Die tägliche Europa-Lüge

Die EU erhält also den Friedensnobelpreis. Es gibt ja auch keine Sonntagsrede, in der die EU nicht als größte Friedensstifterin Europas gefeiert wird. Und alle, die sich diesem uneingeschränkten Jubel nicht anschließen wollen, werden sofort als Spielverderber oder Schlimmeres denunziert. Dennoch kann diese Verlogenheit und Verfälschung geschichtlicher Wahrheiten nicht widerspruchslos hingenommen werden.

Glaubt denn wirklich jemand, dass es nach den traumatisierenden Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs samt seinen Begleiterscheinungen ohne die EWG, EG oder EU wieder zu einem Krieg in Westeuropa gekommen wäre?

Die USA und die Nato haben den Frieden gesichert

Kriegerisches Bedrohungspotential auf europäischem Boden gab es allerdings im beträchtlichen Ausmaß in den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten. Womit wir bei der geschichtlichen Wahrheit angekommen sind: Den Frieden in Europa hat jahrzehntelang die militärische Präsenz der NATO, insbesondere der US-Amerikaner, gewährleistet. Dagegen haben die 68er und in deren Folge die oftmals vom DDR-Geheimdienst finanzierten diversen Linksbewegungen vehement protestiert; heute versucht eine interessensgeleitete Geschichtsschreibung, diese historische Leistung umzudichten. Es handelt sich wohl − wie es Golo Mann einmal formulierte − „um pädagogisch nicht erwünschte Wahrheiten“.

Es bleibt die Tatsache, dass vor allem die USA mit einem enormen finanziellen Aufwand für Frieden und Freiheit in Westeuropa gesorgt haben. Und es war auch maßgeblich dieses Land, das dann das kommunistische Zwangsregime zum Einsturz brachte. Der von vielen selbsternannten Intellektuellen belächelte „Cowboy-Präsident“ Ronald Reagan war es, der durch sein Rüstungsprogramm die Sowjetunion an den Verhandlungstisch zwang und in Michail Gorbatschow einen Staatsmann erkannte, mit dem man eine Wende versuchen könnte.

Womit wir beim nächsten beliebten Märchen sind, das ebenfalls in keiner Festrede fehlen darf: Österreich muss so wahnsinnig dankbar für die Mitgliedschaft in der EU sein, weil wir doch dadurch wirtschaftlich so enorm profitiert hätten.

Fall des Eisernen Vorhangs ermöglicht wirtschaftliche Expansion

Tatsächlich hat die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs in den letzten zwei Jahrzehnten eine höchst erfreuliche Entwicklung genommen, dies ist aber nur zum Teil der EU-Mitgliedschaft zu verdanken; Deutschland und Italien etwa waren auch schon vor dem Beitritt unsere Haupthandelspartner, daran hat sich nichts geändert.

Den Wachstumsschub verdanken wir primär der „Ostöffnung“ nach dem Fall des Eisernen Vorhanges und den großartigen (Pionier-) Leistungen österreichischer Unternehmen, die sehr rasch die Bedeutung dieser neuen Märkte erkannt und sich eine hervorragende Position geschaffen haben. Gerade der starke Nachholbedarf in diesen Ländern hat für überdurchschnittliche Wachstumsimpulse gesorgt.

Gleichsetzung von Europa, EU und Euro

„Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ meinte etwa Angela Merkel im September 2011; das ist dumm und falsch zugleich, dennoch darf die Staatschefin der größten Volkswirtschaft Europas, die mit ihrer Finanzkraft die Eurozone am Leben erhält, diesen Unsinn immer wieder unwidersprochen behaupten. Damit reduziert Merkel Europa auf 17 Staaten, was auch die Nomenklatur in Brüssel gern tut, die die EU einfach mit Europa gleichsetzt; ein übler Trick, um Kritiker an Fehlentwicklungen der EU als europafeindliche Sumper zu denunzieren.

Im Europarat sitzen 47 Staaten (geografisch spricht man sogar von 51 Staaten!), 27 davon sind in der EU, und 17 in der Eurozone – das ist ein Drittel. Und von den 504 Millionen Einwohnern der EU zahlen immerhin gut 40 Prozent nicht mit dem Euro, darunter so erfolgreiche Volkswirtschaften wie etwa Polen, Schweden, Dänemark oder Tschechien.

Reihenweise Rechtsverletzungen

Mit solchen Aussagen wird verlogen die Fehlkonstruktion des Euro verschwiegen, und man weigert sich nicht nur, diese Fehler einzugestehen, sie werden auch nicht repariert. Wer sich erfrecht, diese Konstruktionsfehler aufzuzeigen, wird als Häretiker gebrandmarkt.

Dem „Fetisch“ Euro werden bedenkenlos die Grundregeln der EU geopfert, von der No-Bail-Out Klausel (dass also kein Euroland für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Euroländer haften oder aufkommen muss), bis zur Umwandlung der EZB zu einem Instrument der Staatsschuldenfinanzierung. Der Bürger wird von hilflosen und aktionsgetriebenen Politikern über das Ausmaß und die Tragweite der Entwicklung belogen.

Abgabe von Souveränität

Ohne das Volk zu informieren geschweige denn zu fragen, werden scheibchenweise Souveränitätsrechte (vor allem im Bereich der Budgethoheit) abgetreten in Richtung eines EU-Bundesstaates; auch an einer zentralen Bankenunion wird bereits gebastelt, was bedeuten würde, dass österreichische Sparer und Banken für verantwortungslose Finanzabenteuer in jedem beliebigen Euroland haften müssten.

Auch das Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip ist brandgefährlich, denn es führt immer mehr dazu, dass diejenigen den Ton angeben, die schon bisher mit ihrer verantwortungslosen Schuldenpolitik das Fundament des Euro erodiert haben. Wir würden dann nicht nur für die griechische Malaise zahlen, sondern auch für die kaputte französische Autoindustrie, für verantwortungslose spanische Pleitebanken, für die Megakorruption im Mezzogiorno und vieles andere mehr.

„Wenn es ernst wird, muss man lügen“ meinte der Chef der Eurozone, Jean-Claude Juncker, anlässlich einer der zahlreichen Euro-Rettungs-Sitzungen. Wo sind die Politiker, die Regierungen aus der Eurozone, die bei diesem Wahnsinn nicht mehr mitmachen, die einen Kurswechsel der Euro-Titanic einleiten? Das könnte auch Österreich sein. Es müsste nur einer den Anfang machen, der die Frage stellt, welche EU die Bürger wirklich wollen.

Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser Kommentar ist der aktuellen Dezember-Ausgabe der Academia entnommen.

PS.: Die Genesis unseres Griechenland-Engagements

Die „Presse“ meldete am 11. April 2010: „Beantragt Griechenland von den Europartnern tatsächlich den vollen Kreditrahmen in der Höhe von 30 Mrd. Euro, entfallen auf Österreich 858 Mio. Euro. Laut Finanzminister Pröll handelt es sich dabei um „kein Geldgeschenk“. Denn Griechenland zahle dafür Zinsen.“ Ein Jahr später, am 15. Juni 2011, ebenfalls in der „Presse“: „Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hat am Mittwoch im Nationalrat betont, dass Griechenland bisher an Österreich 19 Millionen Euro Zinsen gezahlt und das Engagement bisher „keinen Cent gekostet“ habe.“

Im Rahmen des ersten Griechenland-Rettungs-Paketes hat Österreich 1,5 Milliarden Euro Kredite gegeben. Heute haftet Österreich weiters im Rahmen des ESM mit 19,5 Milliarden Euro (davon 2,2 Milliarden einbezahlt und 17,3 Milliarden Rufkapital) sowie im Rahmen der EFSF mit 21,6 Milliarden Euro.

Über einen Schuldenerlass wird „nachgedacht“.

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