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Engelbert Dollfuß zum 80. Todestag: Ehre, wem Ehre gebührt

„Dollfuß war keine dominierende Gestalt in einem Europa, das von Hitler und Mussolini überschattet wurde und von einem aufsteigenden Stalin und einem verschlafenen Baldwin. Aber unter all diesen Männern brachte er den edelsten Charakter in sein hohes Amt mit, trat er der furchtbarsten Übermacht mit dem größten Mut entgegen und fand er das tragischste Ende. Er fand auch die übelste Nachrede. (…) Diese Verzerrung hat deshalb stattgefunden, weil das, was als Geschichte einer verworrenen Zeit gilt, tatsächlich eine einseitige Geschichtsschreibung ist. (…) Aber fast alle seine ehemaligen Gegner verbreiteten im Westen ihre Argumente gegen ihn mit der Suada, die den Intellektuellen der Linken eignet, und mit jener aufgeregten Energie, die bei Flüchtlingen begreiflich ist“ (Gordon Shepherd, Engelbert Dollfuß, Graz: Styria, 1961, 9f).

Anlässlich des 80. Jahrestages der Ermordung des Heldenkanzlers und angesichts der vielfältigen und dauerhaften Besudelung seines Andenkens durch weltliche und kirchliche Stellen einige Worte der Ehrung dem, der Ehre verdient – und der Zurechtweisung denen, die Zurechtweisung verdienen.

Beschmutzung des Andenkens

Die Beschmutzung des Andenkens eines der bedeutendsten österreichischen Staatsmänner wurde in dem Farbbeutelanschlag auf das Dollfuß-Relief in der Turmkapelle der Wiener Michaelerkirche vor etwa vier Jahren auf drastische Weise versinnbildlicht.

Die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer, die die Kirche betreut, ist mit dieser Kirchenschändung nicht an die Öffentlichkeit gegangen – aus welchen Gründen auch immer. Leider hat es sich eingebürgert, bei Kirchenschändungen einfach zur Tagesordnung überzugehen. Vielleicht will man mit der Unterlassung des Ganges an die Öffentlichkeit keine Nachahmungstäter ermutigen.

Das ist aber ein Fehlkalkül. Anschläge auf Kirchen werden immer häufiger. Der Wehrunwille der Kirchenführung ermutigt offensichtlich den Terror.

Im Fall der Salvatorianer wird auch mitgespielt haben, dass man – auch das sinnbildlich für den Wahnsinn der gegenwärtigen kirchlichen Situation – sehr stark mit der Wiener Sozialdemokratie verbunden ist. Immerhin hat der Salvatorianer P. Albert Gabriel am 12. April 2013 die Tandler-Medaille aus den Händen der Stadträtin Sonja Wehsely überreicht bekommen (http://www.salvatorianer.at/content/site/home/ueberuns/article/722.html).

Sinnbildlich für die Beschmutzung des Andenkens an Dollfuß durch kirchliche Amtsträger sind die schändlichen Zusatztafeln an der Christkönigs-Kirche in Wien-Fünfhaus und am Nordportal des Linzer Mariä-Empfängnis-Doms (letzteres im Jahr 2006). In letzterem Fall hatte die Gemeinderatslinke im Dompfarrer einen willfährigen Befehlsempfänger gefunden. Besonders verwerflich ist die auf jungsozialistischen Druck hin erfolgte Verhängung und anschließende Übermalung des von Gläubigen finanzierten Freskos in der St. Pöltener Prandtauerkirche (im Jahr 2007).

Schließlich wurde das Ehrengrab der Stadt Wien am Hietzinger Friedhof vor wenigen Jahren auf die Stufe eines „historischen Grabes“ abgewertet (bzw. man sagte, es habe sich ohnehin nie um ein Ehrengrab gehandelt).

Die permanente Umschreibung der Geschichte, wie sie George Orwell in 1984 prophezeit hat, ist zur geläufigen Praxis geworden.

Worum geht es denen, die das Andenken des Märtyrerkanzlers beschmutzen?

Vom Wahn des Marxismus und der Verwandtschaft aller Sozialismen

Offensichtlich soll auf keinen Fall sichtbar werden, wie sehr Schutzbundführer und Nazis über ähnliche sozialistische Auffassungen und vor allem über den gemeinsamen Hass auf die Katholische Kirche und das Alte Österreich verbunden waren.

Auf keinen Fall soll sichtbar werden, dass alle totalitären und damals „modernen“ Ideologien am Anfang des 20. Jahrhunderts inhaltlich und methodisch einander sehr ähnlich waren.

Es soll um jeden Preis verschleiert werden, dass bis zum Jahr 1934 unfassbare Gräueltaten im Namen des Marxismus verübt worden waren. Im Jahr 1934 war bekannt, dass es seit der Oktoberrevolution in Russland Millionen von Menschen waren, die auf Veranlassung von Marxisten ihr Leben lassen mussten: Bauern, Bürger, Beamte, Priester, Mönche – und Arbeiter, deren Interessen zu vertreten man ja vorgab.

Alleine die bewusst organisierten Hungersnöte, von denen der ukrainische Holodomor 1932/33 nur der bekannteste ist, forderten Millionen(!) von Opfern. Die blutrünstigen kommunistischen Revolutionen in Ungarn und Bayern (der der damalige Nuntius Eugenio Pacelli, später Papst Pius XII., beinahe zum Opfer gefallen wäre) 1919 und der rote Terror in Spanien mit seinem Genozid an den Katholiken (ab 1931, also noch lange vor dem endlichen Einschreiten der Generäle) waren bekannt und lösten – berechtigte – Angst vor allem aus, was sich als marxistisch verstand. Die weiteren Laufbahnen von Julius Tandler in Moskau und von Julius Deutsch im spanischen Bürgerkrieg belegen ja den Grund für diese Befürchtungen.

Alles in allem wird man also sagen müssen, dass „Demokratie“ nicht das Ziel des Marxismus war und ist. Der versierte politische Beobachter kennt ja den beliebten Slogan: „Demokratie – das ist nicht viel/Sozialismus ist das Ziel.“ Er kennt auch die Lenin-Fahnen, die bei den kultischen Aufmärschen am 1. Mai von Jungsozialisten herumgetragen werden. Insofern ist „Sozialdemokratie“ ein etwas irreführender Name (etwa so wie „Volksdemokratie“ und dergleichen). „Für Freiheit und Demokratie gestorben“? Lachhaft.

Arbeitermörder?

Gegenüber Dollfuß wird seit Jahrzehnten ad nauseam der verlogene Vorwurf geäußert, er sei ein „Arbeitermörder“ gewesen. Die Begründung dafür ist nicht ganz genau zu erheben. Man sagt einerseits, er habe im Februar 1934, also beim Putschversuch des Republikanischen Schutzbundes bzw. der Sozialdemokraten, auf „Arbeiter“ schießen lassen. Andererseits, er habe die vom Gericht verhängten Todesurteile gegen die Revolutionäre ebenjenes Februars nicht aufgehoben.

Also, zum ersten hätten Polizei und Bundesheer nicht auf die Herren „Arbeiter“ schießen müssen, wenn diese gearbeitet hätten. Das haben sie aber nicht, sondern sie haben ihrerseits und zuerst auf staatliche Sicherheitsorgane geschossen. Danach haben andere „Arbeiter“ in Wien und anderswo einen Putsch vom Zaun gebrochen. Keine legitime Autorität kann sich so etwas bieten lassen. Schon gar nicht, wenn es langjähriges Erfahrungswissen über den aus- und inländischen marxistischen Terror gibt – einschließlich dem Justizpalastbrand 1927. (Die Rhetorik Otto Bauers war durchaus martialisch gewesen. Auch wenn man über ihn liest, dass er doch im Handeln zögerlich gewesen sei, so ist das in diesem Zusammenhang unerheblich: Die Worte Bauers waren ausgesprochen, sie hingen in der Luft und bestimmten das Klima. Viele fühlten sich durch sie zu Klassenkampf und Bürgerkrieg motiviert.)

Es handelt sich bei dem Einsatz des Bundesheeres im Februar 1934 somit moralphilosophisch auch nicht um „Mord“, sondern um legitime Selbstbehauptung bzw. kollektive Notwehr.

Und zum anderen ist es so, dass die Justifizierung von gesetzmäßig und gerichtlich verurteilten Revolutionären zwar kein Akt der Milde ist, aber eben kein „Mord“.

Dass es sich bei den Schutzbündlern zumeist um „Arbeiter“ handelte, ist somit rein akzidentell. Es ist zudem lächerlich, eine gut organisierte Wehrformation bzw. indoktrinierte Revolutionäre, die den Tod vieler Menschen in ihre Pläne einkalkulieren, einfach als „Arbeiter“ zu bezeichnen. „Arbeiter“ ist übrigens auch keine besondere Qualifikation, die den Betreffenden z. B. unter Naturschutz stellen würde.

Umso bedauerlicher ist es, wenn sich echte und ehrenwerte Arbeiter von Revolutionären in großes Unglück hineinreiten lassen.

Ein Staatsmann guten Willens

Dollfuß war ein Mensch, der sich für sein Tun zutiefst vor Gott verantwortlich fühlte. Seine ursprüngliche Berufsoption, nämlich das Priesteramt, zeigt diesen Ernst deutlich auf. Sein Wirken als Frontoffizier, als Beamter und als Minister und Bundeskanzler demonstriert Einsatzbereitschaft, Fleiß und Gemeinwohlorientierung.

Dollfuß war aber klarerweise nicht vollkommen.

Man mag daher zu Aspekten des Wirkens von Engelbert Dollfuß verschiedener Auffassung sein, man mag die Maiverfassung (vom 1. Mai 1934) als umständlich und wenig praktikabel oder auch als zu restriktiv für die Privatwirtschaft empfinden, man mag die gerichtlichen Todesurteile oder doch einige von ihnen (nämlich ein im Fall einer Brandstiftung verhängtes) als unverhältnismäßig kritisieren (wie es der katholische Philosoph und Konvertit Dietrich von Hildebrand gegenüber Dollfuß selbst getan hat), man mag seine Personalauswahl als teilweise unglücklich empfinden (Major Fey z. B. bleibt eine zwielichtige Gestalt, er wird von manchen sogar des Kanzlermordes verdächtigt), aber man darf diesem Großen der österreichischen Geschichte, der eben auch in manchen nicht zu ändernden Zeitumständen und Bedingtheiten agieren musste, nicht den guten Willen absprechen.

Man darf das besonders dann nicht tun, wenn man sich selbst der totalitären und mörderischen Ideologie des Marxismus verbunden weiß.

Der Tod – Stunde der Wahrheit

Schließlich offenbart die Stunde des Hinübergangs in die Ewigkeit die Wahrheit des Lebens:

Nachdem die nationalsozialistischen Attentäter auf Dollfuß geschossen hatten (was aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der ursprüngliche Plan gewesen sein dürfte) und ihm ärztliche Hilfe und priesterlichen Beistand verwehrt hatten, gab es noch eine letzte Diskussion:

„Stiastny berichtet eine merkwürdig friedliche politische Diskussion zwischen ihm und den grimmigen Rebellen, die um ihn herum standen. Einer von ihnen, den das Gewissen ein wenig gedrückt zu haben scheint, warf dem Kanzler vor, er habe schließlich selbst viele österreichische Nationalsozialisten in Not und Elend gebracht. Dollfuß antwortete: Ich habe immer getrachtet, das Beste zu tun, und was ich tun konnte, und ich habe immer den Frieden gewollt. Da mischte sich ein anderer SS-Mann ins Gespräch und erwiderte, es sei in des Kanzlers Macht gestanden, Frieden mit Deutschland herbeizuführen. Dollfuß blickte zu den gespannten jungen Gesichtern auf und sagte ruhig: Kinder, das versteht ihr halt nicht. Hierauf kam, wie es scheint, keine Antwort“ (Shepherd, 309f).

Seine letzten Worte waren: „Ich habe ja nur den Frieden haben wollen. Wir haben nie angegriffen. Wir mussten uns immer wehren. Der Herrgott soll ihnen vergeben“ (ebd., 311).

