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Die ermüdete Politik

Ende Jänner 2014 waren in Österreich 449.468 Menschen arbeitslos gemeldet oder in einer Schulung; damals sprach Sozialminister Rudolf Hundstorfer vollmundig, dass es in einem Jahr weniger Arbeitslose geben werde, was AMS-Vorstand Johannes Kopf stark bezweifelte. Tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit bis Jänner 2015 um 5,1 Prozent gestiegen und betraf 472.539 Personen – Tendenz steigend. Aktuelle Arbeitsmarktrezepte der SPÖ reichen von der Einführung der 30 oder 35-Stunden-Woche bis zu sechs Wochen Urlaub.

Der stets fröhlich-optimistische Herr Hundstorfer redet das Problem klein. Er sieht weder beim erwartbaren Pflegenotstand noch bei der dramatischen Pensionslücke Handlungsbedarf. Er gehört – wie sein politischer Chef Werner Faymann – zu der in Österreich so beliebten Klasse der Schönwetter-Politiker. Immer ein Lächeln auf den Lippen werden Beruhigungspillen an die Wähler verteilt, Probleme schön- oder gleich totgeredet. Woher soll ein Apparatschik wie Hundstorfer die Probleme auch kennen? Er hat sein ganzes Berufsleben als Wiener Gemeindebediensteter beziehungsweise als Personalvertreter verbracht. Das ist derjenige Bereich, wo die Privilegien in Österreich noch am üppigsten wuchern. Er lebt – wie so mancher Politiker – in einer eigenen Welt, die mit der realen wenig zu tun hat, in einem geschützten Sektor, wo es keine Arbeitslosigkeit gibt, dafür mehr Urlaub, frühe Pensionsantritte und jede Menge zusätzliche Privilegien. Eine Welt, von der „normale“ Arbeitnehmer nur träumen können.

Für diese privilegierte Funktionärskaste sind diejenigen, die Realismus einfordern, die Spielverderber. Sie werden als Blockierer und Nein-Sager denunziert. Etwa, wenn praktisch alle namhaften Wirtschaftsexperten aufzeigen, dass wir deutlich an Wettbewerbsfähigkeit verlieren oder dass die so genannte Steuerreform (die ja eigentlich nur eine Tarifreform war) dank einer fragwürdigen Gegenfinanzierung wohl ein neuerliches Sparpaket auslösen wird.

Und in der aktuell brennenden Frage des Flüchtlings-Tsunamis zeigt die Politik besonders wenig Leadership. Während die ÖVP zur Eile bei einer Arbeitsmarktreform mahnt, eine Asylklausur vorschlägt und echte Pensionsreformen einfordert, ist das alles für Faymann & Co kein Thema, weshalb sie sich lieber mit „vordringlichen“ Themen beschäftigt: Homo-Ehe, Po-Grapschen, Ampelpärchen oder die Abschaffung des Bankgeheimnisses für Inländer. Dessen Bestand war noch 2013 – anlässlich der Abschaffung des Bankgeheimnisses für Ausländer – von SPÖ und ÖVP hochheilig beschworen worden. „Wir haben in Österreich ein Bankgeheimnis, das für Österreicherinnen und Österreicher mit einer Zweidrittel-Mehrheit abgesichert ist. Wir denken nicht daran, das zu ändern“, versicherte etwa Bundeskanzler Werner Faymann am 9. April 2013 beim Pressefoyer nach dem Ministerrat.

Wundert sich da noch jemand, dass die Österreicher nur mehr zu 19 Prozent mit den Politikern zufrieden sind, und dass die Politik so ein schlechtes Image hat? Deshalb war bei den letzten Landtagswahlen – trotz wichtiger Themen – die Wahlbeteiligung so niedrig und deshalb haben so viele die FPÖ gewählt. Diese Wahlen waren ein dramatischer Protest gegen die Politik generell, denn viele Spitzenrepräsentanten ignorieren nicht nur die Realität, sondern lügen auch die Bürger konsequent an.

Da fällt es auf, wenn einmal ein Politiker zu seinem Wort steht und der Sache den Vorrang vor der Parteiraison einräumt: Respekt daher vor Franz Voves, der im Interesse der politischen Hygiene und der konstruktiven Partnerschaft die Fortsetzung des Reformkurses in seiner Partei durchgedrückt hat. Diese Form politischer Fairness hat Seltenheitswert hierzulande. Es ist zu hoffen, dass ÖVP und SPÖ in der Steiermark diesen Stil beibehalten.

Man muss sich vor der FPÖ nicht fürchten. Die Wähler wählen sie nicht – sofern sie überhaupt noch zur Wahl gehen – weil sie neo-nazistische Rechtsradikale sind, sondern weil sie von der eklatanten Führungsschwäche der Politik zutiefst enttäuscht sind, die keinen Plan für die Zukunft erkennen lässt. Die Politik initiiert eine Steuersenkung, redet aber von dazu notwendigen Steuererhöhungen und der Abschaffung des Bankgeheimnisses. Sie hat keine Antwort auf die Asylfragen, auf die galoppierende Arbeitslosigkeit oder auf die dramatische Entwicklung im Pensionsbereich. Eine ermüdete Politik gestaltet nicht mehr, sie verwaltet den Bestand und administriert einen unersättlichen Verschwendungsstaat, der nie mit seinen Einnahmen auskommt und jedes Jahr den Schuldenstand erhöht. Zu mehr ist sie nicht mehr in der Lage.

Prof. Dr. Herbert Kaspar, Chefredakteur ACADEMIA
Dies ist eine erweiterte Fassung eines Kommentars aus der Juli-ACADEMIA 2015.

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