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Gesamtschule durchgefallen

Auch die neueste Studie zeigt, was schon mehrere Berichte erkannt haben: Die Neue Mittelschule ist ein Fehlschlag. Sie kostet viel mehr (300 Millionen jährliche Zusatzkosten!), bringt aber eher noch schlechtere Ergebnisse. Eine blamable Bilanz für eine der wenigen konkreten Maßnahmen der rot-schwarzen Stagnationsjahre. Bei rationaler Analyse müsste dieser Fehlschlag schon aus Geldknappheit zu einem sofortigen Zurück zur Hauptschule führen. Was aber die SPÖ nicht akzeptieren wird. Offen ist hingegen noch, ob sie wenigstens bei den derzeit laufenden Bildungsreform-Verhandlungen einen echten Fortschritt zulassen wird. Da darf zumindest noch gehofft werden.

Das Scheitern der Gesamtschule (zumindest in der NMS-Variante, nachdem davor freilich auch schon alle anderen Varianten wie die „Wiener Mittelschule“ gescheitert waren) hat der Rechnungshof schon vor Jahr und Tag festgestellt. Viel Geld. Null Erfolg. Das wissen Lehrer und Eltern schon lange: Die Erfolge der NMS sind deutlich schlechter als die der einstigen Hauptschule.

Ein konkretes Beispiel: In einem Wiener Oberstufen-Realgymnasium – wo jetzt überwiegend Gesamtschul-Absolventen anfangen – hat man verzweifelt zur Nothilfe gegriffen: Es werden nun Sonderkurse zur Vermittlung von sinnerfassendem Lesen abgehalten! Man versucht damit, mühsam das nachzuholen, was eigentlich schon in der zweiten oder dritten Klasse Volksschule beherrscht werden sollte.

Die Hauptfehler der Neuen Mittelschule

Völlig absurd. Aber klares Produkt der NMS: Dort werden Noten schon aus ideologischen Gründen oft einfach hergeschenkt. Daher kann jetzt ungehindert alles in Gymnasien-Oberstufen drängen, was keine Lust hat, die Mühe einer Lehre auf sich zu nehmen. Von denen etliche ja sehr anspruchsvoll sind.

Auf vielen Schulebenen wird das Notenniveau nicht nur aus ideologischem Eiferertum der Lehrer hergeschenkt. Manche von ihnen glauben auch gutherzig an den Spruch: Man dürfe keinem Kind durch schlechte Noten die Zukunft verbauen. Was natürlich das Gegenteil bewirkt: Wenn einmal klar ist, dass es auch ohne Leistung nur nette Noten gibt, gibt es auch weniger Leistung, auch bei den andernfalls Leistungswilligen. Für Linke erstaunlicherweise. Für Realisten klarerweise. Und ohne Leistung, ohne Wissen, Kompetenzen und Kenntnisse ist die Zukunft für solche Schüler dann wirklich verbaut.

Noch stärker dürfte wohl ein dritter Faktor zur ständigen Niveausenkung führen: Das ist der Druck von Direktoren, Landesschulräten sowie aus dem Unterrichtsministerium. Der setzt oft ein, sobald es etliche negative Noten gibt. Daran ist für viele Vorgesetzte immer der Lehrer schuld. Deshalb haben viele Lehrer innerlich resigniert und verschenken halt die Noten, damit sie ihre Ruhe haben.

Ein weiteres Bildungsverschlechterungs-Phänomen kennzeichnet vor allem die NMS. Dort ist das Trennen der Kinder in Leistungsgruppen verboten worden! In der Hauptschule hat es in den Hauptgegenständen drei Leistungsgruppen gegeben. Dadurch konnte viel gezielter auf das jeweilige Niveau eingegangen werden. Und daher waren in der ersten Leistungsgruppe die Ergebnisse bei vielen Tests auch wirklich ziemlich gleichwertig mit den Gymnasiums-Unterstufen. Kinder aus den NMS hingegen sind generell weit zurück hinter Unterstufen-Gymnasiasten.

