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Drei Tiefschläge für die Europäer

Drei schwere Schläge haben die Europäische Union so hart getroffen, dass jeder schon alleine zum entscheidenden K.O. für die EU führen könnte. Der dritte Schlag scheint noch viel schlimmer, auch wenn er vor allem in Österreich von vielen, die von Wirtschaft nichts verstehen, gar nicht als Schlag empfunden wird. Und wenn alle Aufregung in diesem europäischen Sommer dem Brexit-Referendum, der Mehrheitsentscheidung der Briten für einen EU-Austritt, und dem islamistischen Terror gilt.

Über den Terror ist an dieser Stelle viel geschrieben worden. Und die Folgen des britischen Referendums könnten sogar in ein halbwegs gutes Ende münden, hätte – hätte! – Europa einige Staatsmänner wie in seinen Gründungsjahren. Davon ist freilich zur Stunde nichts zu sehen. Aber die Hoffnung lebt wenigstens.

Noch viel kleiner ist die Hoffnung, dass Europa auch den dritten Schlag überlebt. Der besteht in dem von kurzsichtigen Regierungschefs erzwungenen Beschluss, dass der Handelsvertrag CETA mit Kanada – und dann auch der ähnliche TTIP-Vertrag mit den USA – durch alle 28 nationalen Parlamente abgesegnet werden muss. Dabei sind Handelsverträge nach bisheriger EU-Übung eine reine EU-Angelegenheit, die bisher immer nur durch Kommission, Rat und EU-Parlament beschlossen worden sind. Aber die schwer angeschlagene EU-Kommission hat den Regierungen plötzlich nachgegeben.

Nach einem Aus für CETA wird der Zerfall der EU weit über die britische Entscheidung hinaus nicht mehr zu stoppen sein. Ohne europäische Handelsverträge sind wir zurück im Jahr 1950.

Es ist jedoch so gut wie undenkbar, dass die Verträge in allen 28 Parlamenten Zustimmung finden. Es wird daher wohl nie europäische Handelsverträge mit Nordamerika geben. Ausnahmsweise hat das auch die EU-Kommission (die im letzten Jahr sonst absolut keinen Fehler ausgelassen hat) richtig gesehen, bevor sie dann im ersten Gegenwind umgefallen ist.

Es gibt eine ganze Liste von möglichen Fallgruben, Tretminen und Bomben für die CETA- (und dann TTIP-) Ratifizierung in den einzelnen Mitgliedsländern, von denen jede einzelne imstande wäre, das Projekt in die Luft zu jagen:

  1. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es in manchen Ländern bei den CETA/TTIP-Abstimmungen parlamentarische Konstellationen geben, wo die eine oder andere Gruppe, der diese Abkommen eigentlich total wurscht sind, plötzlich die Chance sieht, via CETA/TTIP die eigene Regierung zu stürzen.
  2. In etlichen Ländern könnte es nicht nur zu Parlamentsvoten, sondern auch zu Referenden kommen. Diese drohen dann noch mehr – aus ganz anderen Gründen als wegen der Vertragsinhalte – negativ auszugehen (siehe etwa das Nein der Holländer zum Ukraine-Vertrag, wobei wohl kein einziger mit Nein stimmender Niederländer sagen könnte, was er eigentlich gegen den Ukraine-Vertrag hat; der war nur ein Anlass, um verständlichen, aber ganz anders verursachten Zorn auf die EU abzuladen).
  3. In ganz Europa herrscht eine gewaltige Anti-Establishment-Stimmung, die sowohl parlamentarisch wie auch direktdemokratisch gegen die Verträge wirken dürfte.
  4. In vielen Ländern hetzt der Boulevard mit zum Teil grotesk erfundenen Geschichten gegen die Abkommen. Und viele Politiker gehen regelmäßig vor dem Boulevard in die Knie (siehe die Kampagne der britischen „Sun“ für einen Brexit“; siehe die Kampagne der deutschen „Bild“ für die Völkerwanderung, die wohl entscheidend für den Kurs Angela Merkels gewesen ist).
  5. Viele Politiker wie Bürger begreifen mangels wirtschaftlichen Verständnisses einfach nicht, dass es ohne Investitionsschutz (den gibt es nur durch unabhängige Schiedsgerichte) unweigerlich viel weniger Investitionen in Europa geben wird. Denn sonst müsste jeder Investor jedes neue Gesetz fürchten, das ihn enteignen könnte. Daher wird in den USA liegendes Kapital noch mehr in andere Weltregionen fließen. Ohne ausreichende Investitionen wird es zwangsläufig immer mehr Arbeitslose und immer weniger Wohlstand geben. Genau dieser Investitionsschutz ist daher der wichtigste Kern dieser Abkommen. Genau deswegen hat es auch bei allen früheren Handelsverträgen (auch von einzelnen Unternehmen) Schiedsgerichte gegeben, die Investoren gegen willkürliche konfiskatorische Gesetzesänderungen und gegen die in absolut jedem Land nationale Interessen bevorzugende Judikatur schützen.
  6. Die Tatsache, dass eine von allen guten Geistern verlassene EU-Kommission CETA ausgerechnet in den Stunden des Nach-Brexit-Referendum-Chaos durchzuwinken versucht hat, obwohl es jahrelang verhandelt worden war, erhöht naturgemäß noch weiter das Gefühl des Misstrauens gegen das Abkommen.
  7. Es hat praktisch nie – mit Ausnahme der Rundreisen einer einsamen EU-Kommissarin – eine offensive Informationskampagne für die Abkommen gegeben, die auch nur ein minimales Gegengewicht gegen die von den NGOs ausgestreuten Lügen und Halbwahrheiten herzustellen versucht hätte.
  8. Viele Wirtschaftsbranchen mit monopolistischen Strukturen fürchten die internationale Konkurrenz durch CETA und TTIP (die ja primär eher nur für Investitionen, Arbeitsplätze und Konsumenten gut wären). Die konkurrenz-scheuenden Branchen verstecken ihre protektionistische Haltung aber oft hinter raffinierten PR-Kampagnen, und auch hinter den sonst mit ihnen so verfeindeten NGOs. Auf diese Weise haben etwa die Hühner- und Fleischproduzenten eine Diffamierung der Verträge gestartet. Auch die Supermarktketten wollen keine Konkurrenz, damit sie weiterhin die Preise überdurchschnittlich steigen lassen können. Diese Ketten sind aber wiederum die größten Inserenten der Boulevardzeitungen (die desto mehr verdienen, je mehr diese Ketten auf Kosten der Konsumenten verdienen).

Die Regierungen haben das Vertrauen verloren

Immer wieder sind die Regierungen seit vielen Jahren in vielen Themen über die Bürger besserwisserisch drübergefahren. Die Bürger haben das lange hingenommen und gemeint: Wird schon irgendwie seinen Grund haben. Aber jetzt in der Krise haben sie gesehen, dass vieles, was die Regierungen – national wie europaweit – gemacht haben, schlecht war und ist. Seither trauen sie den Regierungen auf keinem Feld mehr. Auch dort, wo es durchaus vernünftig wäre, was die Regierungen wollen.

Es ist es kein Zufall, dass in den letzten Jahren bei fast jeder Wahl in fast jedem Land die Regierungen abgewählt werden, dass in vielen Ländern ständig neue Parteien zur Macht kommen (freilich nur, um beim nächsten Mal wieder abgelöst zu werden).

Dazu kommt noch ein eigenartiges politisches Phänomen, dass es noch bei keinem Thema gegeben hat. Links wie rechts außen, wo man sich sonst mit aller Brutalität gegenseitig bekämpft, ist man sich plötzlich einig. Gegen die Handelsverträge. Wenn auch mit unterschiedlichen, ja widersprüchlichen Motiven.

Die Motive der Linken

Eigentlich überrascht das Nein der grünen Linken zu CETA/TTIP. Denn die Grünen tun seit einigen Jahren so, als ob sie die Erfinder der EU wären. Dabei haben sie aber früher, etwa beim österreichischen Beitrittsreferendum, die EG/EU noch hasserfüllt bekämpft. Aber bei den beiden Handelsverträgen tritt die grüne Linke plötzlich wieder vehement gegen eine Kernaufgabe der EU auf.

Eigentlich müsste ja auch der Internationalismus der Linken für ein Ja zu internationalen Abkommen sprechen. Aber der ist offenbar nur noch linke Vergangenheit. Nirgendwo ist noch das einst kraftvolle Ideensubstrat der Sozialdemokratie zu spüren.

Bei der Suche nach dem Warum des Neins stößt man überraschend oft auf den alten, aus dem Ostwest-Konflikt stammenden Antiamerikanismus der Linken. Außerdem sind die Amerikaner für die Linken der Inbegriff von Marktwirtschaft und „Kapitalismus“, also die Verkörperung des Bösen. Viele Linken würde wohl lieber mit Nordkorea als den USA einen Vertrag abschließen.

Bei manchen grünen NGOs scheinen auch Themen wie die Ablehnung von Chlorhühnern oder Hormonrindern eine entscheidende Rolle zu spielen. Dabei sind das völlig nebensächliche Fragen. Denn wer nicht mag, muss ja auch nach CETA/TTIP keine Chlorhühner essen (andere werden das hingegen mit guten Gründen sehr bewusst tun, weil durch Chlor die Salmonellengefahr eliminiert wird). Argumente wie die Chlorhühner wirken freilich eher künstlich zusammengekratzt. So wie halt einst beim Referendum 1994 Schildläuse und irgendwelche Preise für Agrarprodukte zur Megakatastrophe hochstilisiert worden sind.

Das wahre Grund: Handelsverträge sind Eckpfeiler der Marktwirtschaft, noch dazu einer globalen Marktwirtschaft. Deren Erfolge sind jedoch den Linken immer zuwider, weil sie all ihren Ideologien widersprechen.

Die Motive der Rechten

Mindestens genauso absurd ist der Kampf jener Parteien gegen CETA und TTIP, die oft als Rechtspopulisten zusammengefasst werden. Denn im Grund bedeuten solche Handelsverträge genau den von Rechtspopulisten immer gelobten guten Kern der EU. Und genau auf diesen lange so erfolgreichen Kern wollen sie ja eigentlich die Union zusammenstutzen, wenn man ihren Worten trauen darf.

Sie wollen das mit durchaus gutem Grund: Denn die EU ist in der Tat genau zu jenem Zeitpunkt ins Negative gekippt, als sie begonnen hat, sich über ihren wirtschaftlichen Kern, über den Binnenmarkt hinaus zu einer Regulier-, Political-correctness-, Schulden-, Vertragsbruchs-, Migrantenimport- und Migrantenumverteilungs-Union zu entwickeln.

So sagte etwa auch H.C.Strache dieser Tage wörtlich: „Wir wollen eine EU als Wirtschaftsunion.“ Ja, völlig richtig. Das ist der entscheidende positive Kern. Aber warum begreift er nicht, dass er dann eigentlich flammend für solche Handelsverträge sein müsste? Die EU hat sie schon, als sie noch EWG oder EG hieß, immer in großer Zahl abgeschlossen. Sie sind ja das Wesen einer Wirtschaftsunion. Und jahrzehntelang hat niemand ein Problem in den Handelsverträgen oder in Schiedsgerichten gesehen.

Die Opposition gegen CETA und TTIP auf der politischen Rechten wird erst dann wirklich begreiflich, wenn man sie als Teil ihres Gesamtkrieges gegen die EU begreift. Dieser Kampf ist heute der zentrale Faktor eines fast europaweiten Erfolgszugs. Und da springt man auch dann auf eine Anti-EU-Kampagne auf, wenn diese den eigenen Intentionen widerspricht. Man tut dies umso mehr, als man in dieser Frage durch die Kooperation mit vielen Linken fast sicher eine Mehrheit zusammenbringen wird.

Das führt nun perverserweise dazu: Der wegen all der in der Tat gescheiterten Politikfelder wie Euro-Zentralbank, Schuldenmechanismus und Asylpolitik enorm angewachsene Zorn der Europäer auf die EU wird nun dazu genutzt, um die EU auch genau dort, wo sie so erfolgreich und wohlstandsvermehrend tätig war und weiter sein könnte, zu vernichten. Euro und Asylpolitik laufen hingegen unverändert weiter.

Bei manchen auf der politischen Rechten spielt zweifellos auch ein emotionaler Antiamerikanismus mit. Zum einen haben sich die USA des öfteren unziemlich in die jeweilige Innenpolitik eingemischt und dabei die Rechtspopulisten zu diskreditieren versucht. Dafür rächt man sich nun (und übersieht völlig, dass auch in den USA die Stimmen immer lauter werden, die gegen den Handelsvertrag sind. Dort gewinnt einerseits ein neuer Isolationismus immer mehr Anhänger und andererseits als Alternative der Slogan: "Vergesst Europa nund geht Richtung Asien".

Bei manchen ganz Rechten mag auch ein noch aus Kriegszeiten stammender Hass auf die USA mitspielen. Motto: „Wegen der Amerikaner haben wir den Krieg verloren.“ Das aber wird natürlich nie offen artikuliert.

Die Schwächen der wirtschaftlichen Vernunft

Warum aber ist auf der anderen Seite das Engagement der politischen Mitte und der wirtschaftlichen Vernunft für CETA und TTIP so schwach? Das hängt mit der Feigheit und Schwäche der Regierenden zusammen. In der EU amtiert die schwächste EU-Kommission seit ihrer Gründung – unter einem Präsidenten mit einem offensichtlichen Alkoholproblem.

Aber auch national sind die Regierungen schwächer denn je. In Österreich etwa hat sie es seit Jahren nicht einmal mehr gewagt, der hasserfüllten Anti-EU- und spezielle Anti-CETA/TTIP-Kampagne der Kronenzeitung entgegenzutreten. Die Koalition traut sich nicht mehr klar zu sagen: „Der Abschluss von Handelsverträgen ist seit 60 Jahren Kompetenz der EU/EG/EWG; es gibt absolut keinen Grund, warum das jetzt anders sein sollte. Überdies brauchen wir für Investitionen in unsere stagnierende Wirtschaft dringend rasche Aufschwungsignale.“

Die Regierung scheint völlig außerstande, gegen den geschlossenen und zweifellos aggressiven Widerstand von Grün/Blau/NGOs/Kronenzeitung eine Parlamentsabstimmung durchzubringen. Da müsste man ja endlich zu argumentieren anfangen.

Und jetzt hat sogar der bar jeder echten Erfahrung in der freien Wirtschaft angetretene neue Bundeskanzler gesagt: Irgendwie wolle er schon einen Handelsvertrag, aber bitte ohne Schiedsgerichte. Absurd. Das wäre wie ein Schnitzel ohne Fleisch, wie eine Fußball-Euro ohne Bälle.

Der Allerfeigste bei diesem Thema ist aber zweifellos der eigentlich zuständige Wirtschaftsminister. Er hat sich noch nie substanziell dazu geäußert!

Dabei gibt es in seinem Ministerium ganz exzellente Studien über den großen Vorteil der Handelsabkommen gerade auch für Österreich. Aber Herr Mitterlehner hat noch nie in seinem kompromisslerischen Leben für irgendetwas gekämpft. Er hat sich immer mehr vor Kronenzeitung oder sonstigen potenziellen Widersachern gefürchtet, als dass er für irgendetwas eingestanden wäre.

Jämmerlich versagt haben aber auch all die Wirtschaftsverbände, also Kammern, Industriellenvereinigung, Gewerkschaften. Während in Deutschland vergleichbare Verbände seit längerer Zeit mit Großalarm vor einer Tötung der Handelsabkommen warnen, weil sie wissen, was das bedeutet, regieren hierzulande in all diesen Verbänden geistige 68er. Statt sich um lebenswichtige Interessen der Wirtschaft (damit auch der Jobs und des Wohlstandes) zu kümmern und mit Nachdruck zu artikulieren, haben sie sich in absurden Fragen verzettelt.

So haben sie für eine altertümliche Gewerbeordnung gekämpft. So hat sich jetzt(!) die Industriellenvereinigung wieder für eine Fortsetzung der Völkerwanderung ausgesprochen. So haben diese Sozialpartner jahrelang eine Zertrümmerung der Gymnasien gefordert. Dabei verstehen sie von Bildung absolut nichts und werden selbst bitter leiden, sollte es wirklich jetzt auch noch zu einer Zerstörung der Gymnasien kommen. Sofern es dann überhaupt noch eine Industrie oder Vergleichbares in Österreich gäbe, die leiden könnte.

Würde man nicht selbst in diesem Europa leben, und samt seinen Nachfahren alle Folgen des sich kollektiv ausbreitenden Wahnsinns zu erdulden haben, könnte man das alles ja zynisch lachend von der Outlinie aus verfolgen. Motto: Geschieht ihnen Recht, wenn sie so blöd sind. Aber da man nun einmal selbst in diesem Europa lebt, kann man nicht lachen, sondern nur leiden.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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