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Der Pippi-Langstrumpf-Denkfehler linker Journalisten oder die Linke versteht die Welt nicht mehr

Die Erosion der alt-links-liberalen EU-Polit-Hegemonie schreitet voran. Die Angst der Reform-Länder (v.a. Polen, Ungarn, Tschechische Republik) vor der strukturellen Gewalt reaktionärer EU-Nomenklaturen zerbröselt merklich.

Die Katalonischen Separatisten errangen (gegen allen Druck, alle Drohungen und alle Unterdrückung Madrider Zentralbehörden sowie wohlwollender Brüsseler Duldung dieser krypto-diktatorischer Verhältnisse) einen klaren Sieg. Die Verursacher des ganzen Schlamassels werden benannt: "Der spanische Zentralstaat und Rajoy"; jener, der "monatelang jeden ernsthaften Dialog verweigerte"; verantwortlich dafür, dass "spanische Einsatzkräfte (...) auf Wahlwillige und Demonstranten einknüppelten", und dafür, dass "die spanische Justiz bis heute mehrere katalanische Separatistenführer mit umstrittenen Begründungen in Untersuchungshaft hält."[1] (Spiegel)

Die bisherige Mischung aus fortwährender Einschüchterung, Drohung, moralischer Erpressung und Arroganz der Macht hat ihre Wirkung eingebüßt. Die Abneigung gegenüber den vergreist-arroganten Brüsseler Nomenklatoren ist in eine offene demokratische Revolution übergegangen, die ihre Energie aus der Erfahrung osteuropäischer Staaten gegenüber der Zentralmacht in Moskau aus Warschauer-Pakt-Zeiten bezieht.

Für osteuropäische Staatsmänner ist die Zeit diplomatisch-rhetorischer Verschnörkelungen abgelaufen: "Viele Vertreter europäischer Institutionen erzählen Lügen über Polen."[2] So der polnische Staatspräsident Duda (bezüglich der von der EU verbreiteten Desinformationspolitik gegenüber der Justizreform seines Landes, wonach die Unabhängigkeit der Justiz sowie die Gewaltenteilung gefährdet wären).

1.) Des-Informationspolitik und Unterstellung von Lügenpropaganda

"Orbans Lügenkampagne ist gescheitert!" vermeldete mit großer Brust Multi-Milliardär George Soros: "Die großangelegte Propaganda-Aktion (…) gegen meine Person und die offene Gesellschaft in Ungarn" wären "krachend gescheitert…"[3] (11.12.17 Standard-"Kommentar der Anderen" - Kda)

Soviel Eigenlob stinkt natürlich gewaltig...

Ein Skandal sondergleichen sind ihm dabei die sogenannten "Nationalen Konsultationen" (dieses Mal wurde ein Fragebogen verschickt über die Flüchtlingspolitik und den sogenannten Soros-Plan: "Lassen wird den nicht unbeantwortet". "Um die gefährlichen Brüsseler Pläne zu verhindern, wird die Unterstützung des ungarischen Volks gebraucht."[4] – Orban) Dass linke Gutmenschen eine Phobie gegenüber direkt-demokratischen Instrumenten aufweisen, ist zwar bekannt. Nur: Wie dieses politisch-korrekte Weltbild mittlerweile mit verbrämt-demokratischen Milchmädchen-Rechnungen zurechtgebogen wird, geht schon weit über Wahrheits-Klitterung hinaus.

Zuallererst unterstellt Soros freilich, "ob (…) die Teilnehmerzahl in Höhe von 2.301.463 Personen (…) überhöht" wäre.

Des ungarischen Ministerpräsidenten Orbans Antwort darauf:

"Hier trage ich im Rucksack die Meinung von 2,3 Millionen Ungarn nach Brüssel, die zum Ausdruck brachten, dass sie den Soros-Plan nicht wünschen und nicht unterstützen, dass Brüssel diesen Plan umsetzt."[5] (Orban)

Nun darf man doch wohl annehmen, dass ein EU-Ministerpräsident es weder notwendig hat noch so dumm wäre, plumpe Dokumenten-Fälschungen den Brüsseler Behörden vorzulegen.

2.) Verleugnung und Verdrängung

Als (nach den Wahlen von 2002) der von der Orban-Fidesz-Partei gestellte Antrag auf Stimmen-Nachzählung abgeschmettert wurde, beunruhigte das damals die Sozialisten freilich nicht.[6]

"Orbans Niederlage"[7] jubelte etwa die "FAZ" in Bezug auf das ungarische Flüchtlingsreferendum (November 16), welches (da es mit 40 Prozent nicht die Mindestbeteiligung von 50 Prozent erreicht hatte) "ungültig" war; allerdings stimmten 98 Prozent gegen die EU-Flüchtlingsquoten, also im Sinne von Orban. Zum Vergleich: Die österreichische Zwentendorf-Abstimmung (Nov. 78) erreichte mit 63 Prozent im Vergleich zu Nationalratswahlen (1979 – 92 Prozent) einen sehr niedrigen Wert (das erfolgreichste Konferenzzentrum-Einsparungsgesetz-Volksbegehren – 1982 – bekam 25 Prozent). In der Schweiz fanden (zwischen 28.2.16 und 24.9.17) insgesamt 20 Volksabstimmungen statt, wobei 16 (80 Prozent) davon unter der 50 Prozent-Hürde blieben (allerdings gibt es hier keine Mindestklausel).[8]

Somit hält sich also Orban an die demokratische Verfassung und gesteht sich auch Niederlagen ein (so etwa die Zurücknahme der von ihm geplanten Internetsteuer im November 2014 oder die Olympiateilnahme im Februar 2015). Im Vergleich dazu: Obwohl der österreichische Bundeskanzler Kreisky 1978 mit seinem Rücktritt im Falle einer negativen Zwentendorf-Abstimmung gedroht hatte, verblieb er dann aber doch lieber im Amt.

3.) Selbsttäuschung im Sinne von Pippi Langstrumpf

Pippi Langstrumpf: "Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt."

Soros bleibt felsenfest davon überzeugt, "die Kampagne" wäre "ein kläglicher Misserfolg" geworden, und dass "sich die Öffentlichkeit trotz konzertierter Bemühungen der Regierung nicht täuschen lassen" hätte. Ja viel mehr noch! Seine "Rede im ungarischen TV" sei "von über einer Million Zuschauer verfolgt worden, und in den sozialen Netzwerken" hätte "ich eine Welle an Unterstützung (...) erfahren."

Ein geradezu rührender Zirkel-Schluss: Sich selbst gesteht der Multimilliardär eine sehr hohe Zuschauerzahl zu; der ungarischen Regierung mit ihrem ganzen Publicity-Apparat eine mehr als doppelt so hohe Fragebogen-Rückfluss-Quote nicht. Freimütig übersieht der Börsen-Spekulant ("Soros hat mit seinen Geschäften die Leben von Millionen Europäern zerstört und ist ein klarer Feind des Euro"[9] – Orban), dass eine hohe Einschaltquote nur auf ein hohes Problem-Interesse, nicht aber auf eine Meinungsbekundung schließen lässt. Was er der Orban-Regierung unterstellt hatte, bleibt er nun aber selber schuldig: Nämlich eine Überprüfbarkeit der von ihm so gefeierten "Welle der Unterstützung".

Allerdings: Dass der finanz-strotzende Milliardär per Massenmedium in die Debatte eingreifen musste, zeugt von zweierlei: Erstens von einem Rechtfertigungskomplex; und gleichzeitig ist er zweitens bester Gegenbeweis gegen die penetrante Unterstellung links-liberaler Claqueure, im Land der Magyaren herrsche brutale Medienzensur ("Die Medien haben in Ungarn keine Chance."[10] - Standard-Kolumnist Lendvai).

Noch toller treibt es freilich der ORF-Gutmenschen-Professor Lendvai mit einer geradezu märchenhaften Nachwahl-Analyse (bezüglich der ungarischen Parlamentswahlen 2010) im Stile einer klassischen Milchmädchen-Rechnung…

Den selbstkritischen Fragen des Osteuropa-Experten ("worin" denn bloß "die Einzigartigkeit des Sieges von Orbán" liegen könnte; und: "Wieso es ihm überhaupt möglich" gewesen wäre, "eine Zweidrittelmehrheit zu schaffen?"), folgt auf einen kurzen Schock (ob des "auch im europäischen Maßstab außerordentlichen Erfolgs") auf den Fuß die haarsträubende politisch korrekte Relativierungs-Floskel-Rhetorik: Dass man "allerdings auch den mehrheits-fördernden Effekt des ungarischen Wahlsystems (als Erklärung: Anm.) in Betracht ziehen" müsse.[11]

Nun rechnet sich der (seit 1980 durch die Gnade österreichischen Kreisky-Sozialisten) in den Professorenstand Erhobene die desaströse Wirklichkeit einer absoluten Fidesz-Mehrheit einfach schön-hoch ("von über 52 Prozent"), welche zu "mehr als zwei Drittel der Parlamentssitze" geführt hatte.

Und jetzt kommt´s, die Orwell-Lendvaische Neu-Denk-Pointe: Gälte es doch zuallererst zu bedenken, "dass die Wahlbeteiligung nur" lächerliche "64 Prozent" betragen hätte; deshalb freilich wäre aber "an der Tatsache nicht zu rütteln, dass (…) mit den Stimmen eines Drittels(!) der Wahlberechtigten 68 Prozent der Parlamentssitze" gewonnen wurden. Doch der `alternative-fact´-Rechnungswahn geht noch weiter: "Die auf die Fidesz-Liste abgegebenen 2,7 Millionen Stimmen machten (nur ! Anm.) knapp mehr als die Hälfte der tatsächlichen Stimmen, rund ein Drittel der Wahlberechtigten und etwa ein Viertel der Bevölkerung (Anm.) aus."

Quod erat demonstrandum: Der verhasste Orban hätte sich also quasi als Diktator die 2/3-Macht usurpiert; was auch "der scharfe Orbán-Kritiker (…) Debreczeni" flankierend bestätigt, der "das ´System der Nationalen Zusammenarbeit´ als `eine auf lauter Lügen aufgebaute Geschichtsfälschung´ zurückweist."

Das neu-revolutionäre Lendvaische Demokratieverständnis kommt somit einer soziologischen Revolution (seit Athener Tagen bis Churchill: "Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.") gleich: Implementiert es doch, dass auch Babys bis hinauf zu Minderjährigen zu den Wahlurnen hätten schreiten sollen.

Im Übrigen haben von genau diesem mehrheitsfördernden Wahlsystem auch alle anderen politischen Parteien seit der Wende in Ungarn profitiert (die ungarischen Sozialisten dreimal: 94-98 / 02-06 / 06-10); und auch in den Wahlen zuvor gab es ähnliche Wahlbeteiligungen [12].

4.) Double-Measures

Freilich sehnen sich auch westlich-linke PC-Parteien nach einem Mehrheits-Prinzip, v.a. dann, wenn ihnen der Schalk des absoluten Mehrheits-Verlustes im Nacken sitzt: "Mit einem behutsamen Mehrheitswahlrecht hätte ich kein Problem, das sage ich ganz offen. … Klare Entscheidungsverhältnisse"[13] (der Wiener Sozialisten-Bürgermeister Häupl).

Setzen wir diese Neu-Denk-Trickserei nun aber mit den Ergebnissen der Frankreich-Wahl 2017 in Relation! Ausgehend (von einer extrem niedrigen) Wahlbeteiligung von 42 Prozent erreichte die Macron-LREM-Partei mit 43 Prozent immerhin überproportional 308 (von insgesamt 577) Mandaten, was einer absoluten Mandats-Mehrheit von mehr als 53 Prozent entspricht. Somit hätte aber Macron mit skandalösen 11,7 Prozent der Bevölkerung die Macht an sich gerissen (Bevölkerung 67 Millionen / LREM-Stimmen 7,82 Millionen) beziehungsweise mit nur 16,5 Prozent der Wahlberechtigten (47,5 Millionen). Von so einem Wahlrecht kann Orban nicht einmal vor Weihnachten träumen…

Zum Thema Double-Measures: Als die sozial-liberale Gyurcsany-Regierung auf zehntausende bürgerliche `Anti-Lügen-Sozialisten´-Demonstranten im Jahre 2006 einprügeln ließ, verlor damals die gesamte westliche Gut-Menschen-Journalisten-Polit-Schickeria (wie jetzt bei Katalonien) kein einziges Wort der Kritik…

https://www.youtube.com/watch?v=wwLwOcYdgmk

5.) Dämonisierung, Diktatorisierung des politischen Gegners

Unter dem Titel "Orban über alles" zitiert Lendvai folgendes Bonmot: "Gyurcsany will das Gute, aber er macht es schlecht. Orban will das Böse, aber er macht es gut.[14] In nur einem einzigen Satz umreißt Lendvai sein beinahe einziges rhetorisch-inhaltliches Repertoire zur Desavouierung seines Angstgegners Orban, zwischen plumper Anbiederung an Nazi-Rhetorik und Gut-Menschen-Schwarzmalerei oszillierend. Dieser einseitige Tunnelblick ist freilich typisch für das verzerrte manisch-manichäische Geschichtsbild der Political Correctness ...

Lendvai spielt offensichtlich auf das "Deutschlandlied" ("Deutschland, Deutschland über alles") an, welches unweigerlich mit den Nazis in Zusammenhang gebracht wird; (vergessen wird freilich, dass es vom Vormärzdichter Hofmann von Fallersleben 1841 geschaffen und – man lese und staune – 1922 vom sozialdemokratischen Weimarer-Republik-Reichspräsidenten Ebert, zur offiziellen Nationalhymne erkoren wurde).

Die folgende litaneihafte Anspielung von Nazi-Rhetorik mit Orban-Zusammenhang ist freilich nur die Spitze des Lendvai-journalistischen Outputs: Der Sieg "von Orban im Endkampf gegen Sozialisten und Liberale" verballhornt die Volkssturm-Propaganda vom Totalen Krieg und bezieht sich auf das "Ermächtigungsgesetz" (24.März 1933); auch "die totale Machtübernahme im Medienbereich" holt sich ihre abstoßende Konnotation beim sog `Gleichschaltungsgesetz´ (31.März 1933).

Der Titel "Marsch in den Führerstaat - Seit dem Wahlsieg Viktor Orbáns verwandelt die Regierung Ungarn in ein autoritäres Regime" [15] insistiert, dass in Ungarn faschistische Stiefel-Horden-Formationen unter Orbans Regie eine diktatorische Herrschaft installiert hätten.

Da die ewige Nazi-Verballhornung zu eintönig wird, greift Lendvai dann auch historisch noch weiter auf dunkel-düstere Mittelalter-Geschichtsdeutung zurück - einen gewissen T. Mellár bemühend, welcher "vom Aufbau eines halbfeudalen Regimes spricht": "Es fehlt nur noch das Recht der ersten Nacht für die neuen Landherren.[16]

Puhh! Wem kommt dabei nicht der Hollywood-Blockbuster "Braveheart" in schauriger Erinnerung, als der königliche Statthalter im fernen Schottland sich aus einer fröhlichen Bauernhochzeit eine blutjunge Frisch-Vermählte heraussucht, um sie dann – legal – zu vergewaltigen... Selbst Gretchens Schauder im Kerker (aus Goethes "Faust") ist ein Witz bei dieser Assoziation: "Heinrich!" – äh Viktor! – "mir graut´s vor dir!"

Natürlich darf auch die Mahnung von der "Sehnsucht nach dem ´starken Mann´" nicht fehlen, welche sich "auch durch (…) den ungarischen Ministerpräsidenten"[17] erfülle.

Diese Befürchtung trifft allerdings laut Lendvai nicht alle politischen Führer gleichermaßen zu: Man müsse freilich auch hier differenzieren zwischen solchen mit "falschem" und jenen mit "echtem" Charisma (zu letzteren rechnet der alt-linke Lendvai freilich Sozi-Größen wie Kreisky und Brandt). Unterstellt wird auch, dass "Orbán (…) am laufenden Band (...) Phrasen eines völkischen Antikapitalismus" verbreite; sich gleichzeitig empörend darüber, dass solche Demagogie "immer noch (…) im Spiegel der Umfragen" zöge. Die alte Leier also von der Verführbarkeit der tumben Massen durch pöhse Orban-Hitler-Hetzer.

Auch ein gewisser Scheppele (angeblich Princeton-Soziologe – Nie gehört…) wird ins Schlepptau genommen, der "das (demokratische! - Anm.) Wahlresultat in Ungarn als Sieg einer ´verfassungsmäßigen Diktatur´" [18] interpretiert.

Auch "Standard"-Adlatus Hans Rauscher steigert sich so in einen journalistischen Hass-Höhepunkt hinein: "Orbán hat (...) konsequent die Opposition, die kritischen Medien, Künstler und Intellektuellen abgewürgt; (…) die Institutionen des Staates mit einem kalten Putsch gleichgeschaltet; und er duldet faschistische und antisemitische Gruppierungen." [19] Wem bäumen sich dabei nicht finsterste Bilder von üblen schwarzafrikanischen Militär-Junta-Putschisten im Hinterkopf auf? Und im Ernst jetzt: Was hätte Orban auch mit rechtsradikalen Jobbik-Followern denn anstellen sollen? Alle einsperren? Am besten ohne Gerichtsverfahren?

