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Justiz: die nächste Krisenetappe

Österreichs Korruptionsstaatsanwaltschaft bekommt also eine neue Leitung. Diese Personalentscheidung ist bestürzend.

Denn das Rennen hat – auch wenn noch die letzten Unterschriften fehlen – die stellvertretende Leiterin der Wiener Oberstaatsanwaltschaft gemacht. Was mehr als bedenklich ist. Nicht nur deswegen, weil es halt eine der jetzt in der staatlichen Verwaltung so häufigen Entscheidungen ist, die für alle Experten den Anschein erwecken, es geht um Quote statt Qualität. Hätte es doch eine ganze Reihe anderer topqualifizierter Kandidaten gegeben, die nach Angaben seriöser Justizkreise sowohl harte Arbeiter wie auch Profis in Sachen Korruptionsbekämpfung sind.

Besonders bedenklich ist auch, dass der Vorsitzende der Auswahlkommission (und der die Entscheidung Dominierende) niemand anderer als der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien gewesen ist. Dieser hat keineswegs den Vorsitz zurückgelegt, als sich seine eigene Stellvertreterin beworben hat, sondern die Causa beinhart durchgezogen. Wie es unter Genossen offenbar so üblich ist.

Die – zumindest moralische – Pflicht, sich in solchen Situationen als befangen zurückzuziehen, gilt ja in Wahrheit immer, wenn sich der engste eigene Mitarbeiter bewirbt: Sagt man Nein, hat man eine Todfeindschaft im eigenen Büro; sagt man Ja, stinkt das Ganze nach Seilschafts-Strategie.

In Wahrheit hätte der OStA-Leiter schon von Anfang an überhaupt nicht mit dieser Auswahl betraut werden dürfen. Nicht nur weil diese Oberstaatsanwaltschaft in mehreren Korruptionsverfahren eine problematische Rolle gespielt hat, etwa in der Causa Faymann/Ostermayer. Nicht nur weil diese Oberstaatsanwaltschaft allem Anschein nach seit Jahren völlig untätig gegen das ständige gezielte Hinaussickern von Aktenteilen aus ihrem großen Verantwortungsbereich geblieben ist. Nicht nur, weil sie die unerträgliche Langsamkeit in diesem Bereich zu verantworten hat. Sondern auch weil sie bei der Nichtverfolgung potenzieller Mittäter im Fall Kampusch eine zentrale Rolle gespielt hat. Diese Rolle hat nun ja sogar zur – teuren – Beiziehung internationaler Experten geführt. Deren Bericht noch keineswegs vorliegt.

Aber das tut alles nichts. Die Justizministerin lässt den OStA-Leiter nicht nur diese Kommission leiten, sondern folgt nach verlässlichen Informationen auch seinem Vorschlag, die eigene Stellvertreterin in diese Schlüsselposition zu hieven. Will Frau Karl so ernsthaft die Justiz und insbesondere die Staatsanwaltschaft aus einer schweren Imagekrise herausführen? Unter vielen Genossen macht sich schon ein Seufzer der Erleichterung breit.

Eine gute, eine bessere Korruptionsstaatsanwaltschaft müsste sich durch Fünferlei auszeichnen: Erstens durch viel größere Schnelligkeit; zweitens durch eine effiziente Wahrung des Amtsgeheimnisses; drittens durch die Fähigkeit, Lappalien von Gravierendem unterscheiden zu können; viertens durch Mut auch gegenüber hohen Amtsträgern; und fünftens durch noch mehr Mut, den man braucht, um immer nur sachlich und nie gemäß den Vorgaben der blutrünstigen Magazine zu entscheiden. Man wird ja noch träumen dürfen . . .

PS.: Dieses Debakel der Ministerin reiht sich im übrigen nahtlos an ihren jüngsten Fehler beim neuen Familienrecht an. Da hat sie offenbar übersehen, dass nach der knapp vor dem Beschluss stehenden Novelle jener Elternteil, bei dem die Kinder wohnen (also meist die Mutter), mit diesen Kindern trotz theoretisch gemeinsamer Obsorge ungestraft bis ans Ende der Welt ziehen kann. Ohne dass der andere Elternteil dagegen etwas unternehmen kann. Damit ist natürlich der zarte Ansatz dieser Reform, dass bisweilen auch gegen den Willen eines Elternteils die gemeinsame Obsorge beschlossen werden kann, total zunichte gemacht. Was die feministischen Sozialdemokraten (also deren große Mehrheit) natürlich diebisch freut. Bis diese Regelung dann in frühstens fünf Jahren halt wiederum von internationalen Gerichten als menschenrechtswidrig erkannt werden wird.

 

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