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Der Kampf gegen die Bürokratie

Was macht die Regierung angesichts der Migrationskatastrophe, der Explosion der Arbeitslosigkeit, des aus dem Ruder laufende Pensionssystems, der Kriminalitätsentwicklung (um die wohl größten Probleme des Landes zu nennen)?

Die Antwort ist eindeutig: Sie geht keines dieser Probleme an. Sie belästigt uns statt dessen mit den täglichen Boulevard-Ideen irgendwelcher Pressesekretäre zur Füllung des Sommerlochs, wie etwa mit den Bankomatgebühren, mit dem von der Regierung geplanten Abriss von Hitlers Geburtshaus oder dem alljährlichen Vorschlag einer Ferienneuordnung für Schulen (wobei aber natürlich das einzige echte Problem völlig umgangen wird, dass die reine Unterrichtszeit im Lauf der Zeit signifikant abgenommen hat).

Gewiss, an der Untätigkeit bei den eingangs genannten wirklichen Problemen ist die total reformunwillige SPÖ hauptschuld. Aber auch von der ÖVP kommt abgesehen von gelegentlichen mutigen Vorstößen ihres – vom Parteiobmann völlig im Stich gelassenen – Klubobmanns und der Initiativen von Außen- und Innenminister zum Themenkreis Migration gar nichts.

Aber halt. Da ist ja doch etwas. Immerhin hat die Regierung groß eine „Entbürokratisierung“ angekündigt. Diese wäre in der Tat dringend notwendig. Wer könnte da nicht dafür sein?

Allein: Die meisten Österreicher haben diese Ankündigung schon viel zu oft gehört, als dass sie auch nur eine Sekunde daran glauben könnten. Es gibt über diese Erfahrung hinaus aber auch noch etliche aktuelle Gründe, daran zu zweifeln, dass es demnächst wirklich eine „Entbürokratisierung“ geben könnte:

  1. Die beiden aus den ÖBB beziehungsweise der Wirtschaftskammer gekommenen Regierungsspitzen haben diesbezüglich absolut Null persönliche Erfahrung. Die Stätten ihrer Prägung sind ja zwei monopolistische Zwangsanstalten meilenweit weg von der echten Wirtschaft gewesen, die unter der von der Politik verschuldeten Bürokratielast ächzt und stöhnt, sich aber gleichzeitig auf den Märkten behaupten muss. Und die in den letzten zehn Jahren immer stärker in die Frustration getrieben worden ist. Der Finanzminister, der fast als einziger echte Wirtschafts-Erfahrung hat, redet zwar oft sehr schön und richtig, hat aber noch nie etwas durchzusetzen verstanden.
  2. Statt irgendwelche Regeln abzuschaffen oder Steuern zu senken, hat diese Koalition als erstes ein Start-Up-Förderprogramm verkündet. Das zeigt, sie ist weiterhin tief im planwirtschaftlichen Denken verhaftet und glaubt offenbar ernstlich, solcherart die Wirtschaft wieder „entfesseln“ zu können (wie es Michael Spindelegger im letzten Wahlkampf versprochen hat). Jedes neue Programm führt zwangsläufig als erstes einmal zu einer neuen Bürokratie. Im Denken der Regierung können ja nur Beamte und Politiker richtig entscheiden, was zu fördern ist, nicht etwa Unternehmer oder Investoren, die dafür ihr eigenes Geld zur Verfügung stellen.
  3. Das jüngste Verfassungsgerichtshofurteil zur Präsidentenwahl führt zwangsläufig zu noch viel mehr Bürokratie. Das Gericht verlangt darin ja eine sklavische Umsetzung jedes Buchstaben des Gesetzes ohne jede Rücksicht auf Sinn und Notwendigkeit. Das wird sich nun jeder Beamte auch in anderen Verwaltungsbereichen zur Richtschnur machen. Zum Selbstschutz gegen höchstgerichtlichen Tadel, aber auch als bequemes Argument gegen jedes Ansinnen, auf überflüssige Schnörksel, Verzögerungen, Aktenläufe und Formalitäten zu verzichten.
  4. Selbst ohne dieses VfGH-Erkenntnis ist ein Beamtenapparat automatisch sehr reformresistent. Wobei von jenen – vor allem in Wien amtierenden – üblen Typen gar nicht geredet sei, welche die Vorschriftenflut als ideales Instrument zum korrupten Abkassieren benutzen (für sich oder die Partei).
  5. Fast hinter jeder Bürokratie steckt eine vom Gesetzgeber erlassene Norm. Ausformulierer vieler Gesetzesnormen sind zwar meist sadistisch veranlagte Regulierungssüchtler oder juristische Kontrollfreaks in den einzelnen Ministerien, die sich mit Hilfe des Legalitätsprinzips der Verfassung wichtig machen können. Aber noch viel mehr ist die Regulierungsflut und die dadurch geschaffene Bürokratie das Produkt artikulations- und durchsetzungsstarker Lobbys. Gegen deren Forderungen traut sich die Politik fast nie Nein zu sagen. Dazu gehören etwa:
  • Behindertenverbände (man denke beispielsweise an die exzessiv gewordenen Rollstuhl-Zugangsregeln: Jeder Arzt, jeder Anwalt ist neuerdings Rechtsbrecher, wenn am Weg zu seinem Büro Stufen zu bewältigen sind),
  • Gewerkschaften und Arbeiterkammer (sie haben die Schikanen gegen Unternehmen etwa durch die gesetzliche Pflicht, Dutzende Beauftragte für alles Mögliche zu unterhalten, gewaltig gesteigert),
  • Wirtschaftskammern (man denke nur an die Schikanen der Gewerbeordnung),
  • NGOs (die sich immer mehr als Überregierung profilieren und gleichzeitig von Unternehmen Schutzgeld erpressen, etwa für papierene Bescheinigungen, dass man eh kein illegal geschlägertes Holz oder Kinderarbeit nutze),
  • Umweltaktivisten (die jedes Verkehrsbauwerk und viele Investitionen oft auf Jahrzehnte behindern oder ganz verhindern können),
  • die Gutmenschindustrie (die am meisten von den ständig steigenden Ausgaben für das Wohlfahrtssystem und die Völkerwanderung profitiert. Die, um wieder nur ein Beispiel zu nennen, etwa durchgesetzt hat, dass sie für jeden – angeblich – unter 18-Jährigen „Schutzsuchenden“ 95 Euro pro Tag bekommt),
  • etliche Industrie- und Gewerbebranchen (ja, auch die sich nach außen gerne antibürokratisch gebende Wirtschaft ist an vielen Regulierungs- und Vorschriftsexzessen schuld: Man denke an die Pflicht zu doppelten Lifttüren, die der Aufzugsindustrie tolle Zusatzumsätze verschafft hat; man denke an den Boom der Installations- und Heizthermen-Branche durch den Zwang, immer teurere energiesparende Geräte anzuschaffen; man denke an die Fahrschulen, die von Jahr zu Jahr von noch strengeren Vorschriften für den Führerscheinerwerb profitieren).

Um gegen diese gewaltige Front wirklich erfolgreich und nicht nur rhetorisch anzutreten, bräuchte es eine starke Regierung, die einen Konflikt auszuhalten imstande ist. Die es durchsteht, wenn die Lobbys und ihre PR-Agenturen die Medien gegen die Regierung aufhetzen (weil sie eigentlich wissen müsste, dass solche Aufregungen ohnedies immer nur ein paar Tage halten). Die den Mut hat zu sagen: „Wir brauchen nicht gleich ein Gesetz, eine neue Regel und die dazu gehörende Bürokratie, wenn etwas passiert oder wenn jemand ein Problem artikuliert. Viel wichtiger ist es, Hunderte Seiten Gesetze und Verordnungen außer Kraft zu setzen. Dann wird man sehen, welche zwei Regeln darunter vielleicht noch irgendwie nützlich gewesen wären.“

Wer vermag daran zu glauben, dass wir eine Regierung hätten, die den Mut und die Energie dazu hat? Wer sieht nicht, dass die meisten Ministerbüros nur noch ein einziges kurzfristiges Ziel haben: „Wie kommen wir morgen in den Medien gut unter?“ Das schafft man halt nur, wenn man den Populismus von NGOs&Co mitmacht, wenn man auf die wöchentliche mediale Aufregung mit einer wöchentlichen neuen Regulierung reagiert.

Zu all dem fände man wohl nur aus einem verwurzelten Liberalismus und Patriotismus heraus die nötige Kraft. Nur so wäre man imstande, weniger an den (ohnedies nur vermeintlichen) kurzfristigen eigenen Erfolg als an den langfristigen des Vaterlandes zu denken.

Als Beweis für meine Skepsis kann schon die erste Aktion der „New-Deal“-Regierung dienen: Sie hat eine große Kommission eingesetzt, um gegen sogenannte Hass-Postings vorzugehen. Das ist nur noch lächerlich. Denn die widerlichen Postings, Tweets und Facebook-Einträge, die irgendjemandem Mord und Pest wünschen, stehen ungefähr an dreihundertster Stelle der wirklichen Probleme Österreichs. Jedoch die linken Mainstream-Medien, die linkspalästinensische Staatssekretärin der SPÖ und der ÖVP-Justizminister machen sie zum Zentralproblem (ich werfe schon seit Jahrzehnten solche an mich gerichtete Texte direkt in den Papierkorb, den echten oder den elektronischen. Ich habe, als mir ein Herr Armin Wolf auf Twitter öffentlich Drogenkonsum unterstellt hat, was zweifellos klagbar war, nicht einmal mit dem Ohrwaschel gewackelt).

Jetzt aber sind solche ungustiösen Enuntiationen offenbar das zentrale Problem dieser Regierung. Man kann sicher sein, die Regierung wird darauf mit weiteren neuen Bürokratien, Regeln, Institutionen antworten. Sie wird sich wie in den letzten zehn Jahren gehabt in Pipifax-Problemen verlieren und Null Energie, Zeit und Willen für die wirklich großen Aufgaben haben.

 

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