Linkes Spiegelfechten

Manchmal muss man die Linken sogar bewundern. Ja, wirklich! Denn niemand ignoriert die Realität so gekonnt wie die Guten und Schlauen auf diesem Globus. Keiner lebt hingebungsvoller den biblischen Spruch: "Den Splitter im Auge des anderen siehst du, den Balken vor dem eigenen Kopf jedoch nicht." Und das, obwohl man im Kreise der "Progressiven" gar nichts auf die Bibel gibt.

Die Bessermenschen sind so von der eigenen geistigen Überlegenheit überzeugt, dass sie es schaffen, die eigenen Fehler und Insuffizienzen komplett dem politischen Gegner in die Schuhe zu schieben. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass ausgerechnet sie selber so neben der Spur stehen könnten.

Beispiele für dieses äußerst sonderbare, geradezu pathologische Verhalten, dieses ständige krampfhafte Projizieren eigener Defizite auf andere, das man als Spiegelfechten gegen die eigene Unzulänglichkeit einordnen könnte, gibt es genug. Da war zum Beispiel kürzlich eine Studie in sämtlichen Mainstreammedien zu finden, in der es um den gefürchteten "Hass im Netz" ging.

Der geht laut dieser Studie natürlich stets nur von rechts aus und wird angeblich von einer ganz kleinen, aber äußerst gut organisierten Gruppe Rechtsextremer orchestriert. Es seien nur ganz wenige Kampfposter unter der Führung von zwielichtigen Bösewichten wie dem Identitären Martin Sellner, die für den Großteil der ausländerfeindlichen Kommentare verantwortlich seien (der Begriff "migrationskritisch" wäre ja viel zu nah an der Realität). Dabei würden Finsterlinge wie Sellner regelrechte Befehlsausgaben militärischer Art veranstalten – General-Netzmarschall Sellner bläst also zum Angriff auf die schöne, gutmenschliche Bobo-Blase.

In der Realität gewinnt man freilich ganz andere Eindrücke. Da gehen nämlich wirklich eindeutige Hass-Postings mit Gewaltaufrufen oft genug von Linken aus, was allerdings nie ein Thema ist. So wurde etwa zu einem Stauffenberg-Attentat an Innenminister Kickl aufgerufen. Oder Star-Heimkehrer Deniz Yücel: Er hatte in Deutschland die Hoffnung geäußert, der nächste Schlaganfall möge bei Thilo Sarrazin seine Arbeit gründlicher verrichten. Linke freuten sich auch ganz offen über den Tod des alternativen Autors Udo Ulfkotte ("Gekaufte Journalisten") Anfang 2017. Komischerweise werden solche Aussetzer aber nie erwähnt, wenn massenmedial über Hass gejammert wird.

Und es ist gerade eine kleine, aber sehr laute linke Blase, die seit langem die Deutungshoheit übernommen hat und ihre abstrusen Ideen einer bürgerlich-konservativen Bevölkerungsmehrheit überzustülpen versucht. Auch in Online-Foren sind es immer wieder dieselben linken Dauerposter, die den Eindruck zu erwecken versuchen, es gäbe eine linksgrüne Meinungsmehrheit im Land. Von Netzmarschall Sellner und seinen düsteren Kohorten ist hingegen nicht wirklich viel zu bemerken.

Oder betrachten wir die lieben linken Journalisten. Die werfen der neuen Regierung sehr gerne mangelnde Kritikfähigkeit vor. Und stellen in den Raum, dass Türkis-Blau an der Abschaffung der Pressefreiheit arbeiten würde, um Kritiker wie in Nordkorea oder der Türkei komplett zum Verstummen zu bringen. Was frei erfundene Panikmache ist, denn irgendwelche Aktivitäten in diese Richtung sind bisher nicht bekannt geworden. Selbst den immer linkstendenziöseren ORF lässt man bisher ungestört weiterwerkeln – sehr zum Missfallen von vielen Türkis- und Blau-Wählern.

