Gastkommentare

Zeiten schlechten Geldes sind Zeiten guter Theorie

06. Dezember 2019 07:05 | Autor: Andreas Tögel
10 Kommentare

Das oben stehende Zitat von Friedrich August Hayek mag einst seine Berechtigung gehabt haben. Heute kann davon indes keine Rede mehr sein. Würden in den amtlichen Teuerungsstatistiken nämlich auch die Preisentwicklungen bei Immobilien und Aktien berücksichtigt, wäre jedermann sofort klar, wie schlecht unser Geld in Wahrheit ist. Die angeblich unter zwei Prozent liegende Teuerungsrate würde schlagartig in Richtung zehn Prozent hochschnellen.

Der US-Dollar hat seit Gründung des Federal-Reserve-Systems im Jahr 1913 rund 97 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Beim Euro ist es seit seiner Einführung anno 2002 deutlich mehr als die Hälfte. Wer in Euroland regelmäßig Lebensmittel einkauft, weiß über den Wert des monopolisierten Esperantogeldes Euro bestens Bescheid.

Dass das Geld ganz offensichtlich schlecht ist, beruht auf mangelnder Konkurrenz: nachzuschlagen beim Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften 1974 Hayek. Denn Wettbewerb nützt jedermann, er ist der Treibstoff jeder Wirtschaft. Ein Monopol hingegen ist nur gut für den, der es hat, und schlecht für alle anderen. Monopole liefern stets schlechte Leistungen zu überhöhten Preisen. Es gibt keinen Grund, an diesem Zusammenhang zu zweifeln, wenn es um die Herausgabe von Geld geht. Ob die gegenwärtige Politik des "leichten Geldes" am Ende zu einer Hyperinflation oder zu einem deflationären Schock führen wird, ist ungewiss. Fraglich ist nicht ob, sondern wann es krachen wird.

Wir leben also in Zeiten schlechten Geldes. Demnach sollte die Geld- und Wirtschaftstheorie gegenwärtig einen Höhenflug erleben. Leider ist das Gegenteil der Fall. Hayek hat sich in diesem Punkt geirrt. Die an dieser Stelle bereits gewürdigte MMT ("Modern Monetary Theory") ist das beste Beispiel dafür: Wer ernsthaft meint, die Geldmenge würde den Wohlstand bestimmen – je mehr, desto höher – sollte sich fragen, weshalb in Zimbabwe und Venezuela nicht die reichsten Menschen der Welt leben.

Natürlich hängt der Wohlstand nicht von der begebenen Geldmenge, sondern – unter sonst gleichen Bedingungen – ausschließlich von der Höhe des zur Verfügung stehenden Kapitalstocks ab, der für die Produktivität einer Volkswirtschaft – und damit für die Höhe der Löhne – von alles entscheidender Bedeutung ist.

Die neue Chefin der EZB, Christine Lagarde, hat ihre profunden Einsichten in die Ökonomie kürzlich offenbart, als sie sinngemäß meinte, Arbeitsplätze wären wichtiger als Ersparnisse. Wahr ist aber, dass nicht verkonsumiertes Geld – Ersparnisse – nun einmal die unabdingbare Voraussetzung für Investitionen bildet. Schließlich kann man sein Geld nicht gleichzeitig behalten und ausgeben. Die stark verkürzte Kausalitätskette lautet: keine Ersparnisse – keine Investitionen – keine Arbeitsplätze. Wenn eine so mächtige Organisation wie die EZB von einer Person geführt wird, deren Urteil offensichtlich durch keinerlei grundlegenden Kenntnisse der Funktionsweise einer Marktwirtschaft getrübt wird, sollten sich die Insassen der EUdSSR besser vorsorglich warm anziehen.

Wer Prosperität wünscht, muss alles tun, um den Unternehmen freie Bahn zu schaffen – damit sie Kapital akkumulieren und investieren können. Besser: Er sollte alles unterlassen, was der Steigerung der Produktivität im Wege steht. Beispielsweise sollten Zentralbanken und Regierungen auf jede Strukturkonservierung verzichten, die mit aggressiver Geldpolitik vonstattengeht, und die den für eine Marktwirtschaft maßgeblichen Prozess der "schöpferischen Zerstörung" unterbindet. Wer marode Unternehmen künstlich am Leben erhält, tut der Volkswirtschaft nicht Gutes. Denn er verringert die realisierbare Gesamtproduktion, indem er Unternehmenszombies erschafft und den innovativen Betrieben Mittel entzieht, die diese investieren und in Wachstum umsetzen könnten.

