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Stadt des Aufbruchs in die Vergangenheit

Wenn in der zweitgrößten Stadt Österreichs 20 Prozent die Kommunisten wählen, müssten österreichweit eigentlich die Alarmglocken läuten. Aber der ORF beruhigt statt dessen: Die Wähler der Kommunisten haben eh nicht kommunistisch gewählt. Aha.

Die Grazer Wahl ist trotz dieser linken Beschwichtigungs-Strategien ein katastrophales Signal. Und sie zeigt: Die Menschen sind nur in erstaunlich geringem Maße imstande, aus der Geschichte zu lernen. Die jüngere Zeitgeschichte wird den Österreichern nur sehr selektiv vermittelt.

Denn Tatsache ist, dass der kommunistische Terror im vergangenen Jahrhundert an die 80 bis 90 Millionen Todesopfer gefordert hat. Tatsache ist, dass unter allen Totalitarismen der kommunistische zeitlich am wenigsten lang zurückliegt. Tatsache ist, dass sich die Kommunistische Partei Österreichs weit weniger als alle anderen politischen Lager von den eigenen blutigen Vorfahren distanziert hat – bis hin zur Beibehaltung des blutig belasteten Namens.

Gerade jene, die immer so viel von Vergangenheitsbewältigung und Geschichtsaufarbeitung reden, verstummen beim Thema Kommunismus total. Das zeigt, dass sie es nie ehrlich gemeint haben. Dazu kommt, dass der ORF massiv kommunistisch unterwandert ist. Das gilt insbesondere für die Magazin-Sendungen auf Ö1, aber auch in Hinblick auf die politischen Redaktionen, die sich viele Jahre sogar von einem Kommunisten vertreten haben lassen.

Besonders grotesk ist, dass laut Wähleranalysen vor allem das Thema Wohnen und Mieten ausschlaggebend für die Wahl der KPÖ gewesen ist. Aber eigentlich kein Wunder: Nirgendwo in österreichischen Schul- oder Geschichtsbüchern wird die katastrophale Wohnsituation vermittelt, die 1989 in sämtlichen kommunistisch regierten Ländern geherrscht hat, sodass nur jene davon wissen, die sie etwa bei Reisen damals selbst noch kennenlernen konnten.

Der Großteil der Häuser war seit dem Weltkrieg nicht mehr in irgendeiner Weise renoviert worden. Betrat man sie, bekam man den Eindruck einer seit Jahrzehnten verlassenen Baustelle, die dem Verfall preisgegeben wird. Putz stürzte herunter. Beleuchtungskörper funktionierten nicht mehr. Junge Familien mussten oft ein Jahrzehnt nach der Eheschließung warten, bis ihnen wenigstens eine winzige Wohnung zugewiesen wurde. Und die einzigen Neubauten jener Zeit waren grässliche Plattenbauten, die heute reihenweise abgerissen werden müssen, weil niemand in ihnen wohnen will.

Das alles ist die zwangsläufige Folge von kommunistischer Wohn- und Mietpolitik, die glaubt, auf die angeblich halsabschneiderischen Eigentümer verzichten zu können. Die vorspiegelt, Wohnen dürfe nichts kosten.

Das ist also das, was jeder fünfte Grazer ganz offenbar will oder wofür er zumindest seine Stimme abgegeben hat. Es waren übrigens peinlicherweise primär Männer, die kommunistisch gewählt haben, obwohl Männer sonst immer gern so tun, als ob sie historisch gut Bescheid wüssten. Aber sie wissen es nicht besser.

Niemand möge übrigens sagen, dass es ja nicht jeder fünfte, sondern nur jeder zehnte Grazer gewesen wäre, der da bei KPÖ sein Kreuz gemacht hat. Hat doch nur die Hälfte wirklich gewählt. Dieses Argument zählt aber nicht. Denn Nichtwähler übertragen all ihre Rechte wissentlich an jene, die auch wirklich wählen gehen; sie werden von diesen mit unbeschränkter Vollmacht vertreten.

Schmerzhaft ist das Ergebnis für Schwarz, Rot und Grün. Alle verloren kräftig. Die SPÖ ist mit nur noch 15 Prozent in keiner Großstadt so schwach wie in dem einst von ihr regierten Graz. Sie setzt damit ihre Niederlagenserie konsequent fort. Die Grünen wiederum sind ja schon seit langem immer nur bei Umfragen gut, nicht bei Wahlergebnissen.

Auch die ÖVP muss bittere Wunden lecken. Zwar liegt sie trotz des Verlustes von 5 Prozent mit mehr als einem Drittel der Stimmen für schwarze Verhältnisse noch immer sensationell gut. Sie wird auch mit Sicherheit wieder den Bürgermeister stellen. Aber sie hat sich mit der absoluten Mehrheit ein nun blamabel weit verfehltes Wahlziel gesetzt. Und vor allem war Graz die fast einzige Chance der Spindelegger-Truppe, im hiermit begonnenen Wahljahr wenigstens irgendwo ein echtes Plus zu schreiben. In Kärnten, Tirol und wohl auch bei der Nationalratswahl scheint das derzeit hingegen aussichtslos. Und selbst Niederösterreich werden die Schwarzen wohl nur mit einem blauen Auge halten können.

Klar auf der Zugewinnerseite sind hingegen die Blauen und Piraten (auch wenn beide in den letzten Monaten schon von einem höheren Plus geträumt haben dürften).

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