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Wer wird nächster Bürgermeister?

Im nächsten Jahr wählt Wien. Noch niemand aber stellt laut die Frage, die in Wahrheit hinter vorgehaltener Hand alle bewegt - viel mehr als der zornige Rücktritt eines Landesparteisekretärs: Wer wird nächster Bürgermeister? Schafft es noch einmal der dann 66-jährige Michael Häupl trotz seiner häufigen Absenzen und seiner gesundheitlichen Probleme? Schaffen die Roten trotz ihrer schlechten Umfragewerte und einem offensichtlich zerstrittenen Team mit Hilfe der Grünen noch einmal die Mehrheit? Bekommen sie eine dritte Partei als Unterstützer? Sind das die Schwarzen, oder die Pinken? Oder werden beide sagen „genug ist genug“ und sich für die Ablöse der roten Herrschaft auch durch einen Blauen bereit finden?

Auf keine dieser Fragen gibt es eine definitive Antwort. Aber es gibt klare und überraschende Indizien.

Erstens: Wien steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Schon jetzt ist eine Verdreifachung der Verschuldung Wiens in einer einzigen Legislaturperiode zu konstatieren. Die dafür hauptverantwortliche Finanzstadträtin Brauner rüttelt sogar öffentlich am EU-Stabilitätspakt, der ja nun (endlich!) auch die Länder und Gemeinden stärker bindet. Dennoch ist der schlechte Umgang Wiens mit Geld kaum ein mediales Thema. Dabei wäre da enorm viel zu sagen: Österreichs höchste Beamtengehälter, sinnlose Förderungen für Hunderte dem Rathaus nahestehende Vereine (vor allem wenn sie behaupten für Migranten, Frauen, Radfahrer oder Schwule zu sein), Geld für das Chaos um die Mariahilferstraße, Radkurse der Gemeinde für Migrantinnen, die in Wien besonders drückende Bürokratie. Und, und, und.

Zweitens: In Wien wurden und werden schlimmer als in jeder anderen Friedensepoche Verbrechen gegen das Stadtbild begangen. Ob im Stadtzentrum, ob in den Heurigen-Vororten: Überall wird das Bild dieser Stadt des Geldes wegen hässlicher gemacht, obwohl der Tourismus in der Bundeshauptstadt enorm wichtig ist.

Drittens aber: Es gelingt keiner der Oppositionsparteien, diese beiden wichtigsten Fehler der Häupl-Regierung politisch zu thematisieren. Und daran ist keineswegs nur die – in Wien freilich besonders arge – Bestechung der Medien mit Steuergeldern schuld, sondern auch die Unfähigkeit der Opposition. Bei der Verhässlichung Wiens versuchen es die Parteien der Rechten nicht einmal, daraus ein Thema zu machen. Immer stärker wird der Verdacht, das auch sie ebenso bestochen sind wie das Rathaus. Die Wiener ÖVP wird zwar nicht mehr von den Busekschen Intrigen geplagt; aber sie ist offensichtlich seit dem Krieg gegen die Parkpickerln (wo sie am völlig falschen Objekt ein letztes Mal ein kräftiges Lebenszeichen gesetzt hat) völlig erschöpft, hat vor allem keinerlei Fähigkeit zur Öffentlichkeitsarbeit, ist zwischen Wirtschaftskammer und den letzten schwarzen Bezirkskaisern völlig bewegungsunfähig. Die FPÖ wiederum wartet – in Wien noch mehr als im Bund – einfach, dass ihr die Ernte automatisch zufällt. Das ist aber zuwenig. Dabei wäre in Wien für die FPÖ die Übernahme der Macht deutlich leichter als im Bund, weil hier die notwendigen Einsparungen viel leichter sind und kaum ihr Zielpublikum treffen.

Viertens: So wie die Schwarzen werden auch die erstmals antretenden (und so gut wie sicher in den Gemeinderat einziehenden) Pinken mit einer einzigen Frage bombardiert werden: Ist eine Stimme für Euch eine für die Verlängerung der hundertjährigen roten Macht oder ist es eine Stimme für einen blauen Bürgermeister? Fast sicher wird ja die FPÖ der stärkste Herausforderer der SPÖ. Vermutlich wird ihr Kandidat H.C. Strache heißen, der zwar, wie vor 20 Jahren Jörg Haider, seine Partei total im Griff hat, der sich aber kaum in Wien engagiert, und dem das spätere Schicksal Haiders gut bekannt ist. Denn als Haiders Partei Verantwortung übernommern hat, war sie sehr rasch nicht mehr einig. Strache weiß nur nicht, wie eine Wiederholung zu vermeiden ist. Unabhängig vom Schicksal der FPÖ darf man jedenfalls auf die schwarzen und pinken Antworten gespannt sein. Jede Antwort droht nämlich auch Stimmen zu kosten. Am schädlichsten wäre es freilich, wenn man sich um eine Antwort drückt. Dann wird jedenfalls die FPÖ alle Anti-SPÖ-Stimmen auf sich vereinen.

Fünftens: In der SPÖ wird jeder Konkurrent Häupls sofort einen Kopf kürzer gemacht. Auch über einen Werner Faymann wird ja im Rathaus erst seit dessen Wechsel auf die Bundesebene - wenigstens bisweilen - positiv gesprochen. Im Rathaus lässt nur die Finanzstadträtin Brauner ihren Ehrgeiz klar erkennen, noch weiter nach oben zu marschieren. Das aber hat ihr sofort die Feindschaft der Kronenzeitung eingebracht. Und das rapide wachsende Wiener Defizit macht Brauner extrem leicht angreifbar.

Womit es sechstens durchaus wahrscheinlich ist, dass der Nachfolger Häupls Häupl heißt. Obwohl er sich nur noch als Kommentator der Zeitläufe, kaum mehr als Bürgermeister versteht. Aber vor einem Parteitag so zu zittern wie Werner Faymann – das wird Häupl mit Sicherheit nicht.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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