Dass die umgesetzte Wirtschaftstheorie auch in den USA, Japan und China nicht intelligenter ist als in Euroland, ist in einer wirtschaftlich eng verflochtenen Welt kein Trost – ganz im Gegenteil. Das globale Wachstum der letzten Jahre war Großteils durch einen Boom im Reich der Mitte bedingt. Einen Boom, der von Schulden und Krediten getrieben war und ist, und der in naher Zukunft sein Ende finden könnte. Was aber dann?

Da sich in Euroland die konventionellen Mittel der Geldpolitik erschöpft haben (weniger als gar keine Zinsen geht schließlich nicht so ohne weiteres), werden uns wohl wesentlich originellere Formen der Konjunkturbelebung ins Haus stehen. Vielleicht werden – zur Freude schlichter Gemüter – schon demnächst namhafte Gutschriften der Zentralbank auf den Girokonten der Bürger erfolgen. In Zeiten schlechten Geldes und mieser Theorien ist schließlich alles möglich. Und einer begnadeten Expertin wie Christine Lagarde, die fest daran glaubt, durchs Gelddrucken die Menschen reich machen zu können, ist alles zuzutrauen.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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die besten Kommentare

  1. Ausgezeichneter KommentatorBürgermeister
    6x Ausgezeichneter Kommentar
    06. Dezember 2019 09:57

    Die "schöpferische Zerstörung" findet man in Deutschland nicht, aber die "giergetriebene Vernichtung" ganzer Branchen. Nach der Energieindustrie und der Autoindustrie sind jetzt die Bauern dran.

    Erstere waren immer schon sehr staatsnah angesiedelt, der Ruf nach Subventionen lag gewissermaßen in den Genen. Trotzdem hat man einer einigermaßen gewinnorientierte Branche in handaufhaltende Subventionsempfänger verwandelt. Die höchsten Strompreise bei abnehmender Zuverlässigkeit - das muss einem eben etwas Wert sein!

    Bei der Autoindustrie liegt er Fall schon anders. Der weltweite Wettbewerb hat ganz andere Strukturen erschaffen, ein weitverzweigtes ineinandergreifendes Industrienetz das gerade zerstört wird. Durch gesetzliche Randbedingungen dazu gezwungen Produkte zu entwickeln, die schlechtere Leistungen bei massiv höheren Preis bedeuten, wird man sich früher oder später in die Subventionsempfängerschlange einreihen.

    Die Bauern kommen jetzt gerade dran. Mit Hilfe von EU-Vorgaben entwickelt man "nationale" Drangsalierungs- und Enteignungsmöglichkeiten bei denen einem Karl Marx das Herz vor Glück zersprungen wäre. Wie man schon bei den indianischen Ureinwohnern gesehen hat - man muss nur die Lebensgrundlagen zerstören, danach fällt einem alles ohne Kampf in den Schoß. Die modernen Waffen heißen Umwelt- und Bürokratieterror.

    Die Energiebranche ist aktuell deutschlandweit verstaatlicht. Zwar nicht offiziell, aber würde man die Subventionen einstellen wären sie blitzartig mausetot. Also immer schön subventionselastisch bleiben - nicht aufmucken, wer von Subventionen abhängig ist hat das Lied des Gebers zu singen. Bei der Autoindustrie wird es bald soweit sein, die Vernichtung der wirtschaftlichen Grundlagen wird ganze Fabriken und übernationale Produktionsnetze in die Fänge des staatlichen Kranken spülen - alles ohne Verstaatlichung wie in Nordkorea oder Venezuela. Und die Zerstörung der Wettbewerbsfähigkeit der Bauern wird wohl Grund und Boden derselben in andere Hände wandern lassen.

    Sozialist müsste man sein - dann gehört einem alles. Als Partei zwar im Niedergang, aber als Prinzip im europaweiten Aufschwung, am stärksten in Deutschland - und bald auch in Österreich. Die Geldschwemme der EZB hat es möglich gemacht, ohne sie hätte sich die Enteignung sämtlicher Wirtschaftsmittel nie umsetzen lassen.

