnation" (als die sich das neue Russentum im Kreml neuerdings versteht), doch wohl ohne "Gesichtsverlust" abbrechen und absagen.

Noch sind Ukrainer für die wahre Freiheit nicht reif genug, wie die ganze Welt bestätigen kann. Tiefere und längere Aufklärung sei nötig, ehe ein zweiter Versuch unternommen wird.

Und hätte das Putin-System einen neuen Code civil im Köcher, der weit über das System von Marx und Engels, Lenin und Stalin hinausgehen müsste, wäre die neue Aufklärung à la Kreml vielleicht auch außerhalb von Moskau glaubwürdig, es wäre vielleicht sogar das neue dritte Rom, für das es von Kyrill I. immer schon gehalten wurde.

Jetzt besteht für Moskau nur noch die Aussicht, den "Spezialkonflikt" (eine das Russentum bedrohende Ideologie in einem Nachbarstaat so rasch wie möglich zu entsorgen) zu einem Generalkonflikt zu erweitern: zu einem Krieg gegen NATO und EU oder am besten gleich gegen die USA.

Doch diese erklären standfest, weder in der Ukraine noch im heiligen Russland irgendwelche Eroberungsabsichten zu haben. Woraus für Russland folgt: Ein glaubwürdiger Anlass zu einem "erweiterten" Konflikt muss außerhalb gesucht werden: in der Arktis, auf dem Balkan, besser vielleicht in der Türkei, noch besser im Nahen Osten, wo man mit Syrien und vor allem mit den Mullahs bereits einen Verbündeten hat, der mit dem potentiellen Großfeind USA in Fehde liegt. Also haben wir schon einen Freund, der ein Feind unseres (Groß-)Feindes ist.

Wenn wir nun diesen in die Schranken weisen, wird auch der Kleinfeind Ukraine seinen Widerstand aufgeben. Und Deutschland und die EU werden ihren Widerstand möglicherweise schon früher aufgeben. Die wahre Sache der wahren Freiheit – Code civil hin oder her – kann nicht kaputt gehen. Putin und Kyrill haben den Sekt, um auf ihren Triumph anzustoßen, bereits vorgekühlt. Aber erstens kommt es anders, als man will, zweitens anders, als man denkt.

Leo Dorner ist ein österreichischer Philosoph.

Teilen:
  • email
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter

  1. ET IN ARCADIA EGO
    19. August 2022 21:10

    Es wird nie soviel gelogen, wie vor einer Wahl, während eines Krieges und nach einer Jagd....



  2. Cotopaxi
    15. August 2022 09:55

    Ich hoffe, dass die Russen dem ukrainischen Regime bald den Garaus machen, damit die EU diese Korruptionsweltmeister und Diebe am Volk nicht mehr aufnehmen kann.



    • Hegelianer
      15. August 2022 12:20

      Und in Russland gibt es keine Korruption, keine politischen Diebe?



    • Cotopaxi
      15. August 2022 13:03

      Wollen die Russen etwa unter unsere Tuchent schlüpfen?



    • Willi
      15. August 2022 16:38

      Cotopaxi, berechtigte Hoffnung, sogar die TT schreibt heute, dass die Ukraine fast Pleite sei.
      Beunruhigend ist allerdings, dass die Ukraine voll ans europäische Stromnetz angebunden ist. Was ist, wenn russische Techniker pfuschen, oder Strom abzapfen?

      klima-energie.eu/2022/03/19/ukraine-ans-eu-stromnetze-angebunden-windstrom-imperialismus-hat-freie-fahrt/

      Spannende Zeiten!



  3. Willi
    15. August 2022 09:27

    Laut dem Buch: „Wir sind die Guten“ ist die Ukraine nie lange selbständig gewesen, im Gegenteil, sie haben die Wikinger angefleht, sie zu regieren. Man sieht doch was rauskommt, wenn sie sich selber regieren wollen. Durch einen Tänzer.



    • pressburger
      15. August 2022 14:58

      Pech gehabt, die Ukrainer. Hätte Peter der Grosse bei Poltava nicht die Schweden besiegt, wäre die Ukraine Südschweden.



    • Reinhold Sulz
      16. August 2022 17:37

      Die Ukrainer, das Volk an sich nämlich, sind in bewunderswürdiger Weise immer unabhängig geblieben. Selbst unter den brutalsten Regimes. Dort gab es bis Mitte der 1950er Partisanentätigkeit gegen Sowjetrussland.

      Man soll nie von sich selbst ausgehen: Das sind ja keine Österreicher, die sich lieber mit allerlei 'arrangieren' als für ihre Freiheit einzustehen. Wir Österreicher sind hier das üble Gegenbeispiel. Freiheitsdrang unter Einsatz des eigenen Lebens ist bei uns die große Ausnahme. Lieber flüchten wir unter den Schutzschirm großer Brüder - um dann umso empörter über deren Tun zu keppeln: Amerika.



  4. pressburger
    14. August 2022 23:42

    Immer wichtig, für die eigenen Überlegungen die Quellen zu konsultieren, die der Objektivität verpflichtet sind. Das ist im Falle eines Krieges, immer schwierig.
    Man sollte nicht den Irrtum erlegen, die Quelle, die sich als moralisch überlegen positioniert, auch glaubhaft ist.
    Moral und Wahrheit, sind nicht synonym. Insbesondere wenn es sich um eine Pseudomoral handelt.






--> Zwischen Lügenpresse und Fake News: Eine Analyse Buch bei Amazon orf-watch.at Schafft die Politik ab Europa 2030 Börsen-Kurier (Bezahlte Anzeige) Academia kathtreff.org