Gastkommentare

Verhinderungslogik und Unternehmerfeindlichkeit

21. März 2021 16:28 | Autor: Andreas Tögel
7 Kommentare

Kein Ende der Pandemie in Sicht. Seit mehr als einem Jahr kämpfen die Regierungen Eurolands gegen das Virus – bislang mit recht überschaubarem Erfolg. Die Pleite bei der einfach nicht in Schwung kommenden Impfkampagne verschärft das Problem, weil dadurch das – mutmaßlich wenig taugliche – Mittel der Verhängung von Lockdowns fortgesetzt wird. Tausende Unternehmen gehen zugrunde, Hunderttausende verlieren ihre Erwerbseinkommen.

Die Politik macht sie gnadenlos zu Almosenempfängern. Eine Medizin einzusetzen – im Fall der Pandemie ist das der Lockdown –, deren Wirkungslosigkeit sich täglich auf Neue zeigt, zeugt indessen nicht von besonderer Klugheit. Den verantwortlichen Politikern und "Experten" kanns aber wurscht sein, da ihre Arbeitsplätze und Einkommen davon ja nicht betroffen sind. Dass rund um den Globus (beinahe) alle dieselbe fragwürdige Strategie anwenden, macht die Sache nicht besser.

Corona bietet der Politik allerdings eine willkommene Möglichkeit, elegant von ihren in der Vergangenheit begangenen Fehlern abzulenken. Denn ungeachtet der Pandemie krankt Euroland ja bereits seit vielen Jahren (genau gesagt: seit dem 1992 in Kraft getretenen Vertrag von Maastricht) an strukturellen Schwächen, die durch die Seuche lediglich verstärkt, nicht aber verursacht werden. Schon mehren sich die Stimmen von Ökonomen, die das mangelnde Wachstum in der Eurozone thematisieren und auch klar dessen Ursachen benennen.

In einem Gespräch mit der "Agenda Austria" macht Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, darauf aufmerksam, dass die EU es nicht einmal schafft, Wachstum zuzulassen. Er sieht die Gefahr, dass Euroland im Gefolge der Corona-Krise wirtschaftlich noch weiter hinter die USA und China zurückfallen könnte. Zeitgleich würde die in China bereits wieder anlaufende Konjunktur die Rohstoffpreise in die Höhe treiben und aus den USA Inflation importiert werden. Allesamt Entwicklungen, die sich nachteilig auf die europäische Wirtschaft auswirkten. Die geringe wirtschaftliche Dynamik in Euroland führt der Ökonom auf die dort praktizierte "Verhinderungslogik" zurück, die seit Jahren mehr und mehr um sich greift.

In der Tat besteht der Hauptunterschied zwischen der EU und ihren internationalen Wettbewerbern darin, dass die politische Klasse hier weniger auf die Ermöglichung, sondern eher auf die Verhinderung unternehmerischen Handelns setzt. Nicht unbedingt geplant, und bisweilen sogar von guten Absichten getragen, aber dennoch schädlich. Die längst als gescheitert anzusehende "Energiewende" in Deutschland, der brutale Kampf links-ökologischer Kräfte gegen den omnipräsenten "Klimawandel" und die europäische (Automobil-)Industrie, sowie die Fokussierung auf Orchideenthemen wie politisch korrekte Sprache, Antidiskriminierung und den unentwegten Kampf gegen den angeblich allgegenwärtigen Rassismus seien als Beispiele genannt.

Wer soll es unter den gegenwärtig herrschenden Bedingungen noch auf sich nehmen, unternehmerisch tätig zu werden, wenn er soeben vorgeführt bekommt, dass die Regierung jederzeit willens und imstande ist, ihm mit einem Federstrich die wirtschaftliche Basis zu entziehen? Branchenbeispiele: Gastronomie, Hotellerie, Veranstaltungsgewerbe, Reisebüros und Fitnesscenter.

Wer hat, angesichts verdüsterter Zukunftsaussichten und völlig abhandengekommener Rechts- und Planungssicherheit noch Interesse daran, sich durch einen Behördendschungel zu kämpfen um ein einfaches Gewerbe ausüben zu dürfen? Die Regulierungsdichte – und das wollen die Sozialisten in allen Parteien einfach nicht begreifen – wirkt nirgendwo auf der Welt so unternehmerfeindlich wie in der EU.

Eines der kaum lösbaren Strukturprobleme Europas sieht Felbermayr allerdings in der zunehmenden Überalterung des Kontinents. Alte Menschen sind nämlich stets darauf bedacht, das Erreichte zu bewahren und legen keinerlei Wert auf Veränderung – auch und schon gar nicht, soweit es die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und ihre vermeintlich "wohlerworbenen Rechte" angeht. Sie sind zutiefst strukturkonservativ und verhindern erfolgreich – dank ihres demographischen und damit politischen Übergewichts können sie das – die jede Marktwirtschaft kennzeichnende "schöpferische Zerstörung".

Da die vom Niedergang Europas am stärksten betroffenen Jungen heute, anders als weiland die rabiaten 1968er, keinerlei Lust und Neigung zeigen, die Wahrung ihrer Interessen einzufordern – etwa die Ermöglichung und Förderung einer neuen Gründeroffensive, die ihnen aussichtsreiche Zukunftsperspektiven bietet –, dürfte sich der Niedergang der Alten Welt auch nach dem Abklingen der Pandemie fortsetzen. Keine erfreulichen Aussichten für die Alte Welt.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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  1. Wise Wolf CEE (kein Partner)
    27. März 2021 09:18

    Alter weißer eigenverantwortlicher Unternehmer - Mann, der nicht an Staatsaufträge angewiesen ist, wird in diesem Land wie Pest & Cholera durch Politik/Behörden aber auch von den "Neidern" (jede Unternehmer ist reich, missbraucht Angestellten und hinterzieht die Steuer) behandelt. Wer es sich noch antut ist selber schuld... PS. Die meisten Firmen in Ö leben direkt oder indirekt vom Staat... Wie die Bevölkerung...PPS. Problem ist, dass in der Zwischenzeit die Nettoempfänger absoluter Mehrheit darstellen und viele davon den immer wenigen Nettozahlern nur Leben schwer machen...



  2. Dr. Hans Christ (kein Partner)
    25. März 2021 01:54

    Allein die Wahlergebnisse der Grünen zeigen, dass es der Jugend an Einsicht mangelt, wer ihr in Wahrheit die Chancen auf eine gedeihliche Zukunft in ökonomischer und liberaler Hinsicht raubt.



  3. ORF-ABMELDUNG
    22. März 2021 11:05

    Wyatt - "Rücktritt der Bundesregierung" : und WAS würde sich ändern ? Bei der Annahme, daß die FPÖ keine 2/3 Mehrheit bekommt ?

    Hausfrau - die Vorschläge hat Herr Tögel bereits öfter gemacht. Sowie u.a. Herr Unterberger 100 mal, simplicissimus, dssm, und noch einige Kaliber in diesem Blog !

    Herr Tögel - man wird ja noch träumen dürfen: vielleicht würde eine monatliche Erhebung und Veröffentlichung der "Strukturkosten" (früher genannt "Fixkosten") des Staates hilfreich sein. Bei jedem gesunden Unternehmen eine Selbstverständlichkeit und Abfall einer simplen Buchhaltung. Das könnte dann zu einer "Jugend- und Steuerzahlerbewegung führen. Wobei nur jene Steuerzahler gemeint sind, die nicht wie Pensionisten/Politiker/ ihren Lohn aus Steuergeldern bekommen.



  4. Hausfrau
    21. März 2021 17:51

    Ihre Kritik, Herr Tögel, ist berechtigt. Aber wie lauten Ihre Vorschläge, wie man es besser machen könnte? Vor allem, wie würden Sie - wenn Sie verantwortlich für Maßnahmen wären - die Ausbreitung der Covid-19-Infektion in der Bevölkerung in der Vergangenheit und jetzt verhindern?



    • Wyatt
      22. März 2021 05:31

      Der PR-Schreiber, @Hausfrau fragt scheinheilig, nach Vorschlägen und wie man es besser machen könnte?

      Mein Vorschlag fürs erste, die Unterstützungserklärungen online oder bei der Gemeinde - RÜCKTRITT BUNDESREGIERUNG – zu unterzeichnen!



    • andreas.sarkis (kein Partner)
      24. März 2021 09:10

      Wie verhindern?
      Eigentlich einfach. Indem man aufhört, alles und jedes dem Covid-19 Virus zu unterschieben. Dieses (laut Kronenzeitung super-intelligente) Virilein steht all den Sperrmaßnahmen verständnislos gegenüber.

      Beispiel: Deutschland untersagt Regligionsausübung zu Ostern. Außer für Moslems.
      Beispiel: Österreich will die "Ostregion" (Ostmark?) zusperren. Weil durch die Massentests mehr (falsch) positiv getestet worden sind.
      Nein, um Virus gehts schon lang nicht mehr.



    • Kritischer Geist (kein Partner)
      26. März 2021 10:40

      Bevor die Frage beantwortet wird, wie man die Ausbreitung von Covid-19 verhindern kann, müsste die Frage gestellt werden, ob die Eindämmungsmaßnahmen überhaupt verhältnismäßig und unumgänglich sind. Covid-19 hat eine Letalität von 0,23 %, bei Personen unter 70 Jahren sogar nur von 0,02 %. Covid-19 ist damit in etwa so gefährlich wie Akne oder Karies. Selbst wenn man unberücksichtigt lässt, dass die Zahl der Coronatoten in EU-Ländern auf sehr "originelle" Weise ermittelt wird, müssen wir feststellen, dass am Rauchen jährlich doppelt so viele Menschen sterben, aber keine Regierung bisher auch nur annähernd so aktiv geworden ist, solche Todesfälle gering zu halten.






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