  2. Ausgezeichneter KommentatorNeppomuck
    4x Ausgezeichneter Kommentar
    08. Dezember 2019 16:47

    Dazu zwei Zitate:
    „Deutschland ist ein Problem (!), weil die Deutschen fleißiger, disziplinierter und begabter als der Rest Europas sind. Das wird immer wieder zu ‘Ungleichgewichten’ führen. Dem kann aber gegengesteuert werden, indem so viel Geld wie nur möglich aus Deutschland herausgeleitet wird. Es ist vollkommen egal wofür, es kann auch radikal verschwendet werden - Hauptsache, die Deutschen haben es nicht. Schon ist die Welt gerettet.“
    Joschka Fischer, Grüner

    "Demokratie ist die vollendete Gleichsetzung von Geld und politischer Macht."
    Oswald Spengler, „Der Untergang des Abendlandes“.

    Gnade uns Gott, wenn wir uns nicht selber helfen.

  3. Ausgezeichneter KommentatorKyrios Doulos
    2x Ausgezeichneter Kommentar
    07. Dezember 2019 09:04

    Herr Tögel, mit diesem Gebiet kenne ich mich nur rudimentär aus. Umso mehr freue ich mich, wenn Sie ab und wann (so wie hier) die Zusammenhänge der Fakten schön und verstehbar erklären! Danke!

  1. Neppomuck (kein Partner)
    08. Dezember 2019 16:47

    Dazu zwei Zitate:
    „Deutschland ist ein Problem (!), weil die Deutschen fleißiger, disziplinierter und begabter als der Rest Europas sind. Das wird immer wieder zu ‘Ungleichgewichten’ führen. Dem kann aber gegengesteuert werden, indem so viel Geld wie nur möglich aus Deutschland herausgeleitet wird. Es ist vollkommen egal wofür, es kann auch radikal verschwendet werden - Hauptsache, die Deutschen haben es nicht. Schon ist die Welt gerettet.“
    Joschka Fischer, Grüner

    "Demokratie ist die vollendete Gleichsetzung von Geld und politischer Macht."
    Oswald Spengler, „Der Untergang des Abendlandes“.

    Gnade uns Gott, wenn wir uns nicht selber helfen.



    • Mentor (kein Partner)
      08. Dezember 2019 18:52

      Zum ersten Zitat:
      Ist es wirklich von Fischer?
      Manche bezweifeln es.
      Falls es stimmt, hier nachzulesen:

      Joschka Fischer Risiko Deutschland: Krise und Zukunft der deutschen Politik

      Offensichtlich habe das Werk wenige fertig gelesen.



    • Mentor (kein Partner)
      08. Dezember 2019 18:55

      Eine Rezension I

      Habe das Buch in einem leeren Zugabteil gefunden, ergo habe ich angefangen darin zu lesen. Mit Mühe und Not habe ich es bis zur Hälfte gelesen. Den Inhalt kann man mit zwei Worte fassen: Mentaler Dünns** - Deutschland wird höchst infantil latent in den Dreck gezogen. Wenn man die persönliche Geschichte des Autors analysiert, ist dies nicht verwunderlich: Was kann man von jemanden erwarten, den man als Inkarnation des Opportunismus und als Schauspieler seines eigenen Ideals bezeichnet darf, der seine Seele gegen Macht und Erfolg verkauft hat?



    • Mentor (kein Partner)
      08. Dezember 2019 18:56

      II

      Das solch eine vulgäre Seele die Grössen und Errungenschaften des deutschen Geistes und der deutschen Kultur nicht fassen kann, bleibt klar, ergo projiziert man seine eigene Dunkelheit nach aussen, und bleibt Vater aller Dumpfbacken.



    • Mentor (kein Partner)
      08. Dezember 2019 19:06

      Was macht der Exsponti, Marxist und kein Abitur Habende heute?

      jfandc.de/

      JF&C unterhält eine exklusive Partnerschaft mit der Albright Stonebridge Group in Washington D.C. mit Büros unter anderem in China, Indien und Brasilien.

      albrightstonebridge.com/
      Die Albright Stonebridge Group ist die Consulting-Firma der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright. Mit ihrem Geschäftspartner Sandy Berger bietet sie Politikberatung für Firmen und Regierungen an.



    • Undine
      09. Dezember 2019 08:47

      @Mentor

      Ergoogeltes:

      "Madeleine Korbel Albright, geborene Marie Jana Körbelová (später Korbelová)"

      "Ihr Vater Josef Körbel war tschechoslowakischer Diplomat, später Politikprofessor an der Universität Denver in den USA. Zehn Tage nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Prag floh die engere Familie 1939 nach London.