Aber dennoch hat die SPÖ die Hauptschule aus ideologischer Verblendung getötet – obwohl fast alle Praktiker davor gewarnt haben. Aber dennoch hat die ÖVP dem wieder einmal wider die Meinung ihrer Wähler zugestimmt. Wie sie das ja schon oft bei linkem Unsinn getan hat. Sie hat auch nichts dafür bekommen, weder für sich, noch etwa gar für das Schulsystem (was natürlich viel wichtiger wäre).

In der ÖVP glauben halt immer wieder ein paar dumme Funktionäre in ihrer Realitätsferne: Wenn man der SPÖ und ihren Boulevardzeitungen nur oft genug nachgibt, dann bekäme man ein „moderneres“ Image. Dann würde man eher gewählt. Hallo! Aufwachen!

Was die NMS vor allem so teuer macht, ist der zweite Lehrer in vielen Klassen. Der ist aber nach vielen Erfahrungsberichten unnötig, weil untätig. Oder er stört sogar durch Aktivitäten den Unterricht des ersten Lehrers.

Trotz ideologischer Schlagseite fair

Das vernichtende Urteil über die NMS geht jetzt jedenfalls auch aus dem neuen, lange zurückgehaltenen Evaluierungsbericht hervor. Dabei sind die vom Ministerium beauftragten Autoren erkennbar Gesamtschulfanatiker. Dennoch waren sie so fair, die zentrale Aussage korrekt so zu formulieren: „Insgesamt gibt es keine belastbaren Hinweise, dass das Niveau der NMS im Durchschnitt über jenem vergleichbarer Hauptschulen liegt. Vielmehr bestehen Zweifel, ob dieses an allen Standorten tatsächlich erreicht wird.“ Im Klartext heißt der verschwurbelte Satz: Das Niveau ist gesunken.

Auch eine „verbesserte Lernumwelt“ (was immer das konkret sein soll) habe nicht zu besseren Leistungen der Schüler geführt. Zugleich klagt die Evaluierung im Sinne der linken Ideologen, die ja immer Gerechtigkeit mit Gleichheit verwechseln, darüber, dass keine „Bildungsgerechtigkeit“ hergestellt worden sei. Geschlecht, familiäre Herkunft, unterschiedliches Leistungspotenzial der Schüler seien genauso wirksam wie in der Hauptschule.

Ja natürlich, kann man da nur sagen. Das hätte jeder Lehrer, jede Mutter, jeder Vater den jetzt so enttäuschten Berichtautoren schon vorher sagen können. Die Wirkung dieser drei Faktoren kann nämlich durch kein Schulsystem aus der Welt geschafft werden. Das zeigt die Praxiserfahrung ganz klar. Das hat die Genetik-Wissenschaft und die (unideologische) Pädagogik längst geklärt: Geschlecht, familiäre Herkunft, unterschiedliches Leistungspotenzial werden immer zu großen Unterschieden führen!

Denn Menschen sind nun mal schon bei der Geburt sehr unterschiedlich; die Erziehungs- und Bildungsarbeit der Eltern wird immer massive Auswirkungen haben, schon vor dem vierten Geburtstag; und es ist auch längst bewiesen, dass Intelligenz zu einem hohen Anteil genetisch determiniert ist.

Trotzdem wird noch immer über „vererbbare Bildung“ als etwas Vermeidbares geklagt (für die SPÖ ist derzeit ja „erben“ überhaupt das absolut böse Wort). In Wahrheit könnte nur eine extrem ungerechte Schule – in der alle automatisch gleich bewertet werden – zu dem führen, was für linke Theoretiker in ihrem ideologischen Wolkenkuckucksheim „Bildungsgerechtigkeit“ ist.

Bundesschule, Landesschule, autonome Schule

Gleichzeitig mit dem Bekanntwerden dieser Studie verhandelt die Politik wieder einmal über neue Bildungsreformen. Dabei geht es auch um mehr Schul-Kompetenzen für die Länder auf Kosten des Bundes. Ist das nun eigentlich gut oder schlecht?

Im Grund ist das völlig egal. Für die Steuerzahler wäre – wäre! – es sogar positiv, wenn die Länder im Gegenzug dafür spürbare Konzessionen in finanzieller Hinsicht machten. Was sie zumindest früher einmal angedeutet haben. Sehr schlecht wäre es hingegen, wenn die SPÖ für die Erfüllung dieses Wunsches einiger Landeshauptleute irgendwelche Konzessionen (zu Lasten der Schulen, zu Lasten des Budgets, zu Lasten der Steuerzahler) bekäme.

Ein wirklicher Fortschritt für die Bildung wäre nur eine echte Autonomie der Schulen. Seien wir positiv: Darüber wird, so hört man, hinter politischen Polstertüren zumindest diskutiert. Also warten wir hoffnungsvoll, bis konkrete Ergebnisse der Schulverhandlungen vorliegen.

Die Regierung sollte sich aber vor einem Etikettenschwindel hüten. Wenn sie von Autonomie spricht, muss Autonomie auch wirklich stattfinden, darf keine leere Worthülse sein. Die konkreten Inhalte müssten zumindest sein:

  1. Wahl eines neuen Direktors durch Eltern und Lehrer (oder zumindest ein absolutes Vetorecht gegen einen neuen Schulleiter);
  2. Freie Entscheidung eines Direktors bei der Anstellung von Lehrern (wobei auch viel mehr auf erfahrene Menschen, die davor in der Wirtschaft tätig waren, zugegriffen werden sollte; die bringen oft auch ohne formelle Lehramtsprüfung den Schülern viel mehr bei als Lehrer, die ihr Leben lang nur Klassenräume oder Hörsäle kennengelernt haben);
  3. Freie Entscheidung eines Direktors – wie jeder normale Arbeitgeber – über die Entfernung eines Lehrers (etwa weil dieser es pädagogisch nicht schafft, weil er ein Sadist oder Autist oder Angsthase ist, weil er arge Wissenslücken hat);
  4. Freie Entscheidung einer Schule (Eltern, Direktor, Lehrer) über Schultyp, Spezialisierung, Fächerangebot.

Diese Autonomie muss gleichzeitig mit voller Transparenz aller Leistungsmessungen verbunden werden – was für Eltern bei der Schulentscheidung ein Grundrecht werden müsste.

Der zentrale Fehler der Zentralmatura

Zugleich muss die Messung der Ergebnisse, die Evaluierung und Testung zentral organisiert werden, nicht nur bei der Matura. Die vielen Pannen der Zentralmatura während der letzten Wochen wollen wir zwar einmal als Kinderkrankheiten ad acta legen. Auch wenn sie die mangelnde Kompetenz des Ministeriums erkennen lassen.

Der weitaus ärgste Fehler wird aber erstaunlicherweise öffentlich überhaupt nicht diskutiert und kritisiert. Dabei war er von Anfang an ins neue Zentralmaturasystem eingebaut: Die Zentralmatura macht überhaupt keinen Unterschied, ob eine Fremdsprache acht, vier oder drei Jahre unterrichtet worden ist. Ob die Mathematik in einem naturwissenschaftlichen oder einem altsprachlichen Gymnasium abgeprüft wird. Die Fragen sind überall gleich. Für die einen viel zu leicht. Für die anderen viel zu schwer. Absurd.

Noch absurder ist, dass die wohl wichtigste Fähigkeit, die man von einem Maturanten erwarten sollte, schon seit Jahren immer mehr zurückgedrängt worden ist. Das ist die Fähigkeit, einen verständlichen Text ohne Rechtschreibfehler, aber mit einem roten Faden und zumindest halbwegs intelligenten Argumenten zu schreiben. Jedoch wird bei Deutschaufsätzen allen Ernstes immer wieder gesagt, da müsse man schon auf die Schüler anderer Muttersprache Rücksicht nehmen. Daher müsse man für alle die Latte tiefer legen. Am besten gleich auf den Boden, damit endlich „Bildungsgerechtigkeit“ herrscht . . .

 

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