Gastkommentare

Zur Erwägung einer Seligsprechung von Leopold Figl

03. Februar 2021 07:26 | Autor: Albert Pethö
14 Kommentare

Der Bischof von Sankt Pölten, Alois Schwarz, hat jüngst angeregt, den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Staatsvertrags-Außenminister Leopold Figl seligzusprechen. Bei sehr berechtigter Kritik an den meisten derzeitigen Bischöfen in Österreich möchte man als Katholik dieser speziellen Initiative doch entschieden zustimmen. Es wäre aber nicht unsere herabgekommene Gegenwart, wären nicht sofort Proteste gegen das fromme Ansinnen und Versuche der Herabwürdigung veröffentlicht worden.

Figl ist sinistren Kreisen seit langem schon unbequem, verdeckt er doch immer noch den Blick auf diverse linke Potentaten, die man statt seiner auf den hohen Sockel des allgemeinen ehrenden Angedenkens stellen möchte. Schon 2002, zum hundertsten Geburtstag, haben die einschlägigen Gazetten versucht, die Erinnerung an Figl zu demontieren. Er wäre ein Trottel, ein Säufer und ein Angeber gewesen – sinngemäß musste, wer so leichtsinnig war, dem "Qualitätsjournalismus" Glauben zu schenken, das aus der "Berichterstattung" damals schlussfolgern.

Figls Weihnachtsansprache, die bedeutendste politische Rede in Österreich seit 1945, sei in Wirklichkeit, so wurde angedeutet, eine Phantasmagorie gewesen, sei "so nie gehalten" worden. Nachdem sich aber dutzende Zeugen gemeldet hatten, die bestätigten, Figls Weihnachtsansprache 1945 am Radio noch selbst gehört zu haben, konnte man mit diesem Versuch der Geschichtsumdeutung nicht reüssieren. 

Nun hat die Bischöfliche Absichtserklärung einen neuen Schub an "Vergangenheitsbewältigung" ausgelöst. Figl wäre ja "hoher aktiver Austrofaschist" gewesen, wie ein besonders putziger Vorwurf lautet. Figl hätte "mit Mussolini zusammengearbeitet" und "Südtirol preisgegeben", wie man eifrig Stimmen ausgerechnet aus Tirol dem Publikum vorlegt.

Den Terminus "Austrofaschist" freilich darf man ruhig als linke Hetze ansehen. Figl war in der Tat hoher Funktionär im Katholischen Ständestaat. Als solcher trug er schon früh dazu bei, dass Österreich das erste Land der Welt war, das dem National-Sozialismus entschieden und übrigens dann auch bewaffnet und erfolgreich entgegentrat. Das ist auch der Grund, warum Figl nach dem "Anschluss" ins Konzentrationslager gesperrt und dort auch gefoltert wurde. Wie seiner Biographie entnehmbar ist, stand 1945 seine Hinrichtung unmittelbar bevor.

Figls Weltanschauung war Katholisch-konservativ beziehungsweise Christlich-sozial, was von der Linken eben gerne als "Austrofaschismus" bezeichnet wird, was einen freilich nicht beunruhigen sollte. Figl als Kämpfer für einen Katholischen Gesellschaftsentwurf (und für die Freiheit des Landes) kann also durchaus zu Recht zumindest unter die Bekenner, wenn nicht unter die Märtyrer eingereiht werden.

Dass er mit Mussolini "zusammengearbeitet" hat, wäre, wenn es dafür denn Belege gibt, überhaupt nicht verwunderlich. Mussolini, über die Machtmittel einer damals hochgerüsteten europäischen Großmacht verfügend, hielt Anfang und Mitte der 1930erJahre seine schützende Hand über Österreich und ist der außenpolitische Faktor gewesen, der 1934 den Einmarsch eines national-sozialistischen Deutschlands in Österreich verhindert hat.

