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Griechenland: Wer redet da noch von Kredit?

Gott sei Dank – es ist beinahe geschafft. Nur noch die Zustimmung des Parlaments in Athen. Und Euroland ist – wieder einmal – gerettet. Zumindest für die nächsten paar Wochen.

Auf Zeit zu spielen, ist zur Passion der EU-Nomenklatura geworden. Zwar kann keines ihrer Mitglieder plausibel erklären, wozu im Falle des Pleitestaates Griechenland ein neuerlicher Zeitgewinn gut sein soll, denn immerhin war das Land bereits anno 2009, also vor sechs Jahren, konkursreif und hat sich seither zum Fass ohne Boden entwickelt. Trotzdem wird das eben erreichte Verhandlungsergebnis als Erfolg verkauft und von den gleichgeschalteten Hauptstrommedien entsprechend bejubelt. Euroland bewegt sich auf Mark Twains Spuren: „Als wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.

Um Art und Größe des soeben in Brüssel erzielten „Verhandlungserfolges“ in seiner ganzen Pracht ermessen zu können, ist es kein Nachteil, auf eigene Überlegungen dazu nicht zu verzichten und sich auch die Kommentare der – gar nicht wenigen – Kritiker dieses „Deals“ zu Gemüte zu führen.

Alsdann: Der Konkurs des sonnigen Balkanstaates hat sich spätestens am 30. Juni dieses Jahres manifestiert, als eine zu diesem Termin fällige Zahlung an den IWF in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro nicht getätigt wurde. Der ESM hat das in dieser Stellungnahme vom dritten Juli unmissverständlich klargestellt. Von Insolvenzverschleppung kann somit ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gesprochen werden, da der Konkurs ja bereits eingetreten ist und auch als solcher erkannt wurde. In der Welt des Privatrechts würde kein bei Sinnen befindlicher Mensch unter diesen Umständen einer natürlichen oder juristischen Person noch weiteres Geld leihen.

Das an dieser Stelle entscheidende Zauberwort lautet „Kredittragfähigkeit“. Und die ist eben – so viel dürfte jedem mittelmäßig begabten Hautschüler zu vermitteln sein – nicht mehr gegeben. Klartext: Schon die bisher an die Hellenen verliehenen Gelder sind als uneinbringlich abzuschreiben. Die Zufuhr weiterer Mittel an ihre Adresse läuft daher auf reine Wohltätigkeit – auf die bloße Verteilung von Geschenken – hinaus!

Wer angesichts dieser offensichtlichen Tatsache immer noch von der Vergabe weiterer Kredite an die tsiprasische Retsinarepublik spricht, ist entweder ein Kretin, der nicht begreift, worin das Wesen eines Kredits besteht oder er verfolgt in Wahrheit andere Ziele, die er den als Bürgen in die Ziehung genommenen europäischen Nettozahlern der unappetitlichen Chose nicht nennen will. Im bürgerlichen Recht findet sich für letzteres die Bezeichnung „arglistige Täuschung“, die jedenfalls einen Anfechtungsgrund für das vereinbarte Rechtsgeschäft liefert.

Es kann an dieser Stelle nicht schaden, wieder einmal auf eine Einsicht hinzuweisen, zu der schon Kirchenvater Augustinus vor 1500 Jahren gelangt war: „Was ist der Staat anderes als eine Räuberbande?“ Oder etwas anders formuliert: Recht und Staat sind zwei in verschiedenen Welten anzutreffende Phänomene: Wo das eine ist, kann das andere nicht sein. Der Rechtsstaat – ein Oxymoron.

Zurück zum Griechendrama: Haben die Vertreter der Geldgeberseite in der unübersehbaren Absicht gehandelt, zwecks Bewahrung des längst gescheiterten Elitenprojekts namens Euro ihr eigenes Stimmvieh trickreich hinters Licht zu führen, liegen die Dinge auf Seiten der griechischen Defraudanten anders. Der listige Neobolschewik Tsipras hat sich eiligst zum Opfer einer von den bekanntermaßen brutalen Teutonen angeführten Verschwörung gegen sein Land erklärt und hinzugefügt, „…nicht an die erzielte Vereinbarung zu glauben“. Das gibt ohne Zweifel Anlass zu den allerschönsten Hoffnungen im Hinblick auf die Einhaltung der vom griechischen Regierungschef eingegangenen Verbindlichkeiten.

Übrigens: Woran erkennt man, wenn ein (griechischer) Politiker lügt? Daran, dass er die Lippen bewegt!

Daher ein Wort zur Bedeutung der griechischen Zusagen: Der sagenhafte, mit 50 Milliarden Euro dotierte Staatsfonds, in den die staatlichen Vermögenswerte eingebracht werden sollen, ist nicht mehr als eine Luftnummer. Vermutlich ist das ganze Land diese Summe derzeit nicht wert. Tsipras würde in seiner misslichen Lage auch 100 Milliarden nebst der immerwährenden Aufhebung der Schwerkraft zugesagt haben, um sich eine weitere Atempause zu verschaffen. Ungleich zweckmäßiger, als an die Chimäre dieses Staatsfonds zu glauben, wäre es daher fraglos, griechische Auslandsvermögen sicherzustellen und zur teilweisem Befriedigung der Gläubiger heranzuziehen.

Zum zweiten Schwerpunkt des famosen „Sparpakets“, den Steuern: In einer Situation, in der die (wenn auch nur schwach) tragende Säule der griechischen Wirtschaft, der unternehmerische Mittelstand, völlig am Boden liegt, diesem auch noch zusätzliche Steuerlasten aufbürden zu wollen, kann nur beamteten Narren einfallen. Höhere Steuern sind wohl das allerletzte Mittel, das sich dazu eignet, eine darniederliegende Wirtschaft aufzurichten. Die Laffer-Kurve gilt schließlich auch auf dem südlichen Balkan.

Wie formulierte es der römische Dichter Horaz: „Es kreißen die Berge, geboren wird eine lächerliche Maus.“ Der nach quälend verlaufenen Tagungen endlich ausgehandelte „Deal“ ist bereits Makulatur, noch ehe sich die Parlamentarier der beiden daran beteiligten Seiten damit befasst haben. Ohne damit besonders dünnes Eis betreten zu müssen, kann schon heute vorausgesagt werden, dass wohl noch vor Weihnachten die nächsten Krisenrunden zur Causa Griechenland tagen werden. Ein Fass ohne Boden ist und bleibt eben ein Fass ohne Boden – auch wenn Jean-Claude Juncker, Martin Schulz und deren nicht minder verstockte Genossen das noch so vehement leugnen.

Der Grund dafür ist nicht schwer zu erkennen: Griechenland ist ohne Zuschüsse nicht lebensfähig. Schuldenschnitt ja oder nein – ohne die dauerhafte Gewährung weiterer milder Gaben geht es einfach nicht. Wer aber kann sich wünschen, auf Dauer vom guten Willen und den Launen wildfremder Menschen abhängig und zum ohnmächtigen Objekt rasch wechselnder ausländischer Interessen zu werden? Wohl auch die Griechen selbst nicht, die jedem der übrigen Europäer seit Jahren bleischwer auf der Tasche liegen.

Andererseits: Kein Investor wird sich in einem Land mit einem seit vielen Generationen tief verinnerlichten, korrupten Klientelsystem engagieren, wo er zu allem Überfluss keinerlei Voraussetzungen für eine erfolgreiche Industrialisierung – wie brauchbares Personal und Infrastruktur – vorfindet. Was also sollte sich unter diesen widrigen Bedingungen jemals zum Besseren wenden? Allein mit dem Fremdenverkehr und dem Konservieren von Oliven ist kein Staat zu machen – zumindest nicht oberhalb des Wohlstandsniveaus eines Entwicklungslandes.

Ob seine Bewohner es wahrhaben wollen oder nicht: Das Land am Peloponnes gibt für knapp elf Millionen Menschen einfach zu wenig zum Leben her. Vielleicht sollten die lebenslustigen Phäaken zur Lösung ihrer Strukturprobleme am Irland der zweiten Hälfte des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts Maß nehmen: Zwischen 1850 und 1913 haben 4,5 Millionen Iren ihre Heimat verlassen und Großteils in der Neuen Welt ihr Glück gefunden. Von den Verbliebenen dagegen sind 12 Prozent – mehr als eine Million Menschen – schlicht verhungert…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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