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Warum nur vertreiben Papst und Bischöfe die Christen?

Papst, Kardinal und die diversen evangelischen Bischöfe sowieso: Sie alle haben mit ihren Neujahrsansprachen gezeigt, dass sie die größte Gefahr für die Zukunft ihrer Kirchen nicht begreifen. Ja, dass sie sogar alles tun, um diese Gefahren zu vergrößern. Nicht nur durch das Wort, sondern wie die letzten Tage erst gezeigt haben, auch sehr konkret durch die Tat.

Die Krise der Kirchen war ja schon länger zu sehen. Ihr Kern lautet auf den Punkt gebracht: Die Amtskirchen marschieren in ihrer Mehrheit scharf nach links, während sich die Gläubigen in ihrer großen Mehrheit nach rechts wenden.

Das konnte man z.B.  auch daran sehen, dass sich etwa die konservativeren Teile der katholischen Kirche von Heiligenkreuz bis zum Opus Dei eines starken Andrangs erfreuen können, während die Amtskirche und ganz besonders die stark links orientierten Orden wie etwa die Jesuiten vielerorts von rapider Ausdünnung, Überalterung und Nachwuchsmangel bedroht sind.

Lediglich priesterlicher Nachwuchs aus den christlichen Teilen Afrikas und den zwei katholischen Regionen Indiens kann vielerorts den Kollaps verhindern (nachdem in den letzten Jahren auch der Priesternachwuchs aus Spanien und Polen versiegt ist, der in den Jahrzehnten davor den Absturz der Priesterzahlen abgemildert hat). Diese Importe helfen freilich nur statistisch: In der Seelsorge sind Priester, deren Deutsch kaum verständlich ist, weitgehend irrelevant.

Die protestantischen Kirchen Europas haben eine ähnliche Krise schon viel früher und noch viel intensiver erlitten. Ihnen hat weder des Fehlen des Zölibats geholfen noch die Einführung des Frauenpriestertums (was ja beides innerhalb der katholischen Kirche von manchen als Zaubermittel in der Not angesehen wird).

Den Protestanten hat zusätzlich geschadet, dass die katholische Kirche selbst in vielem protestantischer geworden ist. Dass Unterschiede nur noch mit der Lupe erkennbar sind. Wie man retrospektiv feststellen muss, hat das Aneinanderrücken beiden Kirchen nicht genutzt. Offenbar waren die Zeiten des pluralistischen Wetteiferns, wer denn die besseren Christen wären, für beide Seiten viel fruchtbarer (was natürlich weder Glaubenskriege noch Katholikenverfolgung noch Protestantenverfolgung meint oder gar rechtfertigt).

Auch die beliebte Erklärung, dass die Kirchenkrisen nur mit dem steigenden Wohlstand zu tun haben, greift zum Teil zu kurz. Denn es gibt ja Staaten wie die USA, die trotz eines weltweit führenden Wohlstandes ein hohes Ausmaß an Religiosität zeigen.

Aber auch in Amerika stecken Protestanten wie Katholiken in einer ähnlichen Krise. Gleichzeitig aber ist dort binnen kurzer Zeit eine ganz neue christliche Richtung rasant angewachsen: die der sogenannten Evangelikalen. Es würde jetzt den Rahmen dieses Textes sprengen, diese – auch in ihrer Vielfalt – darzustellen oder gar zu bewerten. Weitgehend gemeinsam ist diesen Bewegungen aber jedenfalls, dass sie sich nicht gegen eine der traditionellen Kirchen stellen, dass sie ein zu direkter Religiosität neigendes Verständnis vom Christentum haben, und dass sie politisch ganz eindeutig konservativ und etwa auch der größte Rückhalt von Donald Trump sind.

Besonderen Zulauf dürften die evangelikalen Gruppen und Freikirchen nun auch in Europa rund um das Thema Völkerwanderung und Massenmigration finden. Denn immer mehr Christen fühlen sich von ihren bisherigen Kirchen alleine gelassen und suchen Heimat, Orientierung und Identifikation. Die traditionellen Kirchen haben weitgehend vergessen, dass sie immer dann am erfolgreichsten waren, wenn sie in den Augen der Menschen Hand in Hand mit der nationalen Identität auftraten. In Polen, Kroatien oder der Slowakei ist der europäische Katholizismus heute genau deshalb am stärksten von allen Nationen, weil er immer an der Seite des Volkes gegen Fremdherrschaft gestanden ist.

Gruppen-Identität – seit dem 19. Jahrhundert meist zum nationalen Zugehörigkeitsgefühl geworden – und Heimat-Bindung sind ganze starke Konstanten der menschlichen Psyche. Und kluge Kirchen sind daher immer auch in dieser Hinsicht an der Seite der Menschen gestanden, weil sie diesen geistliche, geistige und nationale Heimat, weil sie ihnen Halt geben wollen.

