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Die Causa Strasser: Der Gerichtssaal als Pranger

Am Prozess gegen Ernst Strasser sind bisher vier Aspekte auffällig geworden: Seine mehr als skurrile Verteidigungslinie; die gleichzeitige Unwahrscheinlichkeit einer rechtskräftigen Verurteilung; die politische Verantwortung für seine Bestellung; und die von niemandem aufgegriffene internationale Blamage, welche die heimische Strafprozessordnung verursacht hat.

Der Reihe nach: Der Ex-Innenminister ist wohl der einzige, der noch an seine abenteuerliche Konstruktion glaubt, er habe nicht als Lobbyist bei einem vermeintlich fetten Auftrag verdienen, sondern ausländische Geheimdienstagenten auf frischer Tat überführen wollen. Gewiss: Die Beweiswürdigung obliegt dem Gericht, aber eine Meinung darf der Bürger trotzdem haben. Wahrscheinlich fällt dem schlauen Mann halt nichts anderes ein.

Das Absurde ist (womit wir zum zweiten Punkt kommen): Dennoch hat Strasser gute Chancen, am Ende ungestraft davonzukommen. Aber eben nicht weil ihm jemand seine Gschichteln glaubt, sondern weil es mehr als zweifelhaft ist, dass seine Interventionen bei Kollegen und deren Assistentinnen rechtlich als „Amtsgeschäft“ gewertet werden können. Ein solches hätte es aber sein müssen, um juristisch strafbar zu sein.

Zwar rechnen die meisten befragten Strafrechtsexperten damit, dass Strasser dennoch in erster Instanz verurteilt werden wird. Bei der Berufung hat er danach hingegen sehr gute Chancen. Denn die dortigen Senate erfahrener Richter lassen sich nicht so leicht von der allgemeinen Anti-Strasser-Stimmung in der Öffentlichkeit beeindrucken. Sie urteilen vielmehr normalerweise kühl nach dem Buchstaben und Sinn des Gesetzes, ganz ohne Schielen auf die Medien. Hier geht es um eine reine Rechtsfrage, die von der Instanz auch noch komplett neu aufgerollt werden kann. Das ändert natürlich nichts daran, dass Strassers Verhalten ziemlich widerlich war.

Der dritte und der vierte Aspekt sind in der öffentlichen Debatte völlig untergegangen. Der eine ist die Verantwortung für die Nominierung von Strasser: Diese liegt einzig und allein bei Josef Pröll, der damals Strasser gegen massiven internen Widerstand und vor allem jenen der ÖVP-Wähler durchgezogen hat.

Absurderweise ist aber heute noch viel stärker als damals erkennbar, dass die Alternative zu Strasser, nämlich Othmar Karas, ebenfalls sehr problematisch geworden ist. Denn er hat tagaus, tagein nicht die Interessen der bürgerlichen Wähler, sondern vor allem jene des europäischen Machtapparats im Auge. Er verlangt praktisch immer nach deutlich mehr Macht und Geld in Händen der EU, und nie nach weniger. Aber Karas scheint wenigstens persönlich sauber zu agieren.

Dennoch ist absolut unverständlich, dass Pröll damals Strasser eine Fortsetzung seiner offenbar umsatzträchtigen Lobbyistentätigkeit erlaubt hat. Dieser Beruf war von Anfang an mit der Aufgabe eines Abgeordneten, noch dazu eines Gruppenführers unvereinbar. Was man auch von außen sehen hätte müssen.

Der vierte Aspekt ist bisher noch weniger debattiert worden. Dabei ist er der einzige, bei dem es dringenden Handlungsbedarf für den Gesetzgeber gibt. Die Hauptzeugen gegen Strasser, zwei britische Journalisten, wollten nicht kommen, weil sie die in Österreich übliche mediale Zurschaustellung fürchteten.

Hier ist zwar offenbar inzwischen irgendein Arrangement gefunden worden. Aber dennoch müssten die Gesetzgeber – auch ohne Antrag einer überforderten Justizministerin – endlich das zugrundeliegende Problem erkennen und die Strafprozessordnung ändern. Denn dieses Problem hat schon vorher bestanden; es ist nur durch zwei Zeugen aus einem offenbar rechtsstaatlich viel besser entwickelten Land aktualisiert worden.

Die Handlungsnotwendigkeit lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Kameras welcher Art immer haben weder in einem Gerichtssaal noch in den Gängen davor etwas verloren; wer dennoch – etwa heimlich gemachte – Fotos von Zeugen oder Angeklagten veröffentlicht, macht sich strafrechtlich schuldig.

Denn das, was sich ohne eine solche Regelung derzeit in vielen österreichischen Strafgerichtssälen abspielt, ist absolut entwürdigend. Was ist das für ein Rechtsstaat, wo Menschen vor Gericht ihr Gesicht verzweifelt durch einen Aktenordner, einen Hut oder sonst etwas zu schützen versuchen! Hier sollte uns spätestens die Reaktion dieser britischen Zeugen  klargemacht haben: (Auch) in diesem Punkt ist die heimische Strafprozessordnung im internationalen Vergleich ein Skandal. Ein Gerichtssaal ist kein Pranger!

Gewiss: Auch die jeweiligen Richter hätten die Möglichkeit gehabt, stärker gegen Kameraleute und Fotografen durchzugreifen. Sie unterließen dies aber in vielen Fällen aus Gründen der persönlichen Eitelkeit. Es ist doch toll, wenn man vor aller Welt in würdiger Robe und mit allen Insignien großer Macht ausgestattet abgebildet wird. Oder wenn man täglich neue Brillen vorführen kann. Auch das Ministerium tat nichts dagegen, weil dort erstens ebenfalls Eitelkeit hineinspielt (in diesem Fall die von Staatsanwälten); und zweitens weil sich jeder Minister vor ein paar bösen Kommentaren der fotogeilen Boulevard-Zeitungen fürchtet.

Dass alles ist ein absurder Kontrast zu einem Sicherheitsapparat, der immer öfter sogar die Vornamen von Verdächtigen geheimhält. Dabei ist deren Veröffentlichung lange nicht so demütigend wie das Fotografieren.

 

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