Ein Hochhaus als "Zukunftsentwicklung"

Ausnahmsweise ein Briefwechsel als Gastkommentar: Zwischen einer gegen den Hochhausbau neben dem Konzerthaus kämpfenden Wiener Bürgerin und dem Wiener ÖVP-Obmann. Die Texte sprechen für sich.

Sehr geehrtes Team,

besten Dank für Ihre Antwort, die allerdings genauso ausfällt, wie ich es kritisiert habe. Es ist sehr einfach, alles auf Vassilakou allein abzuwälzen, jedoch letztlich alles mitzutragen. Obendrein beweisen Sie völlige Ahnungslosigkeit betreffend die Rechtslage.

Zukunftsentwicklung und Weltkultur unter einen Hut zu bringen, ist auf demselben Planquadrat unmöglich. Es geht jedoch dann, wenn man die geringfügigen 0,89 Prozent der im Vertrag der Republik mit der Unesco geschützten Kernzone des Welterbes ungeschoren lässt und die Zukunftsentwicklung außerhalb dieses Areals ermöglicht, also auf 99,11 Prozent, was ja ausreichen müsste.

Die Planungssicherheit beruhte im Falle des Tojner-Weinfeld-Projekts auf einem „Commitment“ der Stadt gegenüber dem Investor, bevor noch alle Prüfungs- und Genehmigungsverfahren abgewickelt waren. Auch muss dem Investor öffentlicher Grund zur Verfügung gestellt werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Obendrein wusste der Investor, dass die völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarungen mit der UNESCO nicht eingehalten wurden. Aus dem Wettbewerb wurden Projekte, die im Einklang damit gestanden wären, schon im Vorfeld ausgeschieden. Jurymitglieder, die ursprünglich gegen das Projekt gewesen waren, sprachen sich auffälligerweise infolge nur zu vermutender Umstände dafür aus.

Übrigens ist es das Berufsrisiko jedes Architekten oder sonstigen Unternehmers, dass sein Projekt nicht zum Zug kommt. Was sollen da alle Wettbewerbsteilnehmer sagen, deren Projekte nicht gebaut werden?

Die Stadt mit Ihrer werten Billigung zugunsten von Stadtplanern und Investoren zu verhunzen kann es wohl nicht sein. Selbst wenn das Projekt mit Ihrer Unterstützung durchgeboxt werden sollte, wird sich das für Sie politisch nicht gut auswirken. Emotionen in dieser Angelegenheit brauchen nicht erst „geschürt“ zu werden, die ergeben sich von allein.

Natürlich sind kulturelle Belange eine Sache von Minderheiten. Wenn Sie deren Positionen aber einfach ignorieren wollen, so können Sie demnächst gleich die Staatsoper auflassen oder den Stephansdom aufstocken. Es müsste Ihnen aufgefallen sein, dass Ihnen durch Ihre Anbiederung an Apparatschiks und Oligarchen die Wähler abhanden gekommen sind.

Anbei der Link zu einem Gastkommentar bei Unterberger, der die Rechtslage, die stereotypen Argumente und Gegenargumente etc. darlegt.

http://www.andreas-unterberger.at/2017/02/heumarkt-ij-nchste-runde/

MfG

Dkfm. Waltraut Kupf

1030 Wien

Der Standpunkt (?) der Wiener ÖVP

Von: [Team] Gernot-Bluemel.at [mailto:team@gernot-bluemel.at]

Gesendet: Dienstag, 14. Februar 2017 09:55

Betreff: Ihr Posting auf www.endlich-mut.at

Sehr geehrte Frau Kupf!

Herzlichen Dank für Ihr Posting, Sie greifen hier ein wichtiges Thema auf. Wir haben uns entschlossen, Ihr Posting gleich zu beantworten, und Ihnen unsere Position zu dem Thema darzulegen.

Vorne weg möchten wir festhalten, dass es noch keine Beschlussfassung zur Flächenwidmung am Heumarkt gegeben hat. Die ÖVP ist der Überzeugung, dass es allerhöchste Zeit wird, dass sich bei der Causa endlich etwas bewegt. Dass alle rechtlichen Aspekte voll berücksichtigt werden müssen, ist klar, liegt aber in der Verantwortung von StR Vassilakou.

Wir haben von Beginn an gesagt, dass es in Wien möglich sein muss, Zukunftsentwicklung und Weltkultur unter einen Hut zu bringen. Es braucht ein „sowohl als auch“, wenn Wien Weltstadt mit Zukunft sein will.

Dazu braucht es auch Planungssicherheit für Investoren und Unternehmer. Sonst wird sich künftig niemand mehr finden, der sich dazu bereit erklärt, Projekte in Wien zu entwickeln.

Die Kritik an Planungsstadträtin Vassilakou bleibt damit weiterhin vollinhaltlich bestehen. Denn durch den Dilettantismus von Vassilakou wurde enorm viel Zeit verschwendet und viele Emotionen geschürt. Das wäre alles nicht notwendig gewesen, wenn sie ihren Job gemacht hätte.

Von ganzheitlicher Stadtplanung fehlt genauso jede Spur, wie von städtebaulicher Zukunftsentwicklung. Es wird ewig lang und isoliert an einzelnen Projekten herumgedoktert, statt eine gesamthafte Zukunftsplanung für die Stadt anzugehen. Das Projekt am Heumarkt ist dabei das beste Beispiel. Wir werden uns das Projekt genau ansehen und hoffen, dass nun Modernität und Weltkultur Hand in Hand gehen können.

Herzlichen Dank

Vera

Team Gernot Blümel

(Anmerkung des Tagebuchs: Die ärgsten Rechtschreibfehler wurden korrigiert, und Absätze hinzugefügt)

Dkfm. Waltraut Kupf, Studium an der Hochschule für Welthandel, Angestellte der IAEO, dort zugunsten der Kindererziehung ausgeschieden, verheiratet mit dem akad. Restaurator Prof. Martin Kupf. Gelegentliche Abfassung von Kommentaren in online-Medien.

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