Gastkommentare

Dollfuß ist ein ehrendes Angedenken zu bewahren

02. Januar 2022 12:26 | Autor: Anton Lang
31 Kommentare

Nicht nur steht das (noch) sehr sehenswerte Dollfuß-Museum in Texingtal, dem kleinen Geburtsort dieses großen Patrioten, medial stark unter Beschuss, auch der Schriftzug auf einer Kapelle in Korneuburg wird in der vorgeblich "bürgerlichen" Wochenzeitschrift "NÖN" vom historisch leider erstaunlich unbewanderten "Journalisten" Michael Pfabigan an den Pranger gestellt. Noch betrüblicher erscheint uns, dass eine weitere Gemeinde, die Weinviertler Gemeinde Niederleis, eine Dollfuß-Gedenktafel von einer Kapelle in Nodendorf abschlagen ließ, was vom genannten "NÖN"- Journalisten prompt mit einem zusprüchlichen Gefälligkeitskommentar unter dem Titel "Kein Herumgeeiere" begrüßt wurde.

Eine Entwicklung, die im Zentrum der Volkspartei selbst ihren Ausgang genommen hatte, indem man sich 2017 nach fortwährender medialer Distanzierung einzelner Parteifunktionäre dazu veranlasst sah, das Porträt des gefallenen Heldenkanzlers aus den Klubräumen der Bundespartei zu wegzuhängen, mit der fadenscheinigen Begründung, man hätte dort nach einer Renovierung keinen Platz mehr gefunden. Mag es Dr. Dollfuß zwar eine Ehre sein, dem Treiben der rückgratlosen und in Teilen korrupten schwarzen Bundespolitiker nicht mehr täglich zusehen zu müssen, so ist dieser Umgang mit einem der mutigsten Märtyrer dieses Landes dennoch eine zutiefst respektlose und zugleich anrüchige Kapitulation vor dem linken Zeitgeist. Offenbar verstehen sich einzelne ÖVP-Funktionäre nicht nur als "Huren der Reichen" (Thomas Schmid), sondern vor allem als "Huren" des Zeitgeists, der Gesinnungslosigkeit und der Medien. Anstatt sich der Diskussion zu stellen und die eigene Geschichte gebührend zu verteidigen, erkauft man sich in der ÖVP um den Preis der Verleumdung und der Feigheit eine genehme mediale Berichterstattung.

Was uns allerdings besonders schmerzlich trifft, ist die Tatsache, dass unter dem Zuruf einer angeblichen "bäuerlichen" und "bürgerlichen" Regionalzeitung, der "NÖN", nun eine wilde Hetzkampagne unter Federführung eines Amateur-Journalisten mit mangelnder Geschichtskenntnis gegen Dr. Dollfuß geritten wird; einer Zeitung, die im Mehrheitseigentum jener Institutionen steht, für die Dr. Dollfuß seinerzeit vieles bewirkt hatte: Die Katholische Kirche verdankt ihm nicht nur den Abschluss eines Konkordats, das der Katholischen Kirche wieder eine öffentlich-rechtliche Stellung im Lande einräumte, sie verdankt ihm auch die Rückführung zahlreicher von Joseph II. zweckentfremdeter Sakralbauten (man denke etwa an die St. Pöltener Prandtauerkriche), sie verdankt ihm die Errichtung eines Staatswesens auf Grundlage der Enzykliken "Rerum Novarum" (1891) und "Quadragesimo anno" (1931), die eine Überwindung klassenkämpferischer Parolen mittels ständisch-sozialer Ordnung vorsahen, sie verdankt ihm die Abwehr des Kommunismus, des internationalen Klassenkampf-Sozialismus sowie des erstarkenden Nationalsozialismus. Und sie verdankt ihm nicht zuletzt eine Politik, die ihren Maßstab noch am göttlichen Recht nahm, die sich ihre Macht von oben, nicht von unten geben ließ – was so auch im ersten Satz der Bundesverfassung vom Mai 1934 steht: "Das Recht geht von Gott aus!".

