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Der anrüchige Eurofighter-Zickzack

Wenn da ein italienischer Ganove nicht ganz das Blaue vom Himmel heruntergelogen hat, scheint jetzt doch eine rauchende Pistole rund um den Eurofighter-Kauf gefunden worden zu sein. Das macht die Abfangjäger politisch noch einmal wirklich spannend. Die üblichen Detektiv-Spiele eines Peter Pilz sind zwar noch keineswegs ein schlüssiger Beweis für ein begangenes Verbrechen. Aber jedenfalls sind die bekannten Indizien sehr ernst zu nehmen. Jedoch: Selbst, wenn jener Italiener wirklich die große Geldverteilungs-Drehscheibe gewesen ist, sind etliche Aspekte mehr als frappierend, bevor der Fall als geklärt angesehen werden könnte.

Frappierend ist etwa der Umstand, dass sämtliche im letzten Jahrzehnt bekanntgewordenen Indizien nur zu blau-orangen Empfängern hinführen (sowie zum rot geführten Fußballklub Rapid). Aber damals gab es auch eine zweite Regierungspartei, die ÖVP, die auch den Bundeskanzler stellte. Ist es in der schmutzigen Welt des Waffenhandels wirklich denkbar, dass nur ein Teil der Entscheidungsträger bedacht worden ist? Zeigt sich da vielleicht nur der ganz spezifische Verfolgungseifer der Staatsanwälte in Richtung des blauen Lagers? Oder war die FPÖ Jörg Haiders wirklich ein so übler Haufen voller krimineller Energie, dass sie in diesem nun sich abzeichnenden Ausmaß zuzugreifen gewagt hat, während ihr Koalitionspartner sauber geblieben ist?

Immerhin gibt es drei Aspekte der Amtszeit Wolfgang Schüssels, die ein Sauberbleiben der ÖVP als keineswegs undenkbar erscheinen lassen.

  • Der erste ist die strenge interne Disziplin, die Schüssel in seiner Partei damals durchgesetzt hat (über die damals auch viele schwarze Politiker gejammert haben und die viel konsequenter war als unter seinen Vorläufern und Nachfolgern).
  • Der zweite ist die etwa im Vergleich zu Jörg Haider besonders auffällige asketische Grundhaltung des damaligen Bundeskanzlers, dessen größter bekannter – und von linken Journalisten begierig aufgegriffener – „Exzess“ es war, zu Haider in einen Porsche gestiegen zu sein.
  • Und der dritte ist die Tatsache, dass die schwarzen Parteifinanzen in den Jahren des Obersparmeisters Schüssel eine recht bescheidene Entwicklung genommen haben. Dies gilt nicht nur im Vergleich zur FPÖ, sondern auch zur oppositionellen SPÖ. Diese hat sich nach den Schulden der Klima-Ära auf rätselhafte Weise über Nacht sanieren können.

Wenn die ÖVP wirklich nichts bekommen haben sollte: Warum aber hat sich Schüssel dann für den Eurofighter ausgesprochen? Er hat seine Entscheidung damals damit begründet: „Wir wollen jetzt einmal das Beste, nicht nur das Billigste fürs Heer.“ Der Eurofighter war in der Tat die beste, aber eben auch das weitaus teuerste Variante. Vor allem die von den USA angebotene Variante gebrauchter und generalüberholter F-16-Flugzeuge wäre weit billiger gewesen (sie hätten allerdings naturgemäß auch kürzer gehalten).

Psychologisch leicht nachvollziehbar ist hingegen, dass Schüssel eine Aversion gegen das dritte, das schwedische Angebot hatte. Waren doch bei der vorletzten Flugzeugbeschaffung (Draken) die Indizien für Geldflüsse Richtung SPÖ fast ebenso stark gewesen wie dann bei den Eurofightern Richtung FPÖ. Hatte doch die schwedische Linksregierung eine führende Rolle bei den Sanktionen gegen Österreich gespielt.

Nachvollziehbar ist umgekehrt auch, dass Schüssel zweifellos große Sympathien für Bayern hatte, also eines der wichtigsten Herkunftsländer des Eurofighters. So war der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber der erste, der den damals durch die Sanktionen isolierten Wiener Regierungschef mit einem hochoffiziellen Besuch beehrte. So etwas merkt sich ein Schüssel lange.

Diese Indizien könnten das Verhalten des damaligen schwarzen Parteichefs erklären. Sie machen aber umgekehrt auch klar, warum die Linksparteien seit Anfang an so besonders heftig gegen den Eurofighter agitieren.

Die schwarze Schuldlosigkeit muss jetzt freilich noch einen sehr harten Test bestehen: Was wird beim bevorstehenden Prozess gegen den seltsamen Grafen Mensdorff herauskommen? Ist es vorstellbar, dass irgendjemand einen Ehemann einer Ministerin benutzt hat, um Gelder an die Partei der Ministerin zu schleusen? Das wäre geradezu grenzdebil unvorsichtig. Aber in der Politik ist nichts auszuschließen. Eher scheint freilich die Version glaubwürdig, dass Mensdorff den Anschein seiner einflussreichen Position für gute und nicht immer legale Geschäfte im eigenen Interesse benutzt hat. Und vielleicht ist er ja auch ganz unschuldig. Die Beweislage klingt ja vorerst nicht absolut überzeugend.

Diese vielen Fragezeichen rund um die parteipolitischen Dimensionen des Eurofighter-Kaufs bleiben vorerst jedenfalls bestehen und haben sich eher vermehrt, statt endlich kleiner zu werden.

Noch viel größer sind die Fragezeichen in Hinblick auf einen weiteren Aspekt: Nach dem, was man über die neuen Indizien weiß, soll es bei den Bestechungsmillionen nicht um die eigentliche Beschaffungsentscheidung, sondern um die Abwicklung der als Folge des Kaufs vereinbarten Gegengeschäfte gegangen sein. Das hieße, dass Käufer dafür entlohnt worden wären, zu teure österreichische Waren gekauft zu haben. Wodurch diese dann einfach für die Käufer wieder billiger und wettbewerbsfähig geworden sind.

Sollte das so stimmen, dann entstehen sofort die nächste Fragen: Ist in diesem Fall überhaupt die ursprüngliche Entscheidung des Eurofighter-Kaufs direkt betroffen und damit auch, wie Pilz sofort behauptet hat, revidierbar? Sind solche Kaufanreize überhaupt strafbar? Ist das nicht nur dann Untreue, wenn anstelle der Gegengeschäfts-Firmen deren Manager das Geld eingesteckt haben? Ist nicht der kolportierte Einstieg der EADS bei einer Kärntner Stiftung total mit der gegenleistungsfreien, aber nie verfolgten Millionenspende an den SC Rapid vergleichbar? Wie will man dann die Stiftung verfolgen, wenn man bei Rapid alle Verfahren eingestellt hat? Und last, not least: Hat es jemals glaubwürdig sein können, dass Dreieinhalb-Milliarden-Geschäfte nur(!) deshalb abgeschlossen werden, weil ein anderes Zwei-Milliarden-Geschäft zustandegekommen ist? Widerspricht das nicht von Anfang an jeder ökonomischen Vernunft und Logik?

Auf Staatsanwälte und Richter wartet jedenfalls noch jede Menge heikler rechtlicher Fragen. Diese können aber alle erst dann diskutiert werden, wenn zuerst endlich Fakten und Geldflüsse geklärt sind. Das alles verschafft uns mit Garantie noch viele spannende Jahre. Die vielleicht so lange dauern, bis die Eurofighter schon wieder verschrottet werden müssen. Dann könnten wir sie ja den Deutschfranzosen zurückgeben…

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