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Die Turnstunde, Sinn und viel Unsinn

Endlich einmal volle Einigkeit im Nationalrat: Alle Fraktionen und Abgeordneten sind für die tägliche Turnstunde. Ich hätte dagegen gestimmt.

Warum das? Ist doch mehr Bewegung angesichts der massiv zunehmenden Zahl übergewichtiger Kinder unbestreitbar positiv und notwendig. Dennoch ist vieles an der Parlaments-Entschließung mehr als ärgerlich.

Für den ersten Ärger sorgt schon wieder die ideologietrunkene und zwangslüsterne Unterrichtsministerin, die wegen zweier zusätzlicher Turnstunden gleich den von ihr seit langem ersehnten allgemeinen Zwang zur Ganztagsschule für jedes Kind verwirklichen möchte.

Zweitens ist es mehr als ärgerlich, dass man bei der zusätzlichen Bewegung die in Wahrheit viel wichtigeren – weil nachhaltigeren und einer freien Gesellschaft viel mehr entsprechenden – Bewegungsangebote durch Turn- oder Fußball- (usw.)vereine oder durch Ballettstunden nicht fördert, sondern die Zeit dafür naturgemäß noch weiter einschränkt. Warum macht man das zusätzliche Schulturnen beispielsweise nicht nur für jene obligatorisch, die nicht eine Teilnahme-Bestätigung eines solchen Vereins bringen? Warum sorgt man – wenn es offenbar schon wieder überflüssiges Geld gibt – nicht primär dafür, dass jede Schule einen integrierten Turnsaal und Sportplatz erhält, sodass der oft mehr als 15-minütige Anmarsch  und der ebenso lange Abmarsch wegfallen? Warum werden nicht jene Fußballvereine gefördert, die mit zeitbelasteten Kindern nur ein- oder zweimal pro Woche trainieren, statt Millionen jenen Vereinen  hineinzustopfen, die durch viermaliges Training nur Superprofis heranzüchten wollen?

Und drittens: Am allerärgerlichsten sind Motiv und Anlass der Parlaments-Resolution. Denn sie ist nicht aus Sorge um die Gesundheit unserer Kinder zustandegekommen; die Abgeordneten haben vielmehr alle unter Druck der Sportfunktionäre gehandelt, die depressiv sind, weil sie keine Olympiamedaillen ihrer Sportler bejubeln können. Medaillen-Eitelkeit sollte aber eigentlich nur in totalitären Ländern ein nationales Anliegen sein, das zu Zwangsmaßnahmen und Mehrausgaben führt. Denn nur solche Länder brauchen einen medaillenförmigen Beweis für die angebliche Überlegenheit von Kommunismus oder Nationalsozialismus. Vor allem aber hat sich der wirkliche medaillenträchtige Spitzensport heute als sehr oft gesundheitsschädlich entpuppt: Die massenweisen Schäden reichen von ruinierten Gelenken und Bändern bis zu jenen durch Anabolika und Doping.

Trotz all dieser Fakten hat keine der Parteien von der großen SPÖ bis zu den kleinen Stronachisten auch nur eine Sekunde zögert, diese populistische Turnstunden-Resolution mitzutragen. Für die es in Wahrheit auch keinerlei budgetäre Bedeckung gibt.

 

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