Gastkommentare

Eine vertane Chance

20. Oktober 2020 07:18 | Autor: David Nagiller
3 Kommentare

So unerfreulich das Ergebnis der jüngsten Wiener Landtagswahl für das Mitte-Rechts-Lager – auch über das Land Wien hinaus – im Moment und auch im Hinblick auf die kommenden Jahre ist, so hätte es langfristig durchaus Chancen für die FPÖ geboten. 

Dies einerseits aufgrund des Nicht-Einzugs des Teams Strache in den Landtag, denn Straches Comeback-Pläne und seine improvisiert aufgestellte Bewegung sind damit endgültig erledigt – auch wenn nun seitens Strache das Hirngespinst in die Welt gesetzt wurde, bei den oberösterreichischen Landtagswahlen 2021 antreten zu wollen.

Andererseits wäre der totale Absturz die Gelegenheit gewesen, sich des gesamten einst mit Strache verhaberten Klüngels von Nepp und Krauss bis Mahdalik zu entledigen und die Wiener Landespartei personell komplett neu aufzustellen. Denn hier sind das Problem und die Hauptursache für den Wahlverlust zu suchen, nicht in den "Strukturen" und schon gar nicht in der Programmatik. Denn auch wenn derzeit alles durch "Corona" überlagert wird, sind die blauen Kernthemen wie Migration, Integration und Sicherheit von dauerhafter Relevanz und die dort angesiedelten Problematiken werden sich absehbar eher verstärken als abklingen.

Mit einer Truppe, die über viele Jahre politisch wie privat eng mit dem zum Paria gewordenen Strache verbunden war, konnte eine glaubwürdige Abgrenzung von Ibiza und vor allem zum – für die Abwendung vieler Wähler von der Partei viel bedeutsameren – Spesen- und Bereicherungsskandal nicht gelingen. In der Folge blieben jene, die den blauen Inhalten ohne türkise Verwässerung nach wie vor treu sind, zu Hause. Diese Wähler sind von den anderen Parteien von Haus aus nicht abholbar, sie wären aber für die FPÖ zu erreichen gewesen und sind es auch künftig potenziell. Aber eben nur, wenn der gesamte Augiasstall ausgeräumt ist.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Führungsfiguren der Wiener FPÖ angesichts eines Verlustes von mehr als 20 Prozent und der Demütigung, zur Kleinpartei abzusteigen und noch hinter den NEOS zur kleinsten Landtagsfraktion degradiert zu werden, selbst – hätten sie auch nur einen Funken Anstand oder Ehrgefühl – unverzüglich von allen Funktionen zurücktreten und auf ihre Mandate verzichten hätten müssen. Dies ist allerdings nicht erfolgt. In einer selten beobachtbaren Unverfrorenheit klammern sich die Gescheiterten an die noch verbliebenen Posten.

Verwundern muss aber nun, dass die Bundespartei offenbar nicht gewillt ist, einzuschreiten und den notwendigen Reinigungsprozess, wenn er denn nicht freiwillig erfolgt, mit dem eisernen Besen durchzuführen. Stattdessen schiebt man den Misserfolg letztlich einzig der Person Strache in die Schuhe und verspricht floskelhaft einen Neubeginn als "moderne" Rechtspartei (wobei klar ist, dass, sollte "modern" eine Aufweichung von Positionen und auch Sprache bei den Kernthemen sein, ein weiteres Scheitern vorprogrammiert ist). Das wird aber nichts mehr werden, die Hoffnung, dass Gras über die geschehenen Verfehlungen wachsen wird, wird sich nicht erfüllen. Allenfalls ein paar versprengte Strache-Wähler und ein geringer Teil der Nichtwähler wird der verbrannten Truppe um Nepp in fünf Jahren wieder die Stimme geben, mehr als 10 bis 12 Prozent sind da nicht drinnen.

Mag.iur. David Nagiller B.Ed. ist Lehrer und freier Publizist

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die besten Kommentare

  1. Ausgezeichneter KommentatorIngrid Bittner
    3x Ausgezeichneter Kommentar
    20. Oktober 2020 10:38

    Ich gestehe, ich kann den aufgestellten Schlußfolgerungen aus der Wienwahl nicht ganz folgen. WEr von den Freiheitlichen kann sich an Posten klammern? Wenn man aus dem Gemeinderat oder Landtag hinausgeflogen ist, dann ist man doch hinausgeflogen oder bestenfalls mit ein paar mickrigen Gemeinderatssitzen weiter dort vertreten.
    Und falls es so gesehen wird, dass Nepp klammert und Parteiobmann bleiben will, dann seh ich das nicht so. Wer will den eine Partei als Chef übernehmen, die so abgestürzt ist. Da muss man doch froh sein, wenn Nepp sich bereit erklärt, zu bleiben. Er hat immerhin Strache den endgültigen Abschied aus der Politik beschert. Und dass man nicht mit vollkommen unerfahrenen Gemeinderäten in die neue Periode geht ist doch auch irgendwie logisch.
    Ich weiss natürlich nicht, wie was in der Wiener FPÖ beschlossen wird, aber ich kann mir keine anderen Wege vorstellen.