Dieser vorbildliche Hinübergang gereicht dem Verstorbenen zur Ehre. Er zeigt uns auch, dass er sein Leben im Dienst am Guten gestaltet hatte. Niemand kann auf diese Weise und im Frieden sterben, der nicht das Gute gewollt hat und nicht mit Gott verbunden war.

Seligsprechung

Es ist daher das Seligsprechungsverfahren weiterzuführen. Meines Wissens wurde nach der Ermordung von Dollfuß ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet, aber nach 1945 nicht wieder aufgenommen.

Bald danach wandelte sich die Stimmung beträchtlich. Die Kirche geriet während des II. Vaticanums in einen optimistischen Rausch und begann, sich mit ihren alten Feinden geradezu zu fraternisieren. In Österreich rückte die Kirche unter dem Einfluss Kardinal Königs in die Nähe der Sozialisten und Freimaurer.

Nur mehr wenige hätten eine Seligsprechung des „anachronistischen“ Katholiken Dollfuß unterstützt. Schließlich schien sie angesichts der „Versöhnung“ von Kirche und „Arbeiterschaft“ äußerst inopportun.

Nun, mittlerweile hat sich diese „Versöhnung“ längst als Makulatur erwiesen. Sie hat die Katholiken gegen die Machinationen geschworener Kirchenfeinde eingeschläfert, dem linken Terror auf der Straße und dem Kulturkampf, einschließlich der abscheulichen Fristenlösung, Raum gegeben – und somit auch den Sozialisten selbst die heilsame Wahrheit des Evangeliums vorenthalten und darauf verzichtet, sie zur Bekehrung zu führen.

Es wäre daher passend, wenn Franz Jägerstätter nur der Beginn einer Serie von Seligsprechungen großer österreichischer Patrioten gewesen ist. Neben Dollfuß fehlen im gegenständlichen historischen Zusammenhang etwa auch der Seminarist, Widerstandskämpfer und Dichter Hanns-Georg Heintschel-Heinegg, Minister Hans-Karl Freiherr von Zessner-Spitzenberg und andere.

Ehre, wem Ehre gebührt

Als Österreicher können wir stolz auf Dollfuß sein. Er hat unserem Land Grund zum Selbstbewusstsein gegeben.

Wir verdanken ihm viel: Wäre der Februaraufstand – ein Gedankenexperiment – erfolgreich gewesen, dann hätte sich vermutlich der marxistische Kirchenhass ausgetobt wie in Spanien. Man soll sich auch eine austromarxistische „Räterepublik“ oder dergleichen nicht zu gemütlich vorstellen.

Und: Hätte Dollfuß dem Druck aus Berlin nachgegeben wie die glorreichen „Demokraten“ („Peace in our time“ proklamierte einer dieser Schwachköpfe, „lieber Hitler als Habsburg“ ein anderer), stünde Österreich heute viel schlechter da.

Dollfuß ist nicht davongelaufen. Er hat sich nicht ins Exil verkrochen. Er hat keinen Kuhhandel mit Hitler abgeschlossen. Er hat seine Überzeugungen nicht verraten. Es war das Opfer seines Lebens, das aller historischen Wahrscheinlichkeit nach den Naziputsch zusammenbrechen ließ. Österreich wurden noch vier Jahre der Freiheit gewährt.

Der glorreiche „Westen“ ließ Österreich hingegen im Stich. Katholische Staatsmänner wie Dollfuß und sein Nachfolger Kurt von Schuschnigg gingen in ihrem vermeintlichen „Anachronismus“ den maßgeblichen politischen Figuren dies- und jenseits des Atlantiks offensichtlich bei weitem mehr gegen den Strich als die „modernen“ und „zeitgemäßen“ Politiker Hitler und Stalin (beide „Man of the Year“ des Time-Magazins).

„Dollfuß gebührt die Unsterblichkeit als dem ersten Ausländer, der Hitler offen entgegengetreten ist – und als dessen erstem ausländischen Opfer“ (Shepherd, S. 10).

Das verdient es, gewürdigt zu werden. Von Kirche und Staat. Auch und besonders heute.

MMag. Wolfram Schrems, Linz und Wien, katholischer Theologe und Philosoph, kirchlich gesendeter Katechist

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