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Der Tod des Wirtschaftsblatts – so what?

Wie das Amen im Gebet ertönt in Österreich beim Konkurs oder beim Zusperren eines Unternehmens der laute Ruf nach Steuergeldern. Für das Unternehmen, für die Mitarbeiter, für die Branche. Bei Medienunternehmen mit ihrer eingebauten Lautsprecherfunktion und der genetischen Angst der Politik vor den Medien (obwohl diese genauso unpopulär geworden sind) ist der Ruf besonders laut.

Aber in Wahrheit gibt es nur ganz selten einen Grund, mit öffentlichen Geldern einen Unternehmenstod zu verhindern. Den gibt es auch zur nunmehrigen Todesanzeige für das „Wirtschaftsblatt“ nicht.

Ich habe mich immer gefragt, welche Existenzberechtigung diese Zeitung überhaupt hat, wer sie eigentlich lesen soll. Das einzige erkennbare Konzept, dass jedes Klein- und Mittelunternehmen, das darin einmal vorgekommen ist, auch ein Abonnent wird, hat ja offensichtlich nie funktioniert. Und seit dem Abgang der Herren Tschebull und Washietl hat mich dort nur selten ein Autor interessiert - auch wenn es einzelne interessante Beiträge gegeben hat. Aber als Medium einzigartig und unverzichtbar war da gar nichts.

Die routinemäßigen Erklärungen der – an der Medienkrise übrigens neben dem Internet und dem Qualitätsverlust durchaus mitschuldigen – Gewerkschaft, dass die Sanierungsversuche der letzten Jahre den Tod des Wirtschaftsblattes verschuldet hätten, können nur noch einen Gähnreiz auslösen. So stereotyp kommen sie bei jedem Konkurs immer von Gewerkschaftern.

Dass die – dank der „Kleinen Zeitung“, etlicher kleinerer Medien und einige Jahre auch ein wenig dank der „Presse“ – einst kerngesunde Styria beim „Wirtschaftsblatt“ überhaupt eingestiegen ist, war halt eine der vielen katastrophalen und konzeptfreien Fehlentscheidungen des früheren Styria-Managements. So what? Grund für mehr Steuergeld ist das jedenfalls nicht.

Das Wirtschaftsleben besteht halt immer wieder auch im Sterben von Unternehmen. Es wäre ökonomisch eine absolute Katastrophe, das ständig verhindern zu wollen. Dennoch kann im Medienbereich argumentiert werden, dass hier eine wichtige öffentliche Funktion der pluralistischen Demokratie zu erfüllen ist. Denn ohne freie, pluralistische, lebensfähige und nicht-korrupte Medien kann es keine funktionierende Demokratie geben. Siehe Russland, siehe Türkei.

Allerdings kann eine öffentliche Finanzierungshilfe für die Medien nur dann legitim sein, wenn diese an ganz konkrete Ziele und Aufgaben im allgemeinen öffentlichen Interesse gebunden ist. Das könnte nur Interesse daran sein,

  1. dass in der Medienwelt ideologische und sonstige Vielfalt besteht (die es im einheitlich linken Umerziehungs-Mainstream Österreichs freilich nicht gibt),
  2. dass Qualität gefördert wird (Qualität!),
  3. dass österreichischer Content gefördert wird (nicht internationale Pop-Songs, Hollywood-Serienfilme, Astrologie und Star-Tratsch),
  4. dass öffentliche Inserate nur gemäß dem Vergabegesetz auch ab dem ersten Euro in voller Transparenz geschaltet werden dürfen
  5. und dass es keinerlei gekaufte redaktionelle Inhalte in geförderten Blättern geben darf (dass also weder von Unternehmen noch von der Politik aus Steuergeldern irgendwelche Bestechungszahlungen laufen dürfen).

Deutlich weniger Geld

Fände man Modelle, die das Geld nur entlang dieser Parameter fließen lassen – was extrem schwierig ist –, dann wäre eine finanzielle Förderung für Medien durchaus vertretbar und sinnvoll. Egal, wer der Eigentümer ist. Egal auf welchen technischen Schienen diese Medien mit den Konsumenten kommunizieren. In Papier, via Bild, via Ton, via Satellit oder Kabel oder via Internet.

Das würde auch keineswegs mehr Geld als heute erfordern, sondern sogar deutlich weniger. Man müsste nur wirklich alle öffentlichen Finanzierungen, Zwangsbeiträge und Förderungen, die heute schon auf schmutzigen oder missbrauchten Wegen in die Medien fließen, komplett neu und vor allem exklusiv entlang der skizzierten Parameter aufstellen.

Dazu gehören die ORF-Zwangsgebühren, die Bestechungsinserate und -kooperationen von Gemeinde Wien & Co, die Zwangseinschaltungen in der „Wiener Zeitung“, die diversen versteckten und getarnten Landesförderungen, Vertriebs- und Druckereiförderungen sowie die Bundespresseförderung (wobei die – mit weniger als neun Millionen sehr kleine und weniger als ein Prozent des ganzen Volumens ausmachende – Bundespresseförderung derzeit die einzige ist, die nicht korrupt ist, wo also nicht die Höhe der Förderung von der Willkür eines Politikers beziehungsweise der Willfährigkeit eines Mediums abhängig ist).

Addiert man all diese Förderungen, dann übersteigen wir die Grenze von einer Milliarde Euro. Jährlich. Würde man dann diese Summe halbieren (und den Rest zur Budgetsanierung oder Steuersenkung verwenden), könnte man brillant eine rein primär an Vielfalt und Qualität orientierte Medienlandschaft ermöglichen.

Man könnte. Aber niemand will oder traut sich.

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