Gastkommentare

EU: Von der „Werteunion“ zur „Zwangssolidarität“

16. September 2021 14:38 | Autor: Herbert Kaspar
21 Kommentare

Mit 378 gegen 255 Stimmen votierten neulich sozialistische, grüne und liberale Abgeordnete im EU-Parlament für ein "Recht auf Abtreibung". Ärzte, die aus Gewissensgründen die Tötung ungeborenen Lebens ablehnen, sollen demgemäß "wegen Verweigerung der medizinischen Versorgung" strafrechtlich belangt werden. Dahinter stecken die gleichen Pressure-Groups, die angesichts der Migrationskrise mit dem Hinweis auf die "Werteunion" den weiteren Zuzug aus vormodernen Gesellschaften propagieren und Länder, die hier zögerlich sind, der "Unmenschlichkeit" zeihen.

Um welche Werte geht es also, und wer definiert sie? Die Gründerväter der EU wie etwa Adenauer, Hallstein, de Gasperi, Schuman, Bech, Monnet und Beyen waren christlich-soziale Politiker oder Unternehmer, die einen Wirtschaftsraum souveräner Nationen, ein "Europa der Vaterländer" schaffen wollten. Jahrzehnte später scheiterte im Jahr 2004 im Zuge der Beratungen über die Präambel für einen Verfassungsvertrag eine Bezugnahme auf die christlichen Wurzeln Europas am strikten Veto zweier Mitglieder – ein Offenbarungseid in Sachen europäische Werte, und eine Schande.

Heute sind in Brüssel entschlossene Linkspolitiker am Werk, die gemeinsam mit einer Gruppe von weit nach links gerückten Christlichsozialen und "Liberalen" zwar gerne von "Diversität" und Vielfalt plaudern, zur "Gleichschaltung" der Mitglieder aber auf Zentralismus und ständig wachsende Einheitsregeln setzen. Die Innenkommissarin Ylva Johansson fordert ungeniert: "Wenn ein Mitgliedsstaat unter Druck gerät oder eine höhere Anzahl von Migranten bewältigt werden muss, dann sollte ein Mechanismus der Zwangssolidarität auf Grundlage der Größe und der wirtschaftlichen Lage der einzelnen Staaten ausgelöst werden." Anstatt also die Grenzen der EU effektiv zu schützen, werden – wieder einmal – unrealistische Aufteilungsphantasien entwickelt.

Auch eine Art von Zwangssolidarität ist der "Wiederaufbaufonds" (welcher Wiederaufbau eigentlich? Wo sind die Zerstörungen wie etwa nach dem Zweiten Weltkrieg?) als ein irreführendes Mäntelchen für den – klar EU-Rechts-widrigen – Einstieg in die Transferunion, in der die disziplinierten Länder die wirtschaftlichen Problemkinder alimentieren.

Aktuell sorgen auch eine Obergrenze für Barzahlungen sowie eine "Machbarkeitsstudie" für ein EU-weites, allumfassendes Vermögensregister für Aufregung. Unter dem Vorwand der Bekämpfung der Geldwäsche geht es um die totale Eigentumskontrolle des gläsernen Bürgers. Das geht über die bereits erfolgte Abschaffung des Bankgeheimnisses hinaus. Auch das Ende des Bargeldes steht ebenso zur Diskussion wie das der geheimen Bankschließfächer. Das würde den Zugriff klammer Staaten auf das Eigentum der Bürger wesentlich erleichtern.

Wie das funktioniert, hat EU-Profi Juncker schon 1999 verraten: "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."

Von solch einer Union, in der politisch nicht oder nur sehr zweifelhaft legitimierte Technokraten mit Salamitaktik nivellierende Zentralisierungsprojekte vorantreiben, haben weder die Gründerväter noch die Bürger geträumt, die mit Blick auf Frieden und Wohlstand durch eine wachsende wirtschaftliche Integration hoffnungsvoll für einen Beitritt gestimmt haben.

Dr. Herbert Kaspar ist Publizist und Kommunikationsexperte und hatte lange wichtige Funktionen im Österreichischen Cartellverband inne.

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  1. fewe (kein Partner)
    27. September 2021 05:39

    Leider ist es nicht relevant, wovon einmal jemand geträumt hat oder was anlässlich der Volksabstimmungen zum Beitritt der EU den Bürgern aller beigetretenen Staaten zugesagt worden ist.

    Tatsache ist leider, dass die offenbar tun können, was sie wollen und es keine Instanz gibt, die sie dabei aufhält.

    "Wollt ihr die totale Sowjetunion, wollt Ihr sie, wenn nötig, totaler und radikaler als sie jemals war, als wir sie uns heute überhaupt erst vorstellen können?"



  2. Kapuzerer (kein Partner)
    19. September 2021 09:47

    Niemand, nicht einer, steht gerade da! Auch der Papst nicht!



  3. unbedeutend (kein Partner)
    19. September 2021 08:44

    Eine Organisation, die das Töten von ungeborenen Kindern zum "Menschenrecht" erhebt, und sogar Ärzte, die nicht morden wollen, dazu verpflichten will, ist nichts anderes als eine Mörderbande. Und an diese Mörderbande wird ein Teil unserer Steuern abgeliefert.
    Doch unsere Regierung glüht ja geradezu für die Werte dieser Mörderbande.
    „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“ - Augustinus von Hippo, De Civitate Dei IV, 4, 1. (Das gilt auch für einen Staatenbund.)
    "Wehe denen, die das Böse gut und das Gute böse nennen, die die Finsternis zum Licht und das Licht zur Finsternis machen, die das Bittere süß und das Süße bitter machen." Jesaja 5,20



  4. oberösi
    18. September 2021 18:05

    Und weit und breit kein Arminius, Stauffenberg, kein Wilkes Booth zu sehen. Aber vielleicht kann um die Ideologie der Identitären herum als Nukleus einer europäischen Freiheitsbewegung noch etwas entstehen.

    Die realistische, durchaus nicht ganz unbegründete Hoffnung für jeden freiheitsliebenden Europäer: daß es den Euro demnächst zerreißt. Dann fällt das sozialistische Kartenhaus von selbst zusammen, schneller, als den meisten lieb sein wird. Weil dem grassierenden Sozialismus jenes Substrat entzogen wird, das den Moloch EU und die meisten seiner Vollkasko-Sozialstaaten erst ermöglicht hat.

    Dies wäre dann ein böses Erwachen für viele jener braven, wohlstandsverwahrlosten Staatsgläubigen, die sich Selbstverantwortung, Eigenvorsorge, Hausverstand und vor allem Mut zum Risiko abgewöhnt haben in der jahrzehntelangen, vom Fiatgeld genährten Phase der Verhausschweinung.

    Wie weit dieser Prozeß bereits gediehen ist, kann man aktuell beobachten: gerade unter jenen (nicht selten im staatsnahen Bereich ihr einträgliches Auskommen findenden) Eliten - oder die sich dafür halten - ist die Akzeptanz des Corona-Regimes, die Zahl der vollinfantilisierten Immunisierten am größten. Jene Klugen und Gescheiten, die überzeugt sind, das Richtige zu tun.

    Im Gegensatz zu den abgehängten, depravierten Leugnern und Verschwörungsschwurblern.



  5. Zraxl (kein Partner)
    18. September 2021 16:41

    Wenn Linke von Werteunion reden, dann meinen sie damit Zwangskollektivierung (Werte=Vermögen, Union=Kollektiv).

    Was erlaubt und was verboten sein soll, bestimmt ohnehin Genosse Vorsitzende/r. Darüber muss man sich keine Gedanken machen, sondern nur brav das tun, was in der Prawda geschrieben wird.



    • Susanna (kein Partner)
      18. September 2021 21:23

      Genau.
      Auf die Übersetzung kommt es an.
      z.B.
      Gleichstellung = Privilegierung
      Solidarität = Finanzierung
      Friede = ?
      ...



    • riri
      19. September 2021 20:08

      Friede = frei nach Anton Benya: halts die Goschen.



  6. Si Tacuissem
    17. September 2021 17:26

    Vielleicht ist auch die Bezeichnung Untergangs-Gemeinschaft passend...



    • astuga (kein Partner)
      18. September 2021 16:43

      Faktisch waren die EU und ihre Vorgänger nie mehr als der zivile Arm der NATO.
      So wie vergleichbar der Comecon beim Warschauer Pakt.

