Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Politische Klagen und deren Kollateralschäden

Längst hat man den Überblick verloren, wer da aller im politischen Lachkabinett Österreichs wen wegen was geklagt oder angezeigt hat. Alle Kläger und Anzeiger agieren aber dennoch jedes Mal unter großem Trommelwirbel – in der oft funktionierenden Kalkulation, dass später kein Hahn mehr danach krähen wird, wenn irgendwann einmal die Streitigkeiten ohne Gerichtsurteil beendet (zurückgezogen, eingestellt, verglichen) werden. Was fast immer der Fall ist. Manches Mal hätten sie aber im eigenen Interesse besser daran getan, nicht zu klagen – weil dadurch auch viel Schmutz auf sie selber fällt.

Da die meisten Medien keine Ahnung vom Rechtssystem haben, geraten sie dennoch immer gleich in Hyperventilation, wenn jemand empört erklärt, er habe etwas angezeigt oder geklagt. Die meisten Journalisten kennen ja nicht einmal den Unterschied zwischen diesen beiden Instrumenten (und zwischen diesen und einer Anklage). Ja sie schreiben sogar oft von "verklagen" – etwas, was es in Österreich gar nicht gibt.

Großmeister in dieser Disziplin ist zweifellos Peter Pilz. Er setzt jedes Mal ein tief betroffenes Empörungs-Gesicht auf, wenn er wieder einmal den größten Skandal der Nachkriegsgeschichte gefunden und angezeigt hat. Was kümmert es ihn, dass fast alle seiner unzähligen früheren Anzeigen am Ende entsorgt worden sind (Übrigens: Vorsicht! Deutschland und seine Wahlkampfhysterie lehren uns seit ein paar Tagen, dass auch schon "entsorgen" ein böses Wort sei, bei dessen Verwendung man sich angeblich des "Rassismus" schuldig macht).

Nahe an Pilz heran kommt eine zweite Kategorie von Anzeigern: Das sind radikale Islamisten, die hierzulande aber gerne unter einem Schafspelz auftreten. Sie klagen sofort, wenn man ihnen Nähe zu den (in vielen Ländern zu Recht verbotenen) "Moslembrüdern" nachsagt. Und manches Mal haben sie damit auch Erfolg, da ja keine formelle Mitgliederkartei der Moslembrüder bekannt ist. Welcher Richter ist schon imstande zu beurteilen, dass das Gedankengut oft haargenau dasselbe ist!

Besonders schlimm werden die Dinge, wenn sich die Staatsanwaltschaft politisch instrumentalisieren lässt, was bisweilen als Folge auch dubioser Anzeigen passiert. Ein in der Öffentlichkeit kaum bekanntes Beispiel ist der Fall das ehemaligen dritten Nationalratspräsidenten Graf von der FPÖ. Insbesondere rund um eine angeblich schlecht geführte Sachwalterschaft liefen etliche Verfahren, die großteils von einem stadtbekannten Linksaußenanwalt angezettelt worden sind.

Am Schluss blieb absolut nichts über, was ihm vorzuwerfen wäre. Graf wurde nirgendwo verurteilt – aber hatte dennoch enormen Schaden. Er verlor sein Amt und wurde image- wie karrieremäßig schwer geschädigt. Darüber hinaus hatte er aber auch Anwaltskosten in sattem sechsstelligem Bereich zu tragen. Die er trotz seiner Unschuld von niemandem ersetzt bekommt. Das bleibt eine Riesensauerei (auch wenn ich übrigens mit vielen politischen Ideen Grafs – etwa im Bildungsbereich – absolut nicht einverstanden bin).

Allein diese Problematik der schweren Schäden bei unschuldig durch die Staatsanwaltschaft Verfolgten ergibt für den nächsten Justizminister dringenden Handlungsbedarf – sollten wir endlich einen bekommen, dem der Rechtsstaat am Herzen liegt. Es kann in einem Rechtsstaat eigentlich auch nicht sein, dass Staatsanwälte folgenlos Existenzen fast ruinieren können.

In Parteienwettkampf haben die Linksparteien bisher meist nur die FPÖ mit Hilfe der Justiz zu attackieren versucht, und haben dabei auch bisweilen Helfershelfer gefunden. Am einfachsten gelang ihnen das, wenn sie wieder einmal eine Formulierung als ungeheuerlich neonazistisch entlarvt haben. Da haben sich Richter oft nicht getraut zu sagen: Jetzt regt euch wieder ab.

In diesem Wahlkampf klagt nun die SPÖ erstmals auch die ÖVP, ihren eigenen Koalitionspartner. Sie tut dies wohl aus Begeisterung, weil ÖVP-Chef Sebastian Kurz – der die SPÖ bisher weitgehend ignoriert hat – jetzt endlich erstmals etwas konkret Negatives über die SPÖ gesagt hat. Unabhängig davon, dass all das Negative, was die SPÖ meist beweisfrei über Kurz gesagt hat, schon ganze Aktenordner füllt.

Jedenfalls dürfte das, was Kurz gesagt hat, so nicht gestimmt haben. Er hat nämlich im ORF-Streitgespräch mit (Kern-Freund) Tarek Leitner davon gesprochen, dass der Milliardär Hans Peter Haselsteiner die SPÖ mit 100.000 Euro unterstützt habe. Dafür dürfte Kurz aber keine Beweise haben, auch wenn seine Aussagen nicht ganz eindeutig nachvollziehbar sind, weil sie von Leitner ununterbrochen niedergeredet worden sind.

