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Parole, Parole, Parole – oder: Was man der ÖVP schenken sollte

Die Spitzen der Volkspartei werden wie viele Österreicher alles Mögliche gut Gemeinte unter dem Christbaum finden. Dabei wird jedoch nicht das sein, was sie am dringendsten bräuchten. Aber es gibt für alle einen Ausweg, die nicht das Benötigte bekommen: Man kann sich’s ja auch selber schenken.

Was die ganze politische Klasse, aber die Herren Mitterlehner, Schelling & Co jedenfalls am meisten bräuchten, wären zwei Dinge: Mut und eine klare, verständliche Sprache. Beides haben sie völlig verloren (wenn sie es jemals hatten). Statt dessen hört man nur noch sinnentleerte Worte, Worte, Worte, mit denen die eigene Mutlosigkeit und Entscheidungsunfähigkeit kaschiert werden soll.

Jüngstes Beispiel für die Pest des Politkauderwelschs ist das bei der ÖVP erfundene Wort der „kapazitätsorientierten Obergrenze“ für die Aufnahme von „Flüchtlingen“. Kein Mensch versteht, was damit eigentlich genau gemeint ist. Man ahnt nur düster, dass es genau das Gegenteil einer „Obergrenze“ bedeutet, was man aber nicht sagen will. Denn sonst könnte man ja einfach sagen: „Obergrenze“. Oder noch klarer: „Die Obergrenze ist erreicht.“

Das Wort „kapazitätsorientiert“ ist ein totaler Gummibegriff. Er lässt sich nicht definieren. Er erinnert daran, dass soeben eine linke Journalistin über die nicht benutzten Wohnungen in Österreich geschrieben hat, in denen man doch Asylwerber unterbringen könnte. Da es in Österreich Hunderttausende Zweitwohnsitze und Wochenendhäuser gibt, ist offenbar noch für viele weitere Hunderttausende Kapazität.

Und wenn auffällig oft von der politmedialen Klasse auf die Zeit nach 1945 verwiesen wird, werden damit Zwangseinquartierungen etwa von Bombenopfern auch in bewohnte Wohnungen angesprochen. Und heute kann man ja noch in Millionen Wohnzimmer ein Stockbett hineinstellen. Von etwaigen Gästezimmern oder Kinderzimmern eines auswärts studierenden Nachwuchses gar nicht zu reden. Da stehen eh schon die Betten drinnen. Also: Es gibt fast grenzenlose „Kapazitäten“, bis Mitterlehner seine Obergrenze findet.

Das „strukturelle Nulldefizit“

Es ist auch bei anderen Themen üblich geworden, einen Begriff durch ein hinzugestelltes Wort insgeheim ins Gegenteil zu verdrehen. Nach Art eines der Gehirnwäsche dienenden „Wahrheitsministeriums“.

So sprechen Regierung und EU nicht mehr von einem „Nulldefizit“, sondern nur noch von einem „strukturellen Nulldefizit“. Was in Wahrheit nur tarnen soll, dass man das Ziel eines Nulldefizits aufgegeben hat. Das bedeutet, dass die Staatsschulden immer weiter wachsen werden (bis zum Staatsbankrott). Klarerweise macht alles genauso Schulden, was über die Einnahmen hinaus ausgegeben wird, egal ob es“ strukturellen“ oder nicht „strukturellen“ Zwecken dient. Was auch immer der Unterschied sein mag.

Eine Dekade früher hat man mit der Phrase „über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Budget“ getrickst. Das Budget war (natürlich) nie ausgeglichen. Der „Konjunkturzyklus“ hat sich ja immer erst lange im Nachhinein definieren lassen. Und die Konjunkturerholung ist immer erst für das kommende oder übernächste Jahr angekündigt worden. Fürs jeweils laufende Jahr hat man sich daher immer das Schuldenmachen erlaubt.

Noch brutaler versuchen die Wiener Rathaussozialisten einen ähnlichen Sprachtrick zur Bemäntelung der Schuldenmacherei. Sie seien eh für ein Nulldefizit, aber man müsse zuvor alle Investitionen aus den Ausgaben herausrechnen. Die werden im Denken von Sozialisten offenbar mit Luft und Liebe finanziert. Dabei hat die Gemeinde Wien echte Investitionen, die in der Wirtschaft später einen Profit bringen, noch nie zustandegebracht. Gerade in Wien sind viele „Investitionen“ sogar schon nach wenigen Jahren wieder abbruchreif. Man denke an das erst 1980 gebaute Gemeinde-Rechenzentrum an der Zweierlinie oder an die ähnlich junge Wirtschaftsuniversität in der Spittelau. Ebensowenig haben die „Investitionen“ in die ersten U-Bahn-Züge jemals Rendite gebracht – diese werden aber schon zunehmend durch neue Garnituren ersetzt.

Defizite ohne Defizitverfahren

Auch der jetzige ÖVP-Finanzminister Schelling sucht bloß ständig nach Ausreden, um weiter Schulden zu machen. Deshalb empört er sich darüber, dass die der „Flüchtlinge“ wegen stark steigende Verschuldung zu einem Defizitverfahren vor der EU führen könnte. Diese Schulden seien doch aus „Hilfsbereitschaft“ zustandegekommen, da könne man sie doch Österreich nicht vorhalten, ist Schellings krause Argumentation.

Ein absurdes Argument. Denn Schulden sind Schulden und belasten die Zahlungsfähigkeit, egal aus welchem Motiv heraus sie zustandegekommen sind. Im Übrigen gibt es ja auch für alle anderen Staatsausgaben in den Worten der Politik jeweils total edle Motive. Gesundheitssystem, Pensionen, Schulen, Polizisten, Eisenbahn, die immer mehr Menschen zufließende Gratis-Grundsicherung usw.: Überall rühmt sich die Politik der eigenen Hilfsbereitschaft.

Die Österreicher wissen aber im Gegensatz zu Schelling: Das alles muss finanziert werden. Und zwar von ihnen selbst. Egal ob es jetzt die EU genehmigt (was sie eh tun wird, weil dort ja fast lauter Schellings sitzen) oder nicht. Ziemlich traurig, dass ein Finanzminister diese Tatsache ignoriert und wie die Griechen so tut, als ob nur die EU und nicht das nationale Eigeninteresse aller Bürger dem Schuldenmachen im Weg steht.

Lügen von Gesamtschule bis Kriegsflüchtlinge

Ein anderes Beispiel aus der Lügenkiste der Politiksprache ist die „leistungsorientierte Gesamtschule“. In Wahrheit bedeutet absolut jede Form der Gesamtschule eine Reduktion der schulischen Leistung gegenüber einem differenzierten Schulsystem.

Auch „Kriegsflüchtlinge“, zu denen die Politik heuer alle Syrer automatisch gemacht hat, ist eine manipulierende, die wahren Fakten verwischende Formulierung. Denn ganz abgesehen davon, dass bei weitem nicht alle Syrer unmittelbar vor Kriegshandlungen aus Syrien geflüchtet sind (viele etwa flüchten vor dem Militärdienst in der syrischen Armee, andere aus wirtschaftlichen Gründen): Wer unmittelbar vor Kriegshandlungen flüchtet, hat lediglich das Recht, aus dem ersten sicheren Land, das er erreicht (also: Libanon, Jordanien, Türkei), nicht abgeschoben zu werden. Er hat aber keinen Anspruch auf politisches Asyl. Und schon gar nicht hat er das Recht, nach freier Wahl in jene Länder zu ziehen, wo es am meisten Geld und Wohlfahrtsleistungen gibt. Daher sind die allermeisten Syrer – von den vielen anderen Teilnehmern der Völkerwanderung ganz zu schweigen – keine „Flüchtlinge“ gemäß dem Text der Genfer Konvention.

Dann findet man bei Mitterlehner endlich eine behutsame, sprachlich nur im Politjargon verständliche, doch im Kern richtige Aussage: Die Mindestsicherung soll kein "Pullfaktor" für "Flüchtlinge sein, also sie solle nicht so hoch sein, dass diese primär hierher kämen, um diese (üppige) Mindestsicherung zu kassieren. Damit hat er endlich ein ganz zentrales Problem angesprochen. Doch was sagt er dann gleich im nächsten Satz? Das sei "mit gebotener Sensibilität" zu diskutieren. Also: Gleich wieder Angst vor der eigenen Courage gehabt...