      1945 kehrte Josef Körbel (ab da: Korbel) mit seiner Familie nach dem Krieg an der Seite der Exilregierung von Edvard Beneš mit großen Hoffnungen nach Prag zurück."

      ""Jetzt bin ich also jüdisch"

      Madeleine Albright war 59, als sie die Wahrheit über ihre Vergangenheit erfuhr. Im Interview spricht die Ex-US-Außenministerin über das Schweigen ihrer Familie."



    • Undine
  2. Kyrios Doulos
    07. Dezember 2019 09:04

    Herr Tögel, mit diesem Gebiet kenne ich mich nur rudimentär aus. Umso mehr freue ich mich, wenn Sie ab und wann (so wie hier) die Zusammenhänge der Fakten schön und verstehbar erklären! Danke!



    • Walter S. (kein Partner)
      13. Dezember 2019 09:35

      Dazu ein Tipp:

      Herr Tögel schreibt regelmäßig für das "eigentümlich frei"-Magazin (ef-magazin.de). ef ist ein großer Befürworter eines freien Marktes und bietet eine Menge Informationen abseits der MSM. Es gibt die Möglichkeit eines 3-Monate-Testabos, ein Jahresabo kostet € 108,-. Empfehlenswert!

      Werner Reichel schrieb früher ebenso regelmäßig für ef. Sowohl Reichel als auch Tögel sind Anhänger der österr. Schule der Nationalökonomie. Diese Schule bietet als einzige eine hieb- und stichfeste Geld- und Ökonomietheorie. Deswegen wird sie in unserem (Ver)bildungssystem auch nicht gelehrt!

      Noch ein Tipp: scholarium.at.

      Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen!



  3. Bürgermeister
    06. Dezember 2019 09:57

    Die "schöpferische Zerstörung" findet man in Deutschland nicht, aber die "giergetriebene Vernichtung" ganzer Branchen. Nach der Energieindustrie und der Autoindustrie sind jetzt die Bauern dran.

    Erstere waren immer schon sehr staatsnah angesiedelt, der Ruf nach Subventionen lag gewissermaßen in den Genen. Trotzdem hat man einer einigermaßen gewinnorientierte Branche in handaufhaltende Subventionsempfänger verwandelt. Die höchsten Strompreise bei abnehmender Zuverlässigkeit - das muss einem eben etwas Wert sein!

    Bei der Autoindustrie liegt er Fall schon anders. Der weltweite Wettbewerb hat ganz andere Strukturen erschaffen, ein weitverzweigtes ineinandergreifendes Industrienetz das gerade zerstört wird. Durch gesetzliche Randbedingungen dazu gezwungen Produkte zu entwickeln, die schlechtere Leistungen bei massiv höheren Preis bedeuten, wird man sich früher oder später in die Subventionsempfängerschlange einreihen.

    Die Bauern kommen jetzt gerade dran. Mit Hilfe von EU-Vorgaben entwickelt man "nationale" Drangsalierungs- und Enteignungsmöglichkeiten bei denen einem Karl Marx das Herz vor Glück zersprungen wäre. Wie man schon bei den indianischen Ureinwohnern gesehen hat - man muss nur die Lebensgrundlagen zerstören, danach fällt einem alles ohne Kampf in den Schoß. Die modernen Waffen heißen Umwelt- und Bürokratieterror.

    Die Energiebranche ist aktuell deutschlandweit verstaatlicht. Zwar nicht offiziell, aber würde man die Subventionen einstellen wären sie blitzartig mausetot. Also immer schön subventionselastisch bleiben - nicht aufmucken, wer von Subventionen abhängig ist hat das Lied des Gebers zu singen. Bei der Autoindustrie wird es bald soweit sein, die Vernichtung der wirtschaftlichen Grundlagen wird ganze Fabriken und übernationale Produktionsnetze in die Fänge des staatlichen Kranken spülen - alles ohne Verstaatlichung wie in Nordkorea oder Venezuela. Und die Zerstörung der Wettbewerbsfähigkeit der Bauern wird wohl Grund und Boden derselben in andere Hände wandern lassen.

    Sozialist müsste man sein - dann gehört einem alles. Als Partei zwar im Niedergang, aber als Prinzip im europaweiten Aufschwung, am stärksten in Deutschland - und bald auch in Österreich. Die Geldschwemme der EZB hat es möglich gemacht, ohne sie hätte sich die Enteignung sämtlicher Wirtschaftsmittel nie umsetzen lassen.






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