Das wollen viele in den heutigen Kirchen nicht mehr. Oder sie begreifen die Notwendigkeit nicht. Wenn es jetzt gerade katholische und protestantische Funktionsträger sind (unter der Flagge der Bewegung San Egidio), die jetzt zusammen mit einem linken und vor einer schweren Wahlniederlage stehenden italienischen Innenminister begonnen haben, zu Tausenden Afrikaner per Flugzeug nach Europa zu schaffen, dann verschrecken sie Millionen Christen. Diese spüren instinktiv: Da will ihnen jemand die Heimat nehmen. Und sie stellen sich die Frage: Können Kirchen, die das oft nicht nur stillschweigend mitansehen, sondern sogar noch aktiv beschleunigen, noch meine Heimat sein?

Aber die katholisch-protestantischen Migrantenimporteure agieren mit allerhöchstem Segen. So hat der Papst zu Neujahr neuerlich zu verstärkten Anstrengungen bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Migranten aufgerufen. Das ist nicht gerade das, was die Mehrheit der Katholiken als gut oder gar sinnvoll erachtet.

  • Spricht doch der Papst dabei sogar ausdrücklich neben "Flüchtlingen" auch von "Migranten", also damit von jenen, die gar keiner unmittelbaren persönlichen Verfolgung entkommen müssen.

  • Er begreift nicht, dass die Millionen, die – nicht zuletzt aus Verschulden Italiens – schon nach Europa gekommen sind, ein völlig unbewältigtes und explosives Problem darstellen, das Europa so verändern wird wie zuletzt die beiden Weltkriege und wie die roten wie braunen Totalitarismen. Und das will der Papst also noch "verstärken".

  • Er begreift auch nicht, dass der Ruf nach "Integration" absurd ist, wenn ein starker Teil der Gekommenen sich nicht primär selber integrieren will oder zumindest keinerlei Anstrengung in diese Richtung unternommen hat. Von den Moslems, die durchaus offensiv eine Islamisierung Europas (und damit Entchristlichung) wollen, gar nicht zu reden.

  • Und erst recht liegt der Papst voll daneben, wenn er in seiner Neujahrsrede so tut, als ob die Menschen auf der Suche nach Frieden gekommen sind. Denn inzwischen ist praktisch keiner der nach Europa Kommenden ein Kriegsflüchtling (ganz abgesehen davon, dass auch die einstigen Flüchtlinge aus dem heute praktisch zum Stillstand gelangten Syrienkrieg spätestens ab Betreten der Türkei keine Kriegsflüchtlinge mehr gewesen sind und dass Krieg auch gemäß dem von Gerichtshöfen ohnedies extensiv interpretierten Völkerrecht nur vorübergehenden Schutz zur Folge hat).

Die traurigen Gefühle, die die päpstliche Botschaft auslöst, werden durch die des Wiener Kardinals noch verstärkt. Das Wort Asyl dürfe nicht zu einem Schimpfwort werden, forderte Christoph Schönborn zum Jahreswechsel. Er begreift offenbar nicht, dass das schon längst passiert ist. Er begreift nicht, dass jedes Gute in der Welt durch ein "Nimis", durch ein Zuviel zum Negativum werden kann, wie schon die Antike wusste. Und durch millionenfachen Missbrauch erst recht.

Natürlich ist Asyl, wenn man es in der ganz klaren Definition der Flüchtlingskonvention versteht und nicht überinterpretiert, etwas Gutes. So wie Essen, Trinken, Sport, eine Arznei und vieles Andere. Aber alles kann vom Segen zum Fluch werden. Und auch ein österreichischer Bischof müsste eigentlich erkennen,

  • dass dieser Wendepunkt bei der Völkerwanderung längst erreicht worden ist,

  • dass es ein seltsames Engagement eines Oberhirten ist, an der Zerrüttung und Destabilisierung seiner Diözese führend mitzuarbeiten,

  • dass es auch ethisch viel sinnvoller wäre, die vielen Milliarden Euro an Asylantenkosten besser vor Ort einzusetzen, womit man viel mehr Menschen helfen könnte (wobei die beste Hilfe freilich eindeutig globaler Freihandel und rechtsstaatliche Strukturen im Lande sind),

  • dass ein Bischof seine Gläubigen zutiefst entfremdet, wenn er – ohne jedes Wort der Kritik – offen ankündigt, dass in Zukunft weitere "enorme Migrationsströme" kommen werden.

Wenn Schönborn dann in der gleichen Ansprache den ersten österreichischen Nachkriegsbundeskanzler mit "Glaubt an dieses Österreich!" zitiert, dann kann das eigentlich nur noch als zynisch empfunden werden.

Interessant ist freilich, dass die übrigen österreichischen Bischöfe – mit Ausnahme des ganz besonders radikal ins Flüchtlingshorn blasenden neuen Innsbrucker Bischofs Glettler – diesem zentralen Thema weitgehend aus dem Weg gegangen sind. Das zeugt zwar auch noch von keinem besonderen Mut, aber doch von einem gewachsenen Ausmaß an Klugheit und Weisheit.

Wirkliche neue Kraft wird die Kirche erst dann gewinnen, wenn sie sich wieder mutig und weise an die Seite ihrer Gläubigen stellt. Was ihr großes Erfolgsrezept durch die Jahrtausende gewesen ist. Was in der Kirche viele wissen, sich aber nur wenige zu sagen trauen.

 

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