Kurz hat aber erkenntlich die SPÖ-nahe Plattform "Weil’s um was geht" gemeint. Diese scheint zwar rechtlich unabhängig von der SPÖ zu sein, aber sie marschiert politisch völlig im Gleichschritt mit dieser (wenn man etwas von ihr zu hören bekommt). Auf dieser Plattform wirken viele Sozialdemokraten und auch die Ehefrau von Christian Kern mit, aber eben auch Haselsteiner. Dieser Mann hat nach eigenen Angaben schon 398.000 Euro für die Neos gespendet, die finanziell und zum Teil auch politisch weitgehend von Haselsteiner abhängig sind. Da macht sich ein Geldfluss zur SPÖ halt gar nicht gut.

In der Tat dürfte der von Kurz genannte Betrag nicht stimmen. Die ÖVP hat auch keinerlei Beweis vorlegen können. Also alles paletti für die SPÖ und ihre Klage? Nein, keineswegs. Denn Haselsteiner hat inzwischen im "Standard" selbst Erstaunliches zugegeben: Er hat 1500 Euro für diese Plattform gespendet. Das ist zwar deutlich weniger als der von Kurz genannte Betrag, und weniger als die Neos erhalten haben, aber dennoch eine ziemliche Peinlichkeit. Denn entweder spielt Haselsteiner ein Doppelspiel oder die Neos sind bloß ein getarnte Außenstelle der SPÖ (was übrigens schon beim Vorläufer LIF, das mit Hilfe Heinz Fischers ins Leben gerufen worden  war, von vielen so gesehen wurde).

Das ist zusammen mit der Tatsache, dass diese Plattform noch immer nicht ihre Finanzierungsflüsse offengelegt hat – was ja die ÖVP ständig verlangt –, ziemlich desaströs sowohl für die SPÖ wie auch  für die Neos. Daran können die guten Chancen der SPÖ nichts ändern, im Zivilverfahren gegen Kurz zu gewinnen, weil der eben die 100.000 nicht beweisen kann (solche Plattformen sind ja rechtlich nicht verpflichtet, ihre Finanzierung offenzulegen; und politisch können sie sich taub stellen).

Aber Kurz kann dennoch punkten: Denn er kann sich weiterhin berühmen, dass bei ihm im Gegensatz zum SPÖ-Umkreis alle Finanzierungen offen gelegt sind.

Was aber für SPÖ, Haselsteiner und die Neos noch schädlicher ist: Durch die Klage gerät ein Themenkomplex neuerlich voll im Scheinwerferlicht, bei dem diese Drei mit weiteren Namen in einem für sie sehr unangenehmem Naheverhältnis stehen. Das sind die Herren Silberstein und Steinmetz, die in Israel im Gefängnis sitzen, und das ist Alfred Gusenbauer..

  • Silberstein war ein enger Berater von SPÖ-Chef Kern, der trotz monatelangem Bekanntsein schwer krimineller Vorwürfe bis zu dessen Verhaftung an Silberstein festgehalten hat.
  • Silberstein war aber auch – angeblich unentgeltlicher! – Berater der Haselsteiner-Partei Neos im letzten Wiener Wahlkampf.
  • Gleichzeitig war (ist?) die Steinmetz-Gruppe zusammen mit Haselsteiner an der Megaspekulation Signa/Benko (Goldenes Quartier in Wien) beteiligt.
  • Die Gruppe hat überdies enge Geschäftsbeziehungen mit Alfred Gusenbauer.
  • Und Gusenbauer wiederum ist auch Aufsichtsratsvorsitzender in dem Haselsteiner nicht gerade fernstehenden Baumulti Strabag SE.

Für viele Österreicher machen diese vielen Indizien einen mehr als klaren Reim, der für Rot und Pink nicht gerade schmeichelhaft ist. Ob es da sehr intelligent ist, wenn die SPÖ nun selbst durch eine Klage diesen Themenkreis und diese Querverbindungen wieder in die Aufmerksamkeit rückt?

Nun ja, Intelligenz ist bei der derzeitigen SPÖ eher Mangelware.

PS: Für Haselsteiner haben übrigens auch wirtschaftlich nach den (nicht zuletzt durch den einstigen Raiffeisen-Chef und Obernetzwerker Konrad ermöglichten) goldenen Zeiten sehr dürre Jahre begonnen. Der Baukonzern Strabag hat im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahr seinen Verlust auf 60 Millionen fast verdoppelt (allerdings sind früher diese Verluste im zweiten Halbjahr, wo mehr gebaut werden kann, immer aufgeholt worden). Gleichzeitig führt die Korruptionsstaatsanwaltschaft Ermittlungen wegen illegaler Preisabsprachen. Sie hat bei der Strabag auch schon Hausdurchsuchungen vorgenommen. Und schließlich droht auch Ungemach wegen einer großen Tunnelbaustelle in Deutschland, wo ein riesiger Schaden passiert ist.

PPS: Was bedeutet das Ganze eigentlich für die FPÖ? Zweischneidiges. Einerseits sollte sie sich Sorgen machen, weil sie in diesen Auseinandersetzungen gar nicht mehr vorkommt, weil es um sie sehr ruhig ist, während die Linke früher die FPÖ durch ständige, wenn auch eher künstliche Empörung aufgewertet hat (Man erinnere sich an das Stichwort "Haidermacher"). Andererseits bedeutet die Tatsache, dass nun zwischen Rot und Schwarz gerichtlich geklagt wird, eine weitere Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, dass Rot und Schwarz nicht mehr miteinander koalieren werden. Was es fast schon zur Gewissheit macht, dass die Blauen Teil der nächsten Regierungsmehrheit sein dürften.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung