Warum Schwarz-Blau der FPÖ schaden würde

Vielerorts wurde das Ergebnis der Nationalratswahl gefeiert und dahingehend interpretiert, dass nun eine Koalition aus ÖVP und FPÖ vorgezeichnet sei. Auch die Spitzen der FPÖ scheint es in eine Regierungsbeteiligung zu drängen.

Doch tatsächlich ist das keine gute Idee, jedenfalls nicht aus parteistrategischer Sicht der FPÖ. Mit einem Wahlergebnis von – trotz ordentlicher Zugewinne – nur mäßigen 26 Prozent und einem Abstand zur erstgereihten ÖVP von 5,5 Prozent kann von einer "Partnerschaft auf Augenhöhe" keine Rede sein, zumal man hinter der SPÖ wieder nur auf Platz 3 gelandet ist. Ein Eintritt in eine Regierung ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn man bei den wesentlichen Themen seinen Standpunkt ohne Abstriche durchsetzen kann (auch wenn man dafür in weniger wichtigen Fragen vielleicht komplett nachgeben muss).

Die wesentlichen Themen aus Sicht der FPÖ sind Migration/Asyl, Sicherheit und – nicht zuletzt – die Frage des Umgangs mit Brüssel, also das Agieren innerhalb der EU. Sie kann daher einerseits auf keinen Fall auf die Ressorts Inneres, Justiz und Äußeres verzichten, andererseits müssen auch die umgesetzten Inhalte stimmen. Dies muss allerdings – jedenfalls in den Bereichen Migration und EU – stark bezweifelt werden.

Trotz der scharfen Töne der Herrn Kurz und Sobotka im Wahlkampf ist nämlich davon auszugehen, dass beim Migrations-/Asyl-Komplex wirklich einschneidende (aber gleichsam dringend erforderliche) Schnitte ausbleiben werden, weil es nur allzu oft heißen wird: "Leider, wir würden ja gern, aber der EuGH (oder wahlweise der VfGH, die Europäische Kommission oder sonst ein links unterwandertes Tribunal) lässt uns nicht." Dass die ÖVP diese mit klarer ideologischer Schlagseite politisch agierenden Institutionen in die Schranken weist und den Primat des Gesetzgebers durchsetzt, ist nicht zu erwarten.

Und in der EU-Frage wäre eine nachhaltig-unnachgiebige "Njet"-Politik zu allen Zentralisierungs-Absichten der Brüsseler Nomenklatura bei gleichzeitiger formeller wie informeller Verstärkung der Zusammenarbeit mit den Visegrad-Staaten dringend geboten – jedenfalls aus Sicht der überwiegenden Mehrheit der freiheitlichen Wählerschaft. Dass hier allerdings die ÖVP, in der sich zahlreiche Jubelperser vom Zuschnitt eines Othmar Karas befinden, mitgeht, erscheint undenkbar.

Es ist also abzusehen, dass die FPÖ bei ihren Kernthemen wenig bis nichts erreichen wird – womit ein Absturz in zweistelliger Prozenthöhe wie im Jahr 2002 vorprogrammiert scheint. Und für einen solchen Verlust sind 26 Prozent Wähleranteil zu wenig, zumal die SPÖ ja trotz aller Skandale nicht am Boden liegt, sondern als Player auf Augenhöhe nach wie vor präsent ist.

Zudem scheint man auch sonst wenig aus der Geschichte gelernt zu haben, hört man doch, dass sich die FPÖ tatsächlich erneut das Sozialministerium und/oder das Verkehrsministerium aufschwatzen lassen will – jene Ressorts, mit denen man (aufgrund der Vielzahl an bestehenden faktischen und legistischen Problemen, Interessenslagen und mitreden-wollenden Protagonisten) keinen Blumentopf gewinnen kann und die jede klar denkende Partei meiden muss wie der Teufel das Weihwasser.

Letztlich darf man auch nicht den Kanzler-Bonus unterschätzen – das Phänomen, dass die Wählerschaft dem Ersten die Erfolge und dem Zweiten die Misserfolge zuschreibt, ist ohnehin historisch tradiert. Wenn dann der Kanzler noch den Status eines Sebastian Kurz genießt, dann ist es geradezu ausgeschlossen, aus diesem Schema ausbrechen zu können.

Bei nüchterner Betrachtung bieten sich also für die FPÖ nur zwei sinnvolle Wege an: Entweder man bleibt in Opposition und reagiert auf die Ergebnisse einer ÖVP-SPÖ-Koalition oder man lässt sich von der ÖVP sehr teuer die Duldung einer Minderheitsregierung abkaufen. Dieses dänische Modell hätte sehr viel Charme – man könnte die Politik der Republik in prioritären Fragen in eine gewisse Richtung lenken (und damit auch Verantwortung übernehmen), ohne sich aber die Hände auf dem glatten Regierungs-Parkett schmutzig machen zu müssen. Dies nicht zuletzt deswegen, weil einem ja in den Behörden durchwegs die Strukturen fehlen, während die ÖVP in den diversen Ministerien über Hundertschaften an Gefolgsleuten verfügt.

Mag.iur. David Nagiller B.Ed. ist Lehrer und freier Publizist

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