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Nordkoreas Lernprozess, Trumps Grobheiten und das Entsetzen der Europäer

Schlagzeilen, Leitartikel und Politikeräußerungen in Europa sind von Sorgen ob der von den USA angezettelten Kriegsgefahr in Fernost dominiert. Von historischem Wissen, eigenständigem Denken und der Suche nach Objektivität sind sie hingegen überhaupt nicht geplagt (Mit nachträglicher Ergänzung).

Denn sonst würden sie nicht die zentralen Fakten und Tatsachen des Koreakonflikts übersehen und sich so antiamerikanisch positionieren:

  1. Tatsache ist, dass der amerikanische Präsident zwar ein paar Verbalaggressionen begangen hat, dass aber Nordkoreas Diktator, schon lange bevor Donald Trump ihm "Feuer und Wut" angedroht hat, wider alle UNO-Resolutionen sehr harte Fakten geschaffen hat, indem er immer intensiver seine Angriffsraketen und Atomwaffen aufgerüstet hat. Hier Worte, da Taten. Hat es noch irgend etwas mit Objektivität zu tun, wenn Europas Politik und Medien dennoch Nordkorea und die USA auf eine Stufe stellen und in gleicher Weise kritisieren? Oder wenn gar manche wie der ORF fast nur Trump und seinen "undiplomatischen" Worten die Hauptschuld zuschieben, auf die halt Nordkorea "reagiert" habe (Reagieren wird man ja noch dürfen...)?
  2. Tatsache ist, dass sämtliche Demokratien, die in der Reichweite der nordkoreanischen Raketen liegen – insbesondere Japan und Australien –, ganz anders als die Europäer denken. Diese beiden Länder haben sich demonstrativ und vorbehaltlos hinter die starken Worte Trumps gestellt. Und auch aus Südkorea ist kein Wort der Kritik an Trump zu hören – obwohl dort gerade ein Präsident der Linken voller Friedensrhetorik gewählt worden ist. Seoul kritisiert nur die Nordkoreaner, das aber ganz vehement. Dabei liegt Südkoreas Hauptstadt sogar in Reichweite der nordkoreanischen Artillerie. Warum wird das ständig in den Berichten fast aller europäischen Medien verschwiegen? Warum ignorieren die Europäer so eiskalt die wirklich unmittelbar gefährdeten Länder und ihre Sorgen?
  3. Tatsache ist damit, dass die europäischen Stellungnahmen frappant jenen Russlands und Chinas ähneln. Das aber sind ausgerechnet jene beiden Nachbarn Nordkoreas, die die Entwicklung der Kim-Diktatur überhaupt erst ermöglicht haben. Veranlasst es in Europa niemand  mehr zum Nachdenken, dass man so völlig gleichlautend mit jenen beiden Diktaturen auftritt?
  4. Tatsache ist, dass auch unter Trumps Vorgänger Obama die atomare Aufrüstung Nordkoreas im Expresstempo vorangegangen war und schon damals in Ostasien große Besorgnis hervorgerufen hatte. Dass aber Obama voll gescheitert ist. Warum klingen dann fast alle europäischen Kommentare so, als ob das Problem erst und nur durch Trump entstanden wäre?
  5. Tatsache ist, dass niemand auch nur den Funken einer Idee hat, wie man Nordkorea sonst noch zur Vernunft und einem friedlichen Verhalten bringen kann. Warum gibt man nicht zu, dass die harschen Worte Trumps zumindest ein letzter ernstzunehmender Versuch sind, der vielleicht bei Kim Jong Un doch noch Wirkung erzielen kann? Dass dieser wenigstens jene Sprache verstehen könnte, die seiner eigenen seit Jahr und Tag praktizierten Rhetorik ähnelt, wenn schon alle Appelle ignoriert worden sind?
  6. Tatsache ist, dass gerade die lautesten europäischen Kritiker der Nordkorea-Politik Trumps es gerne tadeln, wie sich die Welt vor 80 Jahren verhalten hat, wie sie damals bekanntlich nicht rechtzeitig gegen Adolf Hitler und seine ständig aggressiver werdenden Akte (vom Rheinland über Österreich bis zur Tschechoslowakei) vorgegangen ist, bevor noch die deutsche Aufrüstung imstande war, einen Weltkrieg auszulösen. Warum denkt man keine Sekunde an diese historischen Parallelen?
  7. Tatsache ist, dass Nordkorea heute noch relativ leicht auch mit anderen Mitteln als bloßen Worten in die Schranken gewiesen werden könnte, in sehr absehbarer Zeit hingegen nicht mehr. Begreift man denn nicht, dass daher jede Attacke auf Trumps Koreapolitik (die ja alle von Nordkorea und seinen Diplomaten genau beobachtet werden) in Pjöngjang die Überzeugung festigt, dass man das aussitzen kann, dass man die amerikanischen Worte ohnedies nicht ernstzunehmen hat? Versteht man denn wirklich nicht, dass jeder europäische Politiker, der wie etwa der deutsche Außenminister Gabriel primär die USA attackiert ("Ein weiteres Säbelrasseln wird uns hier sicher nicht weiterhelfen"), mitschuld ist, wenn Nordkorea nicht einlenkt?

Kim Jong Un wirkt alles andere als intelligent. Das täuscht möglicherweise. Denn er hat aus der Geschichte der letzten Jahrzehnte durchaus eine klare und logische, wenn auch furchtbare Lektion gelernt: Solange du keine Atomwaffen hast, bist du ein Niemand. Sobald du genügend davon hast, bist du unangreifbar.

Das hat sich in der Tat mehrfach gezeigt. So hat die ganze Welt praktisch tatenlos zugeschaut, als Pakistan und dann Indien atomar aufgerüstet haben. So war die Ukraine rundum respektiert, wurde mit Samthandschuhen behandelt und bekam von Moskau sogar feierliche vertragliche Zusicherungen ihrer territorialen Integrität (einschließlich der Krim!!), solange dort noch Atomraketen der einstigen Sowjetunion standen. Als aber die Ukraine diese Atomwaffen abgerüstet hat, also atomwaffenfrei geworden ist, hat es nur wenige Jahre gedauert, bis Russland dem Land zwei große Territorien herausgerissen hat.

Lediglich in Iran hat es der Westen anscheinend geschafft, das Land durch wirtschaftlichen Druck von der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen abzuhalten. Zumindest bisher, und zumindest solange der diesbezügliche Vertrag hält, obwohl Trump dummerweise gegen ihn gestänkert hat (jene österreichischen Stimmen wie etwa die eines Christoph Leitl, der ständig den Druck auf Iran kritisiert hatte, seien beschämt vergessen).

Alle europäischen Stellungnahmen haben einen gemeinsamen Nenner: Sie hoffen, dass Amerika auch dann untätig bleibt, wenn Nordkorea nicht nachgibt und weiter so herausfordernd agiert wie jetzt. Es ist recht wahrscheinlich, dass sich die Dinge wirklich so entwickeln werden. Denn es scheint recht unwahrscheinlich, dass Trump tatsächlich etwas unternimmt. Er gleicht immer mehr einem Hund, der ständig laut, sehr laut bellt, der aber nie beißt. Der höchstens alle zwei Tage einen eigenen Mitarbeiter zu attackieren wagt.

Wenn aber diese Lektion Allgemeingut wird, muss uns klar sein: Die unguten Staaten und Pseudostaaten dieser Welt werden dann nicht nur die zuvor skizzierte Atombomben-Lektion gelernt haben, sondern noch eine zweite: Sie brauchen Drohungen des Westens, Drohungen der westlichen Vormacht Amerika nicht mehr ernst zu nehmen. Dort sind ja überall nur noch Maulhelden am Werk.  Es sind ja nur leere Drohungen.

Das aber wäre dann eindeutig eine Lektion, die weltweit noch oft üble Elemente zum Zündeln, zu Massenmord und Krieg ermutigen wird. Dann werden sich viele das holen, von dem sie glauben, dass es ihnen "zusteht".

Und die dritte Lektion wird Donald Trump in seiner ohnedies schon vorhandenen Grundüberzeugung bestätigen: Auf Verbündete, speziell die in Europa, ist kein Verlass. Also noch mehr: "America first and only." Also zurück zum Isolationismus.

Nachträgliche Ergänzung für alle jene, die den USA vorwerfen, nicht auf Verhandlungslösungen zu setzen und einseitig zu agieren: Genau das geschah 1992! Damals haben Nord- und Südkorea einen Vertrag unterzeichnet, dass beide auf Atomwaffen verzichten. Daraufhin haben die USA ihre taktischen Atomwaffen aus der Region abgezogen. Aber Nordkorea hat sich eindeutig nicht daran gehalten. Auch das wird in fast allen europäischen Berichten und Stellungnahmen unterdrückt.

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