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Die Rote Liste

Prosit Neujahr! Ein Jahr, in dem Wien auf die Rote Liste des UNESCO-Welterbes gesetzt werden wird, wenn seitens der Stadt kein Umdenken erfolgt. Ein glückliches Jahr für den Bürgermeister und die Finanzen der Stadt, denn dem Ausverkauf der Stadt an Investoren wird nach der Aberkennung des Prädikats nichts mehr im Wege stehen.

Nach Meinung des linientreuen Fremdenverkehrsreferenten, diverser Funktionäre (teilweise in Personalunion mit Architekturbüros, Bauunternehmen oder sonstigen Stakeholders) werden die Touristen auch ohne den Welterbetitel kommen. Das könnte allenfalls unmittelbar nach Realisierung des gegenständlichen Projekts noch der Fall sein, nicht aber, wenn der Dammbruch vollzogen ist, dass praktisch jeder Günstling eine noch so phantasielose Kiste überall gewinnbringend hinbauen kann und dass die Stadt mittelfristig wie Castrop-Rauxel oder eine beliebige amerikanische Mittelstadt aussehen wird.

Ein Konzept, das den Bürgern gegenüber in vollem Umfang offengelegt werden würde, ist nicht auszumachen. Man hört lediglich etwas über „Verdichtung“ oder gar „Nachverdichtung“, da die Stadt ja wachse. Die teilweise negativen Implikationen für die an den jeweiligen Schauplätzen wohnhafte Bevölkerung sind für die Stadt offenbar von wenig bis gar keinem Interesse.

Der Bürgermeister ließ verlauten, dass „immer noch die Stadt“ bestimme, was in Wien gebaut wird. Da die Bauordnung Gemeindesache ist, scheint das auf den ersten Blick richtig zu sein. Der Paragraph der Public Private Partnerships ist allerdings nach einigen Rechtsmeinungen verfassungswidrig, was untersucht wird.

Die Republik ist (einschließlich der Länder) der Welterbekonvention beigetreten. Sie hat sich verpflichtet, die darin bedungenen Auflagen (denen ja stichhältige Überlegungen zugrundeliegen) zu erfüllen. Das Prädikat Weltkulturerbe wurde verliehen im Wege eines Staatsvertrages mit Gesetzeskraft, der zum Schutz der in Wien vorhandenen außerordentlichen kulturellen Werte geschlossen wurde (auf Antrag der Republik). Er ist deshalb einzuhalten. Und nicht weil sich die UNESCO im Wege eines Übergriffs irgendwelche Rechte anmaßt.

Glaubt man, der UNESCO gegenüber in patzigster Weise Rechtsbruch begehen zu können? Das Welterbe gehört, wie schon der Name sagt, der ganzen Welt und nicht ein paar Investoren, die sich der Stadt gegenüber (nicht im ideellen Sinn) erkenntlich zeigen.

Es macht daher keinen schlanken Fuß, wenn dem Bürgermeister einer Stadt deren kultureller Rang nichts wert ist, was durch Nichteinhaltung oder gar Aufkündigung des Vertrags eindrucksvoll dokumentiert werden würde. Auch gibt es da einige rechtliche Hürden, welche die Rechtsanwaltskanzlei List in einer Pressekonferenz dargelegt hat, die übrigens auffallenderweise von den Medien einhellig boykottiert wurde.

Im Rathaus verlässt man sich anscheinend darauf, dass die Angelegenheit den meisten Menschen egal wäre. Allerdings würde ich da nicht so sicher sein, insbesondere, wenn die Vertragstreue der Stadtregierung auf dem Prüfstand steht und hier auch ein gewisser Lokalpatriotismus seitens der Bevölkerung hereinspielt.

Geradezu rührend fand ich die Ausführungen von Vizebürgermeisterin Vassilakou, in denen sie feststellt, der überarbeitete Entwurf des Projekts sei mit den Auflagen der UNESCO kompatibel. Das ist so, als ob jemand vor Gericht selbst über die eigene Schuld oder Unschuld befindet und nicht der Richter. Man kann das auch als veritable Chuzpe bezeichnen. Die UNESCO zu pflanzen wird wohl nicht zum wahrscheinlich erhofften Ziel führen, einerseits die Stadt gewinnbringend zu verschandeln und zu verhunzen, gleichzeitig aber das Welterbeprädikat nach Möglichkeit dennoch zu behalten, weil es ja eventuell doch zu irgendetwas gut sein könnte, wenn man schon so dumm war, es sich seinerzeit einzuhandeln.

Im Mission-Report der (UNESCO-Behörde) ICOMOS wird auch gefordert, die Richtlinien dahingehend zu überarbeiten (Hochhausrichtlinien derzeit ohne Ausschlusszonen), dass sie mit den Auflagen für die Erhaltung des Weltkulturerbes vereinbar sind. Davon nimmt anscheinend niemand Notiz, möglicherweise, weil es zu mühsam ist, sich den englischen Text zu Gemüte zu führen.

Die in Diskussion stehenden Zonen machen ein bis zwei Prozent der Gesamtfläche Wiens aus. Es handelt sich also um ein relativ kleines Quasi-Reservat, das aber aus Prestige- und Ideologiegründen Objekt der Begierde ist, obgleich es ja außerhalb desselben mehr als genug Möglichkeiten gibt, die Stadt zu „entwickeln“ oder zu „reparieren“.

Wenn man im gegenständlichen Fall mit dem angeblichen „Mehrwert“ für die Bevölkerung argumentieren möchte, so lässt sich dieser – insbesondere nach Aufrechnung gegenüber dem „Minderwert“ – als weitgehend fauler Zauber enttarnen. Dass das derzeitige Erscheinungsbild des Areals jämmerlich ist, stimmt zwar, es gab aber passable Wettbewerbsbeiträge, die schon im Vorfeld ausgeschieden wurden. Anlässlich der Präsentation des Siegerprojekts von nachgerade grotesker Hässlichkeit war es fast belustigend zu sehen, mit welchen Verrenkungen einige Leute zu argumentieren versuchten, warum es gerade dieses und kein anderes Projekt sein müsse.

Man gibt sich ja, wenn es gerade ins Konzept passt, um die Reputation Österreichs im Ausland besorgt. Bei Realisierung des Projekts und gleichzeitiger Preisgabe des Weltkulturerbeprädikats kann man aber man sicher sein, den schlechtestmöglichen Eindruck zu machen.

Dkfm. Waltraut Kupf, Studium an der Hochschule für Welthandel, Angestellte der IAEO, dort zugunsten der Kindererziehung ausgeschieden, verheiratet mit dem akad. Restaurator Prof. Martin Kupf. Gelegentliche Abfassung von Kommentaren in online-Medien.

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