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Populismus, Panik und Plutonium

Es gilt als absolut unschicklich, einen Gesprächspartner nach Glauben oder Einkommen zu fragen. Das ist aber immer noch leichter als der Versuch eines differenzierenden Gesprächs über Atomenergie.

Dennoch sei gewagt, ein paar Fakten festzuhalten, um die man in so einem Gespräch nicht herumreden dürfte: Erstens, eine sichere Energieversorgung ist eine unverzichtbare Voraussetzung eines funktionierenden Wirtschaftsstandortes. Ohne Energie keine Arbeitsplätze und kein Wohlstand, der den des 18. Jahrhunderts übertrifft.

Zweitens, trotz Tschernobyl und (dem bisher in Hinblick auf Opfer glimpflich abgelaufenen) Fukushima ist eine Energiezukunft ohne Atomenergie nicht vorstellbar. Aus einer ganzen Reihe von Gründen: Die Vorräte an Öl werden – wenn auch später als prophezeit – spürbar knapper; Es gilt, statt der jetzt schon fast sieben Milliarden Erdbewohner in absehbarer Zeit mehr als neun Milliarden mit Energie zu versorgen; insbesondere in Süd- und Ostasien nehmen Wohlstand und damit Energieverbrauch alljährlich signifikant zu; kein System der Welt würde es überstehen, wenn es seinen Bürgern die Versorgung mit Energie kürzt; die Wasserkraft ist weitgehend ausgebaut; und Wind wie Sonne sind erstens in der Nutzung nicht nur teuer, sondern vor allem nicht immer verfügbar, selbst dann nicht, wenn man Europa mit gigantischen neuen Stromautobahnen quer durch den Kontinent durchpflügt.

Drittens: Auch die gegenwärtigen Atomkraftwerke sind problematisch. Die Endlagerung des Atommülls ist ein ungelöstes Problem (das durch flächendeckende grüne Protestaktionen noch vergrößert wird); das in AKW genutzte nukleare Material sowie die Wiederaufbereitungstechnologie können auch militärisch genutzt werden, was Diebstahl und unstabile Staaten zu einem gewaltigen Problem macht; und in diesen AKW ist eine Kernschmelze möglich, die wie in Tschernobyl Tausende Todesopfer fordern kann. Was vor allem in deutschsprachigen Ländern als völlig unakzeptables Risiko gilt, auch wenn jede andere Technologie zum Teil noch mehr Todesopfer fordert, auch wenn eine ausreichende Energieversorgung nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die durchschnittliche Lebenserwartung deutlich verlängert.

Was also tun? Der beste Ausweg scheint die Thorium-Hochtemperaturtechnologie. Sie ist zwar seit langem bekannt, wurde aber nicht eingesetzt, weil man sich einst weltweit für die Uran-Plutonium-Technologie entschieden hat, die sowohl militärisch wie auch zivil genutzt werden kann. Das war damals billiger. Und die Risken waren kein Thema. Bei Thorium-Kraftwerken ist keine Kernschmelze möglich; sie ist viel energieeffizienter; in diesen Kraftwerken kann der schon vorhandene Atommüll genutzt werden; es fällt kein waffenfähiges Material an; es gibt weltweit viel mehr Thorium- als Uran-Funde; und es entstehen viel weniger Rückstände.

Schade, dass an dieser Technik nur außerhalb Europas gearbeitet wird. Hier wird derzeit nur an der Panik gearbeitet. Die aber löst keines unserer Probleme.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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