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Die Schwarzen, die Kinder und der Mut

Die ÖVP besinnt sich einer Kernkompetenz aus uralten Zeiten: der Familie. Das ist jedenfalls erfreulich, sind doch Investitionen in Zukunft und Kinder überhaupt die allerwichtigsten (auch wenn das Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung offenbar nicht verstehen). Diese Freude wird freilich gleich durch mehrere dicke Fragezeichen gedämpft.

Aber zuvor zum Kern der schwarzen Familienoffensive: Neben einer kleinen Erhöhung der Familienbeihilfe soll es erstmals wieder spürbare Steuerbegünstigungen für Eltern geben. Diese waren ja unter Bruno Kreisky abgeschafft worden – was wohl neben anderen Faktoren auslösend für den steilen Geburtenrückgang nach seinem Amtsantritt gewesen ist. VP-Boss Spindelegger will nun Vätern wie Müttern jeweils 3500 Euro pro Kind jährlich als Abschreibposten zugutekommen lassen, also zusammen 7000 Euro. Besonders positiv ist, dass dieser Freibetrag pro kind gewährt werden soll.

Keineswegs zu kritisieren ist auch der von der Linken sofort gegeißelte Umstand, dass von den schwarzen Plänen primär Besserverdienende profitieren würden. Naturgemäß haben ja von Abschreibmöglichkeiten nur jene etwas, die überhaupt Einkommensteuer zahlen. Aber genau um die muss es in einer funktionierenden Familienstrategie ja gehen.

Denn gerade in diesen Schichten zeigt sich seit längerem eine signifikante Geburtenverweigerung, während die Zuwanderer in den untersten Einkommensschichten viele Kinder haben. Zugleich beweisen alle Studien, dass primär die Kinder der studiert Habenden auch die Leistungsträger der Zukunft sind. Und wenn 40 Prozent der akademisch gebildeten Frauen keine Kinder mehr bekommen, gibt es in der Tat großen und dringenden Handlungsbedarf, wenn Österreich zumindest auf dem gegenwärtigen Niveau überleben will.

Es war zu erwarten, dass Rot und Grün das sofort ablehnen. Die SPÖ sieht ohnedies nur noch in Unterschichten, Gemeindebeamten und Zuwanderern ihre eigene Rettung. Die Grünen werden zwar eigentlich von den Bestverdienenden gewählt, aber die Vermutung ist stark, dass da viele dabei sind, die keine Kinder wollen. Aus den verschiedensten Gründen.

Der schwarze Vorstoß wird übrigens auch voll von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs getragen: Dieser hat mehrfach erklärt, dass es ungerecht und verfassungswidrig wäre, besserverdienende Eltern mit solchen aus der Unterschicht zu vergleichen. Vielmehr habe der Staat die Pflicht, für Eltern einen Ausgleich mit Beziehern des gleichen Bruttoeinkommens herzustellen.

Dem ist voll zuzustimmen. Kein Mensch vergleicht sein Familieneinkommen mit dem der türkischen Hausmeisterfamilie, sondern immer mit den in etwa gleich viel verdienenden Berufskollegen und Freunden. Da ist es einfach skandalös, wenn einige Kinder den Absturz auf das Hausmeisterniveau bedeuten.

Aber warum ist der VP-Plan dennoch mit vielen Fragezeichen zu versehen?

Erstens wird er wohl nie verwirklicht werden, weil sich die ÖVP offensichtlich entschlossen hat, es groteskerweise nochmals mit diesem Koalitionspartner zu versuchen. Und mit der SPÖ sind eben nur Projekte verwirklichbar, die in immer stärkerer Verstaatlichung der Kindererziehung und in Geld für die XYZ-Schicht bestehen.

Zweitens kommt das Projekt allzu knapp vor Wahlen auf den Tisch. Was es automatisch verdächtig macht.

Drittens hat man bei der ÖVP schon oft beobachten können, dass Projekte nach einer Pressekonferenz des Parteiobmanns rasch wieder verräumt werden.

Viertens bekommen Eltern nur dann die zweimal 3500 Euro Abschreibpauschale, wenn auch wirklich beide arbeiten gehen. Damit wird schon wieder familienfeindlicher Druck ausgeübt, der im Widerspruch zur schwarzen Parole „Wir wollen Wahlfreiheit für die Mütter“ steht. Denn für Mütter von drei oder mehr Kinder besteht zehn bis vierzehn Jahre lang keine echte Chance, arbeiten zu gehen, wenn sie sich auch ordentlich um ihre Kinder kümmern wollen. Und genau diese wenigen potenziell kinderwilligen Familien im akademischen Niveau sollten ja dringend zu mehr Kindern ermutigt werden.

Aber um diesen Schritt zu gehen, hat Spindelegger schon wieder einmal zu viel Angst vor den Feministinnen und ihren dummen Parolen (wie: „Die ÖVP schickt die Frauen wieder an den Herd“). Ein Blick nach Deutschland hätte die Volkspartei mutiger gemacht: Dort führen CDU/CSU sogar ein eigenes „Betreuungsgeld“ für daheimbleibende Mütter ein. Natürlich bekommen deswegen die linken Medien Schaum vor dem Mund. Aber der ist zu vergessen. Denn bei den Meinungsumfragen hat das Projekt den deutschen Unionsparteien nicht geschadet. Ganz im Gegenteil.

Das fünfte Fragezeichen ist überhaupt das allergrößte: Die ÖVP teilt uns leider nicht mit, wie sie das Ganze – ein Milliardenprojekt! – finanzieren will. Das aber ist eine mehr als ernste Frage in Zeiten wie diesen. Parteien mit Ideen, wie man noch mehr des nicht vorhandenen Geldes unter die Wähler bringt, gibt es nämlich mehr als genug.

Aber dazu schweigen die Schwarzen. Dabei gäbe es gerade im Familienbereich viel Geld zu holen: nämlich bei der Gratis-Sozialversicherung für all jene Frauen, die nie ein Kind bekommen haben, (also vor allem der Witwenrente). Oder die wegen eines einzigen Kindes jahrzehntelang nicht gearbeitet haben. Dieses Privileg gehört längst abgeschafft, aber niemand traut sich das.

Dabei würde das nicht nur Mut zeigen, sondern den Frauen mit null oder einem Kind signalisieren: Wenn ihr dennoch eine über die Ausgleichszulage hinausgehende Pension wollt, müsst ihr arbeiten gehen oder einzahlen. Dann gäbe es auch für die nach Frauen gierende Wirtschaft neue und gut qualifizierte Arbeitskräfte.

Das schwarze Familienprojekt zeigt damit, dass auch die ÖVP letztlich nur an den Sozialstaat glaubt und dessen unendliche Finanzierung aus dem Schlaraffenland.

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