Schafft den Sozialstaat ab!

Der Sozialstaat ist der größte Trickbetrug der Welt. Zuerst nimmt der Staat klammheimlich den Menschen das Geld weg und dann gibt er ihnen einen kleinen Teil davon, unter großem Getöse, wieder zurück. Dieses Zitat vom amerikanischen Ökonom Thomas Sowell trifft den Nagel auf den Kopf. Tatsächlich spricht mittlerweile mehr gegen den Sozialstaat, als für ihn.

Da sind zum einen ökonomische Überlegungen. Nichts ist ineffizienter als eine staatliche Verwaltung, die dazu neigt, sich immer zu vergrößern und dadurch noch träger wird. Es ist sehr interessant, dass sich bei manchen Menschen immer noch der hartnäckige Glaube hält, staatliche Sozialsysteme kämen uns billiger und ohne sie seien gewisse Standards nicht leistbar. Das Gegenteil ist natürlich der Fall. Am Beispiel des Gesundheitssystems – was ist teurer? Ärzte, Medikamente und Krankenhäuser oder Ärzte, Medikamente, Krankenhäuser und dazu noch eine aufgeblähte staatliche Verwaltung? Gewiss, manche Kritiker werden einwenden, dass private Krankenhäuser doch auch eine Verwaltung brauchen. Das ist auch korrekt, doch zeigt die Realität, dass diese deutlich effizienter und unbürokratischer agieren, als ihre staatlichen Pendants. Unter der Anonymität des Steuergeldes gelten jedoch keine oder kaum Leistungsstandards. Das hängt gar nicht zwangsläufig mit den beteiligten Menschen zusammen, die teilweise sicher motiviert sein mögen. Es ist systembedingt. Sogar motivierte Beamte können einer effektiven Verwaltung undienlich sein. Wenn ein ebensolcher nämlich in seinem Eifer mehr und mehr Arbeit an sich reißt, so führt das nur dazu, dass noch mehr verwaltet wird, dass noch mehr Entscheidungen vom Staat und nicht von den Bürgern getroffen werden, dass die Verwaltungsebene womöglich noch größer wird. Wenn man also glaubt, man könne sich ohne Staat gewisse Services nicht mehr leisten, sollte man immer bedenken, wie viel mehr Geld man ohne staatliche Zwangsabgaben zur Verfügung hätte. Unterm Strich wären die meisten Dinge tatsächlich wesentlich billiger, einfach weil sich privatwirtschaftliche Unternehmen (zumindest auf Dauer) nur ein Minimum an Ineffizienz leisten können und sich an marktwirtschaftlichen Prinzipien halten müssen. Der Staat hingegen kann sich schier endlos verschulden und durch (noch) höhere Steuern immer entsprechend nachjustieren.

Weiters neigt der Sozialstaat zu sogenannten Kobra-Effekten. Dieser beschreibt das Phänomen, dass (politökonomische) Maßnahmen, die getroffen werden um ein Problem zu lösen, dieses tatsächlich sogar verschärfen. Der Name kommt aus der Kolonialzeit. Im heutigen Indien wollten die Briten einer Kobra-Plage Herr werden, indem sie ein Kopfgeld auf tote Schlangen aussetzten. Die Folge war, dass die Bevölkerung begann Kobras zu züchten um sich so ihr Einkommen aufzubessern. Statt weniger gab es also immer mehr Schlangen. Auf gut österreichisch würde man sagen: gut gemeint ist das Gegenteil von gut.

Der Sozialstaat ist, wie gesagt, voll von solchen Effekten. Etwa die Mindestsicherung. Gedacht um Armut zu bekämpfen publizierte das nicht gerade marktradikale WIFO im September eine Studie, die klar ergibt, dass die Mindestsicherung Armut vielmehr determiniert und eben nicht bekämpft.

Ebenso klar das Ziel verfehlt hat jene Politik, die sich staatliche Umverteilung von reich zu arm zum Ziel gesetzt hat. Die Frage einmal ausgeklammert ob das überhaupt gerecht ist, muss konstatiert werden, dass sich die Schere nicht verkleinert, sondern sogar vergrößert hat. Wiederum: der gewünschte Effekt verkehrt sich ins Gegenteil.

Noch schwerer als die wirtschaftlichen Aspekte wiegen aber die moralischen.

Dass Zwang an und für sich schon freiheitsfeindlich ist, sei nur beiläufig erwähnt. Es gibt aber, darüber hinaus, auch eine Art ethischen Kobra-Effekt. Wenn der Staat für sich reklamiert, für seine Schäfchen zu sorgen, dann kann das durchaus suggerieren, dass darüber hinausgehende Solidarität überflüssig sei. Beispiel Obdachlosendebatte. Oft wird hier angeführt, dass es in einem Sozialstaat wie Österreich unmöglich sei, dass man – ohne eigenes Verschulden – in bitterer Armut leben müsste. Der Staat sorge schon für alle, weitere Hilfe sei also unnötig. Der Sozialstaat führt also zu einer Art ethischen Vollkasko-Mentalität. Ich zahle meine Steuern und habe damit meine solidarische Pflicht erfüllt. Statt Solidarität zu fördern wird selbige also unterminiert. Wiederum wird das Gegenteil dessen erreicht was man eigentlich wollte.

Wobei der Begriff „Solidarität“ im Kontext des Sozialstaates ohnehin wenig Sinn macht. Diese zeichnet sich nämlich durch die freiwillige Bereitschaft zur Hilfe aus. Im Sozialstaat gibt es diese Freiwilligkeit aber nicht. Man ist per Zwang dazu verpflichtet einen Beitrag zu zahlen. Nicht nur dass ein moralischer Wert, durch Zwang zustande gekommen, ethisch wertlos ist, der ganze Begriff „Solidarität“ wird dadurch ad absurdum geführt. Umso ärgerlicher stimmt es einen daher, wenn Kritiker dieses Sozialstaates als „egoistisch“, „unsolidarisch“ oder „kaltherzig“ bezeichnet werden. Ist es etwa egoistisch, wenn man Menschen in Not lieber freiwillig und persönlich hilft, anstatt das Geld, unter Zwang, Politikern zu geben, in der Hoffnung, dass diese einen Teil dieses Geldes für karitative Zwecke verwenden, während sie in Wahrheit einen guten Teil davon selber einstreichen und zudem immer die Gefahr besteht, dass es verspekuliert oder andernorts verwendet wird? Die Antwort auf diese Frage ist sonnenklar. Es ist eben keine Solidarität, Hilfsbereitschaft oder soziales Gewissen, wenn man dazu verpflichtet ist, eine Abgabe an den Staat zu leisten. Erstens ist nicht gewiss, ob das Geld dann in weiterer Folge auch dort ankommt wo es gebraucht wird, zweitens ist die Leistung unter Zwang erbracht worden und somit moralisch wertlos und drittens ist dieses System der Hilfe über Umwege ineffizient. Es versickert, selbst ohne Spekulationsskandale, Bankenrettungen oder sonstigen Politikereskapaden, schon zu viel in der Verwaltung. Geradezu schäbig ist es also, wenn Kritiker mit Schlagworten wie „unsolidarisch“ denunziert werden sollen. In Wahrheit beschmutzt eine solche Wortwahl den an sich hehren Wert der „Solidarität“, weil dieser dann eben mit den tatsächlichen Praktiken assoziiert wird und nicht mehr mit der eigentlichen Bedeutung des Ausdrucks.

Die genannten Fehler sind nicht lediglich Schlampereien, die man etwa durch strengere Kontrollen oder mehr Transparenz abstellen könnte. Nein, der Fehler liegt bereits in der Grundidee des sozialstaatlichen Konstrukts. Dieses berücksichtigt einfach nicht, dass Vertreter des Staates immer dazu neigen, mit Geldern sorglos umzugehen und zuerst Parteifreunde begünstigen. Auch dass eine staatliche Verwaltung so gut wie immer ineffizienter als unbürokratische Direkthilfe ist, wird ausgeklammert. Interessanterweise ist das genau jene Kritik, die sonst immer von den Sozialstaatsapologeten an die Liberalen adressiert wird. Der Kapitalismus nehme in seinen Modellen von Homo Oeconomicus, freiem Markt und dergleichen keine Rücksicht auf die Natur des Menschen. Dabei ist es umgekehrt die Idee eines Sozialstaates, die die Gier und Sorglosigkeit von Menschen in Machtpositionen (in dem Fall Staatsbedienstete), die anonymisierte Gelder verwalten, unberücksichtigt lässt und somit in der Realität scheitert.

Was wäre aber nun die Alternative zum Sozialstaat in der jetzigen Form? Ein Modell das auf Freiwilligkeit beruht. Kein Zwang zu staatlichen Versicherungen und Abgaben! Menschen sollen selbst entscheiden können, wie sie ihre Pensionsvorsorge anlegen, wie sie sich gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Hausbrand versichern. Aus einer Vielzahl an privaten Versicherungen kann sich der mündige Bürger das beste Paket für ihn heraussuchen. Auch der Staat kann, wenn er will, Versicherungen anbieten. Diese werden dann aber nicht über Lohnabgaben finanziert, sondern über separate, zweckgebundene Einzahlungen. Sollte der Staat das beste Angebot stellen wird sich ohnehin wenig ändern, da die überwiegende Mehrheit der Menschen sich dann auch für ihn als Versicherungsleister entscheiden wird. Sollte er das nicht tun, dann bestätigt sich damit die Notwendigkeit von Alternativen, die ohne Freiwilligkeit nicht wählbar gewesen wären. Es ist also eine win-win Situation. Wenn die obige Analyse falsch war und der Staat in Wahrheit doch gute Leistungen anbietet, dann ist nichts schlimmes passiert. Die überwiegende Mehrheit wird sich weiter bei ihm versichern. Falls aber Private bessere Konditionen anbieten und vertrauenswürdiger erscheinen, so können die Bürger nun diese Alternativen wahrnehmen.

Natürlich wird es in diesem System, wie freilich im Sozialstaat genauso, auch Härtefälle geben. Versicherungsausfälle oder einfach eine schlechte Vorsorge sind selbstverständlich immer mögliche Risiken. Wenn es hart auf hart kommt, können hier dann entweder eigens angelegte Sozialfonds Abhilfe schaffen oder – im Katastrophenfall – ganz einfach Nachbarschaftshilfe. Menschen sind nämlich durchaus sozial veranlagt und helfen gerne. Insbesondere wenn sie sehen, was mit ihrer Unterstürzung alles möglich ist, also wenn sie die Effekte direkt erkennen. Verärgert hingegen werden sie nur, wenn ihre Hilfe, so wie es derzeit oft der Fall ist, eben nicht dort ankommt, wo sie gebraucht wird oder über einen Gemeinschaftstopf anonymisiert wird und somit nicht nachvollziehbar ist was genau mit dem jeweiligen Euro unternommen wurde. Durch solche Praktiken kann Hilfsbereitschaft regelrecht abgewöhnt werden. Solidarität ist aber eigentlich selbstverständlich – so selbstverständlich, dass es keinen Zwang dafür braucht.

Martin Holzmann ist 26 Jahre alt und studiert an der BOKU in Wien Forstwirtschaft. 

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