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Sebastian Kurz, der Einäugige unter Blinden

Der Außenminister hat die bisher substanziellsten Vorschläge aller Politiker zum weitaus größten Problem Österreichs gemacht, also zu der alle Dimensionen übersteigenden Völkerwanderung. Das offizielle Österreich hat diese ja bisher widerstandslos hingenommen. Das von Kurz vorgelegte Konzept ist ein positiver Kontrast zur Dauer-Absonderung von Gutmenschphrasen durch Politik und Medien und zu den das Grundproblem ausklammernden Aufteilungsstreitereien.

Damit stellt Kurz auch einen erfreulichen Gegensatz zu seinem eigenen Parteiobmann dar. Denn dieser hat sich in einem ORF-Auftritt ganz der „Bitte, kommt nur alle und bitte noch viel zahlreicher“-Haltung von Grün, Pink, SPÖ-Wien, ÖVP-Tirol und einigen Bischöfen angenähert.

Die Vermutung ist groß, dass sich hinter diesem Gegensatz ein veritabler Eifersuchtskonflikt zwischen Kurz und Mitterlehner verbirgt. Dieser wird den Freunden des Freistilringens noch viel Spaß bereiten.

Die Kurz-Positionen stehen jedenfalls auch in deutlichem Kontrast zum nächsten Heißluft-Ballon, den die Regierung jetzt zur Ablenkung der erzürnten Volkes aufsteigen lässt: Sie setzt den Raiffeisen-Veteranen Christian Konrad als Flüchtlingsbeauftragten ein. Gelernte Österreicher wissen freilich: Noch nie hat irgendein „Beauftragter“ irgendein Problem gelöst. Kompetenzen hat er ja keine. Deren Installierung dient immer nur dazu, um die Medien ein paar Tage zu füttern. Dann geraten sie wieder in Vergessenheit.

Die Vorteile und Defizite des Kurz-Plans

Freilich ist auch der Kurz-Plan halbherzig und unzureichend. Der junge Außenminister ist nur der Einäugige unter Blinden. Aber immerhin: Er sieht wenigstens ein Stück weiter als der Rest der Politik.

Daher zuerst das Positive: Kurz wagt es, nach militärischen Einsätzen gegen die Terrormiliz IS zu rufen. Das drängt sich in der Tat als notwendig auf. Denn Gebete, Diplomatengewusel und entsetzte Ausrufe von NGOs und Völkerrechtlern haben sich leider als wirkungslos gegen den Vulkanausbruch des Wahnsinns im Nahen Osten und dessen immer stärker auch Österreich überziehende Lavaströme erwiesen.

Kurz hat auch recht, wenn er Sicherheits- und Pufferzonen in Nordafrika verlangt, von denen aus Anträge für die Einwanderung nach Europa gestellt werden können. Ebenso recht hat er, wenn er einen verstärkten Außengrenzschutz für Europa, die Deklaration sicherer Herkunftsländer und die Errichtung von Aufnahmezentren in Griechenland und Italien verlangt.

Alles richtig. Und hundertmal besser als das hilflose Betroffenheitsgejeier der gesamten übrigen Staatsspitze. Oder das Herumgerede seines Parteiobmanns im ORF, Österreich bräuchte eine „Schubumkehr“. Mitterlehner hat diesen Ausdruck zwar nicht definiert (der ORF-Interviewer hat lieber einen dämlichen Fragezettel abgearbeitet, statt da nachzuhaken). Mitterlehner wollte damit aber offensichtlich eine größere Aufnahmebereitschaft der Österreicher gegenüber der Völkerwanderung verlangen.

Das hat viele Fernsehzuschauer zur Empörung und viele bisherige ÖVP-Wähler zur Verzweiflung veranlasst. Diese haben nur noch Kurz als letzten Hoffnungsschimmer.

Aber auch dessen Konzept ist in Wahrheit nur halbherzig (und ein halbes Jahr zu spät). Der Außenminister geht nämlich etlichen der heikelsten Fragen aus dem Weg.

Und wie ist das mit der „Neutralität“?

Denn letztlich ist es nur peinlich, wenn ein österreichischer Politiker nach militärischen Interventionen ruft, dabei aber nicht zugleich das Problem „Neutralität“ anspricht. Unter Wolfgang Schüssel war die ÖVP noch so mutig, die Abschaffung der Neutralität zu verlangen. Seit einem Jahrzehnt jedoch hat sie dieses Thema wieder tabuisiert.

Wenn ein Österreicher „militärische Einsätze“ vorschlägt, verlangt er im Grunde, dass die Amerikaner bis zum letzten GI kämpfen, Österreich aber in der Deckung der Neutralität bleiben kann. Nur: die Amerikaner denken nicht daran, mehr zu tun, als sie ohnedies jetzt schon zur Bekämpfung des IS tun. Was immerhin mehr ist, als jedes EU-Land tut. Oder die Türkei.

De Europäer und die Österreicher mit ihrem jetzt schon enorm hohen Anteil an Moslems sind von IS&Co zehnmal mehr bedroht als die Amerikaner. Österreich muss sich, müsste sich daher selbst militärisch engagieren, damit diese Bedrohung militärisch gelöst werden kann. Die EU wird nämlich militärisch nur dann etwas machen, wenn auch alle Mitglieder mittun. Und die restliche Welt wird nur dann etwas tun, wenn das die EU an vorderster Front tut.

Bleibt die PKK tabu?

Es gibt aber auch noch eine zweite Antwortmöglichkeit auf die Bedrohung durch IS, Al-Kaida, Taliban & Co. Das ist, das wäre eine Unterstützung für deren effizientesten Gegner. Also für die kurdische PKK und deren diverse Schwestermilizen. Wenn man sich aus (schlechten, aber nachvollziehbaren) Gründen nicht selbst engagieren will, sollte wenigstens dieser PKK geholfen werden.

Jedoch: In Österreich ist die PKK noch immer so wie in vielen anderen Ländern der EU verboten! Das ist das absolute Gegenteil dessen, was klug wäre. Das wird auch nicht von der Neutralität verlangt.

Freilich: Würde Österreich auf eine Unterstützung der PKK einschwenken, dann gäbe es sofort anderswo Probleme. Denn die Erdogan-Türkei sieht in der PKK einen viel ärgeren Feind als im IS. Auch Deutschland und andere EU-Länder wären wegen ihrer Bindung an den Nato-Partner Türkei nur sehr mühsam von einer PKK-Unterstützung zu überzeugen.

Aber ebenso klar ist: Wenn niemand anfängt mit dieser Überzeugungsarbeit, dann wird sie nie stattfinden.

Auch die vielen heute in Österreich lebenden Türken würden einen prokurdischen Schwenk nicht ohne heftige Demonstrationen hinnehmen. Diesen Protesten würden sich auch die vielen ebenfalls schon hier lebenden arabisch-pakistanisch-afrikanischen Islam-Fundamentalisten anschließen. Aber hoffen wir, dass dieses Szenarien noch nicht die Linie der österreichischen Regierung beeinflussen. Auch wenn ich mir da nicht mehr so sicher bin.

Sicherheitszonen alleine sind sinnlos

Kurz hat neben der militärischen Dimension noch eine weitere Palette an Maßnahmen gegen die Völkerwanderung vorgeschlagen: Außengrenzschutz, Sicherheitszonen, Aufnahmelager an den Außengrenzen. Freilich ist ihm auch da – bei allem Lob, dass wenigstens einer in der Regierung über den Tellerrand hinauszudenken versucht, – der Vorwurf der Halbherzigkeit nicht zu ersparen.

  • Denn erstens: Die Einrichtung von Sicherheitszonen etwa in Libyen braucht erst recht wieder eine robuste – im Völkerrechtsjargon: „friedensschaffende“ – militärische Sicherung. Sonst ist das in einer völlig gesetzlosen Region absolut unmöglich. Diese Frage schneidet Kurz aber nicht an. Dabei kann es aber noch weniger Zweifel als bei einem direkten Kampf gegen den IS geben, dass sich Österreich da voll beteiligen müsste.
  • Zweitens: Bei einer Realisierung dieses Konzepts würde sofort die ganze Asyl-Industrie Caritas-Diakonie-Rotes-Kreuz sowie die Grünen vor Wut aufheulen. Die sind ja in Wahrheit gegen alles, was den Migrantenstrom bremsen könnte. Aber zweifellos würden auch irgendwelche Völkerrechtler sofort den Kopf wiegen und etwas von „neutralitätswidrig“ brabbeln.
  • Drittens wäre das Bundesheer nach seiner Demontage kaum noch imstande, bei irgendetwas mitzumachen. Überdies werden derzeit gerade die letzten noch vorhandenen Soldaten zum Essenausteilen in Immigrantenlagern abkommandiert (und vermutlich auch zum Kloputzen).
  • Der vierte Grund, warum diese Kurz-Vorschläge leider nur als halbherzig bezeichnet werden können, ist noch viel gravierender. Lager und Sicherheitszonen sind nur dann sinnvoll, wenn dorthin ausnahmslos alle illegal nach Europa gekommenen Migranten hingebracht würden. Denn sonst brächten solche Lager nur das Gegenteil des Beabsichtigten, nämlich eine weitere Vergrößerung des Menschenstromes: Einige Migranten würde dort zwar Zwischenstation machen und einmal schauen, ob sie als Asylanten genehmigt werden. Alle aber, denen das nicht gelingt, und jene, die am Weg nach Europa diese Lager von vornherein ignoriert haben, werden weiterhin illegal nach Europa kommen.

Daher wird trotz aller Investitionen in Sicherheitszonen und Lager letztlich die Völkerwanderung noch größer werden als heute, sollte die EU nicht wirklich alle aufgegriffenen Illegalen in diese Lager bringen. Müssen die illegalen Immigranten nämlich nicht damit rechnen, dann werden fast alle von ihnen in Europa bleiben. Und noch viel mehr werden nachkommen. Dazu haben Sie viele Möglichkeiten wie:

  1. Die Erlangung eines humanitären Aufenthaltstitels,
  2. jahrlange juristische Verfahren mit allen verschleppenden Winkelzügen der NGO-Anwälte,
  3. Zeugung eines Kindes mit einer EU-Bürgerin (was auf Grund der Judikatur der europäischen Gerichtshöfe ein „Recht auf Familie“ samt Bleiberecht auslöst),
  4. Verurteilung wegen Drogenhandels (denn danach werden sie von Österreich nicht in ihre Heimat abgeschoben, weil ihnen dort die Todesstrafe droht),
  5. Beschaffung gefälschter Dokumente,
  6. Leben als U-Boot mit illegaler Arbeitstätigkeit, was in manchen Ländern relativ leicht ist.

Nur die Australien-Strategie wirkt

Das australische Gegenbeispiel zeigt: Sobald eine solche Strategie konsequent umgesetzt wird, hört der Flüchtlingsstrom binnen kurzem auf. Aber nur dann. Sonst hilft leider gar nichts.

Eine konsequente Abschiebung in solche Lager hätte noch einen weiteren positiven Effekt: Hunderttausende junge Männer aus Syrien müssten dann erkennen, dass das einzige, was sie für ein besseres Leben ihrer Familien tun können, die Beteiligung am Kampf gegen den IS-Wahnsinn in ihrer eigenen Heimat ist.

Europa müsste zugleich aber etwas nachholen, was es schon lange tun hätte sollen, was sowohl humanitär richtig wie auch im eigenen Interesse Europas wäre: Es müsste großzügig den Bau und die Versorgung von menschenwürdigen Flüchtlingslagern am Rande der Krisengebiete finanzieren. In der Türkei, im Libanon, in Jordanien, im Südsudan, in Nigeria, in Äthiopien – und wo auch sonst immer Kriege oder Diktaturen Menschen bedrohen. Für Kinder und Alte, für Frauen und Kranke.

Daneben sollten alle jene Länder Europas, die auf Grund des Geburtendefizits einen Arbeitskräftebedarf haben, großzügige Angebote zur geordneten Immigration machen.

Das Regierungs-„Konzept“

Aber zurück in die wirkliche Welt und nach Österreich: Das, worauf sich die Koalitionsspitzen jetzt als neues „Flüchtlingskonzept“ geeinigt hat, ist leider viel schwächer als das Kurz-Papier. Statt dass man seine Ideen aufgreift und verbessert, hat man nur neuerlich ein mit vielen Phrasen notdürftig getarntes Eingeständnis der eigenen Überforderung und Ratlosigkeit produziert.

Die einzige lobenswerte Ausnahme: Die Strafen für Schlepper sollen deutlich verschärft werden. Diese sind derzeit so gering, dass sie nicht einmal den Hauch einer Abschreckungswirkung haben.

Aber schauen wir einmal, ob wenigstens das Gesetz wird. Oder ob es von den Grünen, auf die sich Rotschwarz derzeit voll abstützt, noch hinausreklamiert wird. Schließlich sind die Schlepper für echte Linke ja die wahren Guten.

PS: Reinhold Mitterlehner hat mit seiner Bemerkung im ORF absolut recht, dass auch die FPÖ keine Konzepte zur Asylantenfrage vorgelegt hat. Er vergisst aber: Die FPÖ ist in der Opposition, er aber ist in der Regierung. Und nur die Regierung muss handeln. Eine Opposition nicht.

PPS: Beklemmend ist, dass Mitterlehner eine ganze ORF-Interview-Stunde lang nicht einmal einen Hauch der Kritik an der SPÖ zu äußern gewagt hat.

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