Der Kampf gegen das Bargeld

Über je weniger Freiheit der Bürger verfügt, desto weniger Ärger für die politischen Eliten. Nichts ist denen lästiger als das mündige und handlungsfähige Individuum. Zwischen der Walachei und Nebraska und von Melbourne bis Hammerfest strebt der Leviathan daher die jederzeitige und vollständige Kontrolle über seine Untertanen an. Daher wird einerseits ein immer dichteres Netz von Ge- und Verboten gesponnen und andererseits die totale Kontrolle über private Vermögen und Geldbewegungen verwirklicht.

Was den letzteren Punkt angeht, kann die hohe Politik bereits ansehnliche Erfolge vorweisen: Bankgeheimnis existiert faktisch keines mehr. Unter der falschen Flagge eines Kampfes gegen die Geldwäsche, gegen illegale Drogen- und Waffengeschäfte und anderen durchsichtigen Vorwänden wurde der von den Obertanen gewünschte „Gläserne Mensch“ geschaffen.

Immobilienbesitz, Firmenbeteiligungen, Wertpapierdepots, Girokonten – alles offene Bücher für die Steuervögte. Horte ohne mittelbare oder unmittelbare staatliche Kontrolle gibt es faktisch keine mehr. Damit ist aus Sicht der hoheitlichen Minderer unserer Einkommen und Vermögen eine beinahe schon totale Überwachung sichergestellt. Einen Schwachpunkt allerdings gibt es noch: das Bargeld. Mittels einer simplen elektronischen Manipulation können zwar Konten jederzeit abgeräumt oder gesperrt werden (wie in Zypern vorexerziert), das in den Händen Privater befindliche Bargeld dagegen ist für die Behörden nicht greifbar.

Dass die Bankindustrie größtes Interesse daran hat, den Bargeldverkehr so weit wie möglich einzuschränken, liegt auf der Hand: Sie verdient schließlich an jeder bargeldlosen Transaktion. Auch Handelsketten lieben das Plastikgeld, da es ihnen ermöglicht, ihre Kunden stärker an sich zu binden. Entsprechend aggressiv wird die Verwendung von Bankomat- und Kreditkarten oder „elektronischen Geldbörsen“ beworben. Darüber, dass damit eine vollständige Kontrolle über sämtliche Transaktionen und die Möglichkeit zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils verbunden sind, macht sich kaum jemand Gedanken.

Restlos entzückt über den Vormarsch des elektronischen Geldes ist der Staat. Der greift mit seiner inflationistischen Geldpolitik zwar jetzt schon unentwegt auf die Spargroschen der Bürger zu. Allerdings sind ihm dabei Grenzen gesetzt. Immerhin muss ein Vertrauensverlust in die Währung und eine damit verbundene Hyperinflation vermieden werden. Bargeldbestände aber entziehen sich – anders als auf Bankkonten geparktes Giralgeld – weitgehend seinem direkten Zugriff.

Die zwecks Krisenbekämpfung seit Jahren betriebene expansive Geldpolitik ist, trotz eines nahe am Nullpunkt liegenden Zinsniveaus, bislang wirkungslos verpufft (sieht man von der damit verbundenen Staatsschuldenexplosion ab). Wenn die Wirtschaft, trotz historisch niedriger Zinsen – aus guten Gründen – keine Kredite nachfragt, sind die Geldalchemisten mit ihrem Latein am Ende.

Doch Rettung naht: Miles Kimball, Ökonom an der University of Michigan, kennt einen Ausweg: Unter dem viel versprechenden Titel „Can we get rid of inflation and recession forever“ präsentiert er den Stein der Weisen. Sein Plan läuft – richtig geraten - auf die Abschaffung des Bargeldes hinaus. Die dahinter steckende Idee: Analog zu den kürzlich für Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank eingeführten Negativzinsen, sollen auch Bankkonten der Haushalte künftig keine Zinsen mehr bringen, sondern kosten. Sparen soll damit auch nominell zum Verlustgeschäft werden. Dadurch – so die Vorstellung Kimballs – sollen Krethi und Plethi motiviert werden, kein Geld mehr zu sparen, sondern alles so schnell wie möglich wieder auszugeben. Dadurch – so der geniale, an Keynes und Gesell orientierte Plan – soll die stagnierende Wirtschaft „angekurbelt“ werden. Wohlstand für alle – und zwar durch Konsumrausch. Phantastisch. Der Wirtschaftsnobelpreis wartet.

Hier ist nicht der Platz, um ausführlich auf die Abwegigkeit derartiger Phantastereien einzugehen. Es soll der Hinweis genügen, dass Versuche dieser Art in der Vergangenheit in 100 von 100 Fällen gescheitert sind. Mit monetären Maßnahmen sind strukturell bedingte Probleme nämlich nicht zu lösen…

In vielen Ländern Europas wird schon jetzt immer offener auf eine Abschaffung des Bargeldes hingearbeitet – ohne, dass sich dagegen bislang Widerstände formiert hätten. Die Existenz von Bargeld aber, das kann nicht stark genug betont werden, bedeutet Kontrollverlust für den Leviathan und Freiheit für den Bürger. Bargeld trägt kein Mascherl. Kein noch so smarter Staatsscherge kann – anders als bei elektronisch getätigten Zahlungen – dessen Weg nachvollziehen.

Das ist gut so! Es geht um die letzen Reste von Privatsphäre, in der niemand herumzuschnüffeln hat. Und auch nicht kann. Wer bei dieser Gelegenheit die beliebte Phrase „Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich auch vor Kontrolle nicht zu sorgen“ zu hören bekommt, der sollte sich vergegenwärtigen, was es etwa in Deutschland zwischen 1933 und 1945 bedeutet hätte, wenn der Staat über jene elektronischen Kontroll- und Überwachungsmittel verfügt hätte, die ihm heute zur Verfügung stehen! Eine Abschaffung des Bargeldes würde die Mobilität jedes Dissidenten radikal einschränken und diesem faktisch nur noch die Wahl zwischen Gefangenschaft oder Hungertod offenlassen. Ist das der Plan?

Jedem einzelnen ist es möglich, dem schleichenden Prozess der Beschränkung und der als Endziel angepeilten Abschaffung des Bargeldes entgegenzuwirken: Zur Sicherheit seines sauer verdienten Geldes sollte man so wenig wie möglich davon auf Girokonten parken. Und besonders wichtig: So oft wie möglich sollte auf den Gebrauch von Plastikgeld verzichtet werden. Barzahlung sollte, wo immer es möglich ist, vorgehen.

Eine volle Brieftasche vermittelt nicht nur ein gutes Gefühl, sondern sie bedeutet auch Freiheit!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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