Dann das Bild von Orban als düster-politischer Zauberlehrling ("Orbans Spiel mit dem Feuer"). Unterstellt wird "eine groß angelegte Säuberung (…) im Regierungsapparat auf Hochtouren" sowie "die Abrechnung mit den unterlegenen politischen Gegnern: Verhaftungen und Ermittlungsverfahren gegen die (…) Verantwortungsträger der sozialliberalen Ära". [20] Wieder wird auf die Nazi-Ermächtigungsgesetze Bezug genommen, welche (aus Anlass des Reichtagsbrandes, 28.2.1933) die Ausschaltung der links-liberalen Opposition durch deren Inhaftierung zur Folge hatte. (Diese sitzt aber in Ungarn immer noch im Parlament an der Donau.)

Eigenartigerweise hatte aber Lendvai selbst die Korruption in der Vor-Orban-Ära angeklagt: "Zwischen 2002 und 2010 bot das sozialistisch-liberale Lager ein (...) zuweilen ekelerregendes Bild von Filz, Vetternwirtschaft und politischer Verkommenheit", und er spricht von einer "jahrzehntelang(en) (…) Brutstätte der Korruption" durch die "meisten linksliberalen Politiker."

Wer also bitte hätte denn diese Wirtschaftskriminellen vor unabhängigen Gerichten zur Anzeige bringen sollen als die Regierung selbst? Wäre Lendvai Lynchjustiz lieber gewesen? Übrigens: Wie sieht das mit dem Strafverfahren gegen vermeintliche Wirtschaftskorrupt-eure wie den ehemaligen österreichischen Finanzminister K.H.Grasser aus? Linke Rachejustiz?

The best of Lendvai-&-Co-Denkfehler

  • "Authority-" und "Group-Think-Bias": Gruppenzugehörigkeit (PC-Communities) und deren Fixierung auf sogenannte Experten und Helden (Lendvai als Professor und Doppel-Flüchtling vor Nazis und Stalinisten) verzerren kritische Wahrheitsanalyse und verführen zu falscher Konsensbildung und Selbstzensur.
  • "Conjunction-Falacy": Plausible Geschichten erscheinen glaubhaft, auch wenn sie falsch sind, weil das sogenannte intuitiv-einfache Denken schneller wirkt als rational-kompliziertes.
  • "Action-Bias": Eine neuartige Situation (2/3-Wahlsieg) wirkt verstörend und zwingt zur Schnellreaktion: "Macht-Usurpation durch Faschos!" (Ein lästiges Erbe aus unserer evolutionären Vergangenheit: Auf ein Rascheln im Unterholz reagieren wir nicht wie ein grübelnder Nietzsche sondern als Hasenfuß).
  • "Self-Serving-Bias": Bei angenehmen Ergebnissen (Sozi-Wahlsiege) macht man eigenes Können ("Edel ist der Linke, hilfreich und gut!"), bei unangenehmen aber ungerechte äußere Entwicklungen ("Der hinterhältige Machtstratege Orban!") dafür verantwortlich.
  • "Framing": Die meisten Käufer entscheiden sich für ein Produkt mit der Aufschrift "98% fettfrei" statt für das mit "1% fetthaltig" (Linke natürlich im negativen Sinne: "Orban = Faschist!").
  • "Self-Selection-Bias": "Warum passiert es immer nur mir, dass ich im Stau stehe – äh die Wahlen verloren habe? (Verantwortlich natürlich: das ungerechte Schicksal).
  • "Association Bias" verknüpft zwei Tatsachen, die nichts miteinander zu tun haben (Lendvais Fixierung auf seine leidvolle Erfahrung als Jude zur Zeit des Faschismus vor 75 Jahren wird auf Orban und das heutige demokratische Ungarn projiziert). Denkgewohnheiten bestätigen sich immer wieder von selbst, weil das Gehirn mittels Wiederholung unser Wertesystem zu festigen versucht.

Staatsopportunismus

Immerhin schmückt sich aber doch Lendvais Biographie mit unzähligen Preisen!

"Künstlertum heißt in Österreich für die meisten, sich dem Staat, gleich welchem, gefügig zu machen und sich von ihm aushalten zu lassen lebenslänglich." Es "ist ein (…) verlogener Weg des Staatsopportunismus, der mit (…) Preisen gepflastert und mit (…) Ehrenzeichen tapeziert ist und der in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof endet." (Thomas Bernhard: "Holzfällen")

Einige Preise sind durchaus fragwürdig, wie etwa "Fernsehpreis der österreichischen Volksbildung für seine Bruno-Kreisky-Biographie" (2001) oder "Bruno Kreisky-Preis" (1994) – ist doch bekannt, dass Lendvai in einem Naheverhältnis zu Kreisky als ein frenetischer Bewunderer gestanden war.

Und noch eine Replik: Den "Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" (2008) hat er sich wirklich nicht verdient.

 

Dr. Elmar Forster ist Lehrer und lebt(e) seit 1992 als Auslandsösterreicher in Ungarn, Prag, Bratislava, Polen, Siebenbürgen (Rumänien).

P.S. Der österreichische Autor dieser Zeilen lebt seit 1992 in Land der Magyaren. Hierzu auch ähnliche Artikel:

https://www.fischundfleisch.com/elmar-forster/nationalratswahl-oesterreich-2017-orban-ante-portas-39975

https://www.fischundfleisch.com/elmar-forster/fake-news-und-refjutschie-crisis-wie-die-luegenpresse-gegen-ungarn-mobil-machte-und-scheiterte-die-35518

https://www.fischundfleisch.com/elmar-forster/c-e-n-s-o-r-e-d-41582

 

Fußnoten:

[1]http://www.spiegel.de/politik/ausland/wahl-in-katalonien-wie-es-nach-dem-sieg-der-separatisten-nun-weitergeht-a-1184608.html

[2] http://derstandard.at/2000070800664/Polnischer-Praesident-wirft-EU-Luegen-ueber-Justizreform-vor --- (APA 21.12.2017)

[3] http://derstandard.at/2000070026657/Orbans-Luegenkampagne-ist-gescheitert

[4] 26.4.17 - http://www.spiegel.de/politik/ausland/europaeische-union-viktor-orban-weist-vorwuerfe-im-eu-parlament-zurueck-a-1145016.html

[5] https://24.hu/belfold/2017/12/14/orban-hatizsakban-viszi-brusszelbe-2-3-millio-magyar-velemenyet/

[6] Nach dem 2. Wahlgang vom 21. April 2002 erzielten FIDESZ/MDF 48,7 % der Parlamentssitze, MSZP 46,11 %, SZDSZ 4,92 %. / darauf entfielen als Mandate: FIDESZ/MDF 188 MSZP 178 SZDSZ 19 – http://www.kas.de/wf/doc/kas_385-544-1-30.pdf?020613104852

[7] 3.10.2016 - http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/referendum-in-ungarn-orbans-niederlage-14464244.html

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_eidgen%C3%B6ssischen_Volksabstimmungen

[9] https://www.euractiv.de/section/eu-innenpolitik/news/orban-hungary-has-no-big-issue-with-eu-it-has-a-problem-with-soros/

[10] 15. Dezember 2010 - Lendvai im derStandard.at-Chat. - derstandard.at/1291455078153/Paul-Lendvai-im-Chat-Die-Medien-haben-in-Ungarn-keine-Chance

[11]8.10.2010 --- http://derstandard.at/1285200409421/Ungarn-Orban-ueber-alles

[12] Wahlbeteiligung 1.Wahlgang / 2. Wahlgang:1990: 65,09% / 45,54% --- 1994: 68,92% / 55,12% --- 1998: 56,26% / 57,01% --- 2002: 71,03% / 73,39% --- http://www.kas.de/wf/doc/kas_385-544-1-30.pdf?020613104852   ---   Klaus Weigelt Parlamentswahlen in Ungarn (…)

[13] (Standard 2.April 2008) --- derstandard.at/3283784/Mehrheitswahlrecht-Haeupl-fuer-klare-Entscheidungsverhaeltnisse

[14] 8.Oktober 2010 --- http://derstandard.at/1285200409421/Ungarn-Orban-ueber-alles

[15]Die Welt, 16.10.2010 --- https://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article10329257/Marsch-in-den-Fuehrerstaat.html

[16] 9.10.2016 --- derstandard.at/2000045548028/Ungarns-Fuehrerdemokratie-und-ihre-Folgen

[17] 12.9.2014 --- derstandard.at/2000005520070/Die-Sehnsucht-nach-dem-starken-Mann-und-ihr-Preis

[18] 14.4.2014 --- derstandard.at/1397302064479/Das-Phaenomen-Viktor-Orban

[19] 2.8.2011 --- derstandard.at/1311802569204/Ungarn-tritt-gerade-aus-dem-Wertesystem-der-EU-aus

[20] 18.11.2010 --- derstandard.at/1276043487121/Orbans-Spiel-mit-dem-Feuer

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