Gleichzeitig reagieren die in den Redaktionen dominierenden Gesinnungsjournalisten aber höchst empfindlich, wenn sie selber mal kritisiert werden. Da wird sofort Gift und Galle gespuckt und von der Abschaffung der Demokratie phantasiert, wenn es jemand wagt, die immer linkeren Auswüchse einer sich immer öfter als politische Opposition inszenierenden Medienlandschaft anzuprangern. Dabei hat man sich von objektiver Berichterstattung in sehr vielen Blättern und TV-Sendern wie ORF und Puls4 schon lange verabschiedet, erhofft aber weiter ausschließlich Beifall für eindeutig linksgrüne Agitation.

Wer ist da eigentlich nicht kritikfähig? Die Regierung lässt sich doch bisher ohne allzu große Gegenwehr spazierenwatschen. Man denke nur an die unsäglichen Auftritte des tv-abstinenten Medienministers Blümel in Talk-Shows, wo er sich kein Wort der Kritik am ORF zu formulieren traute. Er zeigte dabei ungefähr so viel Rückgrat wie ein nasses Handtuch.

Ein Kommentar zu diesem Thema im Außer-Rand-und-Band-Kurier spricht auch Bände. Unter dem Titel "Kritik ist Hochverrat, Propaganda Pflicht" arbeitet sich der Autor an der bösen, autoritären Regierung ab. Bei der Lektüre macht sich das Gefühl breit, der Mann lebt eigentlich in Nordkorea und wird dort schwer unterdrückt. Er sieht jedenfalls ganz klar eine Diktatur heraufziehen. Gut, der Autor war auch früher Pressereferent bei der schwer linkslastigen ÖH. Das erklärt vielleicht manches an seiner offensichtlichen Wahrnehmungsstörung. Jedenfalls prügelt er die Regierung vor sich her, dass es eine Freude ist. Und hat noch den Humor zu beklagen, dass sich einzelne Regierungsmitglieder Interviews verweigert hätten. Ja, echt komisch – warum machen die nur sowas?

Selber hält sich die linke Journaille für sakrosankt, blockt jede Kritik als Majestätsbeleidigung ab. Trotz rasant sinkender Leser- und Zuseher-Zahlen. Aber es ist ja die Regierung, die für jeden noch so kleinen Schnaufer harsch getadelt wird, die wehleidig reagiert. Tja, wenn die RedakteurInnen selber daran glauben, dann ist es ja gut.

Dazu passt auch, dass viele Massenmedien weiter im großen Stil nicht-linke Leserkommentare löschen. Die Beschwerden darüber sind mittlerweile Legion. Dennoch fühlen sich die politisch korrekten Schreiberlinge weiter als einzige Bewahrer von Wahrheit und Gerechtigkeit. Nur sie sind tolerant, alle andere hingegen faschistisch!

Ein beliebter Vorwurf an alle Nicht-Linken ist auch, sie würden nicht geschliffen genug argumentieren. Whataboutism, sowie tu quoque- und ad hominem-Scheinargumente werden dem Gegner immer wieder gerne vorgeworfen. Und selber? Wie sieht es bei den intellektuell so überlegenen GrünInnen aus? Bundessprecher Werner Kogler, der es als Chef eines nicht im Parlament vertretenen Parteifragments schafft, öfter im TV präsent zu sein, als der Bundeskanzler (Respekt dafür!), wusste in einer ZiB2 auf die Frage nach den vielen grünen Spaltungen nichts Besseres zu antworten als: "Die Blauen haben das in Kärnten mehrmals getan und keinen regt das auf." Tu quoque vom Feinsten, aber bei einem Grünen offenbar voll ok. Auch direkte Angriffe unter der Gürtellinie auf die Person des Gegners sind bei Linken absolut beliebt – aber wehe ein böser Rechter wagt so etwas.

Ein besonderes Schmankerl zum Thema "Wasser predigen und Wein saufen" lieferte jüngst Ex-GrünInnen-Chefin Eva Glawischnig ab. Noch vor einem Jahr hatte sie den Glücksspiel-Konzern Novomatic heftig kritisiert, ihm vorgeworfen, sich Gesetze regelrecht zu erkaufen. Auch sonst haben die Ökomarxisten das Glücksspiel zu einem Feind auf Augenhöhe mit dem bösen CO2 erklärt. Und jetzt wechselte Frau Glawischnig ohne mit der Wimper zu zucken und völlig ungeniert zu – richtig, zu Novomatic. Das hat in etwa die Qualität, als wäre HC Strache zu SOS Mitmensch gewechselt oder wie wenn Herbert Kickl im Innenministerium den linken Klassiker "No border, no nation – stop deportation!" anstimmen würde.

Zumindest zeigte der Vorfall auf, wie weit es mit der moralischen Überlegenheit der grünen Übermenschen her ist. Obwohl es Korruption und Postenschacher laut linken Legenden ja eigentlich auch nur bei den abscheulichen Rechten gibt.

Noch ein grünes Zuckerl gefällig? FPÖ-Wählern wird gerne vorgeworfen, ungebildet zu sein und sich auf unterirdischem Niveau zu bewegen. Und dann postete eine grüne Wiener Bezirksrätin mit iranischen Wurzeln auf Facebook: "Österreich, du Arsch", weil die Mehrheit nicht nach ihrem Gusto gewählt hat – ja, das ist geschliffene Argumentationskunst vom Feinsten. Der gestreckte Mittelfinger von Parteikollegin Maurer weist in dieselbe Richtung.

Total lustig ist auch, Patrioten Vorurteile gegen Ausländer vorzuwerfen und selber jeden Andersdenkenden automatisch als Nazi abzukanzeln. Nicht-links = Nazi oder dumm oder beides. Das ist ja zum Glück überhaupt kein Vorurteil, oder?

Letztlich fällt einem noch das linke Wehklagen über die Bewirtschaftung von Ängsten der Bevölkerung ein. Parteien wie FPÖ oder AfD sollen ja quasi ein Geschäftsmodell daraus gemacht haben, die angeblich irrationalen Ängste vor Überfremdung und Islamisierung für sich zu nutzen. Etwas, was die gottgleich-reinen Linksprotagonisten natürlich niemals tun würden.

Doch Moment, wie sieht es eigentlich beim Thema Klimapanik aus. Passiert da nicht genau das? Teils irrationale und wissenschaftlich keineswegs bewiesene Befürchtungen vor einem angeblichen Klimakollaps werden bis zum Geht-nicht-Mehr ausgeschlachtet. Ganze Industrien zur Errichtung von Wind- und Solarparks sind rund um diese quasi-religiöse Sekte entstanden. Dazu sind aktuell auch noch völlig unwirtschaftliche und ökologisch in Summe keineswegs unbedenkliche E-Autos der neue Renner geworden, der vom Staat auch noch auf allen möglichen Ebenen gefördert wird. Energiewende, Diesel-Fahrverbote, CO2-Zertifikate-Ablasshandel – alles ohne Panikbewirtschaftung undenkbar.

Aber die Bösen, die Unzulänglichen, die Finsteren, die Dummen und die Fiesen – das sind natürlich immer die Anderen. Oder um es mit George Orwell zu sagen: "Alle Tiere sind gleich, aber manche sind eben gleicher." Die dürfen dann auch ihr eigenes Spiegelbild anknurren, verdammen und darin den bösen Feind erkennen und alle haben zu applaudieren!

https://kurier.at/meinung/kommentare/innenpolitik/kritik-ist-hochverrat-propaganda-pflicht/312.660.942

Niklas G. Salm, früher langjähriger Redakteur einer Tageszeitung – schreibt jetzt unter Pseudonym.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung