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Herr Kern, da haben Sie völlig recht (ein bisschen spät halt)!

Es ist menschlich voll in Ordnung, wenn ein Sohn seinem groggy in den Seilen hängenden Vater beizuspringen versucht. Niko Kern hat bei seinem Rettungsversuch zumindest in einem Punkt auch inhaltlich recht, nämlich wenn er zur Unterstützung dieses Vaters schreibt: "Es reicht, liebe Raubritterjournaille!" Jetzt sollte die SPÖ aber auch die konkreten Konsequenzen aus dieser Erkenntnis ziehen. Denn niemand anderer als sie selbst war es, die überhaupt die Entstehung dieses Journalismus so stark gefördert, ja ermöglicht hat. Doch freilich: Nach der Wahl wird wohl in der SPÖ niemand mehr auch nur eine Sekunde lang etwas beachten, was jemand gesagt hat, der den Namen Kern trägt.

Was – wenn auch nur in dieser Hinsicht – sehr schade ist.

Denn den Zustand der Medien in diesem Land offen anzusprechen ist wichtig, richtig und aus dem Mund eines Sozialdemokraten besonders wertvoll. War es doch weit vor allen anderen Parteien die SPÖ, die dieses mediale Raubrittertum jahrelang gepflegt und gefüttert hat. Sie hat Hunderte Millionen aus – uns allen mühsam abgepressten – Steuergeldern zur Bestechung der medialen Raubritter ausgegeben. Sie ist hauptschuld an diesem Zustand.

Sie tat das im Glauben, wenn man nur genug Schutzgeld zahlt, dass man dann vor den Raubritter-Attacken geschützt wäre. Jedoch war der Glaube, dass diese Schutzgelder auch wirklich schützen, ein Irrtum. Denn seit die Raubritter spüren, dass die Sozialdemokratie zu einem lahmen Ackergaul verkommen ist, haben sie sich blitzschnell umorientiert. Sie wollen ja weiter kassieren, und jetzt in der ÖVP den Eindruck erwecken, dass auch ihr die Raubritter helfen können. Ob das auf das nötige finanzielle Echo trifft, wird zwar erst die Zukunft zeigen. Aber man versucht es halt jedenfalls. Scheint doch in der ÖVP seit längerem niemand eine Ahnung von der Medienwelt zu haben.

Dabei ist Tatsache, dass sich die ÖVP vier Mal so anständig verhält wie die SPÖ. Oder umgekehrt formuliert: Sie macht sich nur zu einem Viertel so schmutzig wie die SPÖ. Das zeigt anschaulich die (von eher linken, aber unabhängigen Journalisten betriebene) Webseite "dossier". Dort wird die Steuergeldverschwendung der letzten Wochen als "Pferderennen" zwischen den einzelnen Ministerien graphisch dargestellt. In diesem Rennen liegt jedes einzelne SPÖ-Ministerium vor denen der ÖVP, hat also mehr inseriert als jedes schwarze Ministerium. Aber eben: Ein bisschen macht halt auch die ÖVP bei der Bestechungsschweinerei mit.

Besonders lobenswert in ihrer Anzeigen-Zurückhaltung verhalten sich Justiz-, Außen- und Landwirtschaftsminister. Am übelsten treibt es hingegen ausgerechnet das Verteidigungsministerium des Herrn Doskozil. Das dürfte im übrigen auch mit erklären, warum Doskozil als Person eine gar so gute Presse hat, obwohl er – abgesehen von seiner richtigen Einstellung in Sachen Migration – ja durchaus viele Fehler gemacht hat (siehe die unkoordinierte Androhung, Panzer an den Brenner zu schicken, was er nach zwei Tagen wieder zurücknehmen musste; siehe die völlig substanzlose Strafanzeige gegen die Eurofighter-Produzenten; siehe die skurrile Androhung, jetzt an Stelle der Eurofighter andere Flugzeuge zu kaufen; siehe das nach zwei Tagen wieder zurückgenommene Verlangen, so wie Ungarn einen verbindlichen EU-Ratsbeschluss ignorieren zu wollen).

Dieses "Pferderennen" zeigt aber nur ein kleines Detail der Medienbestechung. Würde man es auch auf Länder und Gemeinden und über einen längeren Zeitraum ausdehnen, dann wäre der Spitzenreiter weit außerhalb des Bildschirms zu finden, nämlich erst beim übernächsten Nachbarhaus. Dieser Spitzenreiter, also der weitaus größte Bestecher ist die Gemeinde Wien. Sie hat diese kriminelle Medienbestechung überhaupt erfunden, die dann von einem gewissen Werner Faymann auf die Bundesebene mitgenommen worden ist.

Zurück zu Niko Kern. Er hat recht, wenn er diese Vorgänge als Raubrittertum bezeichnet. Das dahinter stehende Bestechungsschema ist in der Tat beschämend für eine reife Demokratie. Solche Vorgänge mögen in Rumänien, Bulgarien oder Russland üblich sein, für Österreich sind sie unerträglich.

Umso trauriger ist, dass es selbst in diesen drei genannten Ländern mehr mutige Menschen als in Österreich gibt, die unverdrossen (und dort auch unter persönlichen Risiken) gegen die organisierte Korruption kämpfen. Hierzulande sieht man hingegen: Seit auch andere österreichische Medien als die Boulevardpresse ein wenig von dem Schutzgeld profitieren, ist es bei ihnen sofort still um das Thema geworden. Bei ihnen ist das Schutzgeld zum Schweigegeld geworden.

Aber auch die Oppositionsparteien trauen sich nicht, diese Form der Korruption stark zu thematisieren. Sie fürchten wiederum die Rache der Medien (und die Grünen in Wien machen sogar hemmungslos mit), als ob die klassischen Medien in Zeiten des Internets noch immer ein unbezwinglicher Drache wären, dem man ständig submissest Tribut zu zahlen hat.

Aber dennoch lasse ich mir die Hoffnung nicht austreiben, dass zumindest nach den Wahlen eine kleine Möglichkeit besteht, dass das Parlament das alles endlich radikal abstellt. Dass nicht dann etwa Schwarz und Blau ungeniert sagen: Jetzt bestechen halt wir die Medien.

Ein solches Ende der Medienbestechung wäre mit einem einzigen Paragraphen des Strafgesetzes erzielbar, der noch konkreter verdeutlicht, was eigentlich schon jetzt strafbar wäre, was aber die Staatsanwälte bisher hartnäckig ignorieren. Mit diesem Paragraphen würde man zugleich auch die Medienbestechung auf Landes- und Gemeindeebene stoppen.

Dabei wären durchaus auch Mechanismen möglich, um in jenen wenigen Fällen, wo eine regierungsamtliche Information wirklich sinnvoll oder notwendig ist, diese weiterhin möglich zu machen (mittels Unterwerfung aller Inserate unter das Vergabegesetz und mittels inhaltlicher Prüfung der Notwendigkeit jedes einzelnen Sujets durch ein unabhängiges Gremium etwa aus Richtern und Rechnungshof). Diese echten Informationsbedürfnisse machen aber nur ein Zehntel der gegenwärtigen Medienbestechung aus, wie der Vergleich mit Deutschland zeigt.

Noch einmal zu Niko Kern. So recht er mit den Attacken auf das mediale Raubrittertum hat, so peinlich ist dennoch für seinen Vater der gewählte Anlass. Denn gerade die im vollen Wortlaut erfolgte Veröffentlichung des Dokuments über Christian Kern in  "Österreich", die den Sohn so empört, ist kein Akt von Raubrittertum oder Medienbestechung, sondern klassischer Journalismus – auch wenn ein anonymes Papier an sich nicht sonderlich überzubewerten ist.

Also ist gerade der Anlass völlig falsch, moralistisch über "Österreich" die Nase zu rümpfen.

Und natürlich lässt sich in jeder Partei jemand finden, der über den eigenen Parteichef Gift und Galle verspritzt. Man denke etwa nur daran, was der ehemalige ÖVP-Obmann Busek und ihm nahestehende Journalistinnen über all seine Nachfolger schon Unfreundliches ausgestreut haben ...

Für Kern ist es freilich persönlich schmerzhaft, dass dieses Papier eindeutig von einem SPÖ-Insider verfasst worden sein muss. Das beweisen viele Details (ob der Autor nun Gusenbauer geheißen hat oder nicht). Die Charakterisierung der Person Kern trifft präziser zu als das meiste, was bisher in den klassischen Medien über ihn zu lesen war. Und überdies bestätigt gerade Kerns massiv überschießende Reaktion auf die Veröffentlichung des Papiers ja haargenau, dass Kern wirklich ein Glaskinn hat, dass er eine eitle und unsichere Prinzessin ist, dass er Kritik nicht aushält usw.

Besonders verheerend war Kerns öffentliche Reaktion auf dieses Papier: "Habts mich gern." Er zeigte damit Nerven – und sich damit als wenig belastbar in Krisensituationen.

Am allerschlimmsten ist aber, nicht nur für Kern, sondern für die ganze Medienlandschaft, was "Österreich" – völlig undementiert – berichtet hat. Das Blatt habe einen empörten Anruf aus dem Büro Kerns mit folgendem Inhalt erhalten:

Mehrere Zeitungen hätten das Prinzessinnen-Papier bekommen, dem Kanzlerbüro sei es aber gelungen, den Abdruck zu verhindern: "Nur ihr habts das abgedruckt und machts uns den Wahlkampf kaputt."

Was ist das für ein Land geworden, in dem sich Zeitungen von einer Partei an der Veröffentlichung eines interessanten Papiers hindern lassen? In dem eine Partei eine Zeitung mit dem Verlangen auch nur anzurufen wagt, ein Papier nicht zu veröffentlichen, das keinerlei nationale Interessen berührt, sondern nur deswegen, weil es schlecht für den Wahlkampf wäre?

Gegen diesen Skandal verblasst alles andere, was sich Kern vorhalten lassen muss.

Die SPÖ hat freilich nicht nur Schuld auf sich geladen, weil sie selbst die medialen Raubritter groß gemacht hat, und weil sie so skandalös wie dumm auf diese Veröffentlichung reagiert hat. Kern hat auch deshalb Mitschuld, weil er sich selbst ständig auf jenes widerliche Niveau begeben hat, das der Sohn nun so bilanziert: "Revolverblätter" hätten mit unserer politischen Landschaft "Schundluder" getrieben (womit er wohl "Schindluder" meint).

Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

  • Es war Kern selbst, der sich als "Pizzabote" inszeniert hat (und dazu noch zu behaupten gewagt hat, das sei der "Mittelstand");
  • Es war Kern, der im Kanzleramt Fußball gespielt hat;
  • Es war Kern, der (so wie allerdings auch etliche andere Parteichefs) zum Unterschied von Sebastian Kurz den Medien eigene Kindheitsfotos zur Verfügung gestellt hat;
  • Es war Kern, der sich, so wie die anderen Parteichefs, einem – diskutablen, aber im Grund nicht unseriösen – Persönlichkeitstest der "Krone" gestellt hat, der aber dann mitten im Test plötzlich erneut die Nerven weggeschmissen und den "lächerlichen Gag" abgebrochen hat;
  • Es war Kern, der sich auf das unerträglich peinliche Niveau von Auftritten mit den Kabarettisten Stermann und Niavarani begeben hat, in dem er sich unter anderem einen "Mordstrumm Arsch" empfehlen ließ.

Wer mit Hunden zu Bett geht, muss halt damit rechnen, mit Flöhen aufwachen.

PS: Trotz allem, was man Christian Kern vorhalten kann und muss, es ist infam, wenn jetzt alle in seiner Partei so tun, als könne Kern mit den letzten TV-Diskussionen den roten Karren noch aus dem Dreck ziehen. Selbst wenn Kern ein toller Diskutant wäre (bei seinen bisherigen Auftritten - etwa zuletzt mit Frau Lunacek - war er freilich eher nur ein Schlafmittel), wäre das unmöglich. Denn mit TV-Diskussionen gewinnt man im Gegensatz zum vorigen Jahrhundert keine Wahlen mehr. Sitzt doch nur noch eine einstellige Prozentzahl der Wahlberechtigten überhaupt vor dem Fernseher. Und von denen besteht der allergrößte Teil aus besonders entschlossenen Parteigängern des einen oder anderen, die sich mit Sicherheit nicht umdrehen lassen. SPÖ-Exponenten, die das behaupten, haben nur eines im Sinn: Jetzt schon einen Schuldigen für den erwarteten Wahlausgang zum Abschuss preiszugeben.

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