  2. Ausgezeichneter KommentatorNeppomuck
    2x Ausgezeichneter Kommentar
    20. Oktober 2020 13:44

    ???
    „Vom Barette schwankt die Feder ...“

    Jetzt überschüttet uns ein politischer Landsknecht mit „Ezzes“, die wohl zur endgültigen Preisgabe der letzten verbliebenen patriotischen Kraft in unserem Land führen soll.
    „Schwankende Federn“, seien es auch Edelfedern eigenem Dafürhaltens, mögen ja in der heutigen Zeit „en vogue“ sein, sind immer mit Vorsicht zu genießen.

    Sind es Rachegelüste, die den derzeitigen CV-er (er wurde vor 10 Jahren aus der FPÖ entfernt) motivieren, ist es die Freude an der politischen Wühlarbeit, die den Autor hier überwältigt hat, edel sind seine Motive nicht.
    Insofern passt er gut zu der türkisen Vernichtungsgang, die unter Kurz zum letzten Gang unserer Demokratie aufruft.
    Soll sein.

    Die Freiheitlichen werden aus der derzeitigen Talsohle wieder herauskommen, auf Sebastian warten nun die Mühen der Ebene.
    "Bei Philippi sehen wir uns wieder."
    Soll heißen, die nächste Wahl kommt früher als viele denken.

    Und vielleicht ist dann auch die Philippa samt Mann wieder mit von der Partie.
    Zu wünschen wäre es.

  1. andreas.sarkis (kein Partner)
    22. Oktober 2020 14:21

    Was ist "Mitte-Rechts"?
    Es gibt nur marxistisch oder nicht marxistisch. Die "Mitte" ist dort, wo Marx endet und Mensch beginnt (oder umgekehrt).

    Die FPÖ wurde als nichtlinke Arbeiterpartei gegründet. Das ist sie nicht mehr, die Rest hat Strache abgeschossen. Viele FPÖ-Wähler aus den Gemeindebauten blieben daheim, wählten nicht. Deutschnationale Wähler sind längst reumütig zur SPÖ zurückgekehrt.

    Wenn jemand eine nichtmarxistische Partei will, dann soll er eben eine gründen. Türkis spielt dabei nicht mehr mit.

    Unterberger wird sicher wissen, warum er Polit-Journalisten den Weg zu Beiträgen ebnet (der vielen anderen verschlossen ist).



  2. Neppomuck
    20. Oktober 2020 13:44

    ???
    „Vom Barette schwankt die Feder ...“

    Jetzt überschüttet uns ein politischer Landsknecht mit „Ezzes“, die wohl zur endgültigen Preisgabe der letzten verbliebenen patriotischen Kraft in unserem Land führen soll.
    „Schwankende Federn“, seien es auch Edelfedern eigenem Dafürhaltens, mögen ja in der heutigen Zeit „en vogue“ sein, sind immer mit Vorsicht zu genießen.

    Sind es Rachegelüste, die den derzeitigen CV-er (er wurde vor 10 Jahren aus der FPÖ entfernt) motivieren, ist es die Freude an der politischen Wühlarbeit, die den Autor hier überwältigt hat, edel sind seine Motive nicht.
    Insofern passt er gut zu der türkisen Vernichtungsgang, die unter Kurz zum letzten Gang unserer Demokratie aufruft.
    Soll sein.

    Die Freiheitlichen werden aus der derzeitigen Talsohle wieder herauskommen, auf Sebastian warten nun die Mühen der Ebene.
    "Bei Philippi sehen wir uns wieder."
    Soll heißen, die nächste Wahl kommt früher als viele denken.

    Und vielleicht ist dann auch die Philippa samt Mann wieder mit von der Partie.
    Zu wünschen wäre es.



  3. Ingrid Bittner
    20. Oktober 2020 10:38

    Ich gestehe, ich kann den aufgestellten Schlußfolgerungen aus der Wienwahl nicht ganz folgen. WEr von den Freiheitlichen kann sich an Posten klammern? Wenn man aus dem Gemeinderat oder Landtag hinausgeflogen ist, dann ist man doch hinausgeflogen oder bestenfalls mit ein paar mickrigen Gemeinderatssitzen weiter dort vertreten.
    Und falls es so gesehen wird, dass Nepp klammert und Parteiobmann bleiben will, dann seh ich das nicht so. Wer will den eine Partei als Chef übernehmen, die so abgestürzt ist. Da muss man doch froh sein, wenn Nepp sich bereit erklärt, zu bleiben. Er hat immerhin Strache den endgültigen Abschied aus der Politik beschert. Und dass man nicht mit vollkommen unerfahrenen Gemeinderäten in die neue Periode geht ist doch auch irgendwie logisch.
    Ich weiss natürlich nicht, wie was in der Wiener FPÖ beschlossen wird, aber ich kann mir keine anderen Wege vorstellen.






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