Engelbert Dollfuß diente im Ersten Weltkrieg Volk und Vaterland als tapferer Soldat; das trug ihm acht Tapferkeitsmedaillen ein. Auch danach stellte er sein Wirken als Landes- und später Bundespolitiker in den Dienst der Österreicher.

All das wird von den heutigen Denkmalstürzern ebenso missachtet, wie die Tatsache, dass er im Kampfe gegen den dräuenden Hitler-Sozialismus sein Leben gab. Dollfuß war das erste österreichische Opfer der Nationalsozialisten, und es kommt nicht von ungefähr, dass Hitler unmittelbar zu Anfang seiner Herrschaft sämtliche Dollfuß-Büsten und Dollfuß-Denkmäler in den Staub stürzen ließ. Und es ist auch kein Zufall, dass ausgerechnet aus jener Gedenktafel, die der geschichtsvergessene ÖVP- Gemeinderat der Gemeinde Niederleis nun unter Applaus eines "NÖN"-Schreibers hat abtragen lassen, einst der Kopf des Dollfuß von Nationalsozialisten herausgeschlagen worden war.

Wir fragen die Bundespartei, die Landesparteiorganisationen, die Gemeindevertreter der ÖVP: Wollen Sie es dem "Führer" gleichtun? Wollen auch Sie nun, 80 Jahre nach Überwindung des NS-Regimes, die letzten Tafeln und die letzten Inschriften zu Ehren des Märtyrers und Österreich-Verteidigers Dr. Engelbert Dollfuß austilgen? Ist es tatsächlich Ihr Bestreben, nun zu vollenden, was Adolf Hitler 1938 begonnen hat – nämlich einen Auslöschungsfeldzug gegen einen leidenschaftlichen Kämpfer für ein unabhängiges Österreich? Sie sollten sich schämen! Während die Sozialdemokraten ihrem euphorischen Anschluss-Jubler und Hitler-Kollaborateur, dem Opportunisten Karl Renner, mittels Denkmals an der Wiener Ringstraße noch immer die Treue halten, reißen Sie die Gedenktafeln Ihrer eigenen Altvorderen von den Portalen unserer Kirchen und Kapellen.

Nun, weil fortwährend von "Austrofaschismus" die Schreibe ist, zu den historischen Fakten: Die Geschäftsordnungskrise des Parlaments vom 4. März 1933 ist durch die Rücktritte der Nationalratspräsidenten, in erster Linie durch jenen Karl Renners, ausgelöst worden. In der Geschäftsordnung hat es damals keine Regelungen für den Fall eines Rücktritts aller drei Präsidenten gegeben. Demnach wäre die Wiederzusammenkunft genauso im gesetzlosen Raum erfolgt wie die Verhinderung derselben. Eine Krise hatte einen Zustand hervorgerufen, der die Regierung zum Handeln zwang.

Aus damaliger Perspektive war die Verhinderung des Wiederzusammentritts durch die Regierung Dollfuß ein Gebot der Stunde. Manche werden fragen: Warum? Hätte man das Parlament nicht einfach wieder zusammentreten lassen können? Klar hätte man! Aber werfen Sie doch einen Blick auf die damaligen Wahlergebnisse, vor allem auf jene der NSDAP, die einen kometenhaften Aufschwung nahm: Ein Jahr vorher erzielte sie 8 Mandate in Niederösterreich, 15 in Wien und bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck 1933 gar 40 Prozent. Wäre Ihnen angesichts dieser Perspektive eine Nationalratswahl zum regulären Termin 1936 tatsächlich lieber gewesen? Dann wäre Österreich mindestens zwei Jahre früher ins Reich eingegliedert worden – Karl Renner hätte sich gefreut.

Wissen Sie nicht, dass ein autoritär geführter Staat aus damaliger Perspektive die einzige Möglichkeit war, dem erstarkenden Nationalsozialismus in Deutschland etwas entgegenzusetzen? Schließlich war es das Bestreben der damaligen Regierung, mittels Gründung der Vaterländischen Front dem NS-Regime den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Übergangszeit sind sämtliche Gesetze und Verordnungen auf Grundlage des KWEG 1917, des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes, erlassen worden. Von rechtsfreiem Raum kann also keine Rede sein, vielmehr bediente man sich eines gesetzlichen Rüstzeugs, das die damaligen inner- wie außerstaatlichen Umstände zwingend erforderten.

Die Maiverfassung von 1934 war alles andere als faschistoid. Im Gegensatz zur jetzigen Bundesverfassung sah sie ein sehr feingliedrig ausziseliertes Standesvertretungsparlament verschiedenster Berufsgruppen vor – ein System, das mittelalterlich und deutsch im föderalen Sinne war. Denn auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation war die Gesellschaft in Zünften und Gilden untergliedert, nicht in klassenkämpferisch verfeindete Parteilager, die in erster Linie das Wohl ihrer Funktionäre im Sinn haben und deren politischer Gestaltungshorizont sich auf Vierjahresperioden erstreckt. Auch ein Höchstgericht, der Bundesgerichtshof, wurde eingerichtet und mit ehrbaren und namhaften Richtern besetzt – ob da noch von Diktatur die Rede sein kann, sei stark in Zweifel gezogen.

Die eigentlichen Faschisten der damaligen Zeit waren, neben Kommunisten und Nationalsozialisten, die "Sozialdemokraten", die sich im Linzer Programm nicht nur zu einer faschistoiden Ausformung des Marxismus bekannt hatten, sondern die entgegen gesetzlicher Bestimmungen in Gemeindewohnungen Waffenlager horteten und sich damit, in Kollaboration mit Nationalsozialisten aus dem Untergrund für einen Angriff auf Staat und Regierung bereit hielten, was schließlich in die Februarkämpfe des Jahres 1934 mündete. Es waren damals die Schutzbündler, die vor dem Hotel Schiff in Linz das Feuer auf die Polizei eröffnet hatten – und auch an allen anderen Kriegsschauplätzen griffen die Sozialdemokraten als Erste zu ihren illegal gelagerten Waffen. Genauso im Jahre 1927, als Schutzbündler und sonstige Sozialisten den Justizpalast infolge der Nichtakzeptanz rechtskonformer Gerichtsurteile gestürmt und in Brand gesteckt hatten.

Außerdem ist die Entwicklung der Dreißigerjahre im gesamteuropäischen Zusammenhang zu sehen: In ganz Europa wurden damals die Systeme autoritärer – eine Entwicklung, die aus damaliger Perspektive gerade in Österreich ein Gebot der Stunde war, um dem radikalen Sozialismus der Straße genauso Einhalt zu gebieten wie dem NS-Terror, der schnelle und klare Entscheidungen erfordert hatte. Es ist kein Zufall, dass einer der ersten Österreicher, bei dem die Gestapo unmittelbar nach dem Einmarsch vorstellig wurde, die rechte Hand von Dollfuß, der Verfassungsjurist Dr. Robert Hecht war, der noch im selben Jahr in Dachau in den Tod getrieben wurde. Dazu kamen zahlreiche andere namhaften Beamte, Juristen, und Vaterlandsverteidiger. Es waren auch die christlich-sozialen Politiker, die bis zum Anschluss weitgehend geschlossen erbitterten Widerstand gegen das NS-Regime geleistet hatten.

Wir bitten nicht, wir verlangen, das historische Umfeld der damaligen Zeit bei der Bewertung der Ereignisse der Jahre 1933-1938 mit in Rechnung zu stellen, anstatt sich einer primitiven Polit- und Medienpropaganda unter dem Beifall sämtlicher Oppositionsparteien hinzugeben! Die Geschichte ist perspektivisch zu bewerten, Denkmäler sollten im wahrsten Sinne des Wortes "kontextualisiert", sprich: eingebettet in den systemzeitlichen Kontext, gesehen werden, und, seien sie uns nun Mahnung, seien sie uns Ermutigung, als Zeugnisse ihrer jeweiligen Zeit unberührt gelassen werden. Wir warnen davor, das Selbstverständnis des Jahres 2021 zum alleinigen Maßstab von Recht und Unrecht zu erklären.

Kultur erschöpft sich nicht in der Subvention von Donaubühnen und Blutschüttern, Kultur ist das beständige Pflegen, Erhalten und Stärken unseres Erbes – von der Küche über die Tracht bis hin zur Denkmalpflege. Wir fordern daher namens einer breiten patriotischen Zivilgesellschaft, aber auch namens zahlreicher enttäuschter Mitglieder der Österreichischen Volkspartei, jenem rechtschaffenen Manne ein ehrendes Andenken zu wahren, der, von nationalsozialistischer Mörderkugel hingestreckt, sein Leben gab für die Unabhängigkeit und Freiheit Österreichs!

Anton Lang ist Jusstudent aus Wien

 

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  1. Pyrrhon von Elis
    13. Januar 2022 17:24

    Bravo. Ein hervorragender Beitrag, dem ich mich inhaltlich anschließe.



  2. Neppomuck
    11. Januar 2022 12:44

    Geschichtsfälschungen als Legitimation für eine Verunstaltung der Zukunft heranzuziehen ist eine sattsam bekannte Methode in der Politik.
    Eine besondere Funktion in diesem morbiden Spiel haben die Blutzeugen, hochtrabend „Märtyrer“ benannt, ob sie nun Dollfuß oder Kirchweger oder sonstwie heißen mögen.

    Man sollte sich zu seiner Vergangenheit bekennen, nur dann sind aus ihr Lehren zu ziehen.
    Und zu lernen haben wir genug.



  3. Rezode (kein Partner)
    09. Januar 2022 09:29

    Interessanter Beitrag. Zu den erwähnten "bäuerlichen" Kreisen in der ÖVP bietet sich mir seit Jahrzehnten das Bild, dass aus ihnen mehrheitlich die die linken bis linksradikalen Vertreter dieser Partei stammen.



  4. kathopoliticus
    08. Januar 2022 17:45

    schade um diese Trendwende in der ÖVP nach dem Mainstream. Wenn ich denke, dass ich noch im Auftrag der Wiener Landespartei unter Busek als Landesorganisationsreferent einen Kranz alljährlich in Hietzing auf seinem Grab platziert habe, dan finde ich die heutige Wiener Partei heuchlerisch. Denn Dollfuss hat sich mit aller Kraft gegen den Nationalsozialismus gestemmt und wurde auch von den Sozialisten im Stich gelassen.



  5. Hatschi Bratschi (kein Partner)
    05. Januar 2022 09:11

    Ich entnehme Ihrem Artikel, der Austrofaschist Dolfuß hat in erster Linie der katholischen Kirche gedient. Immerhin war er ja auch ein strenggläubiger Kerzerlschlucker, mit der unverbrüchlichen Ansicht: Alles Recht gehe von Gott aus. Ob das Konkordat tatsächlich etwas Positives für Österreich darstellt, wage ich zu bezweifeln. Besser fände ich eine endgültige Trennung von Staat und Kirche, die es in Österreich nie gab. Die Türkei unter Atatürk war deutlich laizistischer, als das heutige Österreich.



    • andreas.sarkis (kein Partner)
      05. Januar 2022 10:54

      Nur Ultralinke verwenden den Begriff Austrofaschismus. Alle anderen wissen, Faschismus gab und gibt es nur in Italien.

      Die Türkei _war_ laizistisch. Bis Erbakan mit seiner Milli Görüs (aus der auch Erdogan kommt) das abschaffte. Seiter ist die Türkei eine islamische Diktatur.



  6. andreas.sarkis (kein Partner)
    04. Januar 2022 18:44

    Die gängige und auch in Schulen verbreitete Lehre der Grünen ist: Dollfuß wollte Österreich an Deutschland anschließen, wurde deshalb von Patrioten erschossen.

    Das geht leider unter. Wenn dann noch linke Hetzer wie der Hegelianer - als zahlender Abonnent, versteht sich - um Verzerrung der Geschichte bemüht sind, kann schwer etwas anderes herauskommen als: Ja der böse Dollfuß!

    Wolfram Schrems und andere Denkfähige verstehen diese Richtung. Hetzern bleibt sie verschlossen.

    Der erste Wiener Polizist war übrigens vom Sandleitenhof aus erschossen worden, wo man dann eingebaute MG-Nester fand.



  7. Wolfram Schrems
    03. Januar 2022 12:09

    Das ist ein sehr guter Beitrag, vielen Dank!

    Besonders diese grundsätzliche Passage scheint mir sehr wichtig:

    'Die Geschichte ist perspektivisch zu bewerten, Denkma?ler sollten im wahrsten Sinne des Wortes "kontextualisiert", sprich: eingebettet in den systemzeitlichen Kontext, gesehen werden (...) Wir warnen davor, das Selbstversta?ndnis des Jahres 2021 zum alleinigen Maßstab von Recht und Unrecht zu erkla?ren.'

    Auch zum Thema Dollfuß selbst ist dieser Aufsatz lobenswert. In der türkisen Neuen Volkspartei (einst: Österreichische Volkspartei) wird das halt leider niemanden interessieren.

    Auch wenn ich mich wiederhole, darf ich zu diesem Anlaß auf meinen eigenen Beitrag zum Thema aus dem Jahr 2014 zgK hinweisen:
    https://www.andreas-unterberger.at/2014/07/engelbert-dollfus-zum-80-todestag-ehre-wem-ehre-gebuehrt/



  8. Frühwirth
    03. Januar 2022 09:50

    1) das erste Todesopfer der Februarunruhen war ein in den Rücken getroffener Wiener Polizist.
    2) Es gab im Februar 1934 keinen Bürgerkrieg. Sondern einen bewaffneten Aufstand von Sozialisten gegen die rechtmäßige Regierung. Polizei und Heer waren befugt - und auch verpflichtet! - diesen Aufstand zu beenden, auch mit Waffengewalt.
    Nirgends in Österreich kämpften Angehöriger zweier politischer Lager gegeneinander.



    • Wolfram Schrems
      03. Januar 2022 11:58

      Am Nachmittag des 12. Februar wurden in Linz vier Bundesheerangehörige in einem Hinterhalt ermordet. Nach dem Anführer der Mörder ist der Platz, der Ort des Mordes war, benannt. Eine Schande. Der Anführer wurde zwar justifiziert, die beiden Mittäter zu lebenslanger Haft begnadigt, aber 1938 von den Deutschen enthaftet. Auch das sind aussagekräftige Details.



    • Wolfram Schrems
      03. Januar 2022 12:25

      korrigiere: Es waren drei Tote und zwei Schwerverletzte, die der Hinterhalt forderte.



    • andreas.sarkis (kein Partner)
      04. Januar 2022 18:50

      Richard Bernaschek, Anführer der Putschisten in Linz, wechselte nach dem Fehlschlag zur Österreichischen Legion, einer NS-Kampftruppe und Teil der SA, kämpfte mit dieser weiter gegen Österreich.
      Bernaschek wird heute weiter von der SPÖ bejubelt, ein eigener Parteiorden ist nach ihm benannt. Im linken Wikipedia wird er als "Politiker" hofiert.



  9. Konfrater
    03. Januar 2022 08:39

    1. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs war zumindest bis 1933 stramm deutschnational ausgerichtet. Man muss sich nur einmal einige Reden damaliger sozialistischer Politiker der Zeit ansehen (ich schlage z.B. Reden des Wiener Bürgermeisters Karl Seitz vor, wo dieser ganz Unumwunden den Anschluss Österreichs an Deutschland fordert).

    2. Nach dem Motto "Der Feind meines Feindes ist fast schon mein Freund" hatten viele Sozialisten in Österreich sehr wenig Berührungsängste mit den Nazis - schließlich waren sie mit den in Österreich unter Dollfuß ja ebenfalls "Illegalen" gemeinsam im Gefängnis oder im Lager Wöllersdorf eingesessen. Und dass die Nazis besonders die Kommunisten mit Nachdruck verfolgten, konnte sie in den Augen der Sozialisten nur noch sympathischer machen.
    Übrigens steht auch Karl Renners öffentliches Eintreten für den Anschluss im Jahr 1938 in dieser deutschnationalen Tradition - und Viktor Adlers Sohn Friedrich trat noch nach 1945 mit Nachdruck für ein Bekenntnis Österreichs zur deutschen Nation ein.

    3. Nein - das ist keine Rechtfertigung der Auflösung des Parlaments oder des Verbots der Sozialistischen Partei: Nur eine Klarstellung, dass die damaligen Sozialisten - von denen manche noch sehr lautstark von einer künftigen Diktatur des Proletariats träumten - mit Sicherheit auch alles andere als lupenreine Demokraten waren; von lupenreinen Österreichern ganz zu schweigen. Zumindest Letzteres wird man Dollfuß zubilligen müssen - Demokrat war er aber definitiv keiner.

    4. Nach 1945 galt dann das Motto: Von der SA zum BSA. Viele Nazi-Akademiker strömten damals geradezu in den "Bund Sozialistischer Akademiker", weil sie hofften, dort eine "Zweite Chance" zu bekommen - und den Sozialisten fehlte eine Generation akademischer Fachleute, weil nach 1934 deklarierte Sozialisten in Österreich nicht mehr Studienabschlüsse erwerben konnten. Eine simple Frage von Angebot und Nachfrage.
    Die Devise hieß dann: Don't Ask, Don't Talk. Also - wir fragen euch nicht, solange ihr nicht selber darüber zu reden anfangt.

    5. Bruno Kreisky, als Jude von den Nazis unmittelbar an Leib und Leben bedroht, hatte offenbar keine Probleme mit großer Nähe zu ehemaligen Nazis. Seiner ersten Regierung gehörten jedenfalls mehr ehemalige Nazis an, als irgend einer anderen Regierung unseres Landes. Von der Verteidigung Friedrich Peters, der ja nun nicht gerade in die Kategorie "Mitläufer" gerechnet werden kann, ganz zu schweigen.

    6. Zum historischen Wissen von so manchem Journalisten eine kleine Episode, an die ich mich noch gut erinnern kann - sie ist aber schon einige Jahre her. Damals berichtete eine Ö1-Journalistin folgendermaßen: Dollfuß habe das Parlament gewaltsam aufgelöst und danach jeden Versuch unterbunden, den Anschluss Österreichs and Nazi-Deutschland zu verhindern.

    Kein Witz - lief so über den Sender und wurde nach meiner Wahrnehmung auch nie richtig gestellt. Soll man sich da noch über die jetzige Berichterstattung im ORF wundern?



    • Wolfram Schrems
      03. Januar 2022 12:04

      @Konfrater
      Sehr guter Beitrag, besten Dank. Die Episode von Punkt 6 war mir neu. Es ist ja auf Anhieb kaum glaubhaft, daß man auf Ö1 dermaßen dreist lügt, aber Sie haben das offenbar so in Erinnerung. Gemäß dem, was ich sonst so auf Ö1 schon gehört habe, kann man das also nicht ausschließen.



  10. Hegelianer
    02. Januar 2022 20:29

    Es scheint auch fraglich, den Begriff "Faschismus" von Dollfuß fernhalten zu wollen. Mindestens NACH Dollfuß stellt die "Vaterländische Front" zweifellos den Versuch der Etablierung einer faschistischen Massenorganisation dar. Das Dollfußlied ("Ihr Jungen, schließt die Reihen gut ...") ist musikalisch offenkundig an das italienische Faschistenlied "Giovinezza" angelehnt und nimmt textlich auch am Horst-Wessel-Lied so manche Anleihe ("die Reihen fest geschlossen" usw.) - alles ein verzweifelter Versuch, den Faschismus der Anderen durch einen vermeintlich "höheren" (und im Vergleich mit D sicherlich auch "milderen") Faschismus zu übertrumpfen.



    • andreas.sarkis (kein Partner)
      04. Januar 2022 18:37

      Ein ungebührlicher Versuch, den unsäglichen Begriff Austrofaschismus reinzuwaschen.



  11. Hegelianer
    02. Januar 2022 13:21

    1933 hat in Deutschland der NS gerade erst einmal die Macht übernommen. Wo war denn damals schon die so akute Gefahr für Ö, gleich auch die Sozialdemokratie verbieten zu müssen? Auch die Parlaments(selbst?)auflösung hat ein solches Verbot nicht notwendig gemacht.



    • Schani
      02. Januar 2022 17:19

      Bombenanschläge durch Nazis - nichts gehört davon? Die Sozis betrieben reine Obstruktionspolitik und waren keine Hilfe gegen Hitler. Wie auch, bei Anschlußfanatikern wie Renner. Nazis und Sozis (Austromarxisten) waren wie Skylla und Charybdis......



    • Schani
      02. Januar 2022 17:24

      P.s.: der Schutzbundterrorist Bernaschek hatte bekanntlich sogar große Sympathien für die Nazis.



    • Hegelianer
      02. Januar 2022 20:11

      Natürlich sind mir NS-Terrorakte durch die sogenannten "Illegalen" (ein Terminus, der heute eine komplett andere Konnotation hat) bekannt. Aber warum in einem Aufwasch auch die Sozialdemokratie verbieten? Das bleibt für mich unbeantwortet. Mindestens hat das Verbot der Sozialdemokratie viele Sympathisanten in die Arme der Nationalsozialisten getrieben, es war also höchst kontraproduktiv.



    • Pennpatrik
      03. Januar 2022 07:24

      Teil 1:
      In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Entwicklung in Russland unter Lenin hinweisen, der ja, trotz der beschönigenden Berichterstattung - durch Sozialisten! - , ein schlimmerer Massenmörder war als Stalin (siehe: Schwarzbuch des Kommunismus: Ermordung eines fixen Prozentsatzes der Bevölkerung. Der schriftliche Befehl liegt als Kopie vor).
      In Deutschland gab es den Versuch, eine kommunistische Räterepublik einzurichten, was gerade noch verhindert werden konnte.



    • Pennpatrik
      03. Januar 2022 07:32

      Teil 2:

      Beim besagten Linzer Parteitag der SPÖ kam, vermutlich in Otto Bauers Rede der Satz vor: "Wenn wir die Macht nicht demokratisch erreichen, werden die Gewehre sprechen" (aus dem Gedächtnis zitiert).

      Oh ja, die Bürger dieser Republik hatten allen Grund, sich vor allen Versionen des Marxismus zu fürchten.

      Herr Heinrich Drimmel hat in einer Zeit, als Minister noch Bücher schreiben konnten, eine Geschichte Österreichs verfasst:
      "Die Österreich Trilogie 1918 bis 1938", die um den Band des Anschlusses ergänzt wurde.
      Die Österreichische Verräter Partei, der Drimmel angehörte, hätte dafür sorgen können, dass diese Bücher neu aufgelegt werden. So sind sie nur noch antiquarisch zu erhalten



    • Pennpatrik
      03. Januar 2022 07:33

      Teil 3:

      In der Einleitung heißt es: Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs, gestützt auf die Lehren des wissenschaftlichen Sozialismus und auf die Erfahrung jahrzehntelanger sieghafter Kämpfe, eng verbunden den sozialistischen Arbeiterparteien aller Nationen, führt den Befreiungskampf der Arbeiterklasse und setzt ihm als Ziel die Überwindung der kapitalistischen, den Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung.

      Die sozialdemokratische Arbeiterpartei wird die Staatsmacht in den Formen der Demokratie und unter allen Bürgschaften der Demokratie ausüben



    • Pennpatrik
      03. Januar 2022 07:35

      Teil 4

      "Wenn sich aber die Bourgeoisie gegen die gesellschaftliche Umwälzung, die die Aufgabe der Staatsmacht der Arbeiterklasse sein wird, durch planmäßige Unterbindung des Wirtschaftslebens, durch gewaltsame Auflehnung, durch Verschwörung mit ausländischen gegenrevolutionären Mächten widersetzen sollte, dann wäre die Arbeiterklasse gezwungen, den Widerstand der Bourgeoisie mit den Mitteln der Diktatur zu brechen"

      Oh ja, die Bürger dieser Republik hatten allen Grund, sich vor der SPÖ zu fürchten. Die SPÖ hatte damals definitiv den Eindruck erweckt, sie wolle eine sozialistische Diktatur errichten, die damals mit Massenmord und Terror gleichgesetzt wurde (siehe Lenin).



    • Pennpatrik
      03. Januar 2022 07:40

      Teil 5:

      In der Einleitung des "Linzer Programmes" der SPÖ natürlich. Nicht im Buch von Dr.Drimmel.



  12. Hegelianer
    02. Januar 2022 13:07

    Ein interessanter Beitrag, zumal einer offenbar jungen Person (gleichwohl es im Jusstudium auch Seniorstudenten gibt).

    Dennoch etwas gruselig - vor allem der Punkt, nicht wählen zu lassen, wenn das Wahlergebnis mutmaßlich nicht passen würde. Solche Gedanken würden auch SPÖVPNeosGrüne oder SPDCDU... begierig aufgreifen, um das, was sie als "Rechts" etikettieren, zu verhindern. Siehe z.B. schon Thüringen, als Angela Merkel extra ausrückte, um die als "Irrtum" bezeichnete Wahl eines FDP(!!)-Kandidaten zu annulieren, bloß weil dieser auch mit AfD-Stimmen gewählt worden war.



    • Meier2
      02. Januar 2022 13:16

      Eine eigenartige Sicht der Dinge - diese mutet sich für mich gruselig an. Auch Sie beurteilen besserwisserisch Entscheidungen der 30-Jahre aus heutiger Sicht.

      Kritik ohne Alternative ist nun einmal das System der ideologisch verbohrten. Ja, Dollfuß's Versuch, die Unabhängigkeit Österreich zu bewahren, ist schief gegangen. Und er hat dies als erster mit dem Leben bezahlt.

      Und nicht nur die versammelte Linke erdreistet sich, dies heute zu verurteilen. Toll!



    • Hegelianer
      02. Januar 2022 13:22

      @maier 2: Mein Beitrag von 13:21 hätte unter "Antworten" gepostet werden sollen ...



    • Schani
      02. Januar 2022 17:22

      Ihr Vergleich bzgl. Wahlen hinkt gewalltig und ist an den Haaren herbeigezogen, Hegelianer! Und: die Reichsdeutschen haben gewählt mit bekanntem Ergebnis.



    • Hegelianer
      02. Januar 2022 20:16

      Und was wäre gewesen, wenn die "Reichsdeutschen" ebenfalls nicht mehr wählen hätten dürfen? Hätte das etwas genützt in einer Situation voller Massenarbeitslosigkeit, galoppierender Inflation (= Verlust der Ersparnisse auch der Mittelschicht) und mit Versailles im Rücken? Ich denke, die unheilvolle Entwicklung, die Deutschland genommen hat, wäre so oder so nur eine Frage der Zeit gewesen.



    • Hegelianer
      02. Januar 2022 20:18

      Bzw. umgekehrt: Was hat es Ö genützt, dass nicht mehr gewählt werden durfte? Viele Sozialdemokraten sind zur NSDAP übergelaufen, viele haben den Ständestaat jetzt erst recht verachtet und torpediert, auch Liberale waren mit diesem wohl alles andere als glücklich.






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