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Trump, Erdogan, Orban – kein Vergleich

Eine einstige Qualitätszeitung hat einen eigentlich unfassbaren Leitartikel veröffentlicht, in dem die beiden Präsidenten Trump und Erdogan an Verdammungswürdigkeit gleichgesetzt werden. Andere Medien haben sogar die beiden EU-Staaten Polen und Ungarn in die gleiche Reihe mit Erdogan gestellt. Immer öfter fragt man sich, ob der linke Hass wirklich schon jede Vernunft aus Redaktionsstuben und Fernsehredaktionen vertrieben hat. Im Grund sind alleine diese Gleichsetzungen ärgere Fake News als alles, was von manchen russisch finanzierten Homepages bisweilen ins Netz gestellt wird.

Gewiss, man sollte Zeitungs-Kommentare nicht sonderlich ernst nehmen. Aber gerade in Sachen Antiamerikanismus und Aversion gegen die mittelosteuropäischen Staaten geben sich derzeit Links- und Rechtsextreme – die sich sonst gerne auf der Straße prügeln – so innig die Hand, dass oft auch sonst ganz vernünftige Menschen an deren krause Theorien zu glauben beginnen.

Daher sollte man einmal den wichtigsten Fakten rund um diese Vergleiche genauer nachgehen:

  1. In der Türkei sind 150 Journalisten in Haft und von gigantischen Strafen unter absurden Vorwürfen bedroht, „Terroristen“ oder „Spione“ zu sein. In Amerika, Polen und Ungarn gibt es keinen einzigen vergleichbaren Fall. Oder will jemand ernsthaft die Nichteinladung einiger der traditionellen Platzhirsche zu Pressekonferenzen im Weißen Haus mit der türkischen Massenverhaftung gleichsetzen?
  2. In der Türkei sind zahlreiche unabhängige Medien durch existenziellen Druck der politischen Macht auf die Eigentümer „umgedreht“ worden. Medien in Amerika, Polen oder Ungarn hingegen haben höchstens darunter zu leiden, dass ihnen die Leser und Seher davonlaufen und sie nicht wie in Österreich (fast alle) und in Osteuropa (etliche Medien) von den machthabenden Parteien mit Steuergeldern gerettet werden. Was man auch mit „bestochen“ oder „gekauft“ bezeichnen könnte. Es gibt mit Sicherheit keinen einzigen türkischen Journalisten, der die Handlungen seiner eigenen Regierungen vor ausländischen(!) Fernsehkameras als „Scheiße“ bezeichnen würde, wie es dieser Tage völlig ungehindert ein polnischer Journalist im ORF tun – und nachher problemlos in seine Heimat zurückfahren konnte.
  3. In der Türkei haben über hunderttausend Menschen wegen des hanebüchenen Vorwurfs, in einen dubiosen Putschversuch involviert gewesen zu sein, ihren Job verloren und sind von der Polizei festgenommen worden. In Amerika, Polen und Ungarn gibt es natürlich keinen einzigen vergleichbaren Fall. Man stelle sich im Übrigen einmal einen Putschversuch konkret vor, in den Hunderttausend involviert sind, der aber für die Regierung samt ihrem riesigen, bis in österreichische Moscheen reichenden Geheimdienst völlig überraschend kommt! Das nächste Mal schwätzt die Türkei wohl auch noch von einem Kreuzzug der Marsmännchen und einige Grenzdebile nehmen das ernst …
  4. Mehr als 50.000 der betroffenen Türken sind noch immer in Haft und müssen mit gravierenden Haftstrafen rechnen. Diese Ungeheuerlichkeit würde auch dadurch nicht harmloser, wenn nach dem dubiosen Erdogan-Referendum vielleicht etliche von ihnen freigelassen werden sollten. In Amerika, Polen und Ungarn gibt es – natürlich – keinen einzigen vergleichbaren Fall.
  5. In den USA hat der Präsident an einigen Gerichtsurteilen heftige Kritik geübt. Das Recht zur Urteilsschelte ist aber eigentlich selbstverständlicher Teil der Meinungsfreiheit. Trump hat jedenfalls trotz der Kritik alle Urteile befolgt und bisher in keinem einzigen Fall den Rechtsstaat verletzt. In Polen hat die Regierung problematische Besetzungen des Verfassungsgerichts vorgenommen, was rechtlich nicht in Ordnung sein dürfte. Aber auch das ist ein dramatischer Unterschied zur Türkei, wo Tausende Richter und Staatsanwälte einfach abgesetzt und in Haft genommen worden sind! Und in Österreich ist das hiesige Verfassungsgericht zu hundert Prozent von den Machthabern besetzt.
  6. Polen und Ungarn weigern sich, „Flüchtlinge“ aus Italien oder Griechenland zu übernehmen. Das dürfte EU-rechtswidrig sein. Neuerdings weigert sich freilich auch die österreichische Regierung, dies zu tun. Viele andere EU-Staaten weigern sich zwar nicht offiziell, an diesem Umverteilungsprogramm teilzunehmen, aber sie setzen dieses so minimalistisch und schleppend um, dass das im Endergebnis fast gleichbedeutend ist. Und die EU-Kommission hat sogar schon angedeutet, dass sie Polen und Ungarn wegen dieser Weigerung eher nicht vor den EuGH schleppen wird (was sie könnte), weil sie inzwischen spürt, dass der Umverteilungsbeschluss angesichts des Versagens beim Schutz der EU-Außengrenze und bei der Abschiebung der illegalen Migranten längst von einer Mehrheit als ein gigantischer Fehler angesehen wird.
  7. US-Präsident Trump kündigt an, eine hohe Mauer gegen illegale Migranten aus Mexiko zu bauen. Zahllose Medien haben darob Schaum vor dem Mund bekommen. Sie vergleichen diese Absicht absurderweise mit der einstigen Berliner Mauer und dem Eisernen Vorhang der Kommunisten quer durch Europa. Sie verschweigen dabei den dramatischen Unterschied, dass Amerikas Mauer gegen illegale Einwanderer gerichtet ist, während die Mauern der Kommunisten gegen sämtliche eigene Bürger gerichtet waren, die wie in einem Gefängnis gehalten und an der Ausreise gehindert wurden. Sie haben auch verschwiegen, dass ein Teil dieser US-Mauer ja schon von Trumps Vorgängern errichtet worden war. Und sie haben überdies verschwiegen, dass auch viele andere Staaten ähnliche Schutzmauern haben (nur Nordkorea hat noch weiterhin Gefängnis-Charakter). Diese Schutzmauern wurden aus gutem Grund und mit weitgehendem Erfolg gebaut: von Israel etwa, um den Terrorismus vom eigenen Staatsgebiet fernzuhalten; vom EU-Land Spanien etwa, um die illegale Immigration von seinen afrikanischen Enklaven fernzuhalten; und von etlichen Balkanstaaten mit österreichischer Unterstützung, um die illegalen Migranten aus Griechenland zu stoppen (von denen davor täglich mehrere Tausend Richtung Österreich gekommen waren).
  8. Trump ist mit seiner Vorlage einer Änderung der Pflichtkrankenversicherung „Obamacare“ im Parlament vorerst gescheitert. Was auch immer man in dieser hochkomplexen Frage denkt (nur sehr naive Propagandisten können noch immer ignorieren, dass das österreichische  Sozialversicherungssystem in wachsende Probleme hineinschlittert): In Wahrheit ist diese Niederlage Trumps sogar der perfekte Beweis, dass in den USA Rechtsstaat und Demokratie voll funktionieren. In der Türkei hingegen ist eine Reihe oppositioneller Abgeordneter eingesperrt worden, womit das Land aus einem weiteren Grund weder Rechtsstaat noch Demokratie ist.
  9. Die Türkei hat ihre Truppen in drei Länder einmarschieren lassen (Zypern, Syrien und Irak). US-Soldaten kämpfen in – nicht weniger als sieben Ländern (Afghanistan, Irak, Pakistan, Somalia, Jemen, Libyen und Syrien), auf dem Boden oder aus der Luft. Nur: All diese Kämpfe waren von Barack Obama fortgesetzt oder begonnen worden. Trump hingegen hat vorerst keinen einzigen Krieg begonnen. Das kann sich zwar gewiss ändern, siehe etwa Trumps Drohungen gegen Nordkorea (auf deren Realisierungen sogar etliche sich bedroht fühlende ostasiatische Demokratien sogar hoffen!). Aber jedenfalls war Obama mit diesem vielfältigen Kampfengagement der kriegerischste Präsident in der gesamten US-Geschichte. Eine Internet-Seite des linken Hamburger „Spiegel“ hat ihn sogar als den „US-Kriegspräsident No. 1“ bezeichnet. Aber Obama ist nicht mit Erdogan verglichen, sondern vom norwegischen Parlament in beschämender Naivität schon im ersten Amtsjahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.
  10. In mancherlei Hinsicht setzt Trump sogar friedlichere Akzente als Obama. Oder gar Erdogan. Trump sucht ein besseres Verhältnis mit Russland. Das ist jedenfalls positiv – solange Moskau daraus nicht die Lizenz zur Eroberung fremder Staatsgebiete in der Ukraine oder Georgien ableitet. Und Trump glaubt vor allem zum Unterschied von Erdogan und Obama nicht, dass er zu bestimmen hat, wer in Syrien – oder einem anderen Land – Staatschef ist. Das ist positiv – auch wenn man üble Verbrecher wie Assad in keiner Weise sympathisch finden kann. Aber dessen Sturz ist Sache der Syrer. Moralische Berechtigung zum militärischen Einschreiten in einem anderen Land hätte die Außenwelt nur aus zwei Gründen (sofern sie überhaupt stark genug und willens ist, Krieg zu führen UND das betreffende Land nachher wieder in Ordnung zu bringen!), wenn erstens ein Land andere Staaten angreift oder wenn es zweitens einen  Genozid größeren Ausmaßes begeht. Beides war weder in Syrien, noch in Libyen, noch in Ägypten der Fall. Obwohl in Hinblick auf all diese Länder gerade die jetzigen Trump-Hasser einst lautstark mit moralistischen Worten nach einer Intervention des Westens gerufen haben. Bei Libyen hatten sie Erfolg mit diesen Rufen. Einen „Erfolg“, den Europa heute täglich an Hand der Migrantenströme nach Italien messen kann.
  11. Trump will einen Einreisestopp über einige besonders Islamismus- und Terrorismus-anfällige Länder verhängen (und leider auch über den Iran, obwohl dieser in Sachen Terrorismus heute viel korrekter sein dürfte). Über diesen Einreisestopp schäumen die linkskorrekten Medien besonders gerne. Sie haben aber noch nie ein Wort darüber verloren, dass umgekehrt nicht nur in diesen, sondern auch noch in Dutzenden anderen Ländern beispielsweise für Israelis eine Einreise absolut unmöglich ist. Im Übrigen ist sehr zu hoffen, dass auch Europa und Österreich die Einreise aus Islamismus- und Terrorismus-verdächtigen Ländern gegen Null geschraubt haben. Auch wenn sie es nicht mit so plakativen Ankündigungen verbunden haben wie Trump.
  12. Trump findet oft harte Worte gegen seine Gegner. Der polnische (inoffizielle) Machthaber ist sogar überzeugt, dass der Tod seines Zwillingsbruders kein Unfall, sondern eine Verschwörung gewesen ist. Verschwörungstheorien (man denke etwa an die ständig im Kreis gehende Eurofighter-Story) und Beschimpfungen auch unter Koalitionspartnern („Kasperltheater“) sind aber auch in Österreich an der Tagesordnung. Aber das ist im Grund da wie dort harmlos und zivilisiert gegen Drohungen mit einem Religionskrieg und gegen das hasserfüllte „Nazi!“-Hetzen der türkischen Regierung gegen das Ausland.
  13. Wohl am meisten an Trump zu kritisieren sind seine ständigen Ankündigungen, den Freihandel einschränken zu wollen. Bisher hat er davon freilich noch nichts verwirklicht. Sollte er das aber wirklich tun und sollte ihn der Kongress nicht daran hindern, dann löst er eine Welle von Repressalien aus. Dann schadet er damit nicht nur Europäern, Asiaten, Kanadiern und Lateinamerikanern. Sondern ganz besonders seinen eigenen Landsleuten. Aber das besonders Absurde an der Anti-Trump-Hysterie: Gerade die meisten seiner linken und auch rechten Kritiker sind seit Jahren vehemente Kämpfer gegen neue Freihandelsverträge (besonders Ceta, TTIP und ein WTO-Abkommen). Es ist daher absolut unglaubwürdige Heuchelei, wenn ausgerechnet diese zum Teil sogar militanten Freihandelsgegner jetzt Trump attackieren, weil er gegen Freihandel ist..

Das alles heißt nicht, dass mir Trump irgendwie sympathisch wäre, oder dass ich das Gefühl hätte, der mächtigste Staat der Welt wäre nach ihm besser dran als unter Obama. Er ist eitel. Er ist aufbrausend. Er nimmt sich zuwenig Zeit zum Nachdenken. Er scheint im Gegensatz zu seinen Vorgängern keine exzellenten Berater um sich zu haben. Er betreibt Politik zu sehr als Familienbetrieb (so erfrischend auch eine kohärente Familie ist). Er versteht nicht genug, dass in der internationalen Politik Sympathie-Werbung die halbe Miete ist. Er dürfte jähzornig sein.

Aber all das ist nicht einmal im Entferntesten ein Grund, Trump verbal in eine Kategorie mit Erdogan zu werfen (auch Russland nicht, obwohl dieses Land heute weder Rechtsstaat noch Demokratie noch außenpolitisch friedlich ist). Und Ungarn oder Polen schon gar nicht. Österreich sollte vielmehr gerade Ungarn jeden Tag lautstark dankbar sein, weil dieses als erstes europäische Land einen wirksamen Stopp der illegalen Migration umzusetzen begonnen hat. Mit unangenehmen, aber weit wirksameren Mitteln als die „Wir-schaffen-das“-Kanzlerin.

Was aber noch wichtiger als alles andere ist: Die USA, Russland, Ungarn und Polen sind heute das relevanteste Bollwerk gegen die islamisch-islamistische Bedrohung, die insbesondere Brüssel, Berlin und lange auch Wien direkt nach Europa hereingeholt haben.

Gewiss gehören Vergleiche immer zur politischen Analyse. Aber ein Vergleichen ist nur dann seriös und glaubwürdig, wenn es eben auch klar die Unterschiede herausarbeitet, und wenn es auch den Balken im eigenen Auge wahrnimmt.

PS: So absurd, so „fake“ also die Gleichsetzung zwischen Trump und Erdogan ist, so klar ist dennoch, dass das neue, von George Soros finanzierte deutsche Büro zur „Enttarnung“ von Fake News mit Sicherheit nicht solche Schwachsinnigkeiten und Verzerrungen sämtlicher Maßstäbe kritisieren wird. Erstens weil Soros ja alles gut findet und unterstützt, was gegen Trump oder Orban geht. Und zweitens, weil sich dieses neue Denunziations-Büro skurrilerweise nur auf Facebook konzentriert – obwohl ohnedies fast jeder Facebook-User weiß, dass gerade dort vieles nicht gerade wörtlich zu nehmen ist. Während man den klassischen Medien früher wenigstens noch irgendwie vertrauen konnte. Heute sind sie vielfach beschränkte Eiferer im Gleichschritt.

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