Verspektiven 2015/21-26

2015/21
Der Wiener ganz besonders meidet anzuecken,
will lieber „Obertanen“- Stiefel lecken.
Für jene schön, die an die Macht sich hieven,
dass wir, wer immer grade lief, nachliefen!
Nur einmal waren Revoluzzer unsre Ahnen,
längst sind wir wieder brave Untertanen.
Zu denken demokratisch gar nicht geht
bei solch Gehorsamkeits-Mentalität.
Zu raunzen – ja, sich wehren – ist uns fremd,
selbst wenn man auszieht uns das letzte Hemd.
Ob ich das nicht zu düster sehen tät‘?
Ich denke halt an die Majorität.

2015/22
Jetzt schon vierhunderttausend Arbeitslose?
Die Zahl ist eine recht bedenklich große;
doch ist das von der Wahrheit nur ein Teil:
vertuscht wird noch einmal so viel da, weil
man zählt nicht mit dazu Frühpensionisten,
obwohl ja alle Österreicher es doch wüssten,
von ihnen werden viele mitgeschleppt,
wo jeder auch von Steuerzahlern lebt.
Wirtschaft und Staatshaushalt tun sich sehr schwer,
das BIP ist schwach bei derart viel „Transfer“.

Fürs BIP hat zusätzlich noch mehr Gewicht,
dass es dem Land an Produktivität gebricht:
Man rechnet in den (größeren?) Betrieben,
sie werden nur erfolgreich angetrieben
und bringen Leistung, Werte und so weiter
von einem Drittel aller Mitarbeiter!
Zwei Drittel „machen Job“ halt notgedrungen –
das sieht man leider oft grad bei den Jungen.
(Klar: da die Politik seit Langem predigt:
„Arbeit ist pfui!“ – womit sie alle schädigt.).
Von Lehrern schon wird „Arbeitswelt“ verteufelt,
am Sinn von Tüchtigkeit bald einer zweifelt.
Schaut in Büros, erst recht auch bei Behörden,
wie viele da zu Schlendrianen werden!
Auch ist ja alles andre als gescheit,
verwechselt Arbeitsplatz und Arbeitszeit
mit Leistung man, Erfolg und Tüchtigkeit:
Sitzt wer am Arbeitsplatz auch 60 Stunden,
tut nichts für den Betrieb und für die Kunden,
ists sinnlos: er wird keine Werte schaffen,
genau so, wie wenn säßen dort zehn Affen.

Ja, zwischen „Tun“ und „Nichtstun“ liegt ein Feld,
das den Politikern sehr gut gefällt:
man kann dort „Arbeitsplätze“ finanzieren,
die freilich nur zu null an Werten führen;
so etwa sollen Bauarbeiter bauen,
was dann vielleicht großmächtig anzuschauen,
doch keiner kauft es, keiner zahlt da Mieten –
das Geld könnt‘ man auch in Kanäle schütten. –
Ja, Leistungsschwäche gibt’s auch anderswo;
doch nirgends sind die Zahl und Kosten so
exorbitant wie grade nur in unserm Land
von Leuten im „verdienten Ruhestand“.
Die Leistungsträger sind längst Minderheit –
die Mehrheit wächst – geht das noch eine Zeit?
Es geht schon jetzt nicht mehr – hat man’s kapiert?
Mit Schulden, Schulden wird es noch kaschiert.

2015/23
Typisch: Österreicher bilden sich
durch die Gratisblättchen hinlänglich
über Morde, Sport und Popmusik –
kümmern sich nicht um die Politik;
und so schröpfen die Politiker
alle andern immer mehr und mehr.

2015/24
Erpresser! Schrei ich allen Euch laut ins Gesicht.
Das Geld, das ihr uns liehet, haben wir längst nicht!
Kredite gabt ihr uns, geschäfts- und zinsengeil,
natürlich lebten wir davon zum größten Teil.
Kredite jetzt nicht mehr erhöhen. Wie verdreht!
Und wo bleibt die beschwor‘ne Solidarität?!
Ihr könnt, ihr gaunerhaften Wohlstands-Missgestalten,
uns Griechen – zwei Prozent Europas! – doch erhalten!
Was ihr auch vorschlägt, kann mehr Armut uns nur bringen –
warum könnt ihr nicht euer Volk zum Hungern zwingen?! –
Einst lehrte Aristoteles – denkt doch zurück! –,
jetzt Varoufakis euch die wahre Politik.

2015/25
Die Weltwirtschaft – so unkte Roda Roda schon -
beruht auf einem Irrtum, einer Illusion:
dass nämlich Schulden je zurück gezahlt auch werden.
Ob heutige Politiker davon was hörten?
Mit Schuldenbergen wollen sie ihn ehren – oder
kapierten sie nicht, dass nur scherzte Roda Roda.

2015/26
Ja, Österreich geht langsam unter – samt den Bundesländern;
die Landesfürsten wollen ihre Macht und sonst nichts ändern.
Und rinnt dem Landeshauptmann Wasser schon zum Mund hinein - er röchelt aus Gewohnheit noch: nein, nein zum Bund, nein! Nein!

Dr. Günther Voith ist Jurist und Unternehmer. Er hat lange die Inzersdsorfer Nahrungsmittelwerke geführt, war Vorstandsmitglied der Industriellenvereinigung, Mitglied des Österreich-Konvents, der Staatsaufgaben-Reformkommission und Lehrbeauftragter. Er hat soeben ein 600-Seiten-Buch „Reimekraut und Schüttelrübern" herausgebracht mit Alltags-Gedichten und Schüttelversen. Sie sind kritisch, persönlich, menschlich, politisch, zum Besinnen und zum Schmunzeln, jedenfalls unterhaltsam, aber keine Lyrik. Zu beziehen um € 28,- inkl. Versand via E-Mail guenter.voith@chello.at.

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