Die großartig "demokratischen" Westmächte England und Frankreich waren ja an der Unabhängigkeit Österreichs demonstrativ desinteressiert und zogen das "Appeasement" mit Hitler vor. Und Figl war in Bezug auf Südtirol kaum in der Lage, hier etwas preiszugeben oder nicht preiszugeben. Die Tragik des Landes Tirol ergab sich aus den schandbaren alliierten Friedensdiktaten nach 1918, welche bekanntlich unter anderem das südliche Tirol den Italienern als Kriegsbeute überließen; an diesem Unrecht konnte weder Figl noch sonst jemand in Österreich oder Tirol etwas ändern.

Wenn jemand Südtirol "preisgegeben" hat, dann war das Hitler, der Land und Bevölkerung gerne Mussolini überließ, als Preis für das Akzeptieren des "Anschlusses" dann 1938. Als Draufgabe bot Hitler den verratenen Tirolern noch das Danaergeschenk der "Option" dar.

Die Zeitzeugen, die noch belegen könnten, dass der Staatsvertrag nicht von einer Idiotenregierung sondern von wirklichen Staatsmännern zuwege gebracht wurde, sind leider rar geworden. Wer sich aber etwas intensiver und ohne sozialistische Engführung mit der Geschichte Österreichs nach 1918 befasst, erkennt die Größe des Leopold Figl und erkennt auch, dass wir Nachgeborene ihm gegenüber allen Grund zur Dankbarkeit haben.

Dr. Albert Pethö, Historiker und Publizist, lebt in Wien.

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  1. Konfrater
    05. Februar 2021 17:21

    War's denn nicht der Kreisky, der den Staatsvertrag ausverhandelt hat ;-)

    Was die berühmte Weihnachtsrede betrifft: Es stimmt, dass sie so, wie sie heute bekannt ist, NICHT 1945 gehalten wurde. Figl hat 1945 eine solche Rede gehalten, von der aber keine Aufnahme existiert; die heute bekannte Version hat Figl kurz vor seinem Tod bei einem Besuch im Funkhaus des ORF aufgenommen - man kann davon ausgehen, dass die originale Rede wohl so ähnlich gewesen sein dürfte, wortwörtlich wird Figl sie aber kaum noch im Gedächtnis gehabt haben.



  2. Zraxl (kein Partner)
    05. Februar 2021 13:29

    Eine mutige Tat von einem katholischen Bischof aus Österreich? Sachen gibts!
    In jedem Fall zolle ich dem Herrn Bischof Alois Schwarz dafür höchsten Respekt! Darüber wird sogar manche Gurkiade vergessen und verziehen.



  3. CHP
    03. Februar 2021 20:28

    Bei Seligsprechungen sind normalerweise "Wunder" zu erwarten.
    Ich erwarte, daß Kurz bei einer der nächsten Pressekoferenzen die Österreicher auf den Knien um Vergebung bittet und den Lockdown sofort beendet.
    Dann kann man Figl gleich heilig sprechen (ohne Umweg über selig).
    Anm.: Ich habe Figl sehr geschätzt.



  4. OMalley
    03. Februar 2021 15:18

    Pethö's Weisse Rose ist es wert , gelesen zu werden.



    • Carolus (kein Partner)
      10. Februar 2021 21:08

      Kann sie auch empfehlen. Hier erfährt man Näheres:
      die-weisse-rose.at/



  5. HvO
    03. Februar 2021 13:16

    In Sachen Südtirol hat Figl versagt. Während Gruber noch in Paris die Selbstbestimmung der Südtiroler verlangte, hatte Figl - über den Emissär Rudolf Moser, einen Fabrikanten, mit dem er seit der gemeinsamen Zeit in den Ostmärkischen Sturmscharen befreundet war - DeGasperi signalisieren lassen, daß die Wienr Regierung mit dem Verbleib Südtirols bei Italien und mit einer Autonomielösung einverstandne sei. Darüber hinaus hat er sich mit DeGasperi geheim im Haus des Moser in Sachsenburg/Kärnten getroffen. das alles kann hier.
    https://www.andreas-unterberger.at/2017/08/die-rolle-eines-emissrs-im-nachkriegsgeschehen-zwischen-wien-und-rom/
    und detailliert im Buch:
    https://www.amazon.de/S%C3%BCdtirol-westliche-%C3%B6sterreichische-unliebsames-schaffte/dp/3702017089/ref=as_li_ss_tl?ie=UTF8&qid=1503329525&sr=8-4&keywords=Golowitsch&linkCode=sl1&tag=andreuntertag-21&linkId=a396972a8a3524f5ac9f0514917a321b
    nachgelesen werden!



  6. Hegelianer
    03. Februar 2021 12:33

    Es ist unbestritten, dass der POLITIKER (und sicher auch der MENSCH) Leopold Figl große Verdienste aufweist. Aber eine (geistliche) Seligsprechung ist noch einmal eine andere Kategorie und sollte nicht zur Aufwertung einer politischen Einstellung bzw. politischen Handelns verwendet werden. Das war schon bei Kaiser Karl sehr merkwürdig und ist außerdem geeignet, Figl in einer breiten Wahrnehmung - durchaus auch zu Unrecht! - in ein ganz rechtskatholisches "Eck" zu stellen. "Märtyrer" mag Figl gewesen sein, aber ob 1:1 wegen seines katholischen Glaubens, ist schon eine andere Frage. Und von der Merkwürdigkeit, ein Heilungswunder beibringen zu müssen (Kaiser Karl hat, wenn ich mich nicht irre, ein Hühnerauge geheilt) spreche ich noch gar nicht.



    • cato uticensis
      04. Februar 2021 07:03

      Also, in den 70 und 80 er Jahren haben ältere Zeitgenossen noch davon gesprochen, welch wunderbaren Beträge die Witwe mit dem Leergutverkauf erlöst hat - sollte doch als Wunder reichen. Übrigens waren es beim Karl selig Krampfadern an Nonnenwadeln, keine Hühneraugen.



    • Hegelianer
      05. Februar 2021 13:25

      Danke für die Korrektur!



    • Zraxl (kein Partner)
      05. Februar 2021 13:33

      Ein Hegelianer verlangt ein Wunder. I brich weg!



  7. steinmein
    03. Februar 2021 09:55

    Ich habe mich in der Zeit des Wiederaufbaues, vorallem nach der Rückkehr meines Vaters 1953 aus russischer Kriegsgefangenschaft
    wohler gefühlt als heute. Damals ging es bergauf, heute ist vieles angenehmer aber auch bedrohlicher und unsicherer geworden. Kein Vorteil ohne Nachteil. Den guten Leopold Figl seligsprechen zu lassen finde ich denoch übertrieben. Die Männer von damals waren halt noch richtige und ehrenwerte Männer. Mir legt der Verdacht eines Ablenkungsmanövers einer Geistlichkeit näher. Eine Nähe zur Politik scheint mir nicht abwegig.



  8. Hausfrau
    03. Februar 2021 09:44

    Es gab auch in den frühen 50er-Jahren Kritiker von Figl, die aus der linken Ecke kamen. Ich erinnere mich noch, dass bei den damaligen Fox- und Austria-Wochenschauen - vor den Kinohauptfilmen - beim Erscheinen von Leopold Figl immer eine Raunen und Lachen vieler Kinobesucher erfolgte.



  9. Origenes
    03. Februar 2021 09:03

    Unsere Eltern hatten es gut: die hatten Figl, Raab, Kamitz & Co. Wir haben Kurz, Kogler, Anschober und Nehammer.

    Kurz wird sicherlich in das Linke Geheule gegen Figl einstimmen!



    • Ingrid Bittner
      03. Februar 2021 17:55

      Das glaub ich wieder weniger, der weiss ja gar nicht wer das ist.
      Der meint wahrscheinlich, da geht's um den Abgordneten Figl in Wien....






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