      Darum ging id. Regel auch jedem EU-Beitritt der Beitritt zur NATO vorraus.
      Schweden und Österreich sind zwar offiziell neutral, aber hintenrum hat man im Kalten Krieg natürlich immer mit der NATO kooperiert.

      Diese Rolle füllt die EU jetzt nicht mehr aus, bzw sie wird dafür nicht mehr benötigt.
      Was wohl einer der Gründe für viele Fehlentwicklungen ist.
      Das realpolitische Vakuum in der EU nach dem Kalten Krieg wurde mit linker Ideologie, Multikulti-Wahn, Korruption und Lobbyismus aufgefüllt.



  7. Brigitte Kashofer
    16. September 2021 23:33

    Die EU-Kommission gehört abgeschafft samt ihrer Präsidentin Van der Lügen!



  8. Isis42
    16. September 2021 21:17

    Sehr geehrter Herr Dr. Kaspar!
    Vielen Dank für Ihre großartige Darstellung.
    Die linken Agitationen in Europa bereiten einem zusehends Angst und Hilflosigkeit. Kann ein "Wunder" Europa noch retten?
    Langsam erwachen so ewig gestrige Gutmenschen und kapieren den drohenden Untergang unserer einzigartigen Kultur, sollten die Migrantenströme nicht eingedämmt werden.



  9. pressburger
    16. September 2021 16:37

    Ein Arzt darf nach dem Willen der Linken, in der EU gezwungen werden Ungeborene zu töten, aber er darf dem Nicht-Geimpften die Behandlung verweigern.
    Die Wahnsinnigen an der Macht.



    • Ingrid Bittner
      16. September 2021 16:47

      Und dem Arbeitslosen will man die Unterstützung streichen, wenn er sich nicht impfen lässt und ein Arbeitgeber dies verlangt!! Dabei ist die Arbeitslosenunterstützung ja kein Geschenk des Arbeitsministers, sondern alle Arbeitnehmer zahlen brav - auch da Zwangsgebühren ein, damit diese Unterstützungsgelder ausgezahlt werden können.
      Also grob gesagt, wenn ich mit 50 als Ungeimpfter einen Job verweigere, weil ich mich impfen lassen müsste, kann es sein, dass ich vorher schon drei Jahrzehnte meinen Beitrag für das Arbeitslosengeld einbezahlt habe - also wird mir mein eigenes Geld u. U. verweigert!



    • astuga (kein Partner)
      18. September 2021 16:33

      Wird einem Asylwerber eigentlich auch etwas an Leistungen gestrichen wenn er sich nicht impfen lässt?

      Terrorverdacht und selbst ein mordender Jihadist gewesen zu sein reicht ja bekanntlich nicht aus um Leistungen gestrichen zu bekommen.



  10. Peregrinus
    16. September 2021 16:11

    Man schaue sich doch nur die Personen an, die nie in einem seriösen Beruf standen, nie Verantwortung getragen haben, sich aber berufen fühlen, den Gang der Welt bestimmen. – Und dann diese Kirchenführer: Kreuzabnahme in Jerusalem.



  11. Ingrid Bittner
    16. September 2021 15:42

    Mit dem Begriff "Werteunion" konnte ich noch nie etwas anfangen, denn meines Wissens wurden diese sogenannten "Werte" nie definiert.



    • Peregrinus
      16. September 2021 16:09

      Man spricht immer von „Europäischen Werten“. Keiner definiert sie. Ich – als Jurist – habe den Eindruck, dass es im Wesentlichen nur mehr um Zügellosigkeit geht. Ein Grundrecht zur Abtreibung verstößt gegen die obersten Werte christlicher, ja menschenwürdiger Tradition. Ärzte gegen ihr Gewissen zur Abtreibung zu verpflichten, ist unter dem Aspekt der Menschenrechte und Menschenwürde absolute Verhöhnung. – Meine Einschätzung der „christlichen“ Parteien: Auch bei ihnen finden sich zu wesentlichen Fragen der Ethik nur mehr Lippenbekenntnisse.



    • Peregrinus
      16. September 2021 16:17

      Fortsetzung:
      Man schaue sich doch nur die Personen an, die nie in einem seriösen Beruf standen, nie Verantwortung getragen haben, sich aber berufen fühlen, den Gang der Welt bestimmen. – Und dann diese Kirchenführer: Abnahme des Bischofskreuzes am Tempelberg in Jerusalem.






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