Die „gesamteuropäische Lösung“

Am schlimmsten aber belügt sich und uns jeder Politiker, der angesichts der Völkerwanderung noch immer von „gesamteuropäischen Lösungen“ spricht. Denn damit sagt er im unausgesprochenen Klartext: „Ich will gar keine Lösung. Ich habe nicht den Mut zu konkreten Maßnahmen. Die Völkerwanderung soll halt weitergehen.“

Um nicht missverstanden zu werden: Auch mir wäre es zehnmal lieber, gäbe es gesamteuropäische Lösungen. Aber wenn das ablaufende Jahr eine klare Lehre gebracht hat, dann die, dass es eine gesamteuropäische Lösung nie geben wird.

Seit Sommer wird lediglich ein funktionsuntüchtiges Modell nach dem anderen auf wichtig tuenden EU-Sondergipfeln herumgereicht. Aber keines davon funktioniert (gemeinsames Asylrecht, Schutz der Außengrenze, Grenztruppe, Abkommen mit der Türkei, Hot Spots, Syrienlösung). Und die alten (Schengen, Dublin) funktionieren nicht mehr, seit sich die EU in hybrider Anmaßung für die Lösung aller humanitären Weltprobleme verantwortlich erklärt hat.

Besonders bezeichnend ist der jüngste EU-„Plan“: Eine 1500-köpfige Polizeieinheit soll auch gegen den Willen der betroffenen Staaten an der Außengrenze eingesetzt werden. Natürlich werden weder Griechenland noch Italien eine solche Besatzungstruppe hereinlassen (und auch das österreichische Bundesheer wird die beiden Länder wohl nicht dazu zwingen können, selbst wenn es mehr als einen Abfangjäger einsatzbereit hätte). Ganz abgesehen davon, dass die Schlepper dann halt ihre Routen links und rechts an dieser Mini-EU-Truppe vorbei wählen würden.

Aber am peinlichsten ist, dass über dieses ganze Projekt frühestens im nächsten Sommer ein EU-Beschluss fallen wird. Wenn überhaupt. Bis dahin wird man uns vorgaukeln, dieses untaugliche Projekt würde eine Lösung bringen. Und dazwischen geht die Völkerwanderung munter weiter.

Spätestens seit das klar ist, hätte die österreichische Regierung absoluten Handlungsbedarf. Einer gesamteuropäischen Lösung kann man nachtrauern, nachweinen. Ich tue das. Aber ich weiß heute: Sie wird einfach nie funktionieren.

Daher muss, daher müsste die Regierung selbst handeln, würde sie ihren Amtseid noch ernst nehmen. So wie Ungarn oder Australien. Sie müsste den Mut zu klaren Worten und Taten haben. Sie müsste einen wirksamen Zaun bauen. Sie dürfte nur noch hereinlassen, wer konkret persönliche Verfolgung nachweisen kann. Alle anderen „Flüchtlinge“ sind abzuweisen oder abzuschieben oder dauerhaft in Lagern unterzubringen. Zugleich sind die vielen Benefizien für Asylwerber drastisch herunterzuschrauben. Nur mit diesen beiden Maßnahmenbündeln kann der Ansturm noch gestoppt werden.

Sollte hingegen Deutschland weiter an der Merkelschen Willkommen-Politik festhalten, dann sind immer genauso viel Menschen durch Österreich zu transportieren, wie Deutschland dann übernehmen will.

Genau das wollen zwei Drittel der Österreicher. Genau das will auch die klare Mehrheit der ÖVP-Wähler. Und sie halten es einfach nicht mehr aus, mit „kapazitätsorientierten“ und „gesamteuropäischen“ Worthülsen beschwichtigt und betrogen zu werden. Ihnen ist Österreich, ist die eigene Zukunft wichtiger als irgendwelche Politikerfeigheiten als irgendein inhaltsfreies Wortgedresche. Sie brauchen keinen zweiten Faymann.

 

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