Soziale Gerechtigkeit – Idealbild oder Kampfbegriff?

Je angespannter die wirtschaftliche Lage in unserem Land wird, umso tiefer greifen die Sozialdemokraten in die klassenkämpferische Mottenkiste: Steuererleichterungen sollen durch neue Steuerbelastungen – aber natürlich nur der sogenannten Reichen – finanziert werden. Und die neue ÖBIB soll sicherheitshalber gleich weitere Firmen verstaatlichen können. Von einem Privatisierungsauftrag keine Rede mehr.

Es ist natürlich eine Selbstverständlichkeit, dass ein Eigentümer auf seine Beteiligung Einfluss haben will – aber ist es im 21. Jahrtausend auch eine Selbstverständlichkeit, dass die Republik Österreich Anteile hält an einer Firma, die Briefe zustellt? Oder die Benzin oder Telefone verkauft? Und wenn man das mit „strategischen Interessen“ begründen mag, wozu dann mehr als die Sperrminorität?

Und wozu um Himmels Willen gibt es jetzt den Auftrag, auch weitere Unternehmen in Staatsbesitz zu bringen? Kann sich keiner mehr an die Krise der Verstaatlichten Industrie in den 80er Jahren erinnern, wo der Staat eine Riesenpleite zu Lasten der Steuerzahler fabriziert hat? Der Staat ist nachweislich ein schlechter Manager und meist auch ein schlechter Eigentümer.

Das, gepaart mit der Euro-Rettungspolitik auf europäischer Ebene, trägt die klare Handschrift der Genossen.

Der sprichwörtliche Blick über den Tellerrand würde so manchem gut tun. Man braucht gar nicht weit zu schauen. Frankreich ist uns schon näher als wir glauben. Präsident Hollande hat mit seinen sozialistischen Heilsversprechungen einen gewaltigen Bauchfleck hingelegt. Die aggressive Besteuerung der Vermögenderen hat dazu geführt, dass sie massenweise ausgewandert sind und jetzt anderswo ihre Steuer zahlen. Und die Arbeitsplätze haben sie gleich mitgenommen. Innerhalb von zwei Jahren brachte die Millionärssteuer nur 420 Millionen Euro ins Budget, kostete aber an die 70 Milliarden Euro, wie man dem europäischen Target-System entnehmen kann! Dafür aber hohe Schulden, wenig Wachstum, Staatsschulden über 95 Prozent der Wirtschaftsleistung. Tendenz steigend. Mon Dieu, das ging wohl in die Hose, hoffentlich haben unsere Genossen aufgepasst.

Angesichts der andauernden Steuerdiskussion bin ich aber nicht so sicher. Sie denken hartnäckig darüber nach, was sie noch wo holen können, anstatt darüber, wie viel sie im aufgeblasenen, ineffizienten Staatsapparat sparen könnten. Mit klassenkämpferischen Sprüchen und dem einleuchtend klingenden Ruf nach sozialer Gerechtigkeit setzt man weiter auf linke Phantasien.

Die Realität sieht anders aus. Die OECD stellte kürzlich fest: Nirgendwo wird so stark umverteilt wie in Österreich! Hierzulande gibt es nur 1,9 Millionen Nettosteuerzahler. Dafür eine überwältigende Mehrheit von Nettoempfängern: 3,6 Millionen Menschen! Diese große Gruppe liefert jährlich 660 Millionen Euro an Steuern ab und bezieht gleichzeitig 4,6 Milliarden Euro an Transfers. Die obersten zehn Prozent der Verdiener zahlen dafür mehr als die Hälfte der gesamten Lohn-und Einkommensteuer.  

Also bitte endlich Schluss mit dem Schmäh, dass die Besserverdiener auch was beitragen müssen. Die tun es ohnehin. Und viele von ihnen schaffen Arbeitsplätze. Nun liegt es an der politischen Führung dieses Landes auch etwas beizutragen, nämlich ihren eigenen Privilegienabbau. Im fetten Staat stecken Milliarden, die nur darauf warten in Bildung, Forschung und Entwicklung investiert zu werden; nicht zu vergessen: In den Schuldenabbau, sodass wir nicht jährlich acht Milliarden Euro an Zinsendienst zum Fenster hinaus werfen.

Nicht die großen Spekulationsbanken sollen unser Steuergeld einsacken, sondern die Menschen in Österreich sollen mehr in ihrem Geldsack haben.

Dr. Kathrin Nachbaur ist Nationalrats-Abgeordnete. Sie war Industrie-Managerin und Fraktionsvorsitzende des Teams Stronach.

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