Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Justizgroteske, nächster Akt

Die Wiener Staatsanwaltschaft wird täglich mehr zum zentralen Problemfeld der Republik und des Rechtsstaats. Jetzt wurde bekannt, dass sie mit voller Breitseite gleich gegen die ganze ÖVP losgeht. Und dies nur drei Wochen, nachdem sie die Herren Faymann und Ostermayer trotz extrem gravierender Vorwürfe und Beweise vor einem öffentlichen Strafverfahren und damit auch den öffentlichen Aussagen aller Belastungszeugen unter Wahrheitspflicht bewahrt hat.

In dieser Staatsanwaltschaft hat man offenbar wirklich keinen Genierer mehr. Die Wiener Staatsanwälte begehen dabei auch noch schwerste handwerkliche Fehler: So wissen sie offenbar nicht einmal, dass Reinhold Lopatka im Wahlkampf 2008 längst nicht mehr ÖVP-Generalsekretär gewesen ist, sondern ein Mann namens Hannes Missethon.

Der ist zwar auch ein Steirer, aber sonst haben die beiden nicht viel gemein. Braucht ein strammer Wiener Staatsanwalt solche Kleinigkeiten eh nicht auseinanderhalten zu können, solange es nur gegen einen Schwarzen, Blauen oder Orangen geht?

Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist auch jedem Verdacht gegen bürgerliche Parteien und Politiker ordentlich und konsequent nachzugehen. Aber es ist wohl schon ein wenig gravierender, wenn der Infrastrukturminister Faymann die Vorstände von Staatsbetrieben unter Druck setzt, seine Inserate zu bezahlen, als wenn die Telekom ganz ohne Druck alle möglichen Politiker schmiert, damit sie ihr wohlgesonnen sind. Natürlich immer mutmaßlich. Im Fall Faymann sind die Beweise noch dazu viel dichter.

Keine Frage: Grauslich und widerlich ist alles. Aber man sollte schon beim Allergrauslichsten beginnen! Und man sollte schon das Gefühl haben, dass das, was diese Wiener Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft tut, noch irgendetwas mit Gerechtigkeit zu tun hat. Und dieses Gefühl geht eben keineswegs nur wegen des Lopatka-Missethon-Patzers verloren.

Wie grauslich es rund um Faymanns Bestechungsinserate auf Kosten von ÖBB und Asfinag ausschaut, kann man inzwischen nämlich auch daran sehen, dass noch immer keine Begründung für die Einstellung dieses Verfahrens bekanntgemacht worden ist. Obwohl der Öffentlichkeit diese Begründung schon vor Wochen versprochen worden ist! Das drängt den ungeheuerlichen Verdacht auf: Der Beschluss, nichts gegen die Genossen Faymann und Ostermayer zu unternehmen, ist offensichtlich schon lange festgestanden, bevor man genau gewusst hat, warum man zu diesem Beschluss kommt.

Aber ich helfe gerne mit einem guten Rat aus: Man könnte doch gleich jene SPÖ-nahe Rechtsanwaltskanzlei, die ihre Unterlagen seltsamerweise in Luxemburg zu verstecken pflegt, und von der schon ein halbes Dutzend Juristen in die Staatsanwaltschaft gewechselt ist, bitten, eine Begründung für diese Einstellung zu formulieren.

PS: Ein hochrangiger Justizexperte machte mich dieser Tage auch darauf aufmerksam, dass es immer nur im Wiener Bereich und immer nur bei Vorwürfen gegen bürgerliche Politiker der Fall ist, dass „ganz zufällig“ ständig Geheimakten den Weg in die Medien finden. Will jetzt jemand gar durch das Verfahren gegen die ÖVP Überlegungen des Ministeriums einen Schuss vor den Bug setzen, diesen ständigen Geheimnisverrat einmal gründlich durch eine CSI-StA